Sep 21, 2023 · ⛅ 6 °C Altitude: 117 m
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Nordkaptunnel - Heargečohkka

In der Nacht regnet es noch einige Male. Aber starken Wind gibt es nicht mehr. Dennoch schlafe ich unruhig. Am Morgen frühstücke ich und schreibe noch meinen Footprint. Am Vorabend war ich zu müde dazu und die Zeit habe ich heute. Dann packe ich meine Sachen zusammen. Weil es bis zur Straße nicht mehr weit ist und ich heute allgemein einige Straßenkilometer zu bewältigen habe, gönne ich mir das noch frische zweite paar Socken und ziehe die trockenen Laufschuhe an. Meine Bergschuhe sind vollgesogen mit Wasser und richtig schwer. Obwohl sie recht sperrig sind, bekomme ich sie noch im Rucksack unter. Ich überlege, sie heute schon zu entsorgen, damit ich das Gewicht nicht noch zwei Tage tragen muss. Lediglich für die letzten Kilometer könnten sie geeigneter sein als die Laufschuhe. Um halb zehn mache ich mich auf den Weg.
Nach kurzer Zeit erreiche ich den Tunnel. Die wenigen Sumpfpassagen bis hierher konnte ich erfolgreich umlaufen und ich habe warme und trockene Füße. Ich ziehe mir die gelbe Warnweste an, die ich mir in Alta gekauft habe und setze meine Stirnlampe auf, um von den Autofahrern besser gesehen zu werden. Dann mache ich mich auf den Weg durch den sieben Kilometer langen Tunnel. Kleine Lautsprecher am Eingang machen fiese und unheimliche Geräusche. Sie sollen Rentiere abhalten, den Tunnel zu betreten. Links und rechts der Fahrbahn ist ein etwa 80 cm breiter asphaltierter Bürgersteig, daneben noch etwas zusätzliche Platz. Unsicher fühle ich mich nicht, dennoch ist es irgendwie aufregend, hier durch den Tunnel zu laufen. Nach einigen Metern im Tunnel höre ich das erste Auto von hinten kommen. Der Lautstärke nach müsste es längst neben mir sein. Doch der Sound wird immer lauter. Bedrohlich laut. Es klingt, als würde gleich ein Jumbo einfach von hinten über mich hinweg rollen. Dann ist das Auto vorbei. Krass! Da werde ich mich dran gewöhnen müssen. Ein paar weitere Autos helfen mir dabei. Dann ist es immer mal wieder für mehrere Minuten ruhig. Ich pfeife ein paar Melodien vor mich hin. Mit dem Hall des Tunnels klingt es richtig laut. Als mir ein LKW entgegen kommt, bleibe ich doch kurz stehen und stelle mich so nah es geht an die Tunnelwand. Bei den LKWs sind auf der Fahrspur links und rechts nur wenige Zentimeter Spielraum. Der Lärm der LKWs ist noch einmal deutlich furchteinflößender. Zum Glück bleibt es für meiste Zeit bei einzelnen Fahrzeugen. 212 Meter ist der tiefste Punkt des Tunnels unter dem Meer. Die letzten beiden Kilometer geht es relativ steil bergauf und mir wird richtig warm. So warm, dass ich anhalte und den Pulli unter der Jacke ausziehe. Dann ist es irgendwann geschafft und ich verlasse den Tunnel. Ein leicht bedrückendes Gefühl war es doch. Jetzt freue mich, wieder blauen Himmel über mir zu haben. Es weht nur ein leichter Wind und die Sonne scheint.
Ich komme an einen Rastplatz. Ich überlege, hier meine Schuhe zu entsorgen. Aber ich bin unschlüssig und gehe weiter. Bis Kilometer 12 oder 13 folge ich der Straße entlang am Fjord, dann geht mein Wanderweg links ab. Einige Rentiere liegen hier in der Sonne, laufen aber weg als ich komme. Nach 300 Metern bin ich etwas oberhalb der Straße. An einem Felsblock mache ich eine Pause. Wenig Wind und Sonne. Hier halte ich es endlich mal wieder ein wenig länger aus, bevor mir kalt wird. Während ich auf meiner Isomatte an den Fels gelehnt dort liege, höre ich in der Nähe eine Drohne. Ich muss gar nicht lange suchen, dann sehe ich die auch. Sie fliegt direkt in meine Richtung. Es ist ein größeres Modell, könnte eine Inspire 2 sein. 10 Meter schräg über mir bleibt sie stehen, die Kamera in meine Richtung ausgerichtet. Was soll denn der Scheiß? Noch ein wenig länger und ich hätte den ersten Stein geworfen. Doch dann hole ich lautes Hundegebell von der Drohne kommend und diese schwebte davon zu den Felsen hinter mir. Selbst als sie sicher 150 Meter entfernt ist, kann ich das Gebell noch hören. Die Drohne scheint einen Lautsprecher installiert zu haben. Nach kurzer Zeit fliegt sie wieder zurück Richtung Straße. Ich stehe auf, um bis zur Straße sehen zu können. Dort steht ein Mann an sein Auto gelehnt mit der Fernbedienung in der Hand und landet die Drohne neben sich. Was war das denn?? Meine einzige Erklärung wäre, dass mir der Drohne Rentiere weg von der Straße getrieben werden. Aber dieser kurze und ziellos wirkende Einsatz bleibt seltsam. Klingt alles ein bisschen nach dem Beginn einer neuen Drei Fragezeichen Folge. Die „Drei ??? Und die bellende Drohne“.
