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  • Day 11

    Tag 11

    July 18, 2023 in Austria ⋅ ⛅ 20 °C

    Der erste Tag an dem das Radfahren Nebensache war. Nach 3,5 Stunden Schlaf war es anfangs etwas schwerfällig, das ist aber an den meisten Tagen so, aber ich musste zum ersten Mal beim Fahrradfahren gähnen und zusätzlich gab es auf freien Feldern immer wieder ordentlich Gegenwind. In Spittal, dem nächsten größeren Ort wollte ich dann einen Kaffee trinken und hatte auf dem Weg dahin sogar in Erwägung gezogen dort einen Mittagsschlaf zu machen. Doch in dem Dorf davor, Lendorf, kam plötzlich wie aus dem nichts eine super nette Raststation mit Schattenliegen und klimatisierter Einkaufshütte mit Selbstbedienung. Es war wie eine Oase und es gab dort sogar Kaffee. Dabei kam ich mit zwei sympathischen italienischen Familien ins Gespräch, die sehr angetan von meinem Projekt waren und es noch auch weiter verfolgen wollen. Das heißt, so langsam wird das Ganze hier international und vielleicht kommt auch mal was Englisches. Der Kaffee, diese Begegnung und der Pausenort an sich sorgten dafür, dass ich mich viel besser fühlte und so konnte ich die nächste Station, Villach, anpeilen und fuhr streckenweise mit über 30km/h locker die Drau entlang. Ohne dabei zu wissen, ob das mein Tagesziel sein würde oder ob ich noch weiterfahren würde. Denn meine Gedanken und Planungen waren heute sehr von dem morgigen geprägt. Insgesamt wurde der Tag viel vom Treffen von Entscheidungen für die nächsten Tage bestimmt, was mich einige Zeit und vor allem Nerven gekostet hat, da ab Slowenien wieder Spaß mit den Alpen und damit ordentlich Höhenmeter und Passstraßen auf mich warteten. Doch als es gerade auf dem Fahrrad so gut lief, braute sich hinter mir ein Gewitter zusammen, was erstmal für eine außergewöhnliche Atmosphäre sorgte, die mir sehr gut tat und ich so sogar noch motivierter und schneller unterwegs war. Aber dann holte mich das Gewitter ca. 20km vor Villach ein und ich fand einen Unterstand bei einem Gasthof mit Bauernhof. Dort wurde genau zu der Zeit ein Bulle geschlachtet, was mir wieder gezeigt hat, dass es sich lohnt zu versuchen auf der Reise vegetarisch zu bleiben, auch wenn das in der Balkanregion umständlicher werden könnte. Während des Gewitters informierte ich mich dann weiter über meine potentielle kommende Route. Um den Soca Nationalpark zu erreichen, der schon lange im Voraus ein auserkorenes Ziel für die Reise war, müsste ich über den Wurzenpass, der es mit 450 Höhenmetern auf 4 Kilometern nochmal mehr in sich hat als der Fernpass und als der Brenner sowieso. Auf der anderen Seite des Passes wäre ich dann nach nur 30km aber wohl schon ziemlich geschafft im Ort Kranjska Gora, der schön sein soll, aber leider laut Google nur eine einzige Campingmöglichkeit bietet, die sehr ursprünglich und teuer sein soll. Und 30km wäre natürlich für den Gesamtplan etwas mau. Darum wollte ich dann noch weiter Richtung Soca. Und der dann anstehende Pass wäre dann wohl der absolute Endgegner der Alpen. Der Vrsic Pass. 800 Höhenmeter auf 9km. Dann wären es laut Trekkingapp über 1500 Höhenmeter für die Etappe. Der Fernpass und der Brennerpass waren mit um die 1200-1300 angesetzt. Hinzu kommt, dass vom Wildcampen in Slowenien von allen Seiten abgeraten wird, da in dem Nationalpark sehr stark kontrolliert wird. Der nächste Campingplatz nach dem in Kranjska Gora wäre dann erst hinter dem Vrsic Pass, zwar auch schon nach 50km, aber nach dem Pass mit Steigungen mit bis zu 23%. Und wenn man schon den Wurzenpass in Kombination mit dem Begriff Fahrrad googelt ist die erste angezeigte Seite quäldich.de. Während