Vier Wochen wollen wir die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland entdecken. Unser Ziel ist Tallin. Wir wollen allerdings nicht in kurzer Zeit alle bekannten Sehenswürdigkeiten dieser Länder abfahren, sondern uns Zeit lassen für mehr. Read more
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  • Day 20

    Tallinn und Weiterfahrt nach Pärnu

    August 1, 2019 in Estonia ⋅ ⛅ 16 °C

    Die Nacht ist wider Erwarten ausgesprochen ruhig gewesen für einen öffentlichen Parkplatz. Um 22.00 Uhr hören die Geräusche der Baustelle nebenan auf. Der komplette Hafen wird neu gemacht und es wird gerade am zweiten Hafenbecken gearbeitet. Schon beim Abendspaziergang durch den Hafen zeichnete sich Ruhe ab. Die meisten PKWs sind verschwunden und der Verkehr ruht. Gegen Mitternacht kommt noch eine Fähre. Einige startende Autos bringen kurz etwas Unruhe. Aber wir haben wunderbar bis 9.00 Uhr geschlafen.
    Unser Plan für heute in Tallinn ist eine weitere Fahrt mit dem Hopp-on-Hopp-off-Bus in die Randgebiete. Beim Frühstück stellen wir allerdings fest, dass die Busse erst ab 12.00 Uhr starten. So gehen wir erst noch ein wenig shoppen in dem Harbour Shop gegenüber. Der ist voll auf den Konsum der anreisenden Finnen eingestellt, die mit der Fähre von Helsinki zum Einkaufen vor allem von Alkohol herüber kommen. Für die Finnen ist Estland ein Einkaufsparadies. Und so wird Hochprozentiges gleich kistenweise angeboten. Da machen wir uns mit unserer Packung Milch und der Dose Bier, dazu noch alkoholfrei, etwas sonderbar an der Kasse aus.
    Schnell die Einkäufe verstaut, und dann ab in die Altstadt. Auf dem Weg dorthin, unmittelbar am Hafen, liegt das Rotermann Viertel. Hier hat man ähnlich der Speicherstadt in Hamburg, die alten Fabrikgebäude der Rotermann Firma renoviert und zu Wohnungen, Läden, Cafes und Lokalen umgebaut, wo sich um 1900 ein Kaufhaus, eine Stärke-, Spirituosen-, Tisch- und Makkaronifabrik, eine Brotfabrik, eine Mehlmühle, eine Graupenmühle, ein Dampfsägegebäude sowie ein Salzspeicher befunden haben. Dazwischen findet man architektonische kleine Wunder, die in und zwischen die alten Häuser integriert wurden.
    Wir schauen nach der Haltestelle der roten Busse in der Nähe der Altstadt, bevor wir uns ins Getümmel der ersten Kreuzschifffahrer stürzen. In der Nähe befindet sich ein kleiner Markt mit "Handmade original estnischer" Kleidung. Der Geruch nach Mottenpulver, der mir beim Bummeln entlang der Stände in die Nase steig, lässt eher "Made im ferneren Osten" vermuten.
    Auf dem Rathausplatz stehen heute unzählige Räder und warten darauf gemietet zu werden. Aber ganz ehrlich, durch diese vollen Gassen mit dem Kopfsteinpflaster zu fahren, ist bestimmt nicht der Hit.
    Auch auf dem Rathausplatz ist heute ein Markt mit "Handmade Ware" aufgebaut und die Beschicker warten auf Kunden. Langsam wird es Zeit zur Haltestelle zurückzugehen. Als wir ankommen, steht der Bus der blauen Tour, so ist die Route in die Außengebiete gekennzeichnet, schon zum Einsteigen bereit und es geht bereits kurz danach los. Der Bus ist ziemlich leer. Wir haben wieder einen Platz auf dem Oberdeck bekommen. Ich habe das Gefühl, bis auf die Altstadt ist Tallinn eine einzige Baustelle. Überall schießen Bauten aus der Erde, werden Straßen erneuert und Plätze gepflastert.
    Es gibt viel auf-und nachzuholen.
    Ganz Estland hat 1,4 Millionen Einwohner und 0,4 Millionen leben davon in Tallin. Die Jugend zieht es aus den einsamen Dörfern hinaus in die Stadt. Das ist ein großes Problem. Viele gut ausgebildete Fachkräfte gehen ins Ausland, weil dort besser verdient wird. Das macht sich gerade im Gesundheitswesen bemerkbar. Es gibt in Estland eine gesetzliche Krankenversicherung, aber viel zu wenig
