A 11-day adventure by Mondfrau Read more
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  • Day 1

    Der Weg

    April 12, 2017 in Portugal ⋅ ☀️ 18 °C

    Was mich auch dazu treibt, ein Gedanke, eine Begeisterung, ein Versprechen, ein nächtliches Erschrecken, ein Traum, eine ungewisse Hoffnung oder das einfache Fernweh, ich bin wieder auf den Weg nach Santiago de Compostella. Santiago im Nordwesten Galiziens war schon des Öfteren mein Ziel.

    Manchmal aus spirituellen Gründen und manchmal, weil es so einfach ist, einen langen Weg mit gelben Pfleilen zu folgen. Viele schöne und traurige sowie mystische Erlebnisse schenkte mir dieser Weg, egal aus welchen Gründen auch immer ich aufbrach.

    Diesmal habe ich nur wenig Zeit. Deshalb gehe ich diesmal lediglich von Porto nach Santiago, den portugiesischen Weg. Er ist so anders als der spanische oder französische Weg, nicht so still und nicht so energiegeladen wie der Weg, den schon Millionen von Menschen über Jahrhunderte gegangen sind. Man sieht nicht wirklich die alten Spuren, die sie hinterlassen haben, man hört nicht mehr die Schritte in den alten Gemäuern. Natürlich werde ich auch dort alte historische Städte durchqueren, das ist keine Frage. Auch Pilgerspuren werde ich findBen und trotzdem, dieser Weg ist nicht so intensiv, man muss genau nachspüren und hinsehen um sie wahrzunehmen. Dieser Weg ist irgendwie moderner, er ist lauter, weil die Natur nicht so unberührt ist. Oft läuft man über Asphalt, oder neben großen Straßen oder an Gleisen vorbei. Es gibt die Gegensätze, die mich überrumpeln. Ich wandere über wunderschöne Hügel, höre Vögel, rieche das Laub und dann durchquere ich ein Industriegebiet. Dieser Weg versprüht seinen eigenen Charme, seine Geheimnisse und seine Spiritualität. Außer Jakobus trifft man auf diesem Weg immer wieder Maria, sogar Franziskus ist hier zu finden. Aber Maria, die Mutter Gottes, ist hier wirklich präsent. Die Portogiesen lieben ihre Maria und ehren sie nicht nur in Fatima.

    Dieses Jahr werde ich mit einer Freundin in Porto starten. Ich freue mich auf diesen Weg. Obwohl ich ihn schon gegangen bin, wird er wieder neu für mich sein. Weil die Umstände neu sind, die Menschen neu sind und weil ich neu bin. Ich bin nicht mehr die alte Silvia, die ihn vor Jahren mit Mann und Sohn gegangen ist. Viele Ereignisse haben mich verwandelt.

    Nun gehe ich, um mich nochmals verwandeln zu lassen. Denn das macht dieser Weg, er verändert die Menschen in ihrer Tiefe, in ihrer Seele und in ihrer Gesundheit. Manchmal merkt man die Veränderung erst später, wenn man wieder zu Hause ist. Manchmal kommt die Veränderung plötzlich mit solch einer Wucht, dass Tränen fließen aus Traurigkeit oder aus Glück, fast einer Erleuchtung gleich. Ich freue mich auf meinen Weg und auf die Erfahrung, die ich dort machen werde.

    So unterschiedlich auch alle Pilger sind, die wir auf dem Weg treffen, teilen wir doch alle das Wetter, die Ratlosigkeit, wenn der Weg mal nicht eindeutig ausgeschildert ist, die brennenden Fußsohlen, den Hunger und den Durst und vor allem, die bleierne Müdigkeit am Abend.

    Wieso nochmal genau freue ich mich auf den Weg? 😂
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  • Day 2

    Porto

    April 13, 2017 in Portugal ⋅ ⛅ 15 °C

    Gedanken zum Jakobsweg. Heute ist der erste Tag unserer Reise. Noch ist nicht viel passiert, nur der Flug von Dortmund nach Porto. Die Busfahrt nach Porto Undertown und das Einchecken in unserem ersten Hotel. Um 1:00 Uhr morgens kamen wir in unserem Hotel an. Ok, nach portugiesischer Zeit 0:00 Uhr. Naja, Hotel ist übertrieben. Ich wäre nie darauf gekommen, dass wir hier hinter diesem Kachelhaus sauber schlafen können. Aber es geht,---- für eine Nacht. Es grenzt fast an ein Wunder, dass wir den Flieger bekommen haben. Erst Stau, dann kam uns einer auf unserer Spur entgegen. Nur knapp konnte unser Fahrer Ralf einen Zusammenstoß verhindern. Svetlana und ich haben vor Schreck geschrien. Dann wieder viele, viele Staus. Als wir endlich am Flughafen ankamen, war auch noch die Abfahrt gesperrt. Wir mussten irgendwie in der falschen Richtung die Autobahn wechseln. Nun ja, wir haben es letztlich noch geschafft. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich noch fliegen möchte. Schließlich haben die Probleme ja schon vorher angefangen, unser Flug wurde vorverlegt und meine Freundin bekam nicht früher frei. Ihre Chefin hatte aber zum Schluss doch noch ein Einsehen und lies sie 30 Minuten früher Feierabend machen. Das rettete uns den Arsch. :-) Also keine aufregenden Erlebnisse, aber Gedanken gingen mir während des Fluges und der Busfahrt durch den Kopf. Schon wieder unterwegs nach Santiago, den Sternenweg, den Muschelweg? Wieso heißt der eigentlich so? Der christlichen Legende nach soll Jakobus nach seinem Tod in einem Boot voller Muscheln - Jakosmuscheln? - in Patron gelandet und in Santiago Compostela begraben worden sein. Aber diesen Weg gibt es schon so viel länger als unser Christentum. Es ist wissenschaftlich belegt, das schon die Wildbeuterinnen der Altsteinzeit diese uralten Wege wanderten. Es soll so ähnlich gewesen sein, wie das Traumpfadennetz der Aborigines, nur eben in Europa. Und dieses alte Wissen und diese Geheimnisse des Weges wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Aber dieses Wissen um diesen Weg soll noch viel älter sein. Am Anfang aller Religion glaubte man an die göttlichen Mutter als weise Tod- in Lebenwandlerin: Kurz Mutter Erde, Mutter Natur. Der uralte Muschelsternenweg der Steinzeit und später der Germanen und Nordmänner wird seit ca. dem 7 Jh. vom Jakobswegnetz überlagert. Wir gehen also einen Weg, der so alt wie Menschheit ist. Auf dem schon immer ein gewisses Geheimnis lag. Die Muschel als Bauchmutter und Vulva des Meeres kam schon in der Jungsteinzeit eine große Bedeutung zu. Sie war oft eine Grabbeilage. Auch nannte man die Seelenreise ? Sternenweg der Milchstraße bis an das Ende der Welt. In Europa haben wir diesen alten Glauben in das christliche Denken intrigiert und durch den Jakobsweg nach Compostela und nach Finisterre bis heute erhalten. Compostela heißt Sternenfeld. Aber auch die Wortbedeutung Kompostieren ist erhalten. Kompostieren bedeutet wiederum, den Tod in Leben wandeln. Und Finisterre ist der westlichste Punkt des Europäischen Kontinents, das Ende der Welt. Wo die Sonne im Meer versinkt (stirbt), um am nächsten Morgen im Osten wieder geboren zu werden. Ich bin fasziniert von diesem alten Weg. Und ob man nun Christ ist oder einer anderen Religion angehört, dieser Weg wird immer noch genutzt um Altes abzustoßen und Neues zu beginnen. Den Sinn des Lebens oder einen Glauben zu finden. Es gehen nicht nur Christen diesen Weg. Ich habe auch schon Menschen getroffen ohne bestimmten Glauben, aber auf der Suche nach dem "Etwas". Auf der Suche nach Antworten. Menschen mit mir fremden Glauben, die von dieser Energie des Weges gehört haben und Menschen mit festen Glauben an die kosmische Energie. Aber eins verbindet dort jeden: Der Wille in Liebe zu leben und Frieden zu erfahren. Die Hilfsbereitschaft der Pilger unterwegs hat mich immer wieder überrascht. Auch ich gehe diesen Weg wegen der Liebe und des Friedens, aber auch um den Boden unter den Füßen zu spüren, mich zu erden. Um nochmal zu erfahren, wie wenig wir eigentlich zum Leben brauchen und für meine lieben Freunde und Familie. So mancher Tag soll eine Bitte für ihre Gesundheit sein. Und andere Tage ein Dankeschön an unsere schöne Welt und dass wir bisher soviel Glück hatten. Ein großer Teil dieses Weges widme ich aber dem Frieden und der Hoffnung, dass wir Menschen es irgendwie schaffen, Frieden zu halten und gerechter die Güter aufzuteilen.Read more

