Sweden
Täng

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Travelers at this place
    • Day 212

      15 Nass, nass, nass

      August 30, 2022 in Sweden ⋅ ☁️ 13 °C

      Der Wind rüttelt kräftig am Zeltgestänge, die Himmelsschleusen sind weit geöffnet und die grossen Tropfen trommeln laut auf die dünne Stoffwand, die uns von den ungezähmten Naturgewalten trennen. Aufstehen? Ach nö, da müssen wir jetzt doch wirklich nicht raus. Lieber sich noch ein-, zweimal in der warmen Penntüte drehen und den Gedanken nachhängen. "Das ist der schlechteste Sommer in Norwegen seit 100 Jahren." "Im Juli hatten wir ganze 4 Tage ohne Regen, sonst sind's 20." "Es ist sehr kalt, unglaublich nass und der Wind bläst so kräftig wie sonst nie um diese Jahreszeit." Diese Worte, immer wieder vernommen, hallen nach. Und wir können den Frust der Einheimischen gut nachvollziehen, regnet es draussen noch immer stossweise.
      Langsam meldet sich das wölfische Verlangen nach etwas essbarem. Also doch aus dem gemütlichen Sack zwängen. Inzwischen sind wir geübt darin es uns IM Zelt gemütlich einzurichten und zu frühstücken. Das Glück ist uns hold, denn kaum ist der letzte Bissen des Müeslis verschlungen, hört es auf zu regnen. Jetzt aber hü hot. Alles zusammenpacken, Zelt abtrocknen und einpacken. Es reicht sogar noch für Espresso und Tee. So übel startet der Tag ja gar nicht.

      Wir fahren in einen der unzähligen Fjorde rein, die imposanten steil abfallenden Felsen sind tief wolkenverhangen. Unser Blick wird immer wieder vom glasklaren, teils türkis schimmernden Wasser angezogen. Doch was ist das da im Wasser? Könnte das eventuell sogar... nein... oder doch? Tatsächlich, nur wenige Meter vom Ufer entfernt schwimmt ein Otter, taucht nach Muscheln und Fischen. Nur kurz können wir den geschickten Jäger beobachten, dann ist er schon wieder fort - das Grinsen auf unseren Gesichtern bleibt da schon länger haften.
      Zuhinterst im Fjord begrüsst uns der nächste Schwall von oben. Ganz lieblich sind die ersten Tropfen, ein leichter Sprühregen nur, eigentlich gar nicht wert, die Regenklamotten hervorzuholen. Da kommt aber noch mehr auf uns zu, schwarz und dunkel... Gut eingepackt trotzen wir den unwirtlichen Begebenheiten und sind sogar froh, dass kurz darauf eines dieser langen, dunklen und kalten Tunnels kommt. 3 km ist dieses lang und erfreulicherweise ohne grosse Steigung. Inzwischen erschaudern wir nicht mehr, wenn eines dieser Löcher vor uns ist. Zuviele haben wir durchfahren, eines sogar unter dem Meer hindurch. Die norwegische Küste, das Land der Tunnels und Fähren. Velolicht ist an, einmal tief durchatmen und durch. Dank des spärlichen Verkehrs gar nicht so schlimm. Auf der anderen Seite schüttet es "was es mag". Der Kopf wird noch ein wenig mehr eingezogen, die Nase rümpft schon von alleine und ab durch den nassen Vorhang. "Ist es noch weit bis zur nächsten Fähre? Hoffentlich gibt es dort einen trockenen Unterstand", rauschen die verwaschenen Gedanken durch den Kopf. Nur noch den letzten Hügel erklimmen, dann sollten wir den Hafen bereits sehen können. Oh, die Fähre ist an der Anlegestelle, der Bug weit geöffnet, aber Autos sehen wir keine mehr. Schei..., das schaffen wir nicht mehr, die Fähre legt gleich ab. Trotzdem sausen wir rasant den Hügel hinunter, biegen Richtung Anlegestelle und ein dick vermummter Seebär fuchtelt uns mit den Armen zu. Unglaublich, die Schranke wird für uns nochmals geöffnet, das Schiff wartet. Triefend nass rollen wir in den Bauch des Ungetüms. Tusen tack! Eine Stunde Fährfahrt, im Trockenen und Warmen erhellt unser Gemüt.

