• Tag 184: Qitai bis Qinghe

    September 10, 2023 in China ⋅ ☀️ 22 °C

    Der Tag der Busfahrt ist gekommen! Hoffentlich!
    Wir frühstücken, packen ein und fahren zum Busbahnhof. Mein Bauchweh von vor ein paar Tagen hat sich noch nicht verflogen. Vielleicht etwas im Essen oder die Aufregung? Vermutlich beides.
    Am Busbahnhof sitzt wieder die Dame von gestern und begrüßt uns freundlich und erkennend. Wir warten auf den Bus und werden bald von einer jungen Frau angesprochen. Ihr Englisch ist perfekt! Sie studiert die Sprache und wartet gerade auf ihren Bus von ihrer Heimat zurück in ihre Unistadt Urumqi. Wir unterhalten uns lange mit ihr und selbst als der Kleinbus kommt, bleibt sie noch bei uns, um zu Übersetzen. Die Tatsache, dass sie Uigurin ist, ist nicht ohne Wert für uns, denn auch der Fahrer und die Frau am Schalter sind uigurischer Abstammung.
    Der Kleinbus ist tatsächlich nicht sehr groß und der Fahrer will schon ein neues Auto mit Dachträger holen. Wir bauen aber stattdessen schnell die Vorderräder ab und schaffen es doch die Fahrräder hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz und vor den Rücksitz unter zu bekommen. Wir sind gerade einmal drei Fahrgäste. Mit uns fährt nur noch ein jüngerer Chinese.
    Wir verabschieden uns von unserer Helferin, die nun auch schnell zu ihrem Bus muss. Dann geht auch unsere Fahrt los.
    Wir sind noch nicht weit gefahren, als wir nochmal anhalten. Am Straßenrand stehen ein Mann und eine Frau. Beide mit reichlich Gepäck. Die Taschen werden in den Kofferraum gequetscht und beide steigen ein. Wir warten eine Weile. Noch ein Paar steht vor dem Auto. Das wird dann doch recht eng! Nach einigen gewechselten Worten steigt der Mann wieder aus und auch das Paar räumt ihr Gepäck wieder zurück in ihr eigenes Auto. Gemeinsam mit dem Mann fahren sie wohl jetzt selbstständig.
    Wir fahren weiter, kommen durch kleine Orte durch und ich verfolge unseren Standort sicherheitshalber mit dem Handy. In einer älteren Wohnsiedlung halten wir und eine junge Frau mit knapp dreijährigem Sohn steigt ein. Sie verabschieden sich von den Großeltern und der kleine Junge hüpft eifrig zwischen seiner Mama und Lukas auf der Rückbank herum.
    Unsere Fahrt geht weiter und immer wieder stelle ich mir vor, wie wir hier wohl geradelt wären. Bald halten wir für eine Toilettenpause an. Wir haben extra nicht viel getrunken, da wir nach unserer letzten Busfahrt nicht sicher waren, ob wir überhaupt einmal anhalten werden.
    Wir fahren win kleines Stück weiter. Nicht mal nach 10 Minuten halten wir wieder, diesmal neben einem Laden. Auch hier machen wir nochmal eine Pause.
    Auf der ganzen Fahrt werden wir mit dem Kleinbus nicht von der Polizei gestoppt, installierte Kontrollen gibt es jedoch. Wären wir mit dem Fahrrad hier, hätten uns diese sicherlich angehalten.
    In einer kleinen Privatküche gehen unser Fahrer und die Frauen noch etwas essen. Auch wir steigen aus. Im Esszimmer steht an einer Seite ein Aquarium. In diesem schwimmen zwischen ein paar Plastikpflanzen hindurch ein paar Fische. An der Rückwand steht "natürliches Habitat".
    Passend dazu läuft in diesem Moment ein Babykätzchen durch das Zimmer. Der kleine Junge ist natürlich direkt angefixt und jagt ihm hinterher. Jedes Mal, wenn er es in die Ecke gedrängt hat (oder einer der Erwachsenen ihm zur Hilfe kommt und ihm das Kätzchen gibt) hält er es entweder an einem Bein hoch oder lässt es von einer gewissen Höhe hinunterfallen. Seine Mutter lacht ihm zustimmend zu.
    Das können wir nicht mehr mit ansehen. Lukas steht auch und zeigt dem Jungen, wie er das Kätzchen zu halten hat. Sobald er jedoch wieder die Möglichkeit hat, greift er es am Bein und trägt es umher. Irgendwann setzt Lukas es in einen Karton und deutet dem Jungen an, dass er es auch in diesem streicheln kann. Eine längere Wirkung hat das auf das Kind allerdings nicht.
    Wir sind froh, als wir endlich weiter fahren. Immerhin wird die Katze dann alleine gelassen. Unser Schrecken ist groß, als wir die Mutter mit dem Karton und dem Kätzchen aus dem Haus kommen sehen!
    Nun sitzt Lukas mit Kind, Mutter und Kätzchen hinten auf der Rückbank. Immer wieder versucht er das Kätzchen zu erretten, bis es irgendwann im Karton verschwindet, weil der Junge das Interesse verliert. Stattdessen wendet sich sein Blick auf den Korb, der vor ihm und damit zwischen meinem und dem Sitz der anderen Frau steht. In diesem liegen unter einem Tuch nämlich ein Haufen Trauben, von denen er sich einfach nimmt. Statt ihm etwas zu sagen oder sich bei der Besitzerin zu entschuldigen, nimmt sich die Mutter selbst Trauben und verteilt sie noch an Lukas. Eine merkwürdige Szene!
    Die Stimmung wird jedoch immer lockerer, wir teilen unser Essen und die beiden Frauen schenken und etwas von sich. Wir machen Bilder und es fühlt sich schon fast so chaotisch und abenteuerlich an, wie die vermutlich auf einer solchen Fahrt in Usbekistan der Fall gewesen wäre.
    Am frühen Abend kommen wir in Qinghe (etwas 80 km vor der Grenze) an. Wir nehmen die Fahrräder heraus, bauen sie zusammen und werden dann von unserem Taxifahrer zu einem Hotel gebracht, dass uns beherbergen könnte.
    Wir sind geslannt auf den Preis, denn dieses sieht sehr nobel aus. Allerdings hatten das schon so manche und die meisten waren dann sehr günstig. Während Lukas sich mit der allsu begeisterten Jungs-Fahrrad-Gang beschäftigt, melde ich uns für einen absolut rentablen Preis an. Die Frau ist sehr freundlich und merklich entzückt darüber, Ausländer zu sehen. Unsere Fahrräder dürfen wir in der Lobby abstellen, gehen dann aufs Zimmer, kaufen noch ein und machen es uns dann gemütlich.
    Nach einer warmen, angenehmen Dusche ziehen wir unsere Schlafanzüge an und sind eigentlich bettfertig, als es klopft. Wer könnte es anders sein als die Polizei!
    Die üblichen Fragen werden beantwortet, wir im Schlafanzug und sie mit schusssicheren Westen und Waffen vor uns stehend. Dann können wir schlafen.
    Was für ein weiterer verrückter Tag!
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