Ich mache mich wieder auf den Weg. Nicht ganz 300 Höhenmeter stehen mir hier bevor. Ich ärgere mich ein wenig, dass ich meine Schuhe nicht am Rastplatz entsorgt habe. Auch hier komme ich problemfrei mit meinen Laufschuhen voran und der Rucksack wäre um einiges leichter. Je höher ich komme, desto kühler wird es. Auch der Wind zieht deutlich an. Wieder scheuche ich eine größere Gruppe Rentiere auf. Es geht über eine karge, felsige Landschaft mit einigen Seen. Nur Gräser und Moose wachsen hier. Vier Kilometer nachdem ich von der Drohne angebellt wurde, erreiche ich wieder eine Straße. Die Sonne versteckt sich hinter einer großen dunklen Wolke, aus der es leicht zu schneien beginnt. Dann wird der Schnee mehr. Schwere, nasse Flocken im kalten Wind. Ich ziehe die Regenhose an und folge der langen Straße. Ganz in der Ferne kann ich schon den Teil der Insel sehen, wo das Nordkap ist, sowohl der Knivskjellodden als auch das touristische Nordkap.
Der Schnee hört schnell wieder auf und die Sonne zeigt sich. Es ist gleich angenehmer. Ich komme an eine T-Kreuzung. Links führt die E69 zum Nordkap, rechts nach Honningsvåg. Geradeaus soll ein Wanderweg durchs Gelände gehen. Da ich aber keine Wanderzeichen sehe und mir eh nach einfachem Vorankommen ist, wähle ich die Straße. Nach zwei Kilometern komme ich an einen Rastplatz. Das ist meine Chance. Ich verabschiede mich von meinen Wanderstiefeln. Ein befreiendes Gefühl, wenn auch ein Restzweifel bleibt, ob ich die ganz zum Schluss nicht noch einmal brauchen könnte. Aber ich kann mich auch mit Laufschuhen gut bewegen. Nur wenn es glatt wird, muss ich vorsichtig sein.
Die nächsten Kilometer habe ich das Gefühl, meinen Rucksack zu tragen. Die vollgesogenen Schuhe waren richtiger Ballast. Ich folge der Straße noch eine Zeit und beschließe dann, mich nach einem Zeltplatz umzuschauen. Heute bin ich nicht zu wählerisch. 100 Meter abseits der Straße finde ich eine gute Stelle und ein Bach ist auch in der Nähe. Es ist 16.00 Uhr. Erst baue ich das Zelt auf und räume alles ein. Dann gehe ich zum Bach, um Wasser zu holen und mich zu waschen. Mir ist richtig kalt. Im Schlafsack ist es im ersten Moment besser. Aber ich behalte eiskalte Hände und richtig warm wird mir nicht. Erst als ich nach einer Stunde warm esse und eine Tasse heißes Wasser trinke, wird es angenehm. Morgen sind es nur noch 17 Kilometer. Emotional bin ich gerade gar nicht. Aktuell freue ich mich einfach, wenn ich die heutige Nacht und die morgige am Nordkap noch gut und vor allem warm überstehe. Dann warten einige Nächte im Hotel auf mich. Auf diesen Luxus freue ich mich besonders.Read more
Traveler Max… was soll ich sagen… ganzganzganz große Nummer, die du da erwandert hast! Und daß du uns alle hast so ausführlich dran teilnehmen lassen! D A N K E!!! Bin gespannt, wann und wie dein letzter Post sein wird… also ich für meinen Teil bin schon etwas aufgeregt wegen deiner Ankunft am Echten Nordkap und vermisse jetzt schon die tollen täglichen Berichte und noch mehr die sensationellen Landschaftsbilder!!! LG vom Coupe Icare!! Claude
Traveler
What a feeling!