  • Day 3

    32 km, das Wasser war immer links

    April 14, 2017 in Portugal ⋅ ⛅ 18 °C

    Zweiter Tag. Porto. Der heutige Tag stand fast ausschließlich für Porto zur Verfügung. Ich glaube, wir sind hier mindestens 20 km gelaufen und dann nochmal 12 km zu unserem ersten Etappenziel. In unserem Hotel gab es kein Frühstück. So mussten wir uns ein Café in Porto suchen. Sollte nicht schwer sein, so zumindest unser Gedanke. Aber Porto ist so von Touristen überlaufen, dass wir lange suchen mussten, bis wir etwas fanden. Leider war der uns dort angebotene Kaffee bitter und das, was zu Essen offeriert wurde, touristenmässig schlecht. Erschwerend kam hinzu, dass Svetlana als Vegetarierin nur auf Süsskram zurückgreifen konnte. In der Kathetrale holten wir uns den Pilgerstempel ab. Meine Freundin hat sich in der Kirche sehr verloren. Ich glaube, sie wäre gerne länger dort geblieben. Irgendetwas hat sie wohl sehr berührt, auf jedenfall brach sie in Tränen aus. Ich musste an Harpe denken. Er beschrieb das in seinem Buch so: Ja ich hörte davon, dass fast alle irgendwann auf dem Weg weinen müssen, aber muss dies denn gleich am ersten Abend sein? Ich war total überrascht von dieser Situation. Als Svetlana mir dann weinend in den Armen lag, heftig schluchzte und auch noch andere Pilger fragten, ob sie helfen könnten, kamen mir zum allen Überfluss auch noch die Tränen. Nur weiß ich nicht warum. Ich habe mich total auf diese Tour gefreut, ich genieße es so frei zu sein. Aber vor lauter Mitgefühl weine ich mit. Na toll, dass kann ja noch eine heftige Tour werden. Zwei Frauen, Anfang Fünfzig, laufen heulend durch Portugal und Spanien. Die eine, weil sie überwältig ist, die andere aus Sympathie. Na, wenn das mal gut geht. Zwischenzeitlich hatte ich vor Hunger Kopfweh. Wir suchten eine etwas seltsame Bäckerei ohne Sitzbereich auf. Total ungemütlich, aber irgendwie portugiesisch. Das schöne am Rucksackwandern ist, dass man Gleichgesinnte sofort erkennt. So kamen wir im Laufe des Tages mit so manchem Wanderer ins Gespräch, mal länger, mal kürzer. Einer kam aus Amerika. Er hatte vor Jahren eine Sie aus Deutschland kennengelernt. Beide blieben in Kontakt und sind dieses Jahr nochmals gemeinsam losgezogen. Für uns stand heute Sightseeing in Porto auf dem Programm. Zu meiner Verwunderung ist diese Stadt aus dem 7. Jahrhundert, aber Einzelnes ist - wie so vieles auf dem Jakobsweg - wesentlich älter. Die Kelten waren schon zu einer Zeit hier, als noch niemand an den Jakobsweg oder an Fatima dachte. Dort, wo sie ihren Göttern Opfergaben darbrachten, steht heute eine Festung. Da die Käseburg direkt auf einen Felsen erbaut wurde und sich über den Atlantik erhebt, bietet Castelo do Queijo einen traumhaften Ausblick aufs Meer und auf wunderschöne Strände. Castelo do Queijo in Porto vermittelt so nicht nur die Geschichte Portugals, sondern zeigt gleichzeitig Portugals Natur von ihrer schönsten Seite. Eine Reise in den äußersten Norden Portugals ist immer auch eine Reise zu den Ursprüngen des Landes. Zu entdecken gibt es keltische Siedlungen, mittelalterliche Burgen und massive Befestigungsanlagen. Durch steile Berge schlängelt sich silbrig der Rio Douro. Auf Tausenden Hektar wird hier Wein angebaut. Porto pulsiert, es lebt. Heute ist Karfreitag. Diesen Tag kenne ich aus Deutschland als ruhigen Feiertag. Aber hier in Porto habe ich es ganz anderes erlebt. Alle Geschäfte sind geöffnet, überall spielende Kinder. Es wird getanzt und gesungen. In den Lokalen wird Wein getrunken und üppig gegessen. Überall sitzen Menschen in Straßenlokalen und freuen sich des Lebens.Read more