    Fachärzte. Daher muss oft monatelang auf einen Termin gewartet oder ein Arzt privat bezahlt werden. Probleme gibt es auch im Pflegebereich und in den Krankenhäusern. Tallinn hat 9 Krankenhäuser, aber viel zu wenig Fachpersonal. Während wir am Krankenhaus vorbeifahren, gibt es immer wieder die Warnung, wegen der niedrig hängenden Oberleitungen der Straßenbahn, nicht aufzustehen. Etwas mulmig schaue ich auf die knapp einen Meter über unserem Bus hängenden Leitungen und versuche mir nicht auszumalen,was passieren kann, wenn mal eine herunterfällt,
    Wir passieren inzwischen das ehemalige Arbeiterviertel, das Kalamaja, das aus Straßenzügen mit grauen und verfallen wirkenden Holzhäusern besteht. Einst, ein Viertel in dem Fischer und Bootsbauer ansässig waren. Im Zuge der Industrialisierung durch den Bau der Eisenbahn nach St. Petersburg im 19. Jahrhundert wurden die Häuser mehr und mehr zu Unterkünften für Arbeiter, die in den entstandenen Fabriken arbeiteten. Die besondere zwei- und dreistöckige Bauweise hat den Häusern den Namen "Tallinnhäuser" gegeben, und es gibt ca. 500 von ihnen. Die alte Industrieinfrastruktur ist in Kalamaja noch intakt und zum Teil noch in Betrieb. Vielen der Häuser ist der Zahn der Zeit deutlich anzusehen, aber in den letzten Jahren hat sich das Viertel durch den Zuzug von kreativen Lokalen. Geschäften und Bars neu gefunden und gilt inzwischen als eines der angesagtesten Viertel in Tallinn. Wir kommen zum russischen Kulturcenter und fahren weiter zum Freiluftmuseum und zum Zoo. Im Freiluftmuseum kann man reetgedeckte Bauernhäuser im Stil des 18. bis 20. Jahrhunderts, Windmühlen, eine hölzerne Kapelle und eine Dorfschule besichtigen und sehen,wie damals Menschen gelebt und gearbeitet haben. Allein für den Besuch von Zoo und Museum benötigte man zwei Tage, und wenn man noch in die, sich in der Nähe befindenden, riesen Shopping Mall "Rocca al Mare" geht will, noch mehr Zeit. Wir streifen "Pirita", einen Vorort von Tallinn. Dort befindet sich der zu den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau gebaute olympische Yachthafen. Dann geht es wieder in Richtung Altstadt und Hafen zurück. Dabei erfahren wir, dass über 40 Prozent von Estland Sumpfgebiet ist. Wen wundert es da, dass die Stechmücken auch Landflucht betreiben und in der Stadt nach Nahrung suchen.;-)
    Nach eineinhalb Stunden nähert sich der Bus wieder unserer Haltestelle am Fährterminal. Aber was macht der Busfahrer? Er fährt einfach an der Haltestelle vorbei. Als ich anmerke, dass wir den Bus hier verlassen wollen, meint er, wir sollten am Kreuzfahrtterminal aussteigen, wir wären ja nicht früh genug heruntergekommen. Dabei wurde immer wieder darauf hingewiesen, erst aufzustehen, wenn der Bus hält. Verstehe einer die Denkweise. Uns beschert es einen kleinen zusätzlichen Spaziergang, um zum Wohnmobil zu kommen. Jetzt wird es aber Zeit,Tallinn zu verlassen, denn an diesem Wochenende wird hier der" Iron Man" ausgetragen und es sind bereits einige Straßen gesperrt. Ich bezahle die Parkgebühr am Automaten. Neun Euro für 24 Stunden. Dann geht es relativ problemlos aus Tallinn heraus und auf der A4 nach Pärnu, das wir gegen 15.00 Uhr erreichen. Wir fahren in den etwas außerhalb gelegenen "Solar Caravanpark", eine relativ neue und super ausgestattete Anlage. Dort erleben wir eine Überraschung. Wir sind das 900. Fahrzeug auf dem Platz und bekommen deshalb eine Tafel Schokolade "handmade" in Pärnu. Die zweite Überraschung , allerdings negativer Art erfolgt wenig später im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Fuße. Eine Wespe ist in meine Sandale geschlüpft und sticht zu. Den weiteren Verlauf des Tages bin ich damit beschäftigt, den Fuß zu kühlen.
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  • Day 22

