Südamerika

January 2020 - April 2024
Wir packen den Rucksack und bereisen Südamerika für fast vier Monate! Mit leichtem Gepäck und grosser Vorfreude starten wir in Buenos Aires und reisen von dort nördlich bis Bogota. Wir sind gespannt, was wir dazwischen erleben! Read more
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  • Day 29

    1'300 Kilometer Richtung Norden

    January 30, 2020 in Argentina ⋅ ☀️ 25 °C

    In vier Tagen fahren wir von der Weinregion Mendoza ins nordargentinische Salta. Die Strecke besticht durch abwechslungsreiche Landschaften, schöne Städte, teils abenteuerliche Strassen und eine für uns unglaubliche Weite. Mit dem Mietauto legen wir mehr als 1’300 Kilometer zurück.

    Die schönste Strecke: Die Route 68 von Cafayate nach Salta führt durch die eindrückliche Quebrada de las Conchas, die Schlucht der Muscheln. Die Strasse wird von roten Gesteinsformationen umgeben. Teils gibt es aber auch grüne Abschnitte, welche den Fluss säumen. In der Quebrada wachsen meterhohe Kakteen und immer wieder gibt es am Strassenrand Esel zu sehen. Nebst der Route 68 fahren wir aber auch mehrere hundert Kilometer auf der Route 40. Auch diese Strecke gefällt uns sehr. Eine solche Weite ist eine ganz neue Erfahrung. Teils gibt es für eine halbe Stunde keinen Gegenverkehr und für Stunden keine Ortschaft. Da muss man aufpassen, dass der Tank immer voll ist und man genügend Wasser dabeihat. Schliesslich haben wir auch mehrere Stunden keinen Handyempfang. Wir sind froh, dass wir die Strecke ohne Panne zurücklegen konnten.

    Der schönste Zwischenstopp: Cafayate gefällt uns auf Anhieb. Wir haben eine tolle Unterkunft in einem B&B mit einem Innenhof voller Kakteen. Das Städtchen hat eine gute Grösse, gemütliche Restaurants und tolle Weine. Auf über 1’500 Meter über Meer gelegen ist Cafayate das höchste Weinanbaugebiet der Welt. Der Weisswein, ein aromatischer Torrontés, mundet uns sehr. Grossen Gefallen haben wir auch an den Empanadas (kleine Teigtaschen) gefunden, welche es in Cafayate in einem kleinen, einfachen Restaurant in diversen Varianten gibt – von Geisskäse mit Pilzen, über Tomate mit Kräutern, bis hin zu diversen Fleischvarianten.

    Das kulinarische Highlight: In der Kleinstadt La Rioja machen wir einen Zwischenhalt und essen in einem völlig überfüllten Lokal das Mittagessen. Für 15 Franken erhalten wir Gnocchi, die auf der Zunge zergehen, Kartoffeln in einer Rahmsauce, weiteres Gemüse und das Highlight für Simon: drei grosse Stück zartestes Rindsfilet.

    Der Tiefpunkt: Auf unserer Reise hatten wir bisher grosses Glück mit unseren Unterkünften. Kein besonderes Erlebnis war die Übernachtung in der Kleinstadt Jachal, irgendwo im Nirgendwo. Unser B&B ist sehr einfach und nicht gerade anmächelig. Das Frühstück ist im Preis inbegriffen. Darauf hätten wir aber verzichten können. Bereits am Abend wird uns ein Tablar ins Zimmer gestellt: Kaffee in Form eines Teebeutels, Milchpulver plus geschmacklose und sehr trockene Cracker.

    Das Abenteuer: In den Nächten auf unserer Fahrt in den Norden gibt es immer wieder kräftige Gewitter, so dass es auch am Morgen danach noch ordentlich Wasser auf der Strasse hat. Nach dem Aufenthalt in La Puerta de San José, in einer schönen Unterkunft mitten in der Pampa, geht es weiter Richtung Cafayate. Plötzlich sehen wir, dass sich in einer Senke vor uns eine Menge Wasser ihren Weg über die Strasse bahnt. Wir stellen den Wagen auf der Seite ab und schauen uns ratlos an. Nach einiger Zeit kommt ein Auto und schafft es, sich seinen Weg durch das Wasser zu bahnen. Wir beobachten einige weitere Autos und sind etwas zuversichtlicher. Denn wir wissen, wir müssen hier durch, es gibt weit und breit keine Umfahrung. Allerdings haben bisher nur SUVs, die viel höher gelegt sind als unser Auto, das Wasser durchquert. Wir warten. Zum Glück kommt dann ein ähnliches Modell wie unser Mietauto und schafft es ebenfalls ans andere Ufer. Simon als geübter Fahrer ist zuversichtlich und wir wagen das Manöver und sind erleichtert, dass es danach wieder auf trockener Fahrbahn weitergeht.

    Nach 1'300 Kilometern sind wir froh, gesund und munter sowie ohne Blechschaden und Panne in Salta anzukommen. Wir freuen uns schon sehr, zur Abwechslung mal einen längeren Aufenthalt einzulegen.
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  • Day 36

    Eine Woche fast wie zuhause

    February 6, 2020 in Argentina ⋅ ☁️ 12 °C

    Salta. Endlich ankommen und verweilen. Wir sind etwas erschöpft vom ersten Monat Reisen und vor allem von den Fahrten der letzten Tage. Daher sind wir froh, dass wir eine ganze Woche in Salta bleiben können. Wir haben ein Appartement etwas ausserhalb der schönen Stadt mit den vielen Kolonialbauten gemietet. Wie gemütlich es nach einer Weile ist, wieder selbst zu kochen. Zum Znacht gibt’s Älplermagronen, am Sonntag machen wir einen Brunch mit Rösti und Spiegelei und Simon holt beim Quartierbeck frisches Brot – und natürlich etwas Süsses. Wir fühlen uns in der Einzimmerwohnung mit Balkon schon bald wie Zuhause. Toll ist es auch, den Rucksack mal komplett auszupacken und alle Sachen im Schrank zu verstauen.

    Einkaufen ist im Ausland immer ein besonderes Erlebnis. Gleich gegenüber der Wohnung befindet sich ein grosser Supermarkt. Beim ersten Einkauf machen wir Bekanntschaft mit einem sehr netten, älteren Kassierer. Simon will eine Flasche Bier kaufen. Das gehe nicht, erklärt uns Lucas. Weshalb, finden wir nicht heraus. Vielleicht muss man mehr als ein Bier aufs mal kaufen, aber die Flaschen stehen einzeln im Regal. Lucas bittet dann eine andere Verkäuferin, Dosen für uns zu holen. Sie bringt zwei. Er bemerkt, dass es eine drei für zwei-Aktion gibt und schickt sie nochmals los für eine zusätzliche Hülse. Das ist Service. Die andere Kundin wartet seelenruhig hinter uns. Man braucht im Allgemeinen viel Geduld, bis man an der Kasse an die Reihe kommt. Vortritt geniessen ältere Menschen, Schwangere und Eltern mit Kindern. Für sie gibt es eine Extrakasse. Die längeren Wartezeiten an den anderen Kassen scheinen aber niemanden zu stressen. Uns fällt auch auf, dass fast alle bar bezahlen. Dem Kassierer wird jeweils ein dickes Bündel Noten übergeben, dass dieser gemächlich abzählt.

