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  • Day 21–27

    Ahangama oder: (he)rausgeputz

    January 21 in Sri Lanka ⋅ ☀️ 31 °C

    Unser letzter Stopp heißt „Ahangama“ – wieder ein Küstenort. Hier sind wir Sonntagnachmittag, nachdem wir aus Udawalawa zurückgekommen sind, auch wieder auf Josie und Paula getroffen. Voll schön!
    Ahangama ist irgendwie besonders, ohne etwas Besonderes zu haben. Eigentlich besteht der Ort nur aus einer Hauptstraße und trotzdem spürt man direkt den Ahangama-Vibe: Es ist sehr hip, das merkt man an den vielen Cafés, Bars und Co-Working-Spaces (morgen, dann wieder…). Ich glaube, was uns an dem Ort vom ersten Moment an gefallen hat, ist, dass die Menschen (und damit mein ich privilegierte Westeuropäerin natürlich die anderen Traveller) uns irgendwie ähnlicher sind. In Mirissa schart sich das Backpacker-Volk Mitte zwanzig - hier sind die Leute deutlich mehr grown up. So sehr, dass kein unerheblicher Teil wirklich in Ahangama lebt, zumindest temporär. Ich bin über zwei Ecken zufällig in eine WhatsApp-Gruppe, der „Digital Nomads in Sri Lanka“, aufgenommen worden und von den 700 Personen in der Gruppe sind etwa 70% hier und der Rest in Wellingama, ein Ort weiter.
    Unser Ziel war es ebenfalls, uns häuslich einzunisten und bis zum Abflug hier zu bleiben. Dazu haben wir uns auf AirBnb ein kleines privates Häuschen ausgesucht, das zudem einen schönen Garten und einen Whirlpool hatte. Es hatte wirklich just an dem Sonntag erst aufgemacht und Josie war schon etwas besorgt, ob es dieses Haus wirklich gibt oder ob wir einer ganz miesen Masche auferlegt sind. Doch das Haus gab es und hat die Bilder noch übertroffen: klein, aber fein mit sehr stilvoller (nagelneuer) Einrichtung, haben wir uns direkt wir zuhause gefühlt. Besonders gefreut haben wir uns über die eigene Küche, da dies bedeutet, dass wir uns nach drei Wochen auch mal wieder selbst versorgen können. Als wir ankamen – das Häuschen liegt etwa 10 Gehminuten (oder 3 TukTuk-Minuten) abseits des ganzen Trubels hinter der Hauptstraße – waren echt noch ein paar Männer dabei, die letzte Lampe zu installieren und Pflanzen im Garten zu setzten. Das nennt man dann wohl Punktlandung.
    Wir haben uns zum Abendessen trotzdem wieder in die Stadt begeben, unter anderem weil wir ja auch noch einkaufen wollten. Nach einer sehr guten Scampi-Pasta im „La Belle“, einem günstigen Obst-Einkauf im Supermarkt und einem sehr teuren Alkohol-Einkauf beim Liquor Shop, sind Benedikt und ich schon mal nach Hause (👵👴), während die beiden Girls noch ein bisschen Ahangama unsicher gemacht haben (👯‍♀️) – die wilden 20er (freue mich seit Monaten, dass endlich sagen zu können)!

    Ein altes Sprichwort besagt ja bekanntlich „Wo ein Whirlpool, da ein Nacktbaden“ und so haben Benedikt und ich den Abend noch mit einem Glas Wein im Wasser genossen….bis es an der Gartentür geklopft hat. Dort stand die nette Nachbarin von gegenüber. Sie hatte uns bereits beim Check-In begrüßt und war da absolut liebenswert gewesen. Es stellte sich heraus, dass sie von den Besitzern beauftragt wurde, sich während unseres Aufenthaltes vor Ort um alles zu kümmern – so far so good.
    Es war bereits gegen 23 Uhr, als sie jetzt in unserem Garten auftauchte, aber sie bestand darauf „for safety reasons“, dass Benedikt das TukTuk von der Straße in ihren Garten umparkt. Wir wollten nicht unhöflich sein, also hat Benedikt in Badehose das TukTuk umgeparkt und sie kam währenddessen in den Garten geschlendert, hat sich neben den Whirlpool gestellt und angefangen Small Talk mit mir zu halten. Ich war splitterfasernackt! Hat sie offenbar null gestört. Als Benedikt wieder kam, haben wir freundlich, aber mit viel Nachdruck „Thank you und good night“ gesagt.