    Pärnu Stadt und Valgeranna

    August 3, 2019 in Estonia ⋅ ☀️ 17 °C

    Die Nacht war sehr ruhig und eigentlich hätte ich gut schlafen sollen, wäre da nicht der permanent juckende Fuß gewesen. Aber am Morgen kann ich schon wieder auftreten, und wir verbringen viel Zeit mit "Klar Schiff machen". Die Waschmschine wird noch einmal angeworfen, Wasser aufgefüllt und Abwasser entsorgt. Gegen Mittag sind wir so weit und starten mit dem Roller ins ca. 12 km Pärnu. Dort an der Brücke über den Fluß Pärnu, ganz in der Nähe des Yachthafens, befindet sich ein großer Parkplatz, den wir ansteuern. Auch zwei, drei Wohnmobile stehen hier, sei es für einen Stadtbesuch oder zum Übernachten. Wir parken den Roller und laufen entlang der Promenade am Fluß in die Stadt. Pärnu ist die größte Stadt Estlands- fächenmäßig, und liegt noch vor Städten wie Barcelona, Mailand oder Amsterdam und ist vergleichbar groß wie Berlin. Allerdings leben in Pärnu nur 60 Menschen auf dem Quadratkilometer. Die mittelalterliche Stadt ist Heil-und Seebad und Estlands wichtigstes Ferienziel und hat im Norden einen 3km langen Sandstrand. Schon um 1838 wurde die erste Badeanstalt in Pernau , so hieß die Stadt früher, errichtet. 1940 mussten die deutschen Bewohner Pernau verlassen, und die Stadt wurde von der Roten Armee besetzt und Teil der Sowjetunion. Auch in Zeiten der Sowjetischen Regierung lief der Bäderbetrieb in Pärnu weiter, obwohl der Fluss und die Seen verschmutzt waren. Mit der Erlangung der Unabhängigkeit wurde Pärnu wieder Estlands Sommerhauptstadt.
    Die Altstadt, die wir wenig später erreichen, macht mit ihren farbigen Holzhäusern und ihrem reichlichen Blumenschmuck einen sehr gepflegten Eindruck. Es ist Samstagnachmittag, und viele Einheimische und Touristen haben sich draußen auf den Terrassen der Cafes und Restaurants eingefunden. Man sitzt beim Wein und Bier oder genießt schon mal eine kleine Mahlzeit.
    Nachdem wir die Fußgängerzone mit den kleinen Läden in den farbigen Holzhäusern passiert haben, kommen wir zum Rathaus der Stadt. Strahlend gelb mit seinem weißen klassizistischen Dekor leuchtet es uns entgegen. Früher, so um 1700, war es das Wohnhaus eines reichen Bürgers. Um 1839 wurde es als Rathaus in Gebrauch genommen. Für die vielen Abgeordneten der Duma erwies es sich als zu klein. Und so wurde flugs noch ein Anbau im neobarocken Stil hinzugefügt, der heute immer älter als das eigentliche Rathaus geschätzt wird. Nach der Stadt- Duma von 1911 nutzen heute die Abgeordneten der Stadt diesen Teil als Versammlungsraum. Gegenüber des Rathauses begegnet uns die Statue des Begründers der estnischsprachingen Zeitung, J.V Jannsen. Ca.eine Million Menschen sprechen die estnische Sprache. Sie gehört zu den finno-ugrischen Sprachen, zu denen auch ungarisch, und finnisch gehört. Diese Sprachen sind durch die Aneinanderreihung von Konsonanten und besonders von Umlauten für uns sehr schwer zu verstehen und können nirgendwo abgeleitet werden. Selbst einfache Informationen entgehen uns so, wenn sie nicht auch in Englisch ausgewiesen sind.