    In Salta wollen wir unser Spanisch auffrischen, respektive verbessern. In der kleinen Schule von Graciela, in der Nähe des Hauptplatzes, werden wir fündig. Wir statten spontan einen Besuch ab und sie unterzieht uns ad hoc einer Prüfung, um unsere Kenntnisse zu ermitteln. Wir sind uns so gar nicht mehr gewohnt, in einer Prüfungssituation zu sein. Dennoch ist sie uns auf Anhieb sympathisch und erscheint uns kompetent. Gar einen Master in Deutsch besitzt sie, weshalb sie für Erklärungen Parallelen zur Deutschen Sprache ziehen kann. Wir vereinbaren, während einer Woche fünf Gruppen- und zehn Einzellektionen zu nehmen. Toll ist, dass wir sehr spontan sagen können, wann wir die Stunden abhalten wollen. Locker ist der Unterricht dann jedoch nicht: Graciela und ihre Kollegin Carmen schlauchen uns ganz schön in dieser Woche. Drei Stunden pro Tag, vor allem die Einzelstunden, sind schon sehr intensiv, wenn man sich nicht mehr gewohnt ist, die Schulbank zu drücken. Wir lernen aber sehr viel von den beiden Frauen, welche schon lange in Salta leben. Nicht fehlen darf da Carmens Einführung ins Mate-Zubereiten. Das ist wirklich eine Wissenschaft für sich. So müssen die Kräuter beispielsweise schräg in den Mate-Behälter gefüllt werden und zunächst braucht es einen kalten Gutsch Wasser, bevor das gekochte Wasser sorgfältig eingegossen werden darf.

    Am Wochenende mieten wir uns in der Stadt ein Mountainbike und fahren damit nach San Lorenzo, einem Vorort, der am Fusse eines Hügels erbaut wurde. Bis wir allerdings losfahren können, werden wir in der halben Stadt herumgeschickt, von einem Anbieter zum anderen. Kaum losgefahren, wollen wir noch den Sattel und Lenker verstellen und schaffen es nicht mehr, das Ganze richtig zu fixieren. So heisst es halt: Nochmals zurück. Roseline erhält ein neues, viel besseres Velo. So kann es nun endlich losgehen. Das erste Wegstück führt leider an der Strasse entlang, aber bald geht es auf einen Veloweg etwas abseits der Strasse. Es ist sehr grün, sobald man aus der Stadt fährt. Am Weg entlang gibt es immer wieder Outdoor-Fitnessgeräte, welche wir natürlich auch ausprobieren müssen. In San Lorenzo strampeln wir hügelaufwärts, bis wir an einen Bach kommen, wo an diesem Samstagnachmittag zahlreiche Familien und Freunde picknicken, grillieren und entspannen. Uns gefällt die gemütliche Atmosphäre. So erholen wir uns zügig von den Strapazen der Velotour, haben aber kein grosses Picknick dabei, weshalb wir auf dem Weg zurück in einem schönen, gepflegten Gartenrestaurant einkehren. Es gibt leckeres, grilliertes Gemüse und ein kleiner Hund blickt uns sehnsüchtig an. Wir bezweifeln aber, dass ihm das Gemüse schmecken würde und lassen ihn darben.

    Im ländlichen Argentinien unterwegs zu sein, ohne einen Ausritt zu machen – das geht doch nicht, sagen wir uns. An einem Vormittag fahren wir nach Chicoana auf die Finca von Enrique, die von Bäumen umgeben ist. Auf der Finca arbeiten Amélie und Norwen, zwei Französinnen, für Kost und Logie. Ebenfalls mit auf den Ausritt kommen die Pariser Nicolas und Elodie. Auf unserer ganzen Reise begegnen wir überhaupt sehr vielen Franzosen. Das ergibt immer wieder sprachliche Verwirrungen zwischen Französisch, Englisch und Spanisch. Nach dem Frühstück auf der Finca werden uns die gesattelten Pferde zugeteilt. Simon erhält das Grösste und ist stolz wie Oskar. Zunächst geht es über eine breite Holperstrasse, danach auf schmaleren Pfaden an Tabakplantagen vorbei. Besonders schön ist auch die Strecke, welche durch einen Bach führt. Teils muss man sich auf den Pferden bücken, um den Kopf nicht an den Ästen der Bäume anzustossen, welche neben dem Bachbett wachsen. Die geübten Pferde sind sich ungeübte Touristen gewohnt. Ein Highlight ist dann auch ein kurzer Galopp, den wir alle, begleitet von Pferedeführer David, machen dürfen. Das sorgt für gebührenden Muskelkater. Nach dem Ausritt gibt es ein reichhaltiges Zmittag und guten Rotwein, von dem Enrique äusserst freizügig einschenkt. Nebst dem Grillfleisch überzeugt das vegetarische Essen ebenfalls, auch wenn Enrique Roseline neckt und fragt, ob das «Krankenhaus-Essen» gut sei. Enrique ist ein Original und klopft einen Spruch nach dem anderen. Doch es ist nicht nur heisse Luft: Erstaunlicherweise weiss er sehr viel über die Schweiz und kann uns beispielsweise genau sagen, wie viele Leute rätoromanisch sprechen.

    Wir sind schon etwas traurig, dass wir Argentinien nun definitiv hinter uns lassen. Nun warten erneut Chile und bald schon Bolivien auf uns. Last Minute besuchen wir in Salta noch einen Tango-Kurs. Die ältere Dame, welche uns anleitet, ist nicht gerade die geborene Pädagogin. Nebst uns zwei Touris sind noch drei junge Männer und ein älteres Paar anwesend. Mehr schlecht als recht üben wir uns in der herausfordernden Tanzart und sind dann froh, dass wir gegen Schluss immerhin eine einfache Schrittabfolge können.

    Nach einem letzten tollen Stück Fleisch für Simon und hausgemachten Ravioli für Roseline besteigen wir morgens um 1 Uhr den Nachtbus nach San Pedro de Atacama. Rund 14 Stunden Fahrt liegen vor uns.
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  • Day 39

    In die Höhe, in die Wüste

    February 9, 2020 in Chile ⋅ ☁️ 21 °C

    Unser Zeitgefühl ist verloren gegangen. Vorsichtig schieben wir die Vorhänge im Nachtbus zur Seite. Wir befinden uns in einer mondartigen Landschaft. Kleine Büsche bedecken die sonst staubig wirkenden Hügel. Bald nachdem wir aufgewacht sind, hält der Car an. Wir befinden uns am Grenzposten von Argentinien nach Chile. Bald kommen wir in San Pedro de Atacama, zumindest denken wir das zu diesem Zeitpunkt. Denn wieder mal geht an der Grenze für sehr lange Zeit gar nichts. Nach etwa einer Stunde steigen erste Passagiere aus, um Luft zu schnappen oder einen Kaffee zu holen. Kaffee, eine vorzügliche Idee. Der Chauffeur bittet uns, nicht zu weit wegzugehen. Die frische Luft tut gut. Doch irgendwie fühlen wir uns eher schlapp – haben wir uns erkältet? Später stellen wir fest, dass es die Höhe war, die das Atmen schwierig machte. Der Paso de Jama, wo sich die Grenze befindet, liegt immerhin auf 4’200 Meter Höhe. Die Chilenen nehmen es wiederum sehr genau und durchsuchen jeden Rucksack nach frischen Lebensmitteln. Es scheinen Zöllner mit hervorragenden Nasen zu sein – denn leider bleibt die Hunde-Show diesmal aus.