    Am nächsten Morgen sind Benedikt und Paula früh zum Surfen aufgebrochen. Ich wollte mir einen schönen Me-Time- Morning machen, hab Kaffee gekocht, einen Bikini angezogen, mir mein Buch geschnappt und wollte es mir gerade wieder am Pool gemütlich machen, als ich das vertraute „Good morning, Miss!“ vom Gartentor hörte. Leicht gereizt bin ich zum Tor gegangen, um aufzumachen. Vor der Tür stand der Manager, die Nachbarin sowie weitere drei Personen, mit Putz-Equipment bewaffnet. „We are here for cleaning, Miss“, erklärte mir Dan, der Manager.
    Ich betone es gerne nochmal kurz: Das Haus hat ca. 40qm, ein Bad, eine Küche, unsere beiden Zimmer, die wir gestern Abend, vor gerade mal 16 Stunden bezogen haben – was sollte da geputzt werden müssen? Ich habe der Putz-Kolonne sehr freundlich gesagt, dass wir kein Cleaning benötigen und mich verabschiedet. Die Nachbarin sah richtig enttäuscht aus, so als ob sie sich seit Tagen darauf freut, den Besen zu schwingen. Aber das ist wieder diese Devotheit, die ich ganz unangenehm empfinde. Die sind so höflich, dass es fast wehtut.
    Ich hatte dann aber noch meinen Slow Morning, bis irgendwann Josie aufgestanden ist und Paula und Benedikt vom Surfen wieder kamen. Zusammen haben wir bis in die Mittagsstunden gefrühstückt und am Pool relaxed.

    Leider startet heute auch wieder unsere neue Arbeitswoche. Praktischerweise hat die Unterkunft richtig gutes WLAN und auch einen Arbeitsplatz. Da wir alle Vier etwas am Laptop zu tun hatten, hat sich das direkt nach Co-Working angefühlt und die ersten Stunden verliefen super.
    Leider, wie konnte es anders sein, gab es am frühen Nachmittag einen Stromausfall in der Nachbarschaft (classy Sri Laka 😒) und zack, war unser gutes WLAN und die Stromversorgung der Laptops dahin. In einer Meeting-Pause sind wir entsprechend ins TukTuk gesprungen und ab ging’s in nächstgelegene Co-Working-Space („Focus Hub“, Day Pass 6€).
    Im Vergleich zum Verse Collective geht man hier wirklich zum Arbeiten hin und weniger „zum Sehen und gesehen werden“. Es herrscht eine irgendwie gemütliche Atmosphäre und wenn man noch länger in Ahangama bleiben würde, ergäbe sich aus den Co-Workern bestimmt ne ganz coole Community. Ich hab mir direkt einen Wochenpass gekauft und für ein paar Stunden eine der schallisolierten Telefonboxen gemietet. Ich hab leider wirklich das Pech, dass ich die beiden Arbeitswochen so viele Meetings habe, wie sonst nie. Das ist definitiv eins meiner Learnings für die nächste Workation (was? wie? Wer hat hier direkt die nächste Reise im Sinn? 🤫): so wenig Meetings wie möglich und sehr gute noise-cancelling-Kopfhörer!
    Der ganze Tag war recht lang und so haben wir uns mit Josie und Paula kurzgeschlossen und entschieden, heute im AirBnb zu essen. Die beiden haben uns eine bunte Auswahl an Rice, Curry und Kottu geholt und zusammen hatten wir einen richtigen „Zuhause“-Abend. Auch mal schön!