    Man sagt, wenn man die Statue von Jannsen berührt, erhält man nur gute Nachrichten. Na, dann wollen wir ihn mal anfassen.
    Nicht weit davon entfernt befindet sich die prächtige, gelbe, barocke Katharinenkirche, von der man sagt; sie sei die Schönste in ganz Estland.
    Wenig später sind wir an der barocken roten Elisabethkirche, aus der einladende Orgelmusik klingt. Beim Hineinschauen werden wir freundlich gebeten, doch hereinzukommen. Wir bleiben einen Moment und lauschen der Orgelmusik, die von einer der besten Orgeln Estlands ertönt. Später kommen wir zum roten Turm, der zur ehemaligen Stadtmauer gehört und als Gefängnis diente. Als der Park beginnt, drehen wir wieder ab, zurück in die Altstadt. Nach den zwei "Ks"( Kultur und Kirchen) steht uns nun der Sinn das "K-Quartett" voll zu machen, mit dem 3.und 4. K nämlich mit Kaffee und Kuchen. Die finden wir in einen Cafe in der Fußgängerzone mit einem Platz in der Sonne und Logenblick auf die Vorbeischlendernden. Der Kuchen ist nicht gerade billig, dafür aber hausgemacht und schmeckt vorzüglich. Auch meine "Obversation" der Vorbeigehenden ist bald von Erfolg gekrönt, als zwei nicht mehr ganz junge und auch nicht mehr ganz schlanke Damen in farbigen, selbstgehäkelten Röcken mit Muschelmuster vorbeischlendern. Ich taufe sie sofort " die Topflappen-Girls", denn genau wie ihre Röcke, sahen meine ersten gehäkelten Topflappen aus.
    Aber eigentlich stehen die beiden nur stellvertretend für die Lebenseinstelltung vieler Estländer: Erlaubt ist was gefällt. Hauptsache es ist kreativ und individuell.
    Als ich in das Café hineingehe, sehe ich diese These wieder bestätigt. Es ist witzig und phantasievoll eingerichtet, mit abstrakten Bildern an den Wänden und einem kleinen integrierten Kunstgewerbeladen, der auch alternative Produkte führt.
    Beim Verlassen der Altstadt kommen wir wieder durch die Nikolai Straße und dem braunen Holzhaus, das sich als Geburtshaus von Nikolai Lenthie ausgibt. Da muss ich doch mal Google fragen, wer denn dieser Typ ist, dem man eine ganze Straße gewidmet hat.
    Nach 2 Stunden gehts nun zurück zum Roller. Wir wollen noch nach Valgeranna und uns dort den Strand und den Stellplatz anschauen. Zu unserer Überraschung ist trotz super Wetter und Samstsgnachmittag nicht viel los am Strand und von den 20 Stellplätze direkt am Strand, ist keiner besetzt. Es ist bereits August und scheinbar ist die Hauptsaison in Estland, ähnlich wie wir es auch in Schweden erlebt haben, bereits vorbei. Wir gehen noch ein wenig spazieren, bevor wir über Audru, wo wir ein paar Kleinigkeiten in einem "Tante -Emma-Laden" kaufen, der aber über eine Scannerkasse und einen Leergutautomaten verfügt. Gegen Abend sind wir zurück am Platz und genießen noch ein wenig die Sonne vorm Wohnmobil, bevor sie hinter den Bäumen verschwindet und uns mit ziemlich niedrigen Temperaturen zurück lässt, die uns schon sehr bald ins Wohnmobil treiben. Heute Nacht haben wir sogar etwas die Heizung angestellt.
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  • Day 23