      So, gut zweieinhalb Monate haben wir nun unserer skandinavischen Entdeckerlust gefröhnt. Langsam erwacht in uns das Bedürfnis auch noch anderen, uns unbekannten Fleckchen etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Ausserdem ertappen wir uns immer mal wieder dabei, wie einer von uns gedankenverloren die Melodie von „Eeh ab in den Süden, der Sonne hinterher...“ vor sich hin trällert.

      Zuggeschichten, Episode 328
      Anderes Land, neues Glück. Norwegen, auch hier werden Zugtickets online gekauft. Nach ein paar Anläufen sind wir stolze Besitzer von zwei Zugtickets inklusive Velos von Mo i Rana nach Verdal. Tags darauf sind wir natürlich zeitig am Bahnhof. „Wo hält wohl das Zugabteil für die Velos? Müssen wir das Gepäck vom Velo abladen? Wie kriegen wir das am schnellsten hin? Und was wenn der Velotransport doch nicht klappt???“ Jaja, wir sind ein wenig gebrandmarkt, trauen der ganzen Sache noch nicht so wirklich und fabrizieren daher das ein oder andere nervöse Schweisströpfelchen.
      Diesen Flüssigkeitsverlust hätten wir uns auch sparen können. Die laute Diesellok rumpumpelt mit fünf Wagons in den Bahnhof, der Kondukteur ist etwas verwirrt über die beiden Velos, da sein schlaues Gerät nichts davon wusste, aber egal, ruck zuck ist alles im Innern des Zuges verstaut und es kann los gehen. 6 Stunden später werden wir rund 400 Kilometer südlich bei untergehender Sonne wieder ausgespuckt. So einfach geht das.

      Und da das so wunderbar geklappt hat, machen wir gleich weiter so. Wir haben tatsächlich einen Zug durch Schweden gefunden, welcher mit Velos und online buchbar ist. Für den 1. September haben wir somit den Nachtzug von Östersund nach Malmö reserviert. Süden, wir kommen.

      So bleiben uns 8 Tage um nach Östersund zu radeln und den Norden nochmals in vollen Zügen zu geniessen. Bei gut 20°C und strahlendem Sonnenschein will uns das hiesige Wetter wohl noch etwas versöhnlich stimmen. Und als wäre das nicht schon genug, ist es nun soweit. Endlich! Wir fahren durch hügeliges, landwirtschaftlich genutztes Gebiet als Saschas Aura plötzlich aufgeregt zu flimmern beginnt. Er zeigt in Richtung einer Hecke wo soeben ein braunes Hinterteil verschwindet. Wir fahren noch ein paar Meter weiter und spähen um das Gebüsch herum. Zwischen dem Geäst tritt eine wunderschöne Elchkuh hervor. Mit grossen Augen und einem freudigen Gefühl in der Brust beobachten wir, wie das imposante Tier gemütlich über die Wiese trabt, die Strasse quert und dann, erschreckt von einem Auto, durch das nächste Feld davon galoppiert. Mit einem mühelosen Satz springt sie über den Zaun und verschwindet im Wald. Beim Schreiben dieser Zeilen schleicht sich wieder ein glückliches Lächeln auf mein Gesicht.

      Die Strasse zum Grenzpass zwischen Norwegen und Schweden schlängelt sich sanft in die Höhe, der angrenzende Fluss glitzert mal spiegelglatt und ruhig vor sich hin um ein paar Meter weiter tosend über Felsen dahin zu rauschen. Wir geniessen nochmals einen wunderschönen, wilden Zeltplatz ganz für uns allein. Auf dem Pass werden wir mit einem Fjäll belohnt. Kilometerweit dürfen wir den Blick über Wollgras, Beerensträucher und teilweise lichten Baumbestand schweifen lassen. Der Herbst hält langsam Einzug und überzieht die ganze Gegend mit warmen Rot- und Goldtönen. Wir können uns kaum sattsehen. So wird uns Skandinavien nochmal in einem sanfteren Licht vorgestellt. Bestimmt wird uns der Ruf des Nordens wieder einmal in diese Gegend ziehen.
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    You might also know this place by the following names:

    Täng, Tang, Q1841051

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