    Wir brauchen noch viel Geduld, bis wir in San Pedro sind. Etwas Unterhaltung bietet immerhin die Musik, welche nun den Car lautstark beschallt. Ein Hit nach dem anderen wird gespielt – von Bed of Roses von Bon Jovi, über The Show Must Go On von Queen bis Hotel California von Eagles. Irgendwie skurril in dieser Einöde. San Pedro wirkt auf den ersten Blick wie ein kleines staubiges Nest und beim Atmen spürt man regelrecht die Trockenheit. Die Atacamawüste ist der trockenste Ort der Welt. Ein älterer Mann, der beim Busbahnhof die Ankömmlinge beobachtet, hilft uns, ein Taxi zu organisieren, um zur Unterkunft zu kommen. Es erwartet uns ein Kleinod aus einstöckigen Häuschen, vielen Bäumen, zwischen denen Hängematten gespannt sind, und verschiedene gemütliche Sitzbereiche. Die Ckoi Lodge ist perfekt, um sich zu entspannen und etwas an die Höhe zu gewöhnen, bevor es dann auf die Uyuni-Tour geht. Verblüfft stellen wir bald fast, dass an der Reception eine Schweizerin arbeitet. Renée lebt seit elf Jahren in Chile, arbeitet seit ein paar Monaten in San Pedro und will sich nächstens ihren grossen Traum erfüllen. Ihr schwebt vor, mit einem kleinen Wohnmobil durch ganz Südamerika zu reisen. Im Austausch mit ihr erfahren wir sehr viel Wissenswertes über die Region. Zudem organisiert sie für uns eine erstklassige Tour in der Atacamawüste. Auf eine Tour zur Beobachtung des Sternenhimmels müssen wir leider verzichten, denn der Himmel ist zu bedeckt.

    Als Roselines Eltern vor gut dreissig Jahren in San Pedro waren, bestand der Ort noch aus ein paar Häusern und wenig touristischer Infrastruktur. Das hat sich deutlich geändert, befinden sich doch im Zentrum diverse Restaurants, unzählige Tourenanbieter, Wechselstuben und Hostales. Trotz des grossen Angebots und der vielen Touristen wirkt San Pedro klein und mit seinen einstöckigen Lehmbauten wie ein waschechtes Wüstenstädtchen. Wir müssen uns wieder an deutlich höhere Preise als in Argentinien gewöhnen, geniessen aber nochmals richtig leckeres Essen – im Glauben, dass es in Bolivien für zwei Wochen nur noch Poulet, Reis und Bohnen geben wird.

    Tags darauf holt uns unser Guide Alejandro mit einem Minibus ab, in welchem schon diverse andere Touristen sitzen. Er erklärt uns, dass wir bei der Tour auf gut 4’500 Meter über Meer fahren werden und gibt uns hilfreiche Tipps im Umgang mit der Höhe. Die Strasse führt von San Pedro (2’400 Meter über Meer) fast unmerklich, aber stetig bergauf. Auf etwa 3’500 Metern parkiert Alejandro den Bus, steigt aus und richtet auf einem Klapptischchen ein grosszügiges Frühstück an. Mit Sicht auf den Vulkan Licanabur geniessen wir ein leckeres Zmorge. Wir bleiben eine knappe Stunde da. Der Halt wurde extra dafür eingeplant, dass wir uns etwas an die Höhe gewöhnen können. Nur schon das Aussteigen aus dem Minibus und das Gehen sind deutlich strenger. Wir kommen uns vor, als seien wir auf einmal dreimal so alt. Alejandro erzählt uns Interessantes über den Vulkan Licanabur, der zur Hälfte in Bolivien und zur Hälfte in Chile steht. Besteigen kann man ihn aber nur von der bolivianischen Seite aus: Die Chilenen haben bei Grenzstreitigkeiten mit den Bolivianern auf ihrer Seite des Vulkans diverse Minen vergraben. Nun ist es unmöglich, diese mit einem Detektor wieder zu finden und zu vernichten, weil das Gerät aufgrund des Vulkans überall angibt.

    Nach dem Zmorge geht’s nochmals rund 500 Meter höher. Bei einer Lagune können wir von weitem verschiedene Flamingos beobachten. Bald darauf biegt Alejandro mit dem Minibus von der Strasse ab und es geht weiter über Stock und Stein. Auf der Tour können wir diverse Vicuñas aus der Nähe beobachten. Die Wolle dieser Tiere ist extrem fein und deshalb etwa viermal so teuer wie Kaschmir. Vicuñas sind perfekt an hohe Lagen angepasst. Auch Lamas und Alpakas haben wir auf unserer Tour gesichtet. Es geht weiter zu anderen sehr schönen Lagunen und zu Gesteinsformationen, welche aus vulkanischer Lava entstanden sind. Der Fels El Monje de la Pacana ist gut vierzig Meter hoch. Weiter geht’s, wieder in der Nähe des Licancaburs wird zum Mittagessen dann eine feine Paella und ein Glas chilenischer Malbec serviert.

    Den späteren Nachmittag verbringen wir im schönen Garten des Hotels, schreiben am Blog und bereiten uns geistig auf die Uyuni-Tour vor. Im Reiseführer wird vor unwirtlichen Temperaturen, gefährlichen Fahrern, schlechtem Essen und miesen Unterkünften gewarnt. Ein paar Crackers zur Not packen wir schon mal ein.
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  • Day 40

    Tour zur Salar: Weitere Impressionen

    February 10, 2020 in Bolivia ⋅ ☀️ 19 °C

    Hier gibt es weitere Bilder zu unserer Tour von San Pedro de Atacama zur Salar de Uyuni. Viel Spass beim Durchschauen :-)

  • Day 40

    Seichte Lagunen & verzweifelte Flamingos

    February 10, 2020 in Bolivia ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Unterschied ist augenfällig: Bei der chilenischen Grenze müssen wir alle einzeln antraben und unsere Pässe zeigen, während unser Guide unsere Pässe im Kollektiv zur Migrationskontrolle von Bolivien mitnimmt und nach kurzer Zeit abgestempelt wieder zurückbringt. Wir befinden uns an der chilenisch-bolivianischen Grenze in der Nähe des Paso de Jama, es ist kurz vor 8 Uhr und wir sind in unser Abenteuer «Salar de Uyuni» gestartet. Kurz nach 6 Uhr wurden wir in unserer Unterkunft abgeholt und dann zur Grenze gefahren. Dort mussten wir eine halbe Stunde warten, bis der chilenische Grenzposten aufging. Auf der bolivianischen Seite angekommen, wird uns ein feudales Frühstück im Freien aufgetischt, dem wir dankend zusprechen. Anschliessend machen wir Bekanntschaft mit unserem Guide Remy – es ist wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Remy ist ein witziger Bolivianer, der uns bestens unterhält. Ein Müsterchen: Zu Beginn fragt er, wer Vegetarier ist und gibt an, selber auch Vegetarier zu sein. Am zweiten Tag der Tour gibt er zu, auch Poulet zu essen. Am dritten Tag isst er dann auch Lamafleisch und sagt, dass er eben ein «Vegetariano plus» sei und demzufolge auch jegliches Fleisch isst.

