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  • Day 14

    Wanderung auf dem Eis!

    August 15, 2018 in Norway ⋅ 🌧 10 °C

    Unser Tag begann heute recht unentschlossen. Das Wetter war nicht berauschend und wir waren ein wenig hin und her gerissen, ob wir heute eine Gletscherwanderung machen sollten - dieses Mal AUF den Gletscher. Am bekannten Nigardsbreen werden jeden Tag mehrere Touren in verschiedenen Schwierigkeitsstuffen angeboten. Das reizte uns schon sehr, allerdings hätten wir eine 3 stündige Fahrt vor uns, da man auf die andere Seite des Jostedalsbreen kommen muss. Luftlinie sind das gerade mal 10km, mit dem Auto allerdings 200km. Außerdem war für den Tag leichter Regen angesagt. Ob sich das überhaupt lohnen wird?
    Wir entschieden uns trotz allem dafür, uns auf den Weg zu machen. Um 13Uhr startet die letzte Tour, das sollte zeitlich also machbar sein. Gegen 9 Uhr machten wir uns auf den Weg. Unterwegs buchte ich die Tour schon mal online, damit wir sicher sein konnten, einen Platz zu ergattern, es gab nämlich nur 16 Plätze.
    Mehrere Baustellen und kurzfristige Straßensperrungen machten die Fahrt dann nochmal aufregend, da wir nicht sicher waren, es rechtzeitig zu schaffen (12.30uhr sollte man da sein). Ich rief also im Besucherzentrum an und gab Bescheid, dass wir uns eventuell verspäten würden. Alles kein Problem.
    Dank Phillipps flottem Fahrstil schafften wir es natürlich trotzdem und hatten sogar noch Zeit für eine kurze Pinkelpause (was für mich relevanter war als für Phillipp).
    Am verabredeten Treffpunkt gab uns der Tour Guide jeweils Steigeisen, eine Eisharke und Handschuhe. Dann fuhren wir mit einem kleinen Boot zum anderen Ufer, von dem aus man zum Gletscher laufen kann. Der Nigardsbreen ist wohl der Gletscher, der am einfachsten zugänge ist. Noch vor einigen Jahren reichte das Eis bis zum See, aber zur Zeit zieht er sich zurück, so dass man heute einen ca. 30 minütigen Aufstieg auf der Moräne vor sich hat.
    Unsere Gruppe war dann doch etwas größer, so dass wir von zwei Guides geführt wurden. Kurz vor dem eigentlichen Gletscheraufstieg bekamen wir unsere Sicherheitsgurte. Der einen Führerin hatte ich schon im Vorfeld gesagt, dass ich schwanger bin. Sie gab mir deswegen einen anderen Gurt, der den Druck auf den Bauch entlasten sollte, nicht nur beim Anlegen sondern auch im Falle eines Sturzes. Zum Schluß gab es noch eine kurze Einweisung über das Verhalten auf dem Gletscher. Dann legten wir die Strigeisen an, wurden alle an einem Seil gesichert und los ging es. Da wir so viele Personen waren, wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt. Unsere Führerin war Ina, eine sehr nette und geduldige Norwegerin, mit der wir auch im Anschluss noch etwas plauderten. Dass Ina viel Geduld mit unserer Gruppe aufbringen musste, stellte sich sehr schnell heraus, denn die meisten Leute waren... naja, etwas herausfordernd. Die ersten fünf Personen waren 5 Chinesen, die ungelogen alle fünf Meter anhielten und zig Bilder machten. Das brachte natürlich unseren gesamten Zug ins Stocken und alle mussten warten. Irgendwann sagte Ina, dass wir an bestimmten Punkten halten würden und dann genügend Zeit zum Bilder machen war. Wir kamen nämlich kaum voran. Die andere Gruppe war längst ein großes Stück vor uns. Nach den Chinesen liefen fünf spanisch sprechende Personen, die eher für ein Spaziergang in der Stadt gekleidet waren. Den Vogel schoß aber eine von ihnen ab, denn sie trug nicht mal  eine Jacke! Irgendwann gab Ina ihr ihre Jacke, denn für solche Fälle hat sie immer ein paar extra Klamotten dabei. Auch ihre Schuhe waren für eine Gletscherwanderung nicht geeignet und so beschwerte sie sich ständig über kalte Füße und war sichtlich froh, als die Tour zu Ende ging. Was meinte sie denn, was sie da mitmacht. So ein Gletscher besteht schließlich aus Eis - dass das kalt ist, ist ja kein Geheimnis. 😒