    Jööpre-Lavassaare- Audru-Valgerana

    August 4, 2019 in Estonia ⋅ ⛅ 17 °C

    Mein Gott, heute habe ich den Urlaubsrekord im Lange-Schlafen aufgestellt. Es ist 10.00 Uhr als ich wach werde. Michael sitzt schon lange in der Sonne und studiert, wie meist morgens, "Findpingus" . "Der Reisebericht ist aber noch gar nicht fertig," merkt er an, "und ich komne wieder nicht darin vor", meint er lachend. Meine Güte. Hab ich Urlaub oder nicht? Ich werde ihn schon noch beenden.
    Nach dem Frühstück, oder sollte ich besser Mittagessen sagen, folgen wir einem Tipp von Lea, unserer sehr netten Gastgeberin und starten ins Eisenbahnmuseum nach Lavassaare. Auf dem Weg dort hin wollen wir auch noch die orthodoxe Kirche in Jööpre und den Kräutergarten auf dem Thamme Bauernhof besuchen. Wieder einmal sind wir froh, den Roller dabei zu haben, denn auch mit E-bikes sind die Entfernungen zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten ziemlich groß. Mit dem Rad würde daraus ziemlich schnell eine Tagesfahrt von 40 -50 Kilometern.
    Wir fahren zunächst auf einer wenig frequentierten, gut asphaltierten Landstraße RIchtung Lavassaare. Wenige Kilometer weiter kann ich erst im letzten Moment an einer Schotterstraße auf einem kleinen Schild den Namen "Thamme" erkennen. Dann sind wir aber schon vorbei. Macht nichts. Das machen wir auf der Rückfahrt, denn es soll dort auch ein Cafe geben. Auch die Kirche in Jööpre heben wir uns für den Rückweg auf.
    Bald müssen wir von der schön geteerten Straße für einige Kilometer auf einem Schotterweg durch den Wald, um zum Museum zu kommen. Neben uns fährt die Museumseisenbahn und die Fahrgäste winken uns zu. Am Museum ankommen, stehen dort bereits viele Besucherautos, und ich bemerke nicht zum ersten Mal, dass man im Baltikum nicht mit einer bestimmten Vorstellung zu Sehenswürdigkeiten etc. gehen sollte, weil es nämlich immer ganz anders ist. So auch hier. Im ersten Moment habe ich das Gefühl, ich komme auf einen Schrottplatz. Erst als wir das große Eisentor durchschritten haben, bemerke ich die vielen Lokomotiven und Waggons. Die meisten jedoch unrenoviert. In einem Waggon am Eingang befindet sich die "Kassa". Allerdings nur zum Erwerb eines Tickets für die Fahrt mit der Bahn. Der Eintritt im Freiluftmuseum ist frei. Die Rundfahrt soll pro Person 15 Euro kosten. Das hatte ich vor einer Woche in Ventsspils für 3 Euro schon etwas billiger. Wir verzichten darauf und schauen uns dafür die Züge, Lokomotiven und Waggons an. Mit viel Beklemmung sehen wir die Waggons, mit denen 1940 Menschen nach Sibirien deportiert und zu Unzähligen in diese Holzwagen ohne Fenster und Toilette eingepfercht wurden.
    Die alten Züge bieten tolle Motive für unsere Fotos, und selbst die sich in Rost umwandelnde Farbe von Zugwaggons ergeben aufregende Bilder. So sind wir beide eine Zeitlang mit Fotografieren beschäftigt. Außer den alten Eisenbahnen gibt es nichts mehr zu entdecken und so fahren wir nach Jööpre zur alten Kirche. Leider kann man sie heute nicht von innen besichtigen. Das geht nur samstags, und das war gestern.
    Den Kräuterhof können wir wenig später einfach nicht wieder finden. Irgendwie sind wir wohl auf einer anderen Straße zurückgefahren. Wir geben die Suche auf und fahren dafür nach Audru. Unterwegs halten wir an einem Supermarkt, Marke "Tante- Emma". Das Brot ist mal wieder alle. Erst beim Betreten des Ladens registrieren wir, dass ja heute Sonntag ist. Im Urlaub verschmelzen die Tage und wir vergessen häufig Tag und Datum. Hauptsache, wir vergessen die Fähre nicht. Der Laden hat trotz Sonntag von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr geöffnet.
    Durch Audru sind wir gestern schon einmal gefahren und da ist mir der schön angelegte Park aufgefallen, in dem wir wenig später spazieren gehen. Es ist ein Fledermauspark und es gibt hier viele Kleintiere und Insekten sowie Wildpflanzen. Auf die Begegnung mit Insekten bin ich gerade nicht so scharf. Mein Fuß im geschlossenen Schuh juckt immer noch höllisch. Die Fledermäuse scheinen noch zu schlafen. Mitten im Wald dann eine Freiluftbühne und Zuschauerbänke. Das hätte ich hier am wenigsten vermutet.
    Beim Besuch der kleinen Kirche von Audru, muss ich ein wenig schmunzeln beim Eintritt. Auf allen Bänken liegen Kissen. Jedes ist anders und beschert seinem Besitzer einen weichen Sitzplatz während des Gottesdienstes. Aber der Pastor sieht natürlich auch genau, welche Kissen nicht besetzt sind.
    Jetzt habe ich Kaffeedurst. Da das mir dem Bauernhofcafé nicht geklappt hat, fahren wir nach Valgeranna in das Strandcafé und trinken unseren Kaffee mit Blick auf das Meer. Die Stellplätze am Meer sind leer und auch am Strand ist wieder wenig Betrieb. Wir fahren zurück zum Camping. Am Abend mache ich seit längeren längerem mal wieder eine Walkingtour durch die Gegend. Es gibt hier wirklich sehr viel Gegend. Und dazwischen vereinzelte Häuser. Aus einem der Häuser kommt ein älterer Mann und spricht mich auf estnisch an. Er sieht ein wenig ärgerlich aus. Oh je! Was habe ich falsch gemacht? Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich nicht weiß, was er von mir will. Da redet er plötzlich in gebrochenem Deutsch mit mir und will wissen, was ich da mit den Stöcken mache. Ich erkläre es ihm. Er schaut etwas verwundert. Dann will er noch wissen, wo ich in Deutschland zu Hause bin. Deutsch , erzählt er mir, hat er in der Schule gelernt und russisch auch. Wir halten noch ein wenig Small Talk und dann walke ich zurück zum Wohnmobil. Morgen geht es weiter nach Riga und ich bin schon sehr gespannt auf die Stadt.
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  • Day 24