des Überlegens bei dem Gasthof bot mir der dortige Landwirt an, dass ich nicht durch den Regen bis Villach fahren müsste, sondern dort in der Scheune schlafen könnte, um dann am nächsten zwar 70 statt der 50km machen zu müssen, aber dafür alles trocken zu haben. Denn auch für die Nacht ist noch weiterer Regen angesagt. An sich gehört Regen ja dazu und ich komme damit zurecht, aber ein nasses Zelt etc. bringt halt nochmal Zusatzgewicht für den Aufstieg und das war die erste Situation, in der ich mir dachte, dass es beim Gepäck vielleicht doch auf jedes Gramm ankommt. So war es ein sehr verlockendes Angebot, was mir die Entscheidung deutlich schwieriger machte. Eigentlich war die Überlegung von dort noch bis nach Villach auf einen Campingplatz zu kommen, um von dort dann einigermaßen erholt die beiden Pässe anzugreifen und den ganzen Tag Zeit für "nur" 50km zu haben. So saß ich noch eine Stunde dort und es ging hin und her mit meinen Plänen. Ich hatte schon die Regenjacke angezogen, um durch das Unwetter noch nach Villach zu kommen. Denn für den nächsten Tag gab es eigentlich nur die Option irgendwie diese zwei extremen Pässe zu schaffen, da sonst keine Schlafmöglichkeit auf der Strecke lag. So musste ich abwägen, wie ich es am besten anstelle, dass ich nicht auf dem Pass hängenbleibe und dort dann aufgeschmissen bin, sondern das tägliche Streckensoll erfülle. Nach der Stunde hatte es aufgehört zu regnen und ich entschloss mich doch die 20km bis zum Campingplatz noch zu erledigen. Auf dem Weg lag dann viel Gehölz quer auf den Wegen und ich musste einige überschwemmte Wege umfahren, so kam ich dann um ca. 21.30 Uhr auf dem Campingplatz an, der aber die erhoffte Qualität bot, damit ich mich ordentlich auf den nächsten Tag vorbereiten konnte. Pizza, Pommes und eine Premiumdusche. Aber das Highlight dort war der Platzwart, der mich kurz vor Feierabend noch freudestrahlend empfing und mir ohne von meinem Projekt zu wissen, die Nacht auf dem Platz spendierte. Mit ihm sprach ich dann noch kurz über mein Vorhaben und er sagte Ähnliches wie einige Leute bei dem Gasthof. Alle rieten mir von dem Wurzenpass ab, dass ich bei den Steigungen häufig schieben müsste und das mit dem Gepäck sowieso nicht machbar sei. So sah ich mich schon auf halber Strecke absteigen, mein Gepäck hochschleppen und dann das Fahrrad hinterher. Und der Wurzenpass ist ja sogar die kleinere Hürde von den beiden Pässen. Auf dem Campingplatz kam dann noch ein weiterer erfahrener Fahrradreisender hinzu und er war letztlich der Schlüssel, dass um 22 Uhr mein Plan für den nächsten Tag stand. Er kam genau aus der Richtung und war auch schon öfter in den Regionen unterwegs. Er riet mir auch von dem Wurzenpass ab und empfahl mir über Italien den Wurzenpass zu umfahren, was 20km Umweg bedeutet, aber dafür eine ganz andere Nummer ist, was die Steigungen angeht. Er riet mir natürlich dann auch von dem Vrsic Pass ab. Er kam ja gerade aus dem Soca Gebiet und meinte, es wäre dort gar nicht so schön, da es zur Zeit in der Feriensaison sehr touristisch und überlaufen ist. So werde ich erstmal die 50km über Italien nach Kranjska Gora fahren und dann spontan entscheiden, ob ich den Vrsic Pass angreife, um das lang ersehnte Ziel die Soca zu erreichen oder es gut sein lasse und mir das für eine andere Reise mit besseren Voraussetzungen aufhebe und Richtung des Sees Bled und Ljubljana weiterfahre. Ich hoffe die Entscheidung in Kranjska Gora wird mir dann leichter fallen, als die heutige. Das ist vermutlich eh noch ein Punkt an dem ich auf dieser Reise arbeiten werde, da noch viele schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen.Read more