    Die Wochentage lassen sich alle recht ähnlich zusammenfassen: Früh aufstehen, zum Surfspot fahren, Frühstücken, ins Coworkspace fahren, arbeiten, essen gehen, bubu machen. Zwei Mal bin ich morgens mit Benedikt zusammen zum Surfen gefahren und hab vom Strand aus zugesehen. Es ist einfach sehr relaxed hier, ich fühle mich null unter Druck gesetzt, mir ebenfalls ein Bord zu schnappen. Ich hab das ja manchmal, dass ich mir denke, ich verpasse was, wenn ich nicht alles mitnehme, aber beim Surfen freue ich mich einfach mit, dass Benedikt letztes Jahr in Ecuador dieses Hobby für sich entdeckt hat. Manchmal muss man akzeptieren, dass nicht alles für alle gleich gut ist. Und für mich ist Kokosnuss und Buch lesen gut. 😊

    Am Dienstagabend waren wir überragend lecker in „Maori’s Kitchen“ (Rice & Curry) und am Mittwoch im „Samba“ (Mexikanisch) essen – beide eine absolute Empfehlung, wenn man hier in der Ecke ist.
    Was auch gleich blieb, war der morgendliche Kampf mit der Nachbarin und Dan: Egal wir oft wir ablehnten, sie kamen einfach immer wieder. Einmal drin, wurde man sie auch nicht mehr los. Es ging so weit, dass ich heimlich selbst aufgeräumt habe, damit sie auf nichts zeigen können, das „need cleaning“ braucht. Wir haben auch mehrfach sehr deutlich um „Privacy“ gebeten – worauf hin immer nett gelächelt, mit dem Kopf gewackelt und „yes“ gesagt wurde – um dann exakt da weiter zu machen, wo gerade aufgehört wurde. Ich untertreibe nicht, wenn ich sage, dass Personal hat uns in den Wahnsinn getrieben. Am Mittwochmorgen um 8 Uhr kamen sie mit Handwerkern im Schlepptau, die dringend neue Rohre verlegen mussten. Als ich einmal Obst für das Frühstück geschnitten habe, hat sich die Nachbarin neben mich gestellt, damit ich ihr die Obstschalen direkt zum Entsorgen geben kann. Es war wirklich zum Mäuse melken! Wir wollten auf keinen Fall unhöflich sein, weil sie so ÜBER-höflich zu uns waren, aber nach ein paar Tagen waren wir echt ausgelaugt vom vielen „Thank you, BUT…“.

    Daher waren wir sehr dankbar um einen kleinen Ortwechsel innerhalb von Ahangama, da das AirBnb nur drei Nächte frei gewesen war. Für die Nächte von Mittwoch bis Samstag hatten wir uns zwei Zimmer im Boutique Homestay „Frida“ gebucht – das Haus heißt so, weil die Besitzerin, eine italienische Künstlerin, großer Frida Kahlo Fan ist.
    Das Haus war nochmal anders schön. Nicht nur, dass es hier keine putzwütigen Nachbarinnen gab, nein, es war noch etwas abgelegener, noch etwas ruhiger und der Garten war noch größer und idyllischer. Zudem hatte die Besitzerin ganze fünf Hunde, die sich jedes Mal einen Ast abgefreut haben, wenn wir nach Hause gekommen sind. 🦮🐕‍🦺🐩🐕🐕‍🦺