  • Day 4

    22km, Sonnenschein und Fisch

    April 15, 2017 in Portugal ⋅ ⛅ 18 °C

    Dritter Tag. Legenden, Geschichten und Fisch. Ostersamstag 15.04. - Matosinhos - Vila do Conte - 22 km. Heute morgen haben wir es nochmal gemütlich angehen lassen. Ausschlafen, gut Frühstücken und dann mal langsam anlaufen. Die heutige Wanderung brachte viele neue Eindrücke. Zuerst dieses Industriegebiet und der riesige Hafen, der umlaufen werden musste. Dieses Teilstück zog sich länger hin, als ich gedacht hatte. Ich musste mal wieder üben, mit dem Weg einverstanden zu sein. Es waren nicht viele unterwegs, so dass es ein ruhiger Tag zu werden versprach. Sonne, Wind und Meer. Einfach wie Urlaub. Eigentlich glaubte ich, dass dieser Tag langweilig werden würde. Ohne Höhepunkte, denn es ging hauptsächlich nur auf Holzwegen die Küste entlang. Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Der Küstenabschnitt hatte einiges zu bieten. Sandstrände, Felsenlandschaften, Fischerdörfer und Touristenhochburgen, alles war hier anzutreffen. Heute sind wir mit kurzen Röcken gepilgert, zeitweise auch mit Bikini Oberteil und Rock. Von unseren Mitpilgern wurden wir allerdings etwas seltsam angeguckt. Sie trugen das übliche Outfit mit Trekkinghose, Hemd und Pulli. Wir legten häufig eine Pause ein, nicht aus Müdigkeit, sondern weil wir überwältig waren von der Natur. Hier wuchsen Blumen und Pflanzen, die bei uns teuer verkauft werden, frei und wie Unkraut. Aber erst einmal der Reihe nach: Ich hatte mich bei den Reiseplanungen bewusst gegen den zentralen Weg nach Spanien entschieden, sondern für die Küstenvariante. Auch diese Strecke ist ein traditioneller Pilgerweg. Nach der Legende wurde Jakobus dort das erste mal gesichtet. Man erzählt sich, dass die auf einer Hochzeitsfeier am Strand anwesenden Männer eine Wette abschlossen. Es ging darum, wer mit seinem Pferd am Weitesten ins Meer reiten kann. Der Wagemutigste schaffte eine große Strecke, drohte aber schon bald mit seinem Pferd in den Fluten zu versinken. In seiner Not sah er ein steinernes Schiff, in dem Jakobus nach seinen Tod in Spanien angekommen sein soll, welches mit (Jakobs)Muscheln überzogen war. Die Muscheln setzen sich an sein Pferd und brachten beide an das rettende Ufer. Jedes Jahr im Mai und Juni wird dort drei Wochen lang dieses Ereignis gefeiert. Soweit der Jakobskult. Unser erstes Etappenziel ist heute Matosinos. Diese Stadt ist äußerst geschichtsträchtig. So belegen Funde die Anwesenheit von Menschen seit der Altsteinzeit, wirklich belegt ist die vorgeschichtliche Besiedlung seit der Jungsteinzeit. Auch haben die Römer eine Siedlung aus der Bronzezeit eingenommen und bewohnt. Eine Römerstraße verlief dort von Porto nach Braga. Die Stadt ist ein Besuch wert. Von dort aus wanderten wir immer an der Küste entlang nordwärts. Solange der Atlantik auf unserer linken Seite lag, wussten wir, wir sind richtig. Das war die Antwort auf für Frage, kann man sich verlaufen? Wie ist der Weg ausgeschildert ? Findet man Übernachtungsmöglichkeiten? Auf dem Weg weiter kommt man am Farol da Boah Nova vorbei. Er gilt als einer der höchsten Leuchttürme Portugals. Es folgen weitere Denkmäler auf dem Weg, die sich mit Krieg, Entdeckungen oder mit in Not geratenen Seeleuten beschäftigen. Noch heute kann man an den Felswänden der Küste Gravuren von Nordmännern oder Wikinger sehen. Auch kommt man an Felsformationen mit erstaunlich gleichmäßigen rechteckigen Löcher vorbei. Zuerst dachte ich an Reste frühzeitlicher Siedlungen. Solche gibt es dort sehr oft. Diesmal waren es allerdings Löcher, die dazu dienten, Sardinen zu salzen und haltbar zu machen. Es gibt so viel auf diesem kleinen Stück zu entdecken, dass wir mit unserer Zeit in Verzug kamen. Wir gönnten uns dennoch einige kleine Pausen und schnupperten ein wenig Kultur. Einen längeren Stopp legten wir am Strand der Diebe ein. Dort wurden Schiffe mit falschen Leuchtfeuern ins flache Wasser gelockt, um sie zum Kentern zu bringen. Piraten nutzen diese flachen Gewässer zudem, um leicht an Land zu kommen, die Siedler zu überfallen und zu versklaven. Auch über unser heutiges Etappenziel gibt es viel zu erzählen. Jetzt macht sich bei mir allerdings der Wein bemerkbar und ich werde müde. Ich verabschiede mich deshalb und sage "bis morgen liebe Leute". Eines noch: Der Fischreichtum ist hier sagenhaft. Wir genießen es, uns jeden Tag frischen Fisch servieren zu lassen. Am liebsten bei den kleinen Fischern mit ihren bunten Häuschen und selbst gebauten Fischgrills. Es duftet so gut. Die Fischer sind dort so freundlich, dass wir am liebsten bei jedem einkehren würden. Nicht nur zum Essen und Trinken, sondern auch, um ihren Geschichten zu lauschen lauschen. Aber dazu müssten wir viel mehr Zeit einplanen. Das nächste mal vielleicht. Das war es für heute.Read more

