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  • Day 123

    Dominica 5

    March 16, 2020 in Dominica ⋅ ☀️ 27 °C

    Dominica war eine vollkommen andere Welt. So lebten Annika und ich auch für den Moment gefühlt auf einem anderen Planeten. Nicht einmal hatten wir Zeit oder Lust unsere Handys einschalten. Irgendwann beschlossen wir dann aber doch mal ein paar Grüße an unsere Familien zu schicken. Mit dem was uns erwartete, als wir das Wlan einschalteten, hätten wir aber niemals gerechnet...

    Von Corona hatten wir natürlich auch davor schon gehört, aber diese Ausmaße waren uns neu. Innerhalb der letzten Tage hatte ein Land nach dem anderen seine Grenzen geschlossen. Es kamen Anrufe und Nachrichten rein, dass wir nach Hause fliegen sollten. Und selbst hier von Dominica fuhren keine Fähren und Flugzeuge mehr. Zum Glück waren wir auf einem Segelboot, das war nämlich zurzeit der einzige Weg von der Insel runter. Und für uns hieß es nun so schnell wie möglich in die EU. Wenn wir länger irgendwo festsitzen sollten, dann sollten wir wenigstens für ein gutes Gesundheitssystem um uns herum sorgen. Und das war in Dominica auf keinen Fall gegeben.
    Zu unserem großen Glück sollte unser Boot morgen früh Richtung Martinique, was zu Frankreich gehörte ablegen. Heute war eh kein Wind und somit versuchten wir irgendwie die Sorgen auszublenden. Den Tag verbrachten wir zum Teil in der Hauotstadt Roseau, die immernoch nur eine wirklich kleine Stadt war, und zum andern Teil an einem großen Felsen am südlichen Ende der Insel. Er wurde Scottshead genannt und war über einen Weg aus Steinen mit dem Rest der Insel verbunden. Auf einem Schild konnte man lesen, dass diese Verbindung dadurch entstand, dass auf der einen Seite der Atlantik und auf der anderen Seite das karibische Meer gegeneinander wirkten. Als es dann Abends Zeit wurde um aufs Boot zurück zu kehren kam die nächste Überraschung:
    Unser Kapitän hatte sich umentschieden...

    Statt früh morgens wie geplant in die EU zu fahren, wollte er nun auf Dominica bleiben. Das Leben sei hier noch viel entspannter und auf Martinique würden sie schon mit Ausgangssperre und so anfangen. Darauf hatte er keine Lust.
    Ich war etwas perplex. Den ganzen Tag hatten wir uns immer wieder eingeredet, dass wir ja morgen Nachmittag schon in der EU sind und dann ist erstmal alles gut. Aber wie kommen wir nun von der Insel runter? Und vorallem waren die Grenzen zu Martinique noch offen bis wir eine andere Möglichkeit gefunden haben dorthin zu kommen?

    Verusichert und ein völlig erschlagen saßen wir auf dem Boot und wussten nicht mehr weiter. Die ein oder andere Träne kullerte meine Wange herunter. Ich machte mir riesige Sorgen, vor allem da genau an diesem Abend auch noch meine Kreditkarte verschwunden war. Nirgendswo konnte ich sie finden. Da ich aber schon seit zwei Wochen nicht mehr mit ihr bezahlt hatte wusste ich nichtmal seit wann sie schon fehlt. Hier vom Boot aus hatte ich auch keine Möglichkeit meinen Kontostand zu checken. Wer weiß wie viel Geld mir geklaut wurde...
    So konnten wir auf jeden Fall kein Auge zu bekommen. Wäre Annika nicht da gewesen, hätte diese Nacht schlaflos geendet. Doch sie überredete mich noch eine Runde Baden zu gehen um den Kopf frei zu bekommen. Als wir an der Reling standen, traute ich mich aber einfach nicht in die Dunkelheit zu springen. Normalerweise hatte ich mit soetwas nie Probleme, aber an diesem Abend krallten sich meine Finger fest um die Wandten. Letztendlich verhalf mir Annika mit einem kleinen Schubser zu meinem Glück.
    Denn in dem warmen Wasser erwartete mich eines der schönsten Erlebnisse meines Lebens:

    Um uns herum begann das Meer zu leuchten. Wie eine Fee schwammen wir umgeben von lauter strahlendem Glitzer. Es fühlte sich an als würde der Sternenhimmel über uns einfach unter uns weitergehen. Als ob wir mitten im Welltall rumschweben würden. Alle Sorgen waren wie weggeblasen. Das Leben war einfach zu schön. Im Meeresleuchten zu baden war zu magsich um wahr zu sein. Es war so unglaublich, dass ich wenn Annika es nicht auch erlebt hätte, glauben würde, dass alles nur ein Traum war. Aber es war da. In echt. Und ich hatte es erleben dürfen. Als wir nun wieder an Bord stiegen, gingen wir mit einem breiten Grinsen und der Gewissheit, dass wir sicher für alles morgen eine Lösung finden würden schlafen.
    Und tatsächlich! Als wir mit der Sonne aufstanden streckte Moritz seinen Kopf zur Luke heraus und hatte gute Neuigkeiten:"Ich hab noch mal eine Nacht darüber geschlafen und ihr habt Recht, es Nacht schon Sinn schnellstmöglich in die EU zu fahren." Und so ging es noch am gleichen Abend los auf einen nächtlichen Segeltörn zur Martinique.
    Auch meine Kreditkarte fand ich gleich nach dem aufstehen in dem hintersten Fach meines Rucksacks wieder. Tja, war wohl mal wieder typisch Vera. Ich hatte sie dorthingetan, damit sie nicht geklaut werden konnte und es vergessen.

    Nun war also alles wieder so einigermaßen im Lot und bei unserem Aufbruch im Sonnenuntergang bekam ich sogar endlich einmal den grünen Blitz zu Gesicht. Seit Lanzarote schon versuchte ich jeden Abend nach diesem Naturphänomen ausschau zu halten. Zu sehen war es aber nur in den letzten Sekunden, in denen die Sonne hinterm Meer verschwindet. Und wenn man ihn sah dann auch nur bei einem komplett wolkenlosen Himmel. So war ich überglücklich den sagenumwogenden Blitz, oder bessergesagt das kurze Leuchten, zu sehen, den Ort an dem die Seelen aller toten Seemänner wohnen...

    Liebe Grüßle
    Vera
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