    Ab der bolivianischen Grenze fahren wir in einem SUV weiter. Unsere grossen Rucksäcke werden aufs Dach des Jeeps gepackt und mit einer Plastikblache geschützt. Mit uns auf der Tour sind vier Franzosen, die etwas jünger sind als wir und mit denen wir uns rasch anfreunden. Der erste Halt ist die Zahlstelle für den Nationalpark auf bolivianischer Seite. Dort fällt uns bereits auf, was wir während unserer Reise in Bolivien häufiger antreffen: Für die Benutzung der WCs muss bezahlt werden und Toilettenpapier ist nicht immer inklusive. Das erklärt auch, weshalb einige Bolivianer mit WC-Rollen in der Hosentasche herumlaufen. Auch der Hygiene-Standard ist tiefer, weshalb wir froh um unser Fläschchen mit Desinfektionsmittel sind. Doch zurück zu unserer Tour: Remy fährt mit uns zu einem herrlichen Bergsee, der Laguna Blanca. Obwohl die Lagune mit 50cm nicht allzu tief ist, bietet sie doch zahlreichen Tieren eine Heimat. Am besten gefallen uns die vielen Flamingos, die sich auf der Lagune tummeln. Während die Laguna Blanca ein wichtiger Lebensraum für Tiere ist, bietet sich bei der fast angrenzenden Laguna Verde eine andere Situation. Diese Lagune weist einen hohen Gehalt an Mineralien auf und enthält viel Arsen und Blei. Als Folge davon ist der See zu toxisch und es leben keine Tiere dort. Erstaunt beobachten wir, dass dennoch ein Flamingo über das Wasser der Lagune fliegt. Wir fragen Remy, was davon zu halten sei und er meint lapidar: «Der Vogel hat Liebeskummer und begeht wahrscheinlich Suizid.» Wir sind nicht ganz sicher, wie ernst er den Satz meint. Fakt ist aber: Flamingos sind höchst monogame Tiere und sterben in der Tat kurz nach dem Verlust des Partners oder der Partnerin.

    Weiter geht es durch die Desierto Salvador Dalí. Ihren Namen verdankt diese Steinwüste tatsächlich dem spanischen Surrealisten, da er einige Bilder gemalt hat, die ihr ähneln. Fun fact: Dalí wusste zu Lebzeiten nichts von der Existenz «seiner» Wüste. Wir sind beeindruckt von der faszinierenden Landschaft und auch der Weite, die sich auf über 4'000 Metern entfaltet. Beeindruckt sind wir auch, wie stilsicher unser Fahrer und Guide Remy den Weg findet. Von Strasse zu sprechen wäre nämlich bereits übertrieben. Das Gerüttel des Jeeps trägt aber zur Experience bei. Beim nächsten Halt können wir uns etwas davon erholen, wir gehen nämlich baden. Die Termas de Polques sind 37° Celsius warm und helfen uns, den Wüstenstaub abzuspülen. Wir dürfen aber nicht länger als 15 Minuten im Pool sitzen, da die Höhe und die Schwefeldämpfe sonst zu Bewusstlosigkeit führen könnten. Hungrig und gespannt auf das erste Mittagessen in Bolivien setzen wir uns danach ins nahe gelegene Restaurant. Und wie sind wir überrascht, als uns ein reichhaltiges und schmackhaftes Essen serviert wird. Es gibt Gemüse, Omelette für die Vegetarier, Fleisch, Früchte – alles in bester Qualität und super lecker zubereitet. So kann es weitergehen!

    Die nächste Station ist das Gebiet der «Morgensonne» oder Sol de Mañana. In diesem riesigen Krater mit über einem Kilometer Durchmesser herrscht rege vulkanische Aktivität: Geysire und Fumarolen spucken Dampf aus und die bolivianische Regierung hat ein grosses Geothermie-Projekt initiiert, um die Energie der Erdwärme zu nutzen. Wir befinden uns auf dem höchsten Punkt unserer Tour und stolz zeigt uns Remy, dass die App auf seinem Handy 4'960 Meter über Meer anzeigt. Irgendwie passt es dann auch, dass es plötzlich zu schneien beginnt. Der Schneefall hält aber nicht lange an und der Spuk ist nach fünf Minuten wieder vorüber. Auf der Weiterfahrt können wir die spannende Fauna der Anden beobachten und erspähen Lamas und Vicuñas oder auch eine äusserst seltene Andenkatze, von denen es nur noch 2'500 Tiere gibt. Als nächstes kommen wir an der Laguna Colorada an – und die hält, was ihr Name verspricht: Durch den aufkommenden Wind verändert sie ihre Farbe und wird von einem Azurblau plötzlich rötlich. Dieses Schauspiel ist auf die Mikroorganismen im Wasser zurückzuführen und wir haben grosses Glück, dass wir alle Farbspektren der Lagune zu sehen bekommen. Soweit das Auge reicht sehen wir Flamingos, darunter viele Jungtiere. Sie suchen im seichten Wasser nach Plankton und geben dabei lustige Geräusche von sich. Mit diesen Eindrücken kommen wir am späteren Nachmittag in Peña Barrosa an, wo wir auch die Nacht verbringen werden. Es ist ein kleines Dorf, bedrohlich nahe liegt der Vulkan xxxxx. Laut Remy hat die Regierung von Evo Morales im kleinen Dorf viel bewirkt. Seit wenigen Jahren gibt es Strom und fliessendes Wasser, eine Schule für jedes Alter und einen überdachten Sportplatz.

    Wir haben etwas Zeit zum Erholen, was auch nötig ist: Roseline spürt die Anstrengung und die Höhe und bekommt heftige Kopfschmerzen. Unser Guide Remy weiss aber Rat und serviert ihr einen stark riechenden Mate de Coca, der auch noch Epazote (mexikanischer Drüsengänsefuß) enthält. Derart gestärkt schlafen wir trotz der Höhe einigermassen gut und stehen anderntags um 7 Uhr bereit für die Weiterfahrt. Auch den Franzosen hat die Höhe zugesetzt, vor allem Anaïs, welche auch noch an Asthma leidet und kaum ein Auge zu tun konnte. Trotz allem freuen wir uns sehr auf die Weiterfahrt. Heute werden wir die Salar de Uyuni erreichen. Zunächst geht es aber über Schotterpisten weiter, im Radio läuft traditionelle Musik der bolivianischen Anden. Wir erreichen imposante Gesteinsformationen, unter anderem die Copa del Mundo. Die Steine sehen aus wie ein Fussballpokal, weshalb die Formation diesen Namen trägt. Auf der Weiterfahrt begegnen wir auch einem steinernen Kamel und zwei sich küssenden Menschen aus Stein. Danach geht es zu einem kleinen Dorf, oder eher einer Ansammlung von wenigen Häusern. Wir spazieren zu einer kleinen Oase mitten in dieser Einöde. Hier hat es saftig grüne Wiesen, auf denen Lamas weiden und einen grossen Weiher mit diversen Wasservögeln. Wir geniessen die Ruhe und die Sonne. Danach gibt es im Dorf wiederum ein leckeres Zmittag bestehend aus einer Art Kartoffelgratin, frittiertem Blumenkohl, Fleisch und Reis. Die Strasse führt weiter abwärts Richtung Salzwüste, vorbei an vielen Quinoafeldern. Remy führt uns zur Schlucht de Anaconda. Zum Glück liegt der Name nicht daran, dass es dort besonders viele Schlangen gibt, sondern am schlangenförmigen Fluss, der durch die Schlucht führt.

