- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Jun 10, 2024, 8:02 PM
- ☁️ 4 °C
- Altitude: 934 m
SwedenJämtlandHärjedalens KommunLångbrottfjället62°39’38” N 12°15’7” E
10. Juni

Obwohl die Nacht zeitlich gesehen lang genug war, war sie betreffs Schlafen doch recht kurz. Einerseits hat es bis Mitternacht ordentlich geregnet, andererseits war ab da heftiger Wind, dessen Pfeifen und Tosen um die Hütte herum ziemlich laut war. Trotzdem geht es um halb sieben raus und ich packe all meine wunderbar trockenen Sachen ein. Mein Blick schweift draußen weit ins Land. Während es hier noch heftig windet und dabei auch irgendwie aus den tief hängenden Wolken etwas regnet, ist es in der Ferne relativ hell über dem weiten Fjäll, d.h. die Sonne scheint dort schon durch. Kurz nach acht starte ich und es zieht sich relativ schnell aufwärts durch die letzten Birken. Schon nach 20 Minuten habe ich Mühe, die Hütte dort unten noch zu erkennen und nach einer halben Stunde habe ich das Plateau erreicht. Die Landschaft wirkt hier sehr sanft, da es keine freien Steinflächen sind, sondern alles mit Moosen, Flechten und kleinen Pflanzen bedeckt ist. Und so läuft es sich auch wunderbar, der Pfad ist feiner Kies und während der Wind hier oben schon noch ordentlich zieht, hat er gegenüber der Nacht inzwischen deutlich nachgelassen. Zwischendurch sehe ich immer mal ein Stück blauen Himmel und Sonne, während es nebenbei aus den durchziehenden Wolken etwas nieselt.
In dieser Gegend, so hat Jeffrey erzählt, gibt es Moschusochsen, ich bin gespannt, ob ich einen davon vielleicht zu Gesicht bekomme. Ebenso deutet ein Schild darauf hin, dass ab dieser Gegend die Rentierherdenhaltung beginnt. D.h. ich bin inzwischen in der südlichsten Gegend der Sámi-People („Sumpfleute“) und werde wohl demnächst auch domestizierte (halbwilde) Rene zu sehen bekommen.
Der Weg führt heute nach Hamra, das sind circa 17 km und guck an, es gibt dort einen Supermarkt. Das habe ich am Samstag im Gespräch mit Petr erfahren und hatte wohl bei meiner Planung die ganz dicke Filzbrille auf, als ich auf der Karte nach Shops gesucht habe. Ich werde dort also ein wenig frisches Obst und frisches Brot kaufen. Der Rest ist laut Planung noch ausreichend vorhanden. Tatsächlich ist die Menge, die ich kalkuliert hatte, gar nicht schlecht. Für mich war es, wenn auch so gesehen unnötig, mal ein guter Test, da weiter im Norden definitiv noch einmal mindestens ein Stück kommt, wo ich für 10-12 Tage Futtervorrat mitnehmen muss.
Die Landschaft hier auf dem Plateau ist so merkwürdig schön, meine Augen grasen die ganze Zeit rechts und links, obwohl gar nicht wirklich viel passiert. Hin und wieder ist ein Vogel zu hören, sonst ist es eher der Wind, den ich höre und gegen den ich hier auf 1100m ü.M. auch eine Lage mehr angezogen habe. Einerseits bin ich dankbar, dass ich gestern diese tolle Hütte hatte mit all ihren Vorzügen, andererseits wäre das Übernachten hier oben einfach landschaftlich gesehen eine tolle Sache gewesen. Mal schauen, wo ich heute Abend lande.
Während ich zur Pause an einem kleinen See sitze, sehe ich in gut 70-80m Entfernung etwas helles liegen. Da es hier oben keine Bäume gibt, kann es also kein Totholz sein. Und so eröffne ich meine Rentiersaison nicht mit einem Tier als solchem, sondern mit einem Geweih. Es bricht innerlich sofort wieder dieses Sammelfieber aus, wie wir es letztes Jahr auch im Sarek hatten, aber ich weiß, dass ich am Ende einen Tieflader bräuchte, wenn ich alle gefunden Geweihe mitnehmen wollte. Von daher überlasse ich es der Natur oder vielleicht einem anderen Wanderer.
Es läuft sich einfach wunderbar heute Morgen, für meine erste Pause nehme ich mir kaum Zeit, ich will weiter. Der Rucksack fühlt sich wie ein Leichtgewicht an, hoffentlich habe ich nichts in der Hütte liegen gelassen. Zu meiner rechten in einiger Entfernung sind etwas niedrigere, bewaldete Berge, die von der Sonne angestrahlt werden, im Voraus tut sich mit jedem kleinen Hügel, den ich übersteige, ein weiterer hoher, teils komplett schneebedeckter Berg auf. Was für ein Panorama! Die höheren Berge in einiger Entfernung zeigen auf ihren Spitzen deutlich, dass die letzten Nächte, in denen es bei mir geregnet hat, dort oben neuer Schnee gefallen ist. Gerade diese geänderten Temperaturen lassen mich wieder große Freude an meiner Thermoskanne haben, bei der ich in den letzten Tagen immer mal wieder darüber nachgedacht habe, sie vielleicht bei irgendjemandem zu hinterlassen, um sie später abzuholen. Dieser Prügel wiegt schließlich leer schon fast ein Kilo, aber jetzt tut sie mir wieder gute Dienste und schließlich wird es auch wieder Herbst werden, wo ich sie regelmäßig benötige. Von daher bleibt sie.
Nach Hamra hin zieht es sich vom Berg runter durch ein Skigebiet entlang von Lift- und Pistenanlagen. Gegen zwei mache ich meinen Einkauf, der Gott sei Dank heute nicht so lange dauert und habe um drei auch schon die kleine Orgie vor dem Supermarkt hinter mir. Ab jetzt geht es jenseits des Tals wieder aufwärts in die Berge. Ich habe noch gute 8-9 km zu laufen bei wechselhaftem Wetter. Vorher geht es erst noch gute 3km an der Straße entlang durch Fjällnäs und fast wie erwartet, auf den Wiesen sehe ich doch die ersten Rentiere. Sie grasen dort oder ruhen und wirken nicht so scheu, wie ich sie aus Lappland so kenne.
Dann ist der Weg recht einfach wieder rauf aufs Plateau. Es läuft sich recht einfach, wenn auch etwas nass und ich erreiche circa um acht eine Hütte, in der ich übernachten werde. Nicht zuletzt, da es angefangen hat zu schneien.Read more