  • Day 5

    Zuviel Sonne, zuwenig Wasser,Sonnenstich

    April 16, 2017 in Portugal ⋅ ☀️ 20 °C

    Vierter Tag. Schöner Start, aber zuviel Sonne und zu wenig Wasser. Die heutige Strecke sollte 33,1 km lang werden. Tatsächlich waren wir - ohne uns zu verlaufen - 36,8 km unterwegs. Eine Erklärung habe ich hierfür nicht. Wir sind immer den gelben Pfeilen gefolgt. Nun liegt meine Freundin neben mir im Bett mit Schüttelfrost und Sonnenbrand. Ich befürchte, dass sie einen Sonnenstich hat. Ihre Beine sind so rot und heiß, dass dies auch eine Venenentzündung sein könnte. Ich mache ihr jetzt gerade immer wieder warme Umschläge. Kalte verträgt sie nicht und heiße nützen nichts. Ich muss irgendwie eine Möglichkeit finden, um das Fieber zu senken. Vielleicht hilft ihr eine Ibuprofen, die ich ihr gegeben habe. Meinen Vorschlag, sie ins Krankenhaus zu bringen, hat sie nicht aufgegriffen. Okay, warten wir diese Nacht noch ab. Dabei begang dieser Tag einfach traumhaft. Um 7:00 h ging der Wecker. Weil unsere Unterkunft erst um 8:30 h Frühstück serviert, stellte uns die Wirtin schon am Abend vorher etwas zurecht. Alles selbstgemachte Sachen und ausgesprochen lecker. Wir packten sie ein und gönnten uns eine ausgiebige Pause am Wegesrand. Es war von Anfang an warm, so dass ich mich dazu entschloss, sofort in kurzen Sachen los zu laufen. Svetlana wählte für sich erst einmal ein langes Outfit. Unser Start war in Barcelos. Diese Stadt gehört aus meiner Sicht zu den schönsten Stationen des portugiesischen Santiagoweges. Die Einheimischen erzählen dort gerne eine wundersame Geschichte um einen gebratenen Hahn. Dies hat dazu geführt, dass der Hahn heute als ein bekanntes Wahrzeichen für ganz Portugal gilt. Nach einem stärkenden Kaffee wanderten wir los. Es dauerte ewig, bis wir die Stadt hinter uns ließen. Überall sah Svetlana Sehenswertes, bestaunte dies und das, jubelte über jeden Geruch und jede Pflanze. Auch ich erfreute mich über viele Kleinigkeiten am Wegesrand, ohne alles gleich persönlich "begrüßen " zu müssen. Das liegt mir dann doch nicht. "Guten Morgen Baum und guten Tag Stier, danke dass ich Euch wahrnehmen durfte und danke, dass ich das erleben darf". So ist eben meine Begleiterin und darum liebe ich sie ja auch. Sie kann sich an kleinen Dingen erfreuen, welch eine seltene Gabe. Nur so kommen wir nicht vorwärts. Nach dreieinhalb Stunden hatten wir eine Etappe zurück gelegt, die für zwei Stunden geplant war. Und nicht zwei Stunden Eiltempo, sondern mit ca. 4 km in der Stunde. Wir hätten einen Zahn zulegen müssen, taten wir aber nicht. Eine Pause reihte sich an die andere. Wir kauften Wasser, aßen Eis und spendierten uns ein Stück Kuchen etc. Irgendwann wurde es so heiss, dass sich auch Svetlana begann, auszuziehen. Ich sagte ihr noch, sie solle sich eincremen. Dies tat sie aber leider viel zu spät. Die logische Folge war ein heftiger Sonnenbrand, zu dem sich zu allem Überfluss noch eine Allergie gesellte. Beim letzten Wasserstop beratschlagten wir, ob wir ein Taxi rufen sollten, entschieden uns letztlich jedoch dagegen. Eine Fehlentscheidung, wie sich später herausstellte. Auf der weiteren Strecke gab es keine Möglichkeit mehr, auf ein Taxi oder auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Svetlana ging es zusehends schlechter. Sie schleppte sich nur noch vorwärts und bekam noch während unserer Wanderung Schüttelfrost. Es war weder eine Wasserstelle noch eine Menschenseele in der Nähe, kein Auto, was wir hätten anhalten können. Mir war echt mulmig zumute. Zuviel Sonne und zuwenig Wasser kann gefährlich werden. Die Schönheiten der Natur nahm ich nur noch am Rande wahr, ich konzentrierte mich auf meine Freundin. Super dankbar war ich, als wir gegen Ende unserer Etappe dann doch noch auf einen Autofahrer trafen. Dieser erkannte den schlechten Zustand von Svetlana und brachte uns in eine Jugendherberge. Dort trank sie erst mal tüchtig und aß ein Stück Pizza. Jetzt schläft sie. Mal sehen, wie es morgen weiter geht.oRead more