    Nun geht es nicht mehr allzu lange bis wir in Uyuni sind. Auf der Ebene kommen wir schnell vorwärts. Nur manchmal muss Remy abrupt bremsen, um einem Lama, einem Alpaka oder gar einem Strauss auszuweichen. In Uyuni lädt uns Remy bei einem kleinen Laden aus, wo wir Kaktus-, Quinoa- und Coca-Bier kaufen können. Danach geht es nach Colchani, wo sich unser Hotel aus Salz befindet. Die Wände sind aus Salz, ebenso wie die Tische, die Stühle und das Bett. Es bleibt aber noch nicht viel Zeit, unser Nachtlager zu bestaunen. Denn nun fahren wir für den Sonnenuntergang in die Salzwüste.
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  • Day 41

    Fasziniert von so viel Salz

    February 11, 2020 in Bolivia ⋅ ☀️ 19 °C

    Den Beitrag zur Salar de Uyuni fassen wir in fünf Abschnitte und – natürlich – viele Bilder und zwei Videos :-)

    Faszination Salar: Alle schwärmen von der Salar de Uyuni – und wir können uns vorbehaltlos anschliessen. Die Weite der Salzwüste ist in der Tat faszinierend. Flach und weiss, soweit das Auge reicht. Die Orientierung fällt schwer und wir sind froh, einen ortskundigen Guide dabeizuhaben. Im Gegensatz zu anderen Naturwundern ist die Salar de Uyuni übrigens nicht vom Aussterben bedroht, sondern wächst fleissig: Besitzt sie zurzeit eine Fläche von knapp 14'000 Quadratkilometern, vergrössert sie sich in den kommenden zehn Jahren und wird dann vermutlich eine Ausdehnung von 15'000 Quadratkilometern haben. Das ist mehr als die Fläche der Kantone Graubünden, Wallis, Luzern und Schwyz zusammen und somit mehr als ein Drittel der Fläche der gesamten Schweiz. Die Salzschicht weist eine Tiefe von 70 bis 110 Metern auf. Das Salz wird fleissig abgebaut. Unter der Salzschicht soll sich ausserdem eines der grössten Lithiumvorkommen der Welt befinden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Abbau beginnt.

    Atardecer y Amanecer: Sonnenuntergang und Sonnenaufgang sind eigentlich unbeschreiblich in der Salar de Uyuni. Am ersten Abend in der Salzwüste harren wir in der zunehmenden Kälte aus, bis es stockdunkel ist. Das Spiel der Wolken und die untergehende Sonne ziehen unsere Blicke genauso an wie die Blitze in der Ferne. Während wir das Schauspiel bewundern, nutzt Remy den Kofferraum als Baar und mixt uns einen Drink – notabene in den Farben Boliviens. Am nächsten Morgen folgt – nach einer nicht allzu langen Nacht – der Sonnenaufgang. Remy findet diesen noch schöner in der Salar. Wir können uns nicht entscheiden. Fakt ist, das lange Warten in der Kälte mit nassen Füssen und Salzkrusten auf den Kleidern und Schuhen lohnt sich definitiv. Dank des Wassers auf der Oberfläche der Salar sehen wir den Sonnenaufgang gleich doppelt (und das ist nicht auf den Abend davor zurückzuführen -> siehe spannendes Drumherum).

    Gelungene Fotosession: Die Fotos der Salar de Uyuni sind legendär, da man mit den Perspektiven arbeiten kann. Kleine Gegenstände erscheinen plötzlich riesig. Klar, dass wir das auch ausprobieren müssen. Unsere Souvenirs aus Argentinien, Chile und Bolivien haben nun ihre grosse Stunde. Unser Guide Remy hat einige Asse im Ärmel und dirigiert uns gekonnt umher. So entstehen faszinierende Fotos und Videos (siehe separater Beitrag). Da es Regenzeit ist, hat es an gewissen Stellen eine dünne Wasserschicht von zirka 3 Zentimeter. Das ist perfekt, damit wunderbare Spiegelungen im Wasser entstehen – entsprechend glücklich knipsen wir drauflos.

    Spannendes Drumherum: Auch das «Drumherum» ist spannend. Wir übernachten in einem Hostel aus Salz in der Wüste, was dem Abenteuer ein besonderes Flair verleiht. Beim Abendessen im Salzhostel übertrifft sich unser Guide Remy selber: Als wir schon unsere Teller beladen haben, marschiert er mit einem Grinsen in den Raum und stellt eine Flasche Wein auf den Tisch. Auf über 3'600 Meter über Meer braucht es nicht allzu viel vom feinen Rebensaft und die Stimmung ist rasch feuchtfröhlich. Wir sind dennoch vernünftig und gehen zeitig ins Bett, damit wir den Sonnenaufgang am kommenden Tag von Anfang an miterleben.

    Der Abschied: Das Essen ist auf der ganzen Tour hervorragend, so auch beim letzten gemeinsamen Mittagessen – es gibt köstliches Lamafleisch. Und Wifi, weshalb die Gespräche rasch verstummen und alle am Smartphone hängen. Die schönen Bilder müssen wohl in die Welt hinaus. Am Schluss dürfen wir bis zur Abfahrt des Busses im Büro des Touranbieters warten, was uns gelegen kommt. Die französische Gruppe verabschiedet sich, da sie wieder zurück nach San Pedro reisen. Später fährt uns Remy dann mit seiner Frau und seiner jüngsten Tochter an den Busbahnhof. Wir bedanken uns für seinen tollen Service, die wunderbare Tour und nehmen Abschied. Am Busbahnhof herrscht buntes Treiben und überall werden schreiend mögliche Destinationen zur Weiterreise angeboten. Die Frau mit dem Slogan «Sale a Potosí» überzeugt durch ihr lautstarkes Organ und gewinnt somit den Schrei-Wettbewerb. Wir warten in einer Art Wartesaal, der zugleich als Büro für mehrere Busgesellschaften dient. Auf jeden Fall macht es den Anschein, so genau wissen wir es nicht. Irgendwann kommt die Meldung, dass unser Bus ausfällt. Doch keine Sorge, wir wurden bereits auf den nächsten umgebucht, der eine halbe Stunde später abfährt. Wir steigen ein und fahren los, vorbei an Graffiti mit der Aufschrift «Evo – Uyuni es contigo». Der Bus-Chauffeur fährt übrigens mit Sandalen. Wir sind definitiv in Bolivien angekommen.
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  • Day 42

    Das Spiel mit den Dimensionen

    February 12, 2020 in Bolivia ⋅ ☀️ 16 °C

    Die Salar de Uyuni ist bekannt für ihre lustigen Schnappschüsse mit "verschobenen" Perspektiven. Das haben wir natürlich ebenfalls ausprobiert, wobei uns unser Guide Remy beratend zur Seite stand.

  • Day 43

    In der ehemals reichsten Stadt der Welt

    February 13, 2020 in Bolivia ⋅ ☀️ 17 °C

    Zu Beginn des 17. Jahrhunderts zählte die bolivianische Stadt Potosí auf über 4’000 Metern über Meer zu den grössten Städten der Welt. Poto... was? Die Stadt hatte zu jener Zeit mehr Einwohner als etwa Madrid, Paris oder Rom. Und nicht nur das: Potosí galt als eine der reichsten Städte der Welt. «Vale un Potosí» ist noch heute eine gängige Redewendung, um zu sagen, dass etwas ein Vermögen wert ist. Zu verdanken hatte Potosí seinen Reichtum dem Silbervorkommen unter dem Cerro Rico, dem reichen Berg. Beweis des einstigen Reichtums sind die vielen stattlichen Bauten und die unzähligen Kirchen. Doch der frühere Glanz ist längst verblasst. Die Stadt schrumpfte zwischenzeitlich auf unter 16’000 Einwohner. Heute zählt sie gut 170’000 Bewohner. Nach 1800 konnte immer weniger Silber abgebaut werden. Fortan waren die Minenarbeiter auf der Suche nach Zinn. Auch heute ist die Stadt noch von den Zinn-, Kupfer- und Silbervorkommen abhängig. Und noch immer schuften täglich Hunderte junge Männer und gar Kinder in den Minen. Die Lebenserwartung der männlichen Bewohner von Potosí liegt gerade mal bei knapp 50 Jahren. Doch Alternativen um ihre Familien zu ernähren, haben die Männer kaum. Denn auf der Hochebene des Altiplano wächst wenig und andere Erwerbsquellen sind entsprechend rar. Schätzungen besagen, dass unter dem Cerro Rico, dem Hügel, der der Stadt einst Reichtum bescherte, seit dem 17. Jahrhundert mehrere Millionen Minenarbeiter ums Leben gekommen sind, darunter viele indigene Zwangsarbeiter.

