Tanzania
Ol Donyo Muruok

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Travelers at this place
    • Day 12

      Bei den Maasai

      September 23, 2018 in Tanzania ⋅ 🌙 20 °C

      „Was zieht man denn da heute an?“- „Also ich hab schon meine Lederhose bereit gelegt.“

      Das wird was. Bayer trifft Maasai.

      Wir sind wieder mal extreme Glückspilze. Die Gründer und Leiter des „More than a drop“ Nicola und Gianluigi nehmen uns mit in ein Maasai-Dorf, aus dem Mädchen stammen, die bei ihnen die Gastronomie-Ausbildung gemacht haben. Die Maasai sind die bekannteste der insgesamt 130 Ethnien in Tansania.

      Mit Nicolas Allrad-Jeep kämpfen wir uns auf extrem holprigen Wegen durch den Busch. Da Trockenzeit ist, schwappt in jeder Kurve ein Schwung rötlicher Erde durch die Fenster rein. Alina, Felix und ich schwitzen uns auf der recht engen Sitzbank gegenseitig voll und das Auto kläppert so sehr, dass wir uns nur schreiend unterhalten können (kleiner Vorgeschmack für Daniel und Charly, mit denen wir drei Wochen in einem Jeep verbringen werden. Das wird super!).

      Sobald man das Enge, Schwitzige, Staubige mal akzeptiert hat, ist es gar nicht mehr so schlimm. Es gehört einfach dazu.

      Begrüßt werden wir von Lesse, einem Maasai-Freund von Nicola und Gianluigi, mit einem Willkommens-Drink. Aus einer Kalabasse schenkt er frisches Ziegen-Blut ein. Dickflüssig und tiefrot. Mir stellt es die Nackenhaare auf. Ich lehne dankend ab. Gianluigi ermahnt mich. Es gehört zur Tradition, ich MUSS das trinken. Mein Herz fängt an zu rasen. Ich bin mir sicher, dass ich das Zeug nicht runter kriege. Die Maasai, die gerade noch für uns gesungen haben und nun um uns stehen schauen uns erwartungsvoll an. Pressure is on! Langsam setze ich den Becher an, versuche den Würgereiz zu ignorieren und trinke das Zeug. Ich hab das Gefühl, ich werde gleich ohnmächtig. Noch ehe ich checke, was ich da trinke, fangen die Maasai zu lachen an. Es ist Hibiskussaft. Sie wissen bereits, dass mzungus (=Hellhäutige oder wörtlich übersetzt: Herumstreunende) kein warmes Blut verkraften.

      Alina (die sogar Vegan ist) und ich brauchen ein paar Momente, um über den Schock hinwegzukommen.
      Die Maasai findens lustig.

      Einer von ihnen, Joshua, nimmt uns anschließend mit auf einen Spaziergang durch sein Dorf.
      Wunderschön gelegen zwischen dem Kilimanjaro und dem Mount Meru befinden sich in dieser steppenartigen Landschaft vereinzelte Lehmhütten (=Bomas), die in mit Steinen abgegrenzten Grundstücken positioniert sind. Wieviele Frauen ein Mann hat, erkennt man an der Anzahl der Lehmhütten auf dem Grundstück. Das Ansehen eines Mannes steigt mit der Anzahl seiner Frauen.

      Da stehen wir vor den Lehmhütten einer befreundeten Familie von Joshua. Überall neugierig schauende Kinder (gefühlt von jedem Alter mindestens eins). Frauen in ihren roten und blauen Gewändern, mit ihrem traditionellen Schmuck. Kein fließend Wasser, kein Strom, keine Infrastruktur.
      Wir wissen nicht so recht, was wir sagen sollen. Kulturell unterschiedlicher könnten wir kaum sein.

      „These are traditional trousers of my tribe.” Felix ist mächtig stolz und macht mal wieder Werbung für seine Lederhose. Die Maasai begutachten anerkennend die Lederqualität seiner Hose.

      Das Eis ist gebrochen.

      Joshua frägt uns ob wir ein Boma von innen sehen wollen. Na Logo! Wir steigen durch das kleine Loch und sehen erstmal gar nichts. Es ist stockdunkel - kein einziges Fenster(loch). „Sorry it’s dark here. But I provide light!” Joshua zieht sein Smartphone aus seinem kunterbunten Gewand (Fortschritt trifft auf Tradition) und leuchtet in den Raum, wo wir plötzlich zwei Frauen in der Hocke sitzen sehen, die gerade das Essen vorbereiten und nun schüchtern kichern. Eine davon hält ein Baby im Arm. Frisch gebackene Mütter müssen die ersten 5 Monate in dieser engen, dunklen Lehmhütte verweilen.

      Felix, der alte Grundschulonkel hat mittlerweile eine Schar Fans um sich (fehlt nur noch, dass sie ihn anfeuern wie seine Ailinger Schüler: HERR HÄRTER! HERR HÄRTER!).
      Die Kids werden immer forscher, wollen Fotos mit der Spiegelreflexkamera schießen und können gar nicht genug von Selfies kriegen. Als wir ihnen die Fotos zeigen, lachen sie sich kaputt. Viele von ihnen sehen sich scheinbar selten selbst.

      Joshua führt uns weiter.
      Wir steppen ein paar Minuten quer durch die Prärie. Vorbei an Eseln und Ziegenherden. Joshua ist extrem schnell. Vielleicht liegt es an seiner beachtlichen Statur (Maasai sind bekannt für ihre großgewachsene, stolze Figur). Vielleicht liegt es aber auch an seinen Schlappen aus Autoreifen. Man weiß es nicht.

      Wir hecheln ihm hinterher und kommen schließlich bei einer Lehmhütte an, in der eine ehemalige Schülerin des „More than a drop“ wohnt.
      Felix wird direkt in die Hütte zu den Männern gezogen. Vermutlich handelt er gerade aus, wieviele Kühe er für mich und Alina will. Oder er bahnt ein neues Lederhosn-Business an.

      Alina und ich sind vor der Hütte beschäftigt mit der Herde an Kindern, die uns plötzlich umzingelt. Es folgt ein Fotoshooting der besonderen Art. Alle wollen fotografieren und fotografiert werden. Am liebsten mit meiner verspiegelten Sonnenbrille auf dem Gesicht. Sie kriegen sich nicht mehr ein vor Lachen. Mir geht das Herz auf.

      Wir gehen zurück zu Lesse. Er hat inmitten dieser Prärie eine Massai-Lodge gebaut, die von Pool über Sauna bis hin zu edelsten Weinen alles zu bieten hat, was der Luxustourist begehrt. Das Gute daran ist, dass dort ausschließlich Maasai arbeiten dürfen, unter anderem eben auch Mädchen, die zuvor die Gastronomie-Ausbildung im „More than a Drop“ gemacht haben. Dies ist eine Möglichkeit für sie, einer Zwangsheirat beziehungsweise einer äußerst schmerzhaften bis sogar tödlich endenden Beschneidung zu entkommen.

      Dann ist es soweit. Wir verabschieden uns von Nicola, Gianluigi und Alina, vor deren Arbeit und sozialem Einsatz wir wirklich den Hut ziehen. Mit ihnen hatten wir einige anregende Gespräche über gemeinnützige Vereine und den Sinn und Zweck von Projekten wie ihrem und unserem. Es ist immer wieder aufs Neue inspirierend, Menschen wie sie zu treffen.

      Unser Weg führt uns nun weg von Moshi, vom Kilimanjaro und vom „More than a Drop“, wo wir uns schon fast „hoimelig“ fühlen, wie meine Oma sagen würde.
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