Satellite
Show on map
  • Eingemachtes

    July 15, 2019 in Poland ⋅ ⛅ 18 °C

    Ab morgen bin ich für eine Woche verschollen.

    Zumindest haben mir Marta und Andrej, die in den Bergen hier einen Hof betreiben, gleich die Koordinaten zu ihrem Anwesen und nicht erst eine Adresse durchgegeben. Ich werde den beiden für ein paar Tage beim Bau ihres Wellerlehmhauses helfen - mein bisher unentdecktes Spezialgebiet. Alternativ gäbe es auch Gemüse zu ernten (da bin ich mir meines Talentes sicherer), die beiden sind Selbstversorger (und pflegen zudem auch den Wald um sich herum).

    Bevor es ans Einmachen geht, dann aber doch kurz ans Eingemachte...

    Ich habe von Krakau aus Auschwitz besucht, nicht ohne ein wenig Schiss davor. Zum Glück in Fahrgemeinschaft mit einer Großfamilie aus Bremen, die mich gleich ein wenig adoptiert hat. Bei der Führung ist dann noch eine zweite kleine deutsche Gruppe zu uns gestoßen, und deren fünf Teilnehmer waren... besonders. Wie auch immer man es pc sagt, geistig leicht behindert. Sehr interessiert, aber mit einer Art Kindlichkeit in manchen Fragen, die an diesem schweren Ort schon irritierend war.

    Und irgendwann musste ich denken, ihr schnallt gar nicht, dass ihr vielleicht selbst hier gelandet oder anderswie ‚aussortiert’ worden wärt, hättet ihr damals gelebt. (Ich bin nicht grad stolz drauf, es ist schon arrogant).

    Nachts ist dann noch ein anderer Gedanke dazu über meine Bettdecke geschlichen: Warum kommt mir eigentlich nicht genauso in den Sinn, dass es mich selbst hätte treffen können? Nicht wegen meiner Ethnie oder körperlicher Merkmale, sondern weil ich wie auch immer gegen das Naziregime gehandelt hätte und nicht still mitgelaufen wäre. Weshalb bin ich auch heute noch froh, kein Länderfähnchen anstecken zu haben, wenn uns in Buchenau eine Delegation aus Israel entgegenkommt? Weil ich ihnen doch nicht offen in die Augen blicken und wirklich 100% überzeugt sagen kann, mit mir nicht?

    Ich hoffe, ich vertue mich. Mein Selbstbild ist anders, doch schon im Kleinen ist man so oft feige und auf sein eigenes Wohl bedacht. Ich hoffe, wir lassen gar nichts erst groß werden.
    Read more