    Auch heute noch werden die Minen für viele Arbeiter zur Todesfalle durch Unfälle oder längerfristig durch Staublungen. Zahlreiche Touristen besuchen in Potosí eine Minentour. Wir haben uns dagegen entschieden, da wir nicht Kindern bei der prekären Arbeit zusehen wollten und die Touren zudem nicht ungefährlich sind. Als Geschenke bringen die Touristen den Minenarbeitern Dynamit mit. Der hochexplosive Sprengstoff kann auf dem Mercado de los Mineros ohne Probleme gekauft werden.

    Potosí ist eine überraschend hübsche Stadt. Anders als viele bisher gesehenen Städte ist sie nicht blockweise aufgebaut, sondern verfügt über schöne enge Gassen. Es gibt viele Gebäude im Kolonialstil des 17. und 18. Jahrhunderts zu bewundern. Am Rand der Stadt sieht man dann vor allem aus Lehmziegeln gebaute Häuser. Auch der Blick vom Dach des Convento de San Francisco bietet eine fantastische Sicht auf den Ort und das wilde Treiben, das vor allem auch dem Carnaval geschuldet ist. Als wir in Potosí weilen, erreicht der gerade seinen Höhepunkt.

    Kurzer Blick zurück: Die Busfahrt von Uyuni nach Potosí dauerte rund vier Stunden, sodass wir die Stadt erst am Abend erreichen. Obwohl der Zustand des Busses nicht berauschend war und der Buschauffeur Sandalen trug, war die Fahrt überraschend angenehm. Wir kommen an vielen kleinen Dörfern mit einfachsten Häusern aus Stein mit Strohdächern vorbei. Immer wieder besteigen Verkäuferinnen den Bus und wollen uns ihre Waren, vor allem eine farbige Flüssigkeit in Plastiksäckchen, andrehen. Aber auch Fleisch und Nüsse werden feilgeboten. Über viele Kurven gewinnen wir an Höhe.

    Am Busbahnhof angekommen, ist Potosí zunächst eine Überforderung. Dutzende aufgemotzte Autos rauschen an uns vorbei. An jedem zweiten haftet irgendwo ein Taxiaufkleber. Unser Reiseführer in Buchform riet uns, aus Sicherheitsgründen nur Funktaxis zu benutzen. Wir müssen eine ganze Weile warten, bis wir ein solches finden. In Potosí gönnen wir uns nach der Uyuni-Tour ein etwas teureres Hotel und werden nicht enttäuscht. Das Santa Mónica hat einen schönen Innenhof voller Pflanzen und gemütliche Zimmer mit einer warmen und funktionierenden Dusche. Keine Selbstverständlichkeit, aber bei den kälteren Temperaturen in der Höhe umso schöner.

    Anderntags spüren wir die Höhe und beschliessen deshalb, den Tag ruhig anzugehen. Wir schlendern durch die Gassen und bemerken, dass da ziemlich Trubel ist. Bei der Casa De La Moneda, dem königlichen Schatzhaus, gibt eine Carnavalstruppe ein Ständchen zum Besten. In der Moneda wurden einst Münzen gepresst. Wir beobachten das Schauspiel, als plötzlich eine Tänzerin Simon aus der Menge pickt und er mit ihr um den Brunnen tanzen darf. Roseline erfreut sich am Schauspiel und hält es genüsslich filmisch fest, bis sie plötzlich selbst auserwählt wird. So tanzen wir mit den Potosianern ein paar Runden, müssen aber vor Ende des Stücks völlig aus der Puste forfait geben. Energie tanken wir in einem Salteñas-Schuppen. Für gerade mal 60 Rappen gibt es in dem rustikalen Lokal eine hiesige Cola und zwei kleine Empanadas.

    Doch zurück zur Fasnacht. Am Carnaval in Potosí darf vor allem ein Utensil nicht fehlen: Eine Spraydose. Fast jedes Kind läuft mit einer solchen Dose umher und fletzt den weissen Schaum anderen Kindern oder auch unbekannten, teils ungläubigen Touristen ins Gesicht. Aus dem Hinterhalt werden auch wir Opfer des weissen Schaums, der aber zum Glück keine Flecken hinterlässt. Die Potosianer scheinen ein festfreudiges Volk zu sein. Vielleicht lenkt der Carnaval auch etwas von den Gefahren der Mine und der schwierigen wirtschaftlichen Situation vieler Bewohner ab.
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  • Day 46

    In Sucre wird Geschichte geschrieben

    February 16, 2020 in Bolivia ⋅ ☁️ 19 °C

    Sucre ist die vierte Hauptstadt, die wir auf unserer Reise besuchen. Die Stadt liegt inmitten von grünen Hügeln und gefällt uns auf Anhieb. Die Strassen sind breiter als in Potosí, bei den Gebäuden macht sich der koloniale Einfluss bemerkbar. Viele Häuser sind in weiss gehalten und in gutem Zustand. Kein Wunder, dass die UNESCO die Altstadt von Sucre im Jahre 1991 als Weltkulturerbe anerkannte. Wir sind zugegebenermassen auch etwas erstaunt und hätten uns die Stadt weniger herausgeputzt vorgestellt. Es gibt viele schöne Restaurants und Cafés, gepflegte Parkanlagen sowie zahlreiche Kirchen und Museen. Der Standard erscheint uns im Allgemeinen recht hoch und wir freuen uns, hier einige Tage verbringen zu dürfen.

    Wir besuchen die Casa de la Libertad und sind beeindruckt, wie viel Geschichte dort passierte. Am 25. August 1825 unterzeichnete an dieser Stätte Simón Bolívar, der südamerikanische Unabhängigkeitskämpfer, die Urkunde, welche die Unabhängigkeit von Spanien verkündete und wurde erster Präsident des Landes. Unterstützung bei seinem Kampf um die Freiheit Südamerikas erhielt Bolívar von Antonio José de Sucre, der ein enger Vertrauter Bolívars und zugleich einer seiner wichtigsten Generäle war. Sucre beerbte Bolívar denn auch nach kurzer Zeit als Präsident und übernahm die Führung des noch jungen Landes. Ihm hat die bolivianische Hauptstadt übrigens auch ihren Namen zu verdanken. Bereits damals zeichnete sich ab, was Bolivien bis heute begleitet: Das Amt des Präsidenten ist ein Schleudersitz mit kurzer Verweildauer. In nicht einmal vier Jahren hatte die noch junge Republik sechs Präsidenten. In den knapp 200 Jahren ihres Bestehens «verbrauchte» Bolivien bisher 85 Präsidenten – und das sind die offiziellen Zahlen, Historiker geben die Zahl aller Präsidenten mit bis zu 200 an. Einige davon seien aber nur wenige Stunden im Amt gewesen, weshalb sie nicht auf den offiziellen Listen fungieren. Die Porträts der Präsidenten sind alle feinsäuberlich in der Casa de la Libertad aufgehängt und noch heute werden die Präsidenten nach der Wahl in der Casa de la Libertad vereidigt. Das letzte Bild ist jenes von Juan Evo Morales Ayma, der im November 2019 zum Rücktritt gezwungen wurde.