  • Day 6

    Viele km und dann in Krankenhaus

    April 17, 2017 in Spain ⋅ ⛅ 20 °C

    Fünfter Tag. Porte de Lima - Tui. An diesem Morgen schliefen wir erst einmal aus. Meine Erleichterung war groß, als ich feststellte, dass meine Freundin sich über Nacht deutlich erholt hatte. Nach dem Frühstück ging es wieder zu Fuß los. Wir waren ja gestern in einer Jugendherberge untergekommen. Ein Autofahrer hatte uns aufgegabelt. Ich gehe davon aus, dass er erkannt hatte, in welchem Zustand sich meine Freundin befand. Es waren gut 3 km, die er uns fuhr. Heute, wo es ihr wieder besser geht, ist ihr Lachen zurück. Sie meinte: "Silvia, als ich jung war, habe ich auch Autos angehalten. Sie hielten, weil ich schöne Beine hatte. Heute halten sie immer noch wegen meiner Beine an, jetzt aber, weil sie so schrecklich aussehen und sie bei den Fahrern deshalb Mitleid auslösen. Also, auf meine Beine kann ich mich verlassen." Gut gelaunt zogen wir also Richtung Fluß und Ponte de Lima. Mich fasziniert dieser Weg am Lima entlang. Eine unendliche Ruhe und Zeitlosigkeit strahlt dieser Weg aus. Der Fluss fließt ruhig daher. In der Ferne kann man die alte römische Brücke sehen, die sich im Wasser spiegelt. Wer hier die Muse hat, ruhig zu sitzen oder langsam zu gehen, kann spüren, wieso die Römer diesen Fluss Rio Lima nannten. Übersetzt bedeutet dies "Fluß des Vergessens". Obwohl die Römer sehr abergläubisch waren, bauten sie eine Brücke über den Fluss. Sie glaubten, wer auf die andere Seite des Flusses gelangt, vergisst alles und findet nie wieder zurück. Ich hatte mir ja gestern schon Blasen gelaufen und hoffte, dies beim Überqueren zu vergessen. War aber leider nicht so. Jeder Schritt tat höllisch weh. Da war kein Vergessen. Mir war klar, entweder spüre ich es irgendwann nicht mehr oder ich muss mich am Abend mit Alkohol betäuben. Ich betäubte mich am Abend mit sehr viel Alkohol. Aber soweit sind wir noch nicht. Wie so vieles in Portugal ist auch Ponte de Lima sehr alt. Die Kelten legten hier schon eine Siedlung an. Die Römer erweiterten diese und bauten die Brücke. Ein Teil der Brücke ist aber aus dem Mittelalter. Diese Brücke diente den Römern als Militärweg. Heute nutzen zahllose Pilger diese Flußquerung auf ihrem Weg nach Santiago. Auf der anderen Seite des Flusses angekommen, ist der Blick zurück einfach großartig. Ich warf einen letzten Blick zurück nach Ponte de Lima mit ihren malerischen Häuserfassaden und alten Steinbauten. Diese Stadt hat auch eine sehr schöne und geschichtlich interessante Altstadt. Auch sie gilt für mich als eine der schönsten Städte Portugals. Eines ist sie ganz gewiss, nämlich die älteste Stadt Portugals. Vor ein paar Jahren traf man hier fast nur Einheimische und Pilger, nur ganz wenige Touristen. Dies hat sich zu meinem Bedauern geändert. Heute boomt hier der Tourismus. Das Gesamtbild der Stadt leidet hierunter. In der Nähe der Brücke wurden große Parkplätze angelegt, die den Blick zurück auf die Stadt nachhaltig stören. Unser Weg führte von Ponte de Lima recht schnell in eine sehr abwechslungsreiche Natur mit vielen verträumten Bächen, Wasserfällen und einer vielfältigen Pflanzenwelt. Hier kommt beim Wandern so richtig Freude auf. Für mich ist dieser Abschnitt einer der schönsten auf der Strecke von Porto nach Spanien. Die EU unterstützt seit einigen Jahren den Ausbau des portugiesischen Jakobsweges. Meines Erachtens beeinträchtigen diese Maßnahme den früheren Flair der Wege und schaden somit mehr als sie nützen. Viele traditionelle Pfade sind nun breite Wege, weiche Waldböden mussten harten Stein- oder Teerwegen weichen. Sogar die Pflanzenwelt wurde streckenweise zurück gedrängt. Die tiefen ins Grün geschlagenen Narben sind nicht zu übersehen. Ein Nebeneffekt ist, dass niemand mehr Angst haben muss, im Vorbeigehen von einer Zecke befallen zu werden oder einer Schlange zu begegnen. Nur die Eidechsen und Salamander haben sich zum Glück nicht vertreiben lassen. Dieser Weg von Ponte de Lina nach Tui ist aber trotzdem immer noch einer der schönsten naturnahen Wanderwege auf dem Jakobsweg von Porto nach Santiago. Die Strecke ist ca. 33 km lang, aber jeder Schritt lohnt sich. Nach jeder Kurve gibt es etwas Neues zu entdecken. Lachen musste ich bei einer Schluchtüberquerung. Dort stand auf Deutsch ein Warnschild mit der Aufschrift "Vorsicht, gefährliche Brücke". Lachen musste ich deshalb, weil es in Portugal so gut wie nie vorkommt, dass irgendeine Sehenswürdigkeit bzw. ein Bauwerk auch in deutscher Sprache erklärt wird. Man findet auf Hinweistafeln eher seltsame Schriftzeichen als in Deutsch verfasste Erläuterungen. Aber dieses Schild war in Deutsch und zwar nur in Deutsch. Ich denke, da haben sich deutsche Gutmenschen dazu berufen gefühlt, die Welt in deutscher Sprache auf die Gefährlichkeit des Übergangs hinweisen zu müssen. Ganz ehrlich, wer vor dem "Bauwerk" steht, erkennt auf den ersten Blick, dass das Überqueren nicht ganz risikolos ist. Vor Jahren lag hier nur ein Eisenträger, über den man Balancieren musste. Heute ist daneben ein genau so schmaler Betonsteg mit einem Seil zum Festhalten angebracht. Ich glaube nur nicht, dass das Festhalten im Ernstfall etwas genützt hätte. Aber egal, die Deutschen haben schließlich vor der Gefahr gewarnt. Das anstrengendste und anspruchsvollste Stück war dann der Aufstieg zum Serra de Labruja. Dieser Name soll sich von "laborioso" ableiten, was soviel wie mühsam oder anstrengend heißt. Es war sehr mühsam und sehr anstrengend, aber wirklich lohnend. Von dort oben sieht man gegen Norden die Berge Galiziens, zurückblickend die schöne Hügellandschaft Portugals. Noch heute werden wir Portugal verlassen und über die "Internationale Brücke" Spanien betreten. Wer diesen Weg nachgehen möchte, sollte sich auf jedenfall zwei Tage Zeit für die Erkundung der auf dem Weg liegenden Stadt Valenca nehmen. Leider hatten wir diese Gelegenheit nicht, da wir uns vorgenommen hatten, in Spanien als erstes sofort ein Krankenhaus anzusteuern. In Portugal war schließlich immer noch Feiertag, so dass medizinische Hilfe nur eingeschränkt zu erhalten war. Uns war wichtig, die Probleme mit Svetlanes Beinen abzuklären. Der Zustand hatte sich beim Wandern verschlechtert. Die Frage war, ob wir weiter laufen können oder abbrechen müssen. Hatte uns in Portugal hauptsächlich die alte Kultur und die Natur beeindruckt, so waren es hier in Spanien auch die Menschen. Die ersten, die wir nach dem Weg ins Krankenhaus fragten, nahmen sich kurzer Hand die Zeit, uns persönlich dort hinzubringen. Auch im Krankenhaus versuchte man uns so schnell wie möglich und sehr freundlich zu helfen. Der Arzt amüsierte sich mit uns über unsere Sprachversuche und "versagte" dann selbst beim Übersetzungsprogramm. Irgendwie gelang uns die Verständigung dann doch. Diagnostiziert wurde eine starke, aber nicht gefährliche Allergie. Der Arzt gab uns für die weiteren Etappen grünes Licht. Fast tanzten wir vor Freude im Behandlungsraum. Danach brachen wir zu unserer Herberge auf und verliefen uns dabei mal wieder hoffnungslos. Rechts und links sind nicht meine Stärke, Svetlanas aber auch nicht. Also fragten wir einen Spanier, ob er uns den Weg zeigen könne. Konnte er. Er holte kurz entschlossen sein Auto und fuhr uns hin. In der Herberge fragten wir den Herbergsvater, wo wir essen könnten. Auch er bot sich spontan an, uns in ein Restaurant zu fahren. Dann schlug er sich vor dem Kopf und meinte lachend, er habe gar kein Auto. Er zeichnete uns deshalb den Weg auf einer Karte ein. Wir wären keine Frauen, wenn wir damit ans Ziel gekommen wären. Irgendwann landeten wir an einem Fluss und fragten entnervt ein junges Mädel nach dem Weg. Diese holte zunächst ihre Mutter, dann ihre Schwester und schließlich ihre Tante zur Hilfe. Alles ohne Erfolg. Die Karte und die Zeichnung waren aus Frauensicht nicht zu entschlüsseln. Erst als auch die Männer der Familie hinzu kamen, konnte langsam Licht ins Dunkle gebracht werden. Sie zeigten uns sowohl unseren Standort als auch den weiteren Weg zu unserem Ziel. Lange hielt unsere Orientierung jedoch nicht an. Wie war das hier nochmal? Rechts oder links? Wie müssen wir die Karte nochmal halten? Zum Glück trafen wir einen jungen Mann, dem wir die Karte vor die Nase hielten. Er sah uns an, er sah die Karte an, schüttelte den Kopf und fragte, wo wir denn eigentlich hin wollten. Wir nannten den Namen des Lokals. Er lobte unseren guten Geschmack und erklärte, auch er sei auf dem Weg dort hin. Wir nahmen seinen Begleitservice gerne an und folgten ihm. Die Restaurent-Empfehlung war super. Das Essen war sehr, sehr lecker, das Bier und der Wein ebenso. Zur Herberge fanden wir dann alleine zurück. Wir liefen einfach immer gerade aus. ???Read more

