Dunedin

"Ich will hitchhiken nach Du- Du- Dingsbums", habe ich gestern zu Lorenz am Telefon gesagt und im selben Moment beschlossen, diesmal lieber ein Schild zu schreiben, weil ich mir noch immer nicht sicher bin, wie man Dunedin richtig ausspricht. Also gehe ich heute Früh in Oban in den kleinen Supermarkt und frage nach einem Stück Karton. Der Angestellte geht extra nach hinten und bringt mir ein ideales Examplar, das ich gleich zu beschriften beginne, während ich auf die Fähre warte.
Am Terminal treffe ich auf Marvin, der zu meinem Schrecken humpelt.
"Ich hab mich gestern noch am Knie verletzt", sagt er mürrisch und erzählt mir, wie er im strömenden Regen am Track ausgerutscht ist.
Die Foveauxstraße ist heute etwas unruhig und die kleine Fähre hüpft lebhaft über die Wellen. Zu meiner Freude sehe ich ein paar Albatrosse, aber als wir eine gute Stunde später in Bluff ankommen, bin ich erleichtert, das schaukelnde Schiff verlassen zu können.
Ich verabschiede mich von Marvin und mache mich an der Hauptstraße sofort ans Hitchhiken. Zuerst werde ich von einem deutschen Urlauberpaar aufgesammelt, das mich bis Invercargill mitnimmt. Von dort finde ich schnell eine Mitfahrgelegenheit mit der Frau eines Farmers und ihrem kleinen Sohn. Wir holen unterwegs ihren zweiten Sohn vom Schulbus ab und die drei machen mit mir einen Abstecher zu ihrer Farm, wo wir die Hühner füttern, ich alles über das Schafe scheren erfahre und ich eine Passionsfrucht frisch vom Baum bekomme. Am Ende werde ich bereits eingeladen, bei der Familie zu übernachten. Einer der beiden kleinen Buben ist so traurig, dass ich nicht bleiben kann, dass er mir ein selbstgebasteltes Geschenk macht.
Ich setze meinen Hitchhike fort und komme zwar langsam, aber stetig vorwärts. Nochmal wird mir eine Übernachtungsmöglichkeit angeboten, zweimal dreht jemand um, um mich doch aufzusammeln - stets zuvorkommende Herren, die sich um eine Frau allein am Straßenrand sorgen - ich bekomme eine Telefonnummer und eine Visitenkarte für den Notfall und am Ende lande ich im Van eines 25-jährigen Iren. Michael hat beschlossen, seinen Master in Psychologie an den Nagel zu hängen und stattdessen Youtuber zu werden, weil es ihm mehr Freude im Leben bringt. Jetzt reist er fünf Wochen durch Neuseeland. Wir führen ein unerwartet tiefgründiges Gespräch und am Ende besteht er darauf, mich den ganzen restlichen Weg bis Dunedin zu bringen. Geld für Benzin will er keines annehmen. Ich bin ihm unendlich dankbar, weil es bereits dunkel wird. Zum Abschied nimmt er ein kurzes Video auf von uns beiden - ich werde in seinem nächsten Vlog landen.
Als ich in meinem Hostel in Dunedin im Bett liege, kann ich noch nicht ganz glauben, was der Tag alles gebracht hat. Meine Reise nach Norden hat begonnen!Read more