    Nach uns war noch ein anders spanisches Pärchen. Er war der Letzte in der Kette und stoppte auch ständig, um Bilder zu machen, auch nachdem Ina sagte, dass keiner beim Laufen fotografieren sollte. Seine Frau war vor allem beim Abstieg so langsam und befolgte die Anweisung nicht, wie man sich am besten auf dem Eis fortbewegt. Oft kamen wir wegen ihr ins Stocken. Wenn sie dann man schnell war, hing sie mir so nah auf der Pelle, dass das Seil zwischen uns kaum gespannt war (was immer der Fall sein sollte) und ich deswegen zweimal beinahe mit meinen Steigeisen darin hängen geblieben und gestürzt wär.
    Wir sind in dieser Gruppe fast wahnsinnig geworden, aber Ina war stets geduldig und verständig. Keine Ahnung, ob sie innerlich nicht auch genervt war. Wir hätten unseren Unmut nicht so lange überspielen können. 😆
    Zum Schluß meinte Ina auch, dass wir ihr sehr leid getan haben, in dieser speziellen Gruppe gelandet zu sein. Das hat sie so auch noch nicht erlebt.
    Abgesehen davon war die Gletscherwanderung absolut toll. Mit den Steigeisen kann man sich sehr gut im Eis verankern und hat somit guten Halt. Immer wieder sieht man Risse und tiefe blaue Spalten im Eis. Jeden Tag werden die Wege auf dem Eis neu bearbeitet und für Gruppen zugänge gemacht. Man läuft also nicht nur gerade Flächen nach oben, sondern auch Stufen. Zwischendurch erklärte Ina immer wieder etwas zu Gletschern allgemein und zum Nigardsbreen im Speziellen. Gletscher entstehen übrigens, wenn Schnee über den Sommer nicht taut. Kommt im darauffolgendem Winter neuer Schnee dazu, wird der alte komprimiert und verwandelte sich irgendwann in Eis. Wenn sich dieser Kreislauf über viele Jahre wiederholt, kann so ein Gletscher enorme Ausmaße annehmen. Der Nigardsbreen ist zum Beispiel 4000 Jahre alt. Er geht zwar gerade zurück, aber dafür wandert der Jostedalsbreen zur anderen Seite des Berges hin, also zu der Seite, auf der sich unser Campingplatz befindet.
    Wir sind jedenfalls total fasziniert von dem Gletscher und wären am liebsten noch länger geblieben und etwas höher hinauf gegangen. Das blaue Eis und die Struktur der zusamnengeschobenen Platten sind schon was besonderes. Wenn wir irgendwann mal wieder nach Norwegen kommen, müssen wir nochmal so eine Wanderung machen. Das nächste Mal sollten wir uns aber vielleicht nach einer privaten Tour erkunden, dann ist man unabhängiger.
    Auf dem Rückweg zum See plaudern wir noch etwas mit Ina. Dann gehts mit dem Boot zurück zum Parkplatz und anschließend schauen wir uns noch das Gletschermuseum im Besucherzentrum  an. Dort wird nochmals sehr anschaulich dargestellt, wie der Jostedalsbreen entstanden ist. 18Uhr schließen sie allerdings und wir müssen gehen. 
    Wir überlegen uns, noch etwas weiter in das Tal hineinzufahren. Da soll es noch eine andere Gletscherzunge geben. Als das Wetter aber immer trüber wird und man langsam kaum noch was erkennen kann, drehen wir um und fahren zurück. Unterwegs gönnen wir uns noch jeder eine Pizza und anschließend geht's die 200km zurück zum Campingplatz.
    Die Fahrt war zwar lang, aber die Gletscherwanderung war es wirklich wert - ein absolutes Highlight! Ich kann jedem nur wärmsten empfehlen, einmal so etwas mitzumachen, eben weil man nicht alle Tage auf einem Gletscher spazieren kann.
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