  • Day 7

    Waschtag

    April 18, 2017 in Spain ⋅ ⛅ 17 °C

    Sechster Tag. Spanien ole. Heute war ein schöner Tag, allerdings ohne große Höhepunkte. Langeweile stellte sich dennoch nicht bei uns ein. Wir starteten in Tui und hatten gleich die ersten Orientierungsschwierigkeiten. Ich wollte zur Post, um meine Wanderschuhe zurück nach Hause zu schicken. Ich habe ihnen die Freunschadt gekündigt, ich will meine alten wieder. Das waren die Besten. Meine Blasen machen mir echt zu schaffen. Mittlerweile laufe ich die ganze Tagesetappe in Sandalen. Es ist nicht daran zu denken, nochmals die Wanderschuhe anzuziehen. Ich erblasse jedes Mal vor Neid, wenn uns Wanderer mit nur einfachen Sportschuhen entgegen kommen. Mein fester Vorsatz ist, mir heute Abend ein entsprechendes Paar zu kaufen. Aber noch waren wir in den galizischen Hügeln unterwegs und mussten erst einmal unser Tagesziel erreichen. Dort wartete heute ein gutes Hotel auf uns. Unser Plan war, die heutige Etappe kurz zu halten, dann unsere Wäsche zu waschen und ausgiebig zu duschen. Zudem musste ich meine Hose ausbessern. Ich glaube, deren Stoff ist mittlerweile morsch. Es ist meine Lieblings-Trekkinghose. Um Gewicht zu sparen, habe ich auch nur die eine mit genommen. An kälteren Tagen trage ich zusätzlich eine Leggings, an wärmeren Kommt ein Wanderminirock zum Einsatz. Zwei Blusen, eine Garnitur Unterwäsche sowie ein Paar Strümpfe zum Wechseln, und fertig. Vorgestern in der Jugendherberge haben wir nicht gewaschen, wir waren einfach zu fertig. Gestern auch nicht, es wurde uns zu spät und irgendwann zeigte der Alkohol seine Wirkung. Heute mieften wir dann in unseren Sachen so dahin. Wir hatten keine Wahl, heute musste gewaschen werden. Unser Ablauf sollte so sein wie immer. Wäsche waschen, duschen, frisch anziehen und essen gehen. Im Hotel angekommen, zog ich mich aus, kramte meine Schmutzwäsche aus dem Rucksack, wusch alles aus und hing die Sachen zum Trocknen auf den Balkon. Svetlana machte das auch so. Nein, nicht ganz. Sie war etwas cleverer. Sie wusch nur die Sachen aus dem Rucksack. Sie hing vier T-Shirts auf, einen Pulli sowie ein paar Socken und Unterwäsche. In ihren anbehaltenen und trockenen Sachen war sie dann schnell bereit, zum Essen aufzubrechen. Ganz anders als ich. Meine Utensilien hingen noch ziemlich nass auf dem Bakon. Mir blieb nichts anderes übrig, als in die noch sehr feuchten Kleidungsstücke hinzuschlüpfen. Ich war froh, dass mir Svetlana wenigstens eine trockene Leggings ausleihen konnte. Zu allem Überfluss zog es sich draußen zu und es wurde frisch. Es half nichts, da mussten wir jetzt durch. Andernfalls hätten wir im Hotel hungern müssen. Das war keine Alternative. Turnschuhe kaufte ich mir keine, dafür aber lecker essen. Spanisch an der Strasse, mit Spaniern. Touristen sahen wir hier nicht, obwohl auch Arcades wirklich schön auf Hügeln an einer Meeresbucht liegt. Vielleicht ist es einfach noch zu früh für Touristen. Viel gibt es heute nicht zu erzählen. Dieser Tag war kurz und ich nutze ihn auch um den Blog von gestern fertig zu schreiben. Morgen ist auch noch ein Tag. Mal sehen, wie es weiter gehtRead more

