• Reiseflo

Tajik Rally 2014

10.000 km für den guten Zweck Læs mere
  • Aralsk

    26. august 2014, Kasakhstan ⋅ 25 °C

    Mit Sicherheit der dramatischste Tag der Rally.
    Schwierig zu erzählen aber ein Teil des Abenteuers:



    Wir sind schon den halben Tag unterwegs, da kommt es im Team Kompass es zu Unstimmigkeiten.
    Plötzlich findet ein stiller Fahrerwechsel statt.
    Stille Fahrerwechsel sind nie gut.
    Wenn einer nicht mehr mit dem anderen spricht, wenn nicht nur die Luft vor Hitze brennt, sondern auch die Stimmung hoch kocht, dann liegt einiges im Argen. Dann kann es brenzlig werden, gar lebensgefährlich.

    Bei Extremsituationen denkt man oft ans Bergsteigen oder andere gefährliche Sportarten, nicht aber an eine Rally. Und doch kann es hier zu extremen zwischenmenschlichen Situationen kommen.

    Plötzlich schießt das Fahrzeug vom Team Kompass los. In einem Affenzahn brettert es über die Piste, so dass die Kiesel nur so spratzeln. Anfangs denke ich noch es ist nur Spass, aber der Wagen hält gar nicht mehr an. Über Funk versuchen wir das Team zu erreichen – ohne Erfolg.

    Was ist da los?
    Der Wagen schwankt über die Straße und droht einige Male von der Fahrbahn abzukommen.

    Jetzt ist an Pause nicht mehr zu denken, wir müssen hinterher. So schnell es geht versuchen wir sie einzuholen.

    Auf der M32 stehen sie dann. Waren 13 Minuten vor uns dort angekommen. Haben 13 Minuten raus geholt mit riskanter Fahrweise. Weil es wohl zu langsam ging ist einem der beiden der Geduldsfaden gerissen. Man hat sich abreagiert, dennoch ist ein Bruch entstanden, zwischen den beiden Freunden. Man vertraut sich nicht mehr, weiß nicht wie es weiter gehen soll. Hat Angst!

    Wir steuern die nächste Stadt „Aralsk“ an. Dort müssen wir Pause machen, um uns alle zu beruhigen und wieder Kraft zu schöpfen.

    An einer Tankstelle vor dem Ort treffen wir zwei österreichische Motorradfahrer. Es gäbe keinen Sprit, es sei niemand da. Beherzt hämmere ich mit der Faust an die Stahltür des Kassenhäuschens und natürlich ist jemand da. Die Gardinen bewegen sich und eine ältere Dame steckt den Kopf heraus.

    „Full!“

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    Die beiden erzählen uns man muss sich bei der Polizeistation registrieren. Es koste 25 USD pro Kopf. Es ist tatsächlich so, dass man sich in Kasachstan registrieren muss, wenn man länger als fünf Tage im Land ist. Nur wir sind nicht bereit dazu etwas zu bezahlen. Wir lösen die Situation mit unseren Souveniers. Eine Deutschlandfahne und einige Visitenkartenetuis von ToyotaMotosSport helfen uns um die Gebühr herum.

    Einst war die Stadt ein wunderschöner, florierender Ort mit einem großen Hafen, Fischfang und anderen wirtschaftlichen Betrieben. Nachdem in den 70er Jahren das Wasser der Zuflüsse zum Aralsee zur Baumwollproduktion umgeleitet wurden sank der Wasserspiegel des Sees und die angrenzenden Städte verarmen und verkümmern. Auf usbekischer Seite gibt es sogar einen Schiffsfriedhof wo ein verrosteter Kutter neben dem nächsten liegt. Finster und gespenstisch wie das Hotel „Aralsk“ das auch die beste Zeit bereits hinter sich hat. Die Kabel hängen von den türkisgrünen Decken, es ist staubig und der Putz bröckelt bereits. Dennoch buchen wir vier Zimmer. Drei mit Dusche und eins ohne. Laut den Besitzern gibt es wohl im ganzen Hotel nur drei Duschen.

    Was ein Glück ist nicht Hochsaison. Unsere Autos parken wir rückwärtig auf dem Privatparkplatz.

    Frisch geduscht und guter Dinge suchen wir uns eine Bar, essen Kamelspieße auf der Straße und trinken gutes kasachisches Bier. Ein insgesamt guter Abend und ich habe das Gefühl auch das Team Kompass hat sich beruhigt.

    Vom heutigen Tag gibt es verständlicherweise wenig Fotos. Meine Kamera war ja defekt und die anderen Teams haben aufgrund der Ereignisse auch wenig fotografiert, also greife ich auf ein paar Handyfotos zurück.
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  • Trennung in Shymkent

    27. august 2014, Kasakhstan ⋅ 31 °C

    Waren gestern noch in einer Discothek. Entsprechend schwer fällt es mir heute um 7:30 Uhr raus zu kommen als Lyne mich weckt.

