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  • Day 83

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    May 31, 2023 in the United States ⋅ 🌙 11 °C

    Liebes Tagebuch. Der vorherige Tag war ganz besonders und heute morgen habe ich tatsächlich mal ausgeschlafen. Wir haben auch keinen Zeitdruck. Die 12 Meilen zurück nach Kennedy Meadows kennen wir ja bereits und es geht nur bergab. Also erstmal gemütlich am Schmelzwasserbach frühstücken. Wenn man so da sitzt hat man immer die Hoffnung irgendwo am Waldrand einen Bären zu sichten. Oder, dass er plötzlich hinter einem auftaucht. Zweites muss nicht unbedingt sein. Dann gehts ans einpacken. Auch alles ganz gemütlich. Es ist vermutlich nach zehn, als wir losgehen. Wir steigen ins Tal ab. Dabei verunsichern wir uns entgegenkommende Hiker, wenn wir erzählen, dass wir zurück gehen. Wir werden von allen nach den "conditions" gefragt. Man merkt wie nervös alle sind. Wir treffen auch das ein oder andere bekannte Gesicht dabei. Und dann treffen wir Matt, während er eine Pinkelpause einlegt. Er ist ziemlich aufgeregt, nicht weil wir in überrascht haben, sondern weil er seinen Cousin vermisst. Sie hatten sich vor zwei Tagen auf dem Weg verloren und nun hatte er Angst, dass er Off Trail dahin wandert oder ihm was passiert ist. Natürlich hat er keinen GPS Sender dabei. Er zeigt uns ein Foto. Leider können wir ihm nicht direkt helfen, aber wir können eine Nachricht über unser GPS an Propeller und Crispy senden, die Richtung Lone Pine unterwegs sind. Dann zieht er weiter. An einem Bach machen wir Pause, als es im Gebüsch plötzlich mächtig raschelt. Es ist Sasquatch, der seinem Namen alle Ehre macht. Ihn hatten wir das letzten Mal mehrere hundert Meilen weiter südlich getroffen. Er meinte er hat versucht trockenen Fußes über den Bach zu kommen. Zwei Meter weiter liegen Baumstämme und Steine im Bachbett. Nevermind. Nebenbei kommt noch Impala vorbei. Dann zieht sie weiter. Wir auch. Es dauert nicht lange bis wir Martin treffen, der sich total erschreckt, weil er uns weiter nördlich vermutet hatte. Er hat uns für eine Erscheinung gehalten, da er kurz vorher seine Haschpfeife geraucht hatte. Es ist irgendwie auch bewundernswert wie er es schafft den ganzen Tag völlig breit zu wandern, während der Stereotype Kiffer schon längst eins mit der Couch geworden wäre. Wir können ihn überzeugen, dass wir echt sind. Erneutes Abschied nehmen von einem guten Menschen. Dann zieht er weiter. Links und rechts von uns bilden sich derweil dicke schwarze Wolken. Richtung Süden regnen sie sich bereits am Berg ab. Sie ziehen weiter. Bis wir den Campground erreichen, wo wir vor zwei Tagen geschlafen hatten. Es donnert. Aber nur kurz. Wir entschließen uns vom Campground die "Straße" zu nehmen, die parallel zum PCT verläuft bevor sie scharf links abbiegt und dann direkt zum General Store führt. Auf den Trail sehen wir eine Gruppe Hiker, die vermutlich gerade abwägt, ob es Sinn macht in die Regenfront, die sich nähert, hinein zu laufen. Sie ziehen nicht weiter und drehen um. Es fängt an zu tröpfeln, als wir unser Ziel erreichen. Komisch wieder hier zu sein. Ohne einen konkreten Plan wie es weiter gehen kann. Ich merke, dass diese Ungewissheit Phoenix ganz schön zu schaffen macht. Also Internet geiern. Wir wollen irgendwie über Ridgecrest, Mojave und Bakersfield Richtung Oregon und ein paar schöne Tage verbringen, während der Schnee dort und in Washington fröhlich vor sich hinschmilzt. Eine Fahrt nach Ridgecrest mit einem Trail Angel ist flott organisiert. Von da geht es wohl mit Bus und Bahn weiter. Ok. Erneut frag ich mich wann wir mal einfach wandern können wie in anderen Jahren auch. Dieses hin und her kostet einfach viel Nerven und sehr viel Geld. Es ist Zeit fürs Abendessen. Wir haben uns in eine Liste fürs Dinner eingetragen. Es gibt Lasagne und grüne Bohnen. Eine willkommene Abwechslung im Speiseplan. Leider entsprechen die Portionen nicht unserem Hunger. Ein Pott Ben & Jerrys gibts als Dessert.
    Plötzlich kommt Matt zu uns. Er hat Neuigkeiten von seinem Cousin. Er wurde wohl von ein paar Hikern gesehen. Er ist sichtlich erleichtert und fängt plötzlich an deutsch zu sprechen.
    Neben ganzen Neuankömmlingen sind auch viele Gesichter vor Ort, die schon hier waren, als wir das erste Mal hier gelandet sind. Vortex. Sie sind auch noch nicht weiter gezogen. Planlos.
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