• Ismael le chefErg Chegaga

    Le bruit du silence

    24 marca 2023, Maroko ⋅ ☀️ 34 °C

    Wir mitten in der Wüste. Über uns der klarste Sternenhimmel. So eine Stille haben wir noch nie erlebt. Es ist so still, dass wir das Rauschen in den Ohren hören. „C’est le bruit du silence“, sagt Ismael - unser Wüsten-Guide.

    Von vorne: Am Donnerstagabend kommen wir in der staubigen Berberstadt M’hamid an. Unweit der algerischen Grenze. Hier endet die Strasse - und auch die Zivilisation. Danach kommt nur noch Wüste. Unser Ziel: Drei Tage durch die Sahara wandern. Bis nach Erg Chegaga, die grössten und höchsten Sanddünen Marokkos. Inshallah.

    Kaum in M’hamid angekommen, lädt uns Aziz (Chef der Trekking-Agentur) zu sich nach Hause zum Iftar (Fastenbrechen) ein. Ein grosses Privileg. Gerade heute hat der Ramadan begonnen. Iftar ist das erste Mahl nach Sonnenuntergang, wenn Muslime wieder essen und trinken dürfen. Wir sitzen mit der ganzen Familie am Boden um einen kleinen Tisch. Es wird Harira (Gemüsesuppe), Datteln und süsses Gebäck aufgetischt. Der kleine TV an der Wand ist die einzige Deko und sendet in voller Lautstärke eine Couscous-Werbung nach der anderen. Nur die Gespräche mit der schwerhörigen Mutter übertönen das noch. Die Reise nach M’hamid hat sich schon jetzt gelohnt.

    Am nächsten Morgen treffen wir unsere Guides Ismael und Ibrahim und die beiden Dromedare. Mit ihnen werden wir die nächsten drei Tage und Nächte verbringen. Yalla! Von wegen Dromedare marschieren gemächlich. In anspruchsvollem Tempo geht’s durch karge Landschaften, Steinwüsten und Sanddünen. Die Wüste rund um M’hamid gilt als wilde Wüste. Man muss sich die schönen Aussichten erarbeiten.

    Nach rund zwei Stunden Marsch gibt’s eine Mittagspause unter Palmen. Es ist zu heiss, um weiter zu laufen. Hinzu kommt Ramadan. Kein Schluck, kein Bissen für unsere marokkanischen Freunde. In unseren Augen eine Zumutung. Aber Ismael und Ibrahim klagen nicht und halten tapfer durch. Doppelt hart: Für uns kochen sie in ihrer improvisierten, mobilen Küche die grossartigsten Menüs. Besser als in vielen Restaurants.

    Nach einer Siesta werden die Dromedare wieder beladen. Diese müssen übrigens nur alle vier Tage ihre Wasserreserven füllen. Nach weiteren zwei Stunden Marsch bauen wir unser Biwak für die Nacht auf und sammeln Brennholz. Mitten im Nirgendwo. Weit und breit keine Menschenseele. „Le désert ne se raconte pas, il se vit“, sagt Ismael. Die Wüste kann man nicht erzählen, man muss sie erleben. Also breiten wir unsere Mätteli und Schlafsäcke unter freien Himmel auf. Trotz gelegentlichen Käfern im Gesicht schlafen wir erstaunlich gut.

    Tag 2: Dasselbe Programm nochmals. Nur noch schöner. Wir kommen langsam in eine Trance. Beim Nachtessen ums Feuer erzählen wir uns Geschichten und Rätsel auf Französisch und Englisch. Und geniessen die Stille und das einfache Leben.

    Am dritten Tag wandern wir weitere drei Stunden, bevor wir von einem 4x4-Geländewagen aufgelesen werden. Es wären noch ein paar Wander-Tage mehr notwendig, um bis nach Erg Chegaga zu gelangen. Also kürzen wir ab, nehmen das Wüsten-Taxi und verabschieden uns von unseren Guides. Diese Wüste hat nämlich noch ein Ass im Ärmel. Erg Chegaga - die grössten Sanddünen Marokkos - ist absolut surreal. Als würde man auf einer Mondlandschaft umherwandern. Ein endloses Meer an feinem Sand.

    Die letzte Nacht verbringen wir in einem fest installierten Biwak am Fusse der grossen Dünen. Wir haben Glück, wir sind die einzigen Touristen. Für unseren Fahrer Momo eine gute Gelegenheit uns seine ganze Lebensgeschichte und ein paar wilde Stories zu erzählen. Bevor er uns am Montag zurück in die Zivilisation fährt. Staubig, stinkend, müde, aber überglücklich. Eine grandiose Erfahrung, die man durchaus um ein paar Tage hätte verlängern können. Das Übernachten unter dem Sternenhimmel im Sand vermissen wir jetzt schon…
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