    Die Meinungen über Morales sind in Bolivien gespalten, wie wir anhand von zwei Beispielen erleben dürfen. Unser Uyuni-Guide Remy lobte die Arbeit von Morales, insbesondere in den Randregionen. Er habe viel für die Infrastruktur getan, sodass entlegene Dörfer nun auch sauberes Trinkwasser und Elektrizität hätten. Zudem förderte Morales den Strassenbau – bei jeder grösseren Baustelle stand ein Schild mit seinem Konterfeit, das über das Projekt informierte. Das zeigte uns, dass sich Morales marketingtechnisch durchaus zu inszenieren wusste. Auch habe er sich stark für die Bildung eingesetzt und die obligatorische Schulpflicht eingeführt, erklärte uns Remy. Die Kinder erhalten sogar Geld, wenn sie zur Schule gehen – aber nur, wenn sie persönlich erscheinen und auch regelmässig den Unterricht besucht haben. Das soll verhindern, dass die Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken beziehungsweise nur an das Geld kommen wollen. Mittlerweile eine andere Meinung über Morales vertritt Jacqueline, unsere Gastgeberin in Sucre. Sie stammt aus der Schweiz, wohnt mit ihrer Familie aber seit über einem Jahrzehnt in Bolivien. Sie erklärt uns, dass sie anfangs eine grosse Supporterin von Morales war. Nach zwei Amtszeiten habe sich das Blatt jedoch gewendet: Morales habe sich hauptsächlich um seinen Machterhalt gekümmert, potenzielle Nachfolger ausgebootet und Günstlingswirtschaft betrieben. So habe er leider auch viel Gutes aus den ersten beiden Amtszeiten sabotiert, etwa dass die Indigenen an Selbstbewusstsein gewannen und der Rassismus ihnen gegenüber abnahm. Jacqueline ist enttäuscht, da sie einige Hoffnung in Morales gesetzt hatte. Sie erzählt uns auch von den Blockaden der letzten Monate. Und thematisiert den Wahltag, an welchem Morales Rivale vorne lag, als plötzlich die Internetseite abgeschaltet wurde und sich später Morales erneut zum Wahlsieger ernannte. In Folge heftiger Proteste und auf Anraten / Drängen des Militärs floh er ins Ausland. Da im Frühling Wahlen mit sehr ungewissem Ausgang anstehen, hat sie kaum Buchungen für ihr B&B. Wir sind denn auch die einzigen Gäste.

    Neben spannenden Einsichten zur Politik Boliviens bietet uns Jacqueline auch wertvolle Restaurant-Tipps und interessante Ausflugsmöglichkeiten an. Wir entscheiden uns deshalb, noch eine Nacht in Sucre anzuhängen, damit wir den Sonntagsmarkt in Tarabuco besuchen können. Der Ort liegt etwa 60 Kilometer östlich der Hauptstadt. Wir schnappen uns ein Colectivo in der Nähe der Plaza Mujer, Madre y Heroina und sind knapp zwei Stunden unterwegs. Als wir an einem Unfallort vorbeifahren, muss der Fahrer anhalten und fragen, was passiert ist. Auch für die übrigen Mitreisenden scheint das ein Spektakel zu sein: Sie steigen aus und informieren sich, was geschehen ist, um dann gemeinsam zu beklagen, wie schlimm doch Unfälle sind. Wie wir später lesen, sind Unfälle auf dieser Strecke keine Seltenheit. Nach der Aufregung verläuft die Fahrt ohne Zwischenfälle und wir kommen im ländlichen Tarabuco an. Hier herrscht buntes Treiben und die ohnehin schon engen Gassen sind mit unzähligen Marktständen zugepflastert. Für einen Mann mit Simons Grösse ist es kein einfaches Unterfangen, unter den niedrigen Ständen durchzugehen. Wir werden aber nicht nur der Grösse wegen angeschaut, sondern auch weil an diesem Sonntag kaum Touristen in Tarabuco anzutreffen sind. Auf dem Markt kann man wirklich alles kaufen: Von Früchten und Gemüse über Fleisch bis hin zu Schulsachen und Kleidung. Auch an Essensständen und einer grossen Halle mit improvisierten Küchen fehlt es nicht, obwohl die Hygieneverhältnisse aus Schweizer Optik prekär sind. Um unsere Mägen zu schonen, verzichten wir deshalb auf einen Snack. Für die Bewohner der umliegenden Täler und Berge ist der Sonntagsmarkt in Tarabuco ein Highlight, bei dem man sich trifft und vornehmlich in Aymara sowie Quechua austauscht. Entsprechend hektisch und laut geht es zu und her. Uns wird es irgendwann zu viel und wir flüchten durch die Menschen und Tiere (vor allem Esel, Schweine und Hühner) auf einen nahegelegenen Hügel. Herrlich, diese Ruhe – muy pacífico. Wir müssen uns richtiggehend aufraffen, uns nochmal ins Getümmel zu stürzen. Wir durchqueren den Markt im Schnelldurchgang und schon sitzen wir mit zehn anderen Fahrgästen im engen Colectivo zurück nach Sucre. Unser Ausflug hat sich gelohnt und war sehr spannend, hat er uns doch die ländliche Seite von Bolivien nochmals vor Augen geführt. Das ist eine ganz andere Welt als Sucre und zeigt uns, dass weite Teile des Landes noch immer stark von Armut betroffen sind.

    Sucre ist die Hauptstadt Boliviens, aber dennoch keine Weltstadt. Das wird uns bei unserer Abreise nochmals bewusst: Unser Taxifahrer Javier erklärt uns, dass der Flughafen von Sucre vier Gates hat und lediglich zwölf Flüge pro Tag anbietet. Möglicherweise ist es das Kleinteilige, das Reisende aus der Schweiz anzieht: An unserem letzten Abend in Sucre geniessen wir ein feines Mahl im La Taverne. Drei Tische sind insgesamt besetzt, an allen drei Tischen sitzen Gäste aus der Schweiz. Wir wähnen uns nicht in der bolivianischen Hauptstadt, sondern eher in einer Beiz im Niederdörfli. Keine Weltstadt, aber attraktiv für Schweizer – das muss Sucre sein.
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  • Day 49