  • Day 8

    Noch mehr Km und heisse Quellen

    April 19, 2017 in Spain ⋅ ⛅ 15 °C

    Siebter Tag. Gut gelaufen. Gestern war ja noch großer Waschtag angesagt. Wir haben uns das Städtchen trotzdem noch einmal angeschaut. Arcade ist ein Ort, dessen Flair man nicht sofort erkennt. Er liegt am Jakobsweg, aber die gelbe Pfeilführung ist nicht so angelegt, dass man dieser Pilgerstation auf Anhieb wirklich etwas abgewinnen kann. Dabei hat sie ihre romantischen Seiten. Ein Fluss, der auch Ebbe und Flut kennt, schöne Wanderwege, die insgesamt beruhigend wirken. Frischer Fisch und eigene Austernbänke. Lokale, die noch das Wort "Gastfreundschaft" kennen und Spanier, die das Leben zu genießen wissen. Von dort aus ging unsere Wanderung wieder durch eine sehr schöne Natur, an rauen Felsenlandschaften vorbei. Teils steil bergauf und teils steil bergab in Richtung Ponteverdra - unser Etappenziel für Mittag. Wir kamen auch zügig voran. Trotz meiner Blasen hatte ich heute wieder meine Wanderschuhe angezogen. Mir war zum Heulen zumute, es nutzte aber nichts. Der Weg führte über Geröll und große Steine. Hier zeigte sich Spanien wild und unbezwungen. Eine sehr schöne Strecke und insgesamt eine Gegend, die sich durchaus für einen kurzen Wanderurlaub anbietet. Zu finden sind gut angelegte Wanderwege mit vielen kulturellen und landschaftlichen Highlights. Der letzte Teil des Weges war dann mal wieder sehr anstrengend, weil wir ca 4 km in die Stadt einlaufen mussten. Ich hasse Asphalt treten. Pontevedra selber ist wiederum faszinierend. Genauso wie es in die Stadt herein geht, geht es auch wieder heraus, d.h. über lange, asphaltierte und stark befahrene Straßen. Nur selten wird man mit kleinen Grünzonen belohnt. Ich schätze, wir waren zu ca. 70 Prozent auf ausgebauten Straßen unterwegs. Unser nächstes Etappenziel sollte Calda de Reis sein. Diese Stadt ist seit der Römerzeit für ihre Thermalquellen bekannt (bin ich eigentlich in Italien unterwegs?). Die heißen Quellen wurden damals u.a. dazu genutzt, um sich von Kriegsverletzungen zu erholen. Einer Legende nach soll sich ein schwer verletztes Schlachtross nach einem Kampf in einer solchen Wasserlache vollkommen erholt haben. Wir hatten uns in ein sog. Thermal-Hotel eingemietet und stiegen dort sofort in die heißen Quellen. Ja, sie sind wirklich heiß - in unserem Hotel ca. 45 Grad C. Wir hätten uns fast verbrüht. Das heiße Wasser tat uns aber gut. Wir wechselten anschließend in ein Becken mit herunter gekühltem Heilwasser und nahmen noch eine Unterwassermassage in Anspruch. Das war mir dann genug Wellness. Ich verabschiedete mich ins Zimner. Meine Freundin traf noch Landsleute aus Slovenien und Montenegro. Sie blieb noch auf einen Plausch im warmen Becken. Zum späten Abendessen trafen wir uns dann wieder in einem Lokal am Ufer des Mino an einer alten Steinbrücke. Man sagte uns, man zahle die Aussicht mit. Das kann ich nicht bestätigen. Wir verzehrten zu zweit Tintenfisch, Tortilla, Salat, Kroketten, Bier und Wein sowie Brot und Oliven für gerade einmal 25 Euro. Am Mino kann man sich super zurückziehen und die viele Wege am Fluss entlang schlendern. Am Fluss selber gibt es immer wieder natürliche Warmwasser-Quellen mit natürlichen Becken. Sie können kostenfrei genutzt werden. Viele Einheimische treffen sich dort zu einer Art "After-Work-Entspannung". Besonders stimmungsvoll ist es, wenn es kälter ist und sich der Nebel geheimnisvoll über die Landschaft legt.Read more

  • Day 9

    Das kommt uns spanisch vor

    April 20, 2017 in Spain ⋅ ⛅ 18 °C

    Nach dem entspannenden Abend im Thermalbad und dem romantischen Essen am Fluß Mino packten wir wieder unseren Rucksack und wanderten weiter. Die letzte Nacht war etwas seltsam. Plötzlich ging bei uns im Zimmer das Licht im Eingangsbereich neben dem Bad an. Ich hatte natürlich zunächst Svetlana im Verdacht, stellte aber fest, dass diese neben mir lag und schlief. Auf meine Frage, warum denn das Licht brenne, kam von ihr nur die schlaftrunkene Antwort: "Was für ein Licht?". Wir waren beide auf der Stelle hellwach, bewaffneten uns mit unseren Wanderstöcken, sprangen zur Tür und waren wild entschlossen, den Eindringling zu vertreiben. Aber da war kein Eindringling. Ich öffnete die Zimmertür und kontrollierte den Flurbereich. Auch da war niemand. Wir sahen im Bad nach, wiederum Fehlanzeige. Svetlana stellte schließlich ihren Rucksack so vor die Tür, dass dieser beim Betreten von Außen zwangsläufig mit viel Getöse umfallen würde. Das gab uns ein wenig Sicherheit. Dennoch war das Rätsel noch nicht gelöst. Das Licht ließ sich nicht ausschalten. Nochmal kontrollierte ich die Umgebung. War Rauch zu riechen oder Sirenen zu hören? Nein, ich konnte nichts Auffälliges feststellen. Also legten wir uns trotz der brennenden Lampe wieder schlafen. Irgendwann bemerkte ich, dass das Licht wieder ausging und nur noch die Notbeleuchtung zum Notausgang leicht vor sich hin glimmte. Letztlich also nur ein Sturm im Wasserglas. Wir waren am nächsten Tag trotzdem gut ausgeschlafen und genossen das sehr üppige Frühstück ausgiebig. Wir widerstanden der Versuchung, noch einen Tag in diesem Hotel zu verbleiben. Gestärkt durch das Frühstück, machten wir uns wieder auf den Weg. Es ging einmal mehr über Stock und Stein die Hügel herauf und herunter. Diesmal war der Wegstrecke wieder naturnah. An kleinen Bächen vorbei durch Wald und Flur. Wir durchquerten Weinhänge und fremde Gärten sowie kleine Dörfer. An diesem Morgen hatte ich mir nun doch die Blase aufgestochen. Sie war mittlerweile so groß geworden, dass ich damit nicht mehr in meinen Schuh kam. Selbst die Sandalen stellten keine Tragealternative mehr dar. Ich hatte jetzt unter dem ganzen Fuß Blasen und auch an den Fußkanten. Also desinfizierte ich eine Nähnadel und stach die dickste Blase vorsichtig auf. Anschließend verklebte ich sie, um sie vor Schmutz zu schützen. Eine Bekannte hatte letztes Jahr ebenso ihre Blase am Fuß geöffnet. Ihre Schmerzen ließen dadurch aber nicht nach, sondern wurden schlimmer und schlimmer. Tapfer ging sie den ganzen Tag weiter. Auch am nächsten Tag startete sie mit dem eisernen Willen, durchzuhalten. Irgendwann bekam sie Fieber, Kopfschmerzen und Schüttelfrost. Total am Ende ihrer Kräfte brach sie mitten im nirgendwo zusammen. Sie konnte noch nicht mal mehr sagen, wo sie sich exakt befand. Mit Hilfe von Handy und WhatsApp sendete sie ihren Standort zu Freunden, die ihr von Deutschland aus ein Taxi organisierten. Im Krankenhaus diagnostizierte man bei ihr eine Blutvergiftung. So eine ähnliche Geschichte gibt es auch in meiner Facebookgruppe. Hier war Anne Chantal der rettende Engel. Deshalb bin ich solange wie möglich mit geschlossenen Blasen weitergelaufen. Aber jetzt ging nichts mehr. Unter dem Strich ist es bei mir gut gegangen. Ich konnte - wenn auch mit Schmerzen - unseren Weg fortsetzen. In Padron angekommen hätte ich die Schuhe am liebsten dennoch im hohen Bogen in den Fluß geworfen. Tat ich aber nicht, denn unsere Tagesetappe war erst in 8 km geschafft. Padron selbst gefällt mir persönlich nicht wirklich, die Stadt berührt mich nicht. Der Legende nach soll hier der Leichnam von Jakobus in einem steinernen und mit Jakobsmuscheln übersätem Sarg/ Schiff angelandet sein. Wir blieben nur kurz in Padron und machten uns trotz weher Füße und schmerzenden Beinen schon bald wieder auf den Weg. Vor uns lag der Aufstieg zu einer Kirche. Auch diese war - wie so viele Kirchen in Portugal und Spanien - geschlossen. Etwas seltsam für einen Pilgerweg. Nur mit Glück fand man mal eine geöffnete Kirche. Unser Weg führte uns weiter nach Picanara. Insgesamt war unsere heutige Strecke laut Reiseführer auf 26 km ausgelegt. Die Spanier rechnen aber offensichtlich anders. Wahrscheinlich haben sie eine andere Maßeinheit. 1 km ist dort bei weitem nicht überall 1 km. Nach 26 km mit brennenden Füßen erreichten wir nach einem steilen Anstieg die Spitze eines Hügels. Von dort war jedoch weder ein Dorf noch eine Siedlung in Sicht. Wandern konnte man zu diesem Zeitpunkt unsere Fortbewegungsart nicht mehr nennen. Es war eher ein vorwärts schleppen. Mittlerweile zogen die Schmerzen vom Fuß die Beine hinauf bis zum Po. Auch die Beine meiner Freudin waren wieder feuerrot und komplett mit Pusteln übersät. Nun ja, nach 32 km erreichten wir eine kleine Pension. Dort nahmen wir uns ein Zimmer. Anstatt sofort in die nahe gelegene Gaststube zum Essen zu gehen, zogen wir uns als erstes die Schuhe aus und legten uns aufs Bett. Nur fünf Minuten ausruhen, war unser Wunsch. Hätten wir das mal besser nicht gemacht. Danach wollten die Füße nirgendwo mehr hin. Ich kroch auf allen vieren ins Bad. Svetlana schaute sich das an und versuchte es dann gar nicht erst. Sehr viel später schaffte ich es doch noch bis zum Restaurant. Der Durst nach Bier trieb mich dahin. Nach zwei großen Bier und einer galizischen Suppe sowie etwas Fisch hatte ich auch wieder soviel Kraft, zur Pension zurück zu kehren. Ich ließ mir noch ein Bier und etwas für meine Freundin einpacken. In der Pension schrieb ich noch den Reisebericht über den gestrigen Tag. Danach fielen Svetlana und ich in einen tiefen Dornröschen-Schlaf. Das Haus hätte abbrennen oder einstürzen können, ich bin davon überzeugt, niemand von uns beiden hätte etwas mitbekommen.Read more

