Ukraine
Lymanchyk

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Travelers at this place
    • Andere gehen ins Kloster...

      September 27, 2019 in Ukraine ⋅ 🌧 15 °C

      Morgen früh legen wir ab - bis dahin werden hier vor meiner Luke unentwegt Container geladen, und dennoch wird nur ein Bruchteil dessen bewegt, was der Kahn so über die Meere schippert.

      Das Einschiffen war beeindruckend. Der Frachter ist einfach riesengroß, 300 Meter lang. Alle anderen Schiffe im Hafen sind gegen uns Paddelboote.

      Und spannend: Meine Reiseagentur hatte die Sache mit dem Fahrrad offenbar nur so halb geklärt - schon, dass es mit an Bord kann, nicht aber, dass es auch übers Sperrgelände bis zum Schiff darf. Zum Glück gabs einen wirklich netten Hafenagenten vor Ort, der eine Sondererlaubnis eingeholt hat, was zwei Tage brauchte... Alles sehr streng im Port, inklusive mürrischem Grummeln, Anweisungen im Befehlston (‚Passport!‘ - ‚open bags!‘), minutenlangem Geblätter im Reisepass unter Abgleich jedes einzelnen Stempels, bei umgehängter Schwerstbewaffnung und skeptischen Blicken. Die Sonderwünsche von so einer dahergefahrenen Touristin scheren erstmal keinen, ist ja kein Kreuzfahrt-Terminal.

      Hier auf der Ural hingegen alle sehr freundlich. Ein Seemann hat mein Rad hochgeschleppt, niemals hätte ich das alleine an Bord gekriegt. Die Crew ist zum größten Teil chinesisch, und ein paar Boys aus Sri Lanka in der Küche und fürs Grobe. Bordsprache Englisch. 25 Mann Besatzung und eine struppelblonde Deutsche schwer definierbaren Alters, die alle um mindestens einen Kopf überragt. Gäbe ein super Gruppenfoto. Für den Suez-Kanal wird nochmal eine Extra-Crew an Bord kommen.

      Ich wurde im Schweinsgalopp eingewiesen, kann jetzt einen Life-Suit ordnungsgemäß überstülpen, weiss den Zugangscode zur Brücke und schnalle mich im Rettungsboot Portside auf Platz Nummer 7 fest, im Fall des Falles. Es gibt einen Fitnessraum, und eine Sauna, die wohl noch nie jemand benutzt hat (glaube auch nicht, dass ich sie einweihen werde, will ja keinen der Jungs erschrecken, sie ist gleich neben der Pingpongplatte). 10 Decks, und dann noch die Maschinenräume tief im Bauch des Kolosses.

      Lächeln und zurückhaltende Höflichkeit, das wird wohl die Kommunikation für die nächsten drei Wochen bleiben. Die Kabine ist zweckmäßig - und den kleinen Passagieraufenthaltsraum habe ich ganz für mich alleine. Tatsächlich kein einziger Mitreisender... kein pensionierter Studienrat, der mir abends Schach beibringt, keine Traveller mit Reisegeschichten aus aller Welt... aber auch keiner, der über die chinesischen Tischsitten nörgelt oder einen immerschlau zutextet. Ob Glück oder Pech weiss ich also nicht. Ein französisches Ehepaar ist hier in der Ukraine von Bord gegangen, eine Frau hatte wohl Istanbul bis Malaysia gebucht, so mein diensthabender Offizier, sei aber nicht aufgetaucht.

      Nachdem ich mich zwischendurch (jetzt schon!) gefragt habe, ob die Zeit hier vom Gefühl her so eine Art selbstbezahlter Knastaufenthalt werden könnte, habe ich beschlossen, es möglichst konsequent zum gedanklichen Runterkommen zu nutzen. Hartes Detox. Einen Tagesplan, und einfach nichts entscheiden (müssen) für eine Weile. Keine Nachrichten. FB etc. ertrag ich gerade eh nicht, was geht nur ab, wir spalten uns bröselig... Um sieben, zwölf und achtzehn Uhr Essen, was vorgesetzt wird, Zeiten für Yoga, Sport, Lesen, Schreiben, Schlafen. Manche gehen ne Zeit lang ins Kloster, ich schippere halt durch den Suez-Kanal, fernab von allem... mal sehen, wie das wird. Irgendeinen Sinn wird’s haben, über das Ankommen in Port Klang hinaus.

      Wir sehen uns in Kuala Lumpur!
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