    Als ich endlich zusammen gepackt habe und auf den Parkplatz komme fehlt ein Fahrzeug…

    Meine kurz zusammengefassten Notizen für diesen Tag:
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    Hier ausführlich…

    Pierrick steht mit seinem Gepäck in der leeren Parkbucht. Sein Teampartner hatte des Nachts die Heckscheibe des Fahrzeugs mit der blanken Faust eingeschlagen, das Brecheisen heraus genommen und ihn zur Herausgabe der Fahrzeugschlüssel gezwungen. Nun ist das Fahrzeug allerdings auf Pierrick zugelassen und so bleibt ihm keine Wahl, als das Fahrzeug als gestohlen zu melden.

    Wenig später finden wir uns auf dem Polizeihof wieder und warten. Die hiesige Polizei hat Straßensperren aufstellen lassen, um das entwendete Fahrzeug abzufangen. Nach ca einer Stunde ist es dann soweit und das Team Kompass ist wieder komplett. Zur eigentlichen Eskalation kommt es erst als Nick einschreitet und äußert, dass wir keinen Meter mehr mit so einer Zeitbombe weiter fahren. Wer weiß, was noch passiert. Zu Recht!

    Bevor das Auto in Flammen aufgeht, der Protagonist hat schon Streichhölzer in der Hand und Benzin haben wir alle ja genügend dabei, oder noch schlimmeres passiert kommt es zu einem Gerangel und die Polizei schreitet endlich ein. Nun wird keiner von uns mehr vom Hof gelassen, aber wir wollen ja auch gar nicht weg ohne Pierrick.

    Schließlich wird umgeladen. Pierrick fährt bei den Nomads mit und sein Gepäck wird auf unsere Autos verteilt. Das führt dazu, dass wir einen Spritkanister und den kompletten Karton mit Kinderklamotten schnellstmöglichst verteilen.

    Jetzt fahren wir bis tief in die Nacht hinein, um Pierricks Auto am Bahnhof in Shymkent hoffentlich heil übernehmen zu können. Mehrfach überholen wir ihn können irgendwann aber nicht mehr und müssen zur Nachtruhe abfahren. Schließlich finden wir den Wagen am Airport in Shymkent über den Tracker, der die ganze Zeit mit lief.

    Pierrick scheint erleichtert zu sein. Er kann weitere fahren. Die zerstörte Heckscheibe ersetzten wir provisorisch mit einem Blech und später durch Folie, so dass es gar nicht mehr auffällt, dass es keine Scheibe ist.

    Einen weiteren Tag haben wir hierdurch verloren und natürlich ist nun klar, dass wir den Rückflug am 30.08. nicht mehr bekommen werden.

    Mich hat dieses Ereignis sehr mitgenommen. Nicht nur, dass ich diesen Menschen, der das alles verursacht hatte völlig anders eingeschätzt hatte, sondern auch die ganzen Strapazen drum herum.

    Wollte sogar mal einen Streckenabschnitt mit ihm gemeinsam fahren. Dann die Temperaturen und die sprachlichen Barrieren… erneut brauchen wir eine Pause zum regenerieren.

    Und die finden wir auch. Abends auf einer Wiese abseits der Straße an einem kleinen Bach.

    Hier wird gebadet, gekocht, repariert und gelacht. Pierrick ist wieder wohlauf. Er sortiert seine letzten Habseligkeiten und strukturiert das Auto neu.

    Ein Resümee unserer Pannen bisher:

    Umdrehungsanzeige
    Abblendlichtkontollleuchte
    Dachträger
    Zusatzscheinwerfer
    Frontscheinwerfer
    Stoßdämpfergummi

    Dem Zusatzscheinwerfer ist die Sicherung durch gebrannt. Da der Dachgepäckträger von den Nomads ebenfalls die Biege gemacht hat, schlägt Nick kurzerhand Löcher ins Autodach und verschraubt den Träger direkt mit dem Autodach. Die fehlende Mutter spenden wir ihm von demontierten Scheinwerfern.

    So hat sich das Verhältnis zu unseren Autos nach und nach verändert. Am Anfang war jedes kleine Schlagloch schon ein Aufschrei wert und nun sind wir bereits so weit, dass wir nur noch ankommen wollen. Die ein oder andere Delle macht da nichts mehr aus.

    Mir geht es wieder besser. Später kommt ein Reiter aus der Dunkelheit zu uns. Ein kasachischer Bauer. Er bringt Käse und Brot. Freut sich über Besuch in seinem Land. Wir sitzen gemeinsam am Feuer und beenden den Tag gemütlich.
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    Slut på rejsen
    3. september 2014