  • Day 10

    Und auf einmal war es Frieden

    April 21, 2017 in Spain ⋅ ☀️ 23 °C

    Tag Neun. Unsere letzten 16 km nach Santiago. Heute Morgen war es mal wieder wie jeden Morgen. Über Nacht hatten wir uns (fast) völlig regeneriert. Unser Kopf wollte weiter und unser Körper auch. Nur die Füße und Beine machten Probleme, doch darauf konnten und wollten wir keine Rücksicht nehmen. Die Parole hieß also: Neue Blasenpflaster aufkleben, Creme auf den Ausschlag auftragen und auf zum Endspurt nach Santiago. Als wir aus der Unterkunft kamen, war schon ein fröhliches Treiben der Pilger zu sehen. Wo kamen die denn auf einmal alle her? Soviele wie heute hatten wir auf der ganzen Tour noch nicht gesehen. Das sollte also unser letzter Tag auf dem Weg zu unserem Ziel sein. Es kam so etwas wie Wehmut auf, aber auch Freude, es in Kürze geschafft zu haben. Die Gefühle fuhren Achterbahn: Vorfreude auf die Familie, Dankbarkeit, eine so tolle Erfahrung gemacht zu haben und die Sehnsucht, einfach weiter zu laufen. Viele widersprüchliche Gefühle gaben sich die Hand. Ich sah in die Gesichter der Pilger, die heute unterwegs waren. Die meisten Gesichter strahlten vor Freude, einige rannten regelrecht nach Santiago. Unser Etappe führte 16 km permanent bergauf, so als wolle der Weg uns noch einmal alles abverlangen. Für die Mühen wurden wir allerdings von der Natur mit ihrer bunten Vielfalt entschädigt. Interessant war zu beobachten, dass sich die Menschen auf den letzten Kilometern wieder näher kamen. Sie begrüßten sich lachend, teilten sich einen Schattenplatz oder boten sich Kleinigkeiten zum Essen an. Das Sprachengewirr war beeindruckend und führte mir vor Augen, aus wie vielen Nationen sich der Pilgerstrom zusammen setzte. Neben Pilgern aus zahlreichen europäischen Ländern waren auch Menschen aus Südamerika, Asien und - kaum zu glauben - auch aus dem arabischen Raum unterwegs. In den Augen der vielen Menschen war nichts zu spüren von Fremdheit, Angst oder Vorurteilen. Man gab sich die Hand, wünschte sich von Herzen alles Gute und wusste doch, dass es ein Wiedersehen wahrscheinlich nicht geben würde. Nur wenige trafen wir später noch einmal vor der Kathetrale, im Café oder beim Andenken kaufen. Es waren alles freudige und herzliche Begegnungen. Jeder hatte so seine Geschichten zu erzählen. Svetlana und ich ließen uns auf den letzten Kilometern treiben und drosselten bewusst das Tempo. Wir wollten so unser Ankommen verzögern und die spezielle Atmosphäre auf diesem Wegstück genießen. Etwa 15 Minuten vor Erreichen der Altstadt legten wir noch einmal eine Pause ein. Wir setzten uns zu Spaniern in ein Lokal, die dort Mittagspause machten. Wir gönnten uns in Ruhe ein Menü und nahmen nochmals am spanischen Alltagsleben teil. Dann machten wir uns auf zum Endpunkt unserer Reise. Auf den letzten Schritten zur Kathedrale trafen wir unerwartet auf Pilger, die wir unterwegs kennengelernt hatten. Sie waren schon gestern hier eingetroffen. Sie klärten uns darüber auf, dass wir mit unseren Rucksäcken die Kathedrale nicht betreten durften. Wir beschlossen, die Rucksäcke zunächst in unser neues Quatier, ein Priesterseminar, zu bringen. Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, kehrten wir zurück und genossen die auf dem Vorplatz der Kirche zu spürende Lebenfreude. Es wurde getanzt und gesungen. Manche saßen in der Sonne und schauten nur zu, andere erzählten von sich. Es war eine gute Stimmung und auf einmal war es nicht mehr wichtig, woher du kommst, wie alt du bist oder welche Farbe deine Haut trägt, auf einmal war einfach nur Frieden.Read more