• Duell mit Balu 1:0

    30 juni 2023, Förenta staterna ⋅ ☀️ 22 °C

    Liebes Tagebuch. Heute war mal wieder was los auf dem Trail. Ist ja immer was. Wir sind extra früh los, denn es sollte mal wieder sehr warm werden und wir hatten einen acht Meilen Anstieg zum Frühsport zu bewältigen. Also lieber mehr Zeit in der kühlen Morgenluft und dann mittags ne ordentliche Siesta. Dazu noch Wasser für zehn Meilen. Das ganze hochgelatsche war dann halb so schlimm. Alle zwei Stunden eine kurze Pause. Für unsere zweite Pause fanden wir eine freie Fläche mit schöner Weitsicht. Von hier war es nur noch knapp zwei Meilen bis zum höchsten Punkt des Tages. Als wir oben abkamen sah ich schon um die Kurve herum Wildblumen und in der ferne Mt. Adams. Ein paar Schritte weiter sah ich ihn dann, den Bär. Er stand da. Ziemlich groß, schwarz und mit einer hellen Nase. Süß, aber halt auch nicht. Unsere Blicke trafen sich. Ich guckte. Er guckte. Ich guckte und kniff den Schließmuskel zusammen, nahm die Arme hoch, ging langsam ohne meinen Blick abzuwenden rückwärts und informierte Mariam, die von hinten kam, was dort in den schönen Blumen stand. Dann sah sie ihn auch. Und er sie. Starren. Wir machten krach, wie wir es alle 30 Sekunden machen wenn wir durch den Wald wandern, doch das hatte der Bär wohl nicht gehört oder es hatte ihn nicht interessiert oder neugierig gemacht. Was auch immer. Der Bär lief davon. Die Schlacht war gewonnen. Ich musste erstmal tief durchatmen. Es war anders als vorgestern, wo der Bär ganz offensichtlich Schiss hatte und weg raste.
    Wir warteten einen Augenblick bevor wir den Platz betraten. Dann hatten wir die Blumen und die Aussicht für uns. Laut unserer Karte und dem Aussehen auch ein Zeltplatz. Beim nächsten mal...
    nicht. Wir gingen weiter. Es ging bergab am steilen Hang entlang. Alles war komplett zugewuchert. Perfekt um unplanmäßig erneut in einen großen schwarzen Teddybär zu laufen. Wir intensivierten unsere "Jucheee" Rufe. Irgendwann öffnete sich das Dickicht und wir betraten einen großen alten Wald. Siesta. Wir legten uns unter großen Kiefern in den Schatten und dösten vor uns hin, nachdem wir unseren Hunger gestillt hatten. Ein Ohr immer auf Alarm. Es blieb ruhig und nach fast zwei Stunden ging es weiter. Wir erreichten ein Lavafeld. Zerklüftete Brocken türmten sich auf. Dazwischen zerrupfte Bäume und Moos. Es sah unglaublich wild aus. Der Weg bog irgendwann rechts ab und führte uns durch das Feld hindurch. Hut ab vor dem Menschen, der hier den Weg geplant hat. Wir erreichten das Crest Camp neben einer Dirt Road, die ganz schön viel Verkehr hatte dafür, dass sie gefühlt durchs nirgendwo geht.
    Wir wurden von einem älteren Wanderer begrüßt. Nach kurzem Plausch kam heraus, dass er schon weiter im Norden war, aber wieder umgekehrt war. Der Trail ist wohl vom Schmelzwasser geflutet. Ja ok. Ist immerhin kein Schnee. Der ist aber wohl trotzdem auch noch da. Als Bonus soll wohl alles voller Mücken sein. Wir gucken uns das erstmal selber an. Er wirkte eh etwas hilflos und verloren. Seine Frau würde ihn morgen abholen. Wir machten unser Abendessen, Ramenbomb, und dann etwas Yoga und Quatsch bevor wir vor den Mücken in die Zelte flohen. Als ich in meinem Zelt lag sah ich, dass sich unter der Regenplane bereits eine Spinne ihre Fäden gezogen hatte und dabei war Fliegen und Mücken einzuspinnen. Gut so. Wie TV gucken.
    Liebes Tagebuch. Das war ganz schön aufregend heute. Für den Rest des Tages hatte ich das Bild des Bären vor Augen. Wie er in den Blumen steht und hinter ihm die irre Kulisse.
    Läs mer