    Über den Dächern von La Paz

    February 19, 2020 in Bolivia ⋅ ☁️ 14 °C

    Mit den Teleféricos über La Paz schweben. Dieser Blick auf eine Stadt ist einzigartig. Wir haben uns einen Vormittag vorgenommen, um die bolivianische Grossstadt mit den Bähndli zu erkunden. Letztlich sind wir auch spätabends noch mit Begeisterung am Gondeln, ohne dass wir bereits alle Linien befahren hätten. Für die rund fünf Stunden in den Gondeln müssen wir gerade mal ein paar wenige Franken bezahlen. Es ist imposant, wie die farbigen, topmodernen Bähndli in wenigen Minuten auf ruhige Art mehrere hundert Höhenmeter überwinden. Dabei schweben sie oft nur knapp über den vielen Dächern von La Paz, wo morgens fast überall frisch gewaschene Wäsche zum Trockenen aufgehängt wird. Auf der Fahrt zeigt sich, wie die Einwohner von La Paz wohnen und wie zufällig die Stadt gewachsen zu sein scheint. Die Gondeln führen auch entlang von Hauptstrassen und bieten jeweils zehn Personen Platz. Wir sind selten ganz alleine in einem Gefährt und werden darum des Öfteren von den freundlichen Einheimischen angesprochen. Am eindrücklichsten ist für uns die Fahrt mit der Línea Plateada in Richtung El Alto. Diese Stadt grenzt direkt an La Paz und hat rund eine Million Einwohner. El Alto ist auf der Hochebene gebaut, während La Paz in der Senke entstanden ist. La Paz ist aber immer mehr gewachsen, hat nach und nach die Hügel erklommen und besitzt inzwischen mit der Agglomeration rund 2,7 Millionen Einwohner. Der Übergang zwischen den Städten ist mittlerweile fliessend. El Alto ist aber mit 4’100 Metern über Meer rund vierhundert Meter höher gelegen als das Zentrum von La Paz.

    Nervenaufreibend nur schon beim Zuschauen ist die Fahrt über die sehr einfachen Häuser in El Alto, welche direkt am Abhang gebaut sind und den Anschein machen, als rutschten sie jeden Moment runter. Kleine Vorplätze wurden teils bereits Opfer der Erosion. Die Bewohner sitzen dennoch seelenruhig vor ihren winzigen Häusern, welche in wenigen Jahren nicht mehr stehen dürften.

    Das Seilbahnprojekt hat Evo Morales unter teils grossem Widerstand der Bevölkerung durchgeboxt. Es soll bisher rund 750 Millionen Dollar gekostet haben und ist das grösste zusammenhängende städtische Seilbahnnetz der Welt. Im Mai 2014 eröffnete Evo Morales die erste Linie. Heute sind elf Linien auf einer Länge von gut 30,4 Kilometern in Betrieb. Insgesamt gibt es derzeit 36 Stationen. Weitere Linien sollen noch gebaut werden. Die Teleféricos waren auch ein prestigeträchtiges Projekt für das Schweizer Bahnunternehmen Garaventa, welche die Bahn gemeinsam mit der österreichischen Firma Doppelmayr gebaut hat. Man fühlt sich definitiv sicher, wenn man in den modernen Kabinen über die Grossstadt gondelt. Etwas Besonderes ist auch die tiefer gelegene Zona de Sur, wo viele schickere und neuere Bauten die Besucher begrüssen. Hier haben wir in einem Restaurant zu Mittag gegessen und waren von der grossen Menge an leckerem Essen total überfordert. Preislich dennoch unschlagbar.

    La Paz ist mehrheitlich keine attraktive Stadt. Es fehlt an schönen Gebäuden, Plätzen und Gassen. Die Strassen scheinen trotz Seilbahnprojekt notorisch verstopft und als Fussgänger muss man gut aufpassen, nicht von einem rasenden Minibus erfasst zu werden. Da die Stadt in einer Senke gebaut wurde, gibt es in La Paz nur wenige Sonnenstunden und die Temperaturen kühlen schnell ab. Wir sind froh, dass wir in unserer Unterkunft einen kleinen Ofen nutzen können. Trotz allem finden wir La Paz sehr einnehmend und wir entscheiden uns deshalb dafür, einen Tag länger zu bleiben als ursprünglich geplant. Unser Hotel liegt mitten im Zentrum in der Calle Sagárnaga, wo es viele coole Restaurants gibt. Gleich um die Ecke befindet sich ausserdem der Witches Market. Er wird so bezeichnet, weil es hier allerhand an Heilkräutern und Zutaten für die Riten der Aymara gibt. Entsprechend sind auf dem Markt in La Paz diverse getrocknete Tierföten zu finden. Sie sind an den Marktständen zu Dutzenden angebracht. Ein seltsamer Anblick. Doch viele Bolivianer leben noch die Traditionen ihrer Vorfahren. Wird etwa ein Haus gebaut, ist es üblich, in alle Ecken ein Lamafötus in den Boden zu graben. Das ist eine Opfergabe an Pachamama – Mutter Erde – und soll die Bewohner vor Unheil bewahren. Früher seien gar menschliche Opfergaben gemacht worden. Den Traditionen zugetane Bolivianer kippen jeweils auch den ersten Schluck ihres alkoholischen Getränks auf den Boden. Dieser ist ebenfalls Pachamama gewidmet. Ist Pachamama gut gestimmt, wird sie die Menschen mit einer reichen Ernte beschenken.

    Ein spezieller Ort in La Paz ist auch das Gefängnis San Pedro. Es handelt sich dabei um eine Art Stadt in der Stadt. Es soll da drin Restaurants und diverse kleine Unternehmen geben. Die Häftlinge müssen ihre Zellen selber zahlen. So gibt es Häftlinge, welche sich zum Absitzen ihrer Strafe ein Luxusappartement bauen lassen, während andere eine einfachste Zelle mit anderen teilen müssen. Bei der Entlassung kann die Zelle dann wieder verkauft werden. Die Gefängnishierarchie wird somit über die Vermögensverhältnisse geregelt: Wer viel besitzt, hat das Sagen.

    Was in La Paz ebenfalls auffällt, sind die Cholitas. Die traditionell gekleideten Frauen tragen verschiedene übereinander geschichtete farbige Röcke. Breite Hüften gelten als Schönheitsideal. Stramme Frauen-Wädli anscheinend auch. Die Frauen haben ihre dunklen langen Haare zu zwei Zöpfen geflochten. An diesen sind teils noch Kordeln angebracht, um sie noch länger wirken zu lassen. Auch das ist etwas, dass die Frauen in Bolivien anstreben. Ausserdem tragen die Cholitas einen Melonenhut. Je nachdem, wie der Hut getragen wird, zeigt er an, ob die Frau noch zu haben ist: Sitzt er gerade auf dem Kopf, ist die Frau vergeben. Trägt die Dame die Melone schräg, ist sie noch zu haben. Unser Guide bei der Free Walking Tour fügt noch hinzu, dass ein nach hinten geschobener Hut bedeutet «Es ist kompliziert». Eventuell hat er sich da von seiner Fantasie und von den auf Facebook verfügbaren Beziehungsstatus inspirieren lassen.

    Die Cholitas sieht man häufig als Früchte- oder Gemüseverkäuferinnen in den Strassen La Paz und auf den Märkten. Oder aber im Wrestlingring. Richtig gelesen. Seit rund 15 Jahren gibt es in La Paz das Cholita-Wrestling. Initiiert wurde es vor allem von Frauen, welche unter häuslicher Gewalt gelitten hatten und einen Katalysator für ihre Wut und Frustration fanden.

    Das Cholita-Wrestling lassen wir uns nicht entgehen. Es ist toll zu sehen, wie stark und selbstbewusst die Frauen wirken, wenn sie in ihrer traditionellen Kleidung solche Kämpfe austragen. Bei den Darbietungen sind die Frauen unter Beifall des Publikums gegeneinander und teils gar gegen den Schiedsrichter angetreten. Leider haben wir das Cholita-Wrestling nur unter der Woche besuchen können, wo dieses vor allem für Touristen veranstaltet wird. Am Wochenende soll aber in einer grossen Halle noch viel mehr die Post abgehen. Bei den Bewohnern von La Paz wundert uns das keinesfalls.
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