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  • Day 41

    Fazit Bolivien

    May 14, 2019 in Peru ⋅ ☀️ 10 °C

    Gemischte Gefühle in Bolivien

    Bolivien ist total spannend und hat mit Uyuni eine der für mich schönsten Landschaften der Welt zu bieten. Allerdings ist der Standard spürbar niedriger, was das Reisen manchmal erschwert. Ich war die Hälfte der Zeit krank (zunächst erkältet, danach Magen/Darm) und dementsprechend zeitweise recht schlecht gelaunt.
    Bolivien ist absolut sehenswert, aber nur etwas für Reisende, die auch mit niedrigerem Standard klarkommen, einen starken Magen haben und nicht so schnell Höhenkrankheit bekommen.

    UYUNI mit der Salzwüste und den Lagunen ist wie vorher schon erwartet DAS Highlight. Da kommt für mich nichts Anderes heran. Die Flamingos, die Wolken, die Farbe der Berge, *seufz*. Im Moment bin ich überzeugt, dass nicht mal die Galapagosinseln dieses Erlebnis toppen können.

    Anders sah es in La Paz aus. Ich dachte vorher "schnell durch diese hohe laute geschäftige Stadt", habe die 3 Tage dort dennoch total genossen. Es war beste Unterhaltung. Ich habe selten an einem Ort so viele spannende, unglaubliche Geschichten gehört.
    Ich kann zum Beispiel ohne Punkt und Komma fasziniert über das Gefängnis berichten. Ein Auszug:
    Mitten in der Stadt gibt es ein riesiges Gefängnis mit über 2.000 Insassen. Wachen/ Personal gibt es nur für die Außengrenzen, innerhalb der Anlage verwalten sich die Gefangenen komplett selbst. Dieser Ort ist quasi wie eine Stadt in der Stadt (nur mit Kriminellen). Man kauft oder mietet sich einen Platz in einer Zelle, es gibt Restaurants und sogar einen Kindergarten, da so manche Familie bei einer Verurteilung einfach mit einzieht.
    Auch im Gefängnis muss man sich also seinen Unterhalt verdienen, z.B. mit dem Betrieb eines Restaurants oder mit der Herstellung von Kokain.
    Noch heute besuchen Touristen diesen Ort illegalerweise für einen Trip mit dem hochwertigen Kokain (dafür besticht man das Wachpersonal und hofft, dass sie einen danach wie vereinbart wieder rauslassen).
    Früher gab es richtige Gefängnisführungen, die sogar im Lonely Planet empfohlen waren (auch eine Einnahmequelle der Insassen). Heute ist es Touristen untersagt das Gefängnis zu betreten (Nachdem es lange gut ging, kam es igendwann zu einem Zwischenfall mit sexueller Belästigung von Touristinnen.).
    Zu dem Zeitpunkt noch unwissend erhielt auch ich das Angebot eines Bolivianers für eine Gefängnisbesichtigung. Meine Antwort "ich warte gerade auf eine Stadtführung und weiß noch nicht, was ich danach machen möchte". Die Stadtführung startete dann auch gleich mit der Warnung vor eben solchen Angeboten und vielen spannenden Infos zum Gefängnisalltag. Ich habe übrigens keine Touris getroffen, die so verrückt waren, es zu machen.
    Weitere Details gibt es zu Hause auf der Tonspur oder ihr lest das Buch "Marching Powder".

    Zwar sind die Bolivianer katholisch (den Glauben haben die Spanier mitgebracht), aber daneben glaubt der gemeine Bolivianer auch an Pacha Mama (Mutter Erde) und hält an diversen uralten Aberglauben fest.
    Diese Mischung spiegelt sich auch in der Architektur der Kirchen wieder. Man findet teilweise Elemente aus den alten indigenen Glauben. Die Spanier haben es an dieser Stelle bewusst mit eingebaut/ vermischt, um die Menschen in die Kirchen zu locken.
    Richtig offensichtlich wird der Aberglaube auf dem Hexenmarkt, wo man u.a. Lamaföten kaufen kann. Die sollte man Pacha Mama opfern bevor man ein Haus baut, sonst stirbt jemand auf dem Bau. Und nun dürft ihr mal überlegen, was ein Bolivianer meint opfern zu müssen, wenn er etwas richtig Großes, richtig Wichtiges bauen möchte...

    Noch ein paar Stichwörter zu weiteren Kuriositäten:
    - Um sich von den USA abzugrenzen (?) hat ein Präsident beschlossen, dass die Uhren in Bolivien andersherum laufen. Sieht man an einem Regierungsgebäude.
    - Ihren angeblich einzigen halbwegs guten Präsidenten haben die Bolivianer "versehentlich" umgebracht. Bei einem Protest (Proteste gibt es viele) hitzte sich die Stimmung so auf, dass man das Regierungsgebäude stürmte und ihn vom Balkon stürzte. Das hat er überlebt, da hat man ihn direkt an der nächsten Straßenlaterne erhängt. Heute gibt es ein Denkmal für ihn - direkt neben dieser Laterne (denn er war ja eigentlich ein Guter ;-) ).
    - eine mögliche Freizeitbeschäftigung: Cholita-Wrestling anschauen (Cholitas sind traditionell gekleidete indigene Frauen mit Rock (und einigen Unterröcken), Hut und bunten Tüchern)

    Natürlich muss ich noch erwähnen, dass das Mountainbiken einfach GEIL war. Adrenalin pur. I loved it.
    Auch das Essen war recht gut, vor allem die Suppen. In Deutschland esse ich fast nie Suppen, aber hier bin ich zum Suppenkasper geworden.
    Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass es nirgendwo so viele unterschiedliche so leckere Avocados geben kann wie in Bolivien!

    Mir bleibt nur noch die Empfehlung spanisch in Bolivien zu lernen. Sie sprechen langsam, deutlich und ohne starken Dialekt. Einzelstunde (1:1) kostet grandiose 5,50 Euro in Schulen mit gutem Ruf.

    Oh, und jetzt fällt mir noch was ein. Ich wollte so gern eine Cholita fotografieren, aber da sind sich einig: Touristen sind doof. Kein netter Wortwechsel, wenn man etwas bei ihnen kauft und kein Lächeln und auf gar keinen Fall Fotos. Und dann passiert das Unglaubliche: am Start vom Mountainbiken kommt ein kleiner Bus mit einer Familie. 2 traditionell bekleidete Frauen steigen aus, kommen zu mir (ich in Anzug und Helm mit meinem Bike) und bitten mich um ein Foto. Jetzt haben die 2 dieses coole Foto und ich nicht!
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