    Ein kleiner Schock hat uns dann doch noch am Donnerstagmorgen ereilt. Paula und Benedikt waren an diesem Tag zusammen morgens surfen und als sie wiederkamen, hab ich sofort gesehen, dass etwas passiert ist – die beiden hatten den exakt gleichen Gesichtsausdruck wie nach der Elefanten-Story. Sie erzählten, bei der letzten Welle hatte Paula wohl einen Whipe-Out (so nennt man es, wenn man vom Bord fällt und die Welle einen im Schleudergang mitnimmt) und hat ihr eigenes Surfbrett volle Kanne gegen die Stirn bekommen. Man hat es auch sofort gesehen: Über der Augenbraue hatte sich bereits ein stattliches Horn entwickelt und ihr Auge war lila-blau. Gleichzeitig stand sie noch komplett unter Schock und hatte das Geschehen noch gar nicht verarbeitet.
    Wir haben sie erstmal ins Bett verfrachtet, mit einer berechtigen Vermutung auf eine leichte Gehirnerschütterung. Hier sollte sie den Tag über auch erstmal bleiben und hat sich krankgemeldet. In den folgenden Tagen hat sich das Veilchen stattlich von lila über schwarz zu grün entwickelt und hätte man es nicht besser gewusst, ich hätte auf häusliche Gewalt getippt. Ab Freitag war sie aber wieder auf den Beinen und konnte, bis auf ein paar Schwindelattacken, die letzten Tage genießen.

    Am Freitag hatten Benedikt und ich nochmal einen Tag Urlaub und uns überlegt, etwas zu unternehmen. Ahangama liegt nur eine halbe Stunde von der historischen Hafenstadt „Galle“ entfernt, die sehr sehenswert sein soll und so haben wir uns nachmittags ins TukTuk gesetzt und sind dahin gedüst. Galle selbst ist eine sri-lankische Großstadt wie viele, aber sie hat eine, durch die Kolonialzeit (Niederlande, Portugal, Großbritannien – alle waren sie mal hier) eine tolle Altstadt („Galle Fort“), die auf einer Halbinsel gelegen und komplett von einer noch sehr gut erhaltenen Stadtmauer eingefasst ist.
    Wir haben uns ca. zwei Stunden durch die kleinen Gassen treiben lassen, haben Eis gegessen und Souvenir-Shopping gemacht. Irgendwie wirkt Galle Fort so, als wäre es in dieses Land hineingesetzt, es will nicht wirklich ins Gesamtbild passen. Aber für einen entspannten Ausflug wirklich sehr lohnenswert.
    Abends haben wir noch das absolut leckerste Rice & Curry des gesamten Trips im „Coconut Sambol“ gegessen. In dem sehr kleinen rustikalen Restaurant wurde geschlemmt und noch ein letzte Partie Cabo gespielt. So ganz langsam kommt die Wehmut. Morgen steht der erste kleine Abschied an, wir müssen wieder zurück nach Colombo unser geliebtes TukTuk abgeben. Wir haben wirklich versucht, jede Minute dieses Abends auszukosten und uns nochmal der Schönheit und Besonderheit dieses Landes bewusst zu machen.
    Doch ganz war der Tag ja noch nicht vorbei. Kein Abschied ohne Abschieds-Drinks mit der Crew! Josie hat ihren Aufenthalt hier verlängert (Neid!) und so haben wir uns nach unserer Rückkehr noch auf ein paar Drinks mit den Beiden in einer Strandbar getroffen.
    Nachdem zu der Wehmut und dem Abschiedsschmerz auch noch ein leichter Schwips gekommen war, haben wir uns ganz zum Schluss spontan entschieden, noch einmal ins Meer zu springen. Klamotten aus und ein letztes Mal rein in den indischen Ozean! Das Wasser war noch warm, die Wellen ganz seicht und auf dem Rücken treibend konnten wir die Lichter der vielen Strand-Bars sehen.
    Ich glaub ich kann das aussprechen und es ist okay: Ich möchte nicht nach Hause. Aber wenn ich wieder zuhause bin, wird es in Ordnung sein, das weiß ich. Und dennoch: Ich fand alles hier fantastisch und ich wäre ja blöd, wenn ich das nicht jetzt schon alles vermissen würde.
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