    Das Beste kommt zum Schluss: Riga

    August 5, 2019 in Latvia ⋅ ⛅ 17 °C

    Heute morgen müssen wir mal wieder pünktlicher aus den Federn. Schließlich sind wir ja nicht nur zum Spaß unterwegs. Nein, Spaß beiseite, heute soll es nach Riga gehen. Damit wir am Nachmittag noch Zeit für einen Stadtbummel haben, wollen wir um die Mittagszeit dort sein. Diese Überlegung erweist sich im Nachhinein als gute Entscheidung, denn wir bekommen auf dem Riverside-Camping den allerletzten Platz ohne Reservierung. Alle anderen noch leeren Stellflächen sind reserviert.
    Bevor wir um 9.00 Uhr aus Pärnu wegfahren, verabschieden wir uns noch von Lea, der sehr netten Stellplatzbetreiberin. Lea ist gerade etwas betrübt, denn der Fahrer des roten Kastenwagens schräg hinter uns, hat eine etwas negative Beurteilung über den Stellplatz in der App "Park4night" gegeben, die viele Wohnmobilisten zur Stellplatzsuche benutzen. Er moniert die 4 Toiletten, die sich in den Duschen befinden, als zu wenig an. Dabei hat doch fast jeder seine eigene Toilette dabei. Lea erzählt uns, dass sie und ihr Mann ein großes Risiko eingegangen sind und viel Geld investiert haben. Der Platz ist jetzt in der 2. Saison, und sie mussten erst einmal schauen, ob und wie der Platz von den Urlaubern angenommen wird, bevor noch mehr gebaut und investiert wurde. Dann erzählt sie uns noch, dass die Saison in Estland mal gerade vier Monate dauert, von Mitte Mai bis Mitte Sptember. Nur im Juli ist Hochsaison. Wir trösten Lea etwas und dann geht es in Richtung Pärnu Stadt. Dort müssen wir leider noch etwas tanken. Der Preisunterschied beim Diesel zwischen Estland und Lettland macht gut 20 Cent aus und in Litauen ist es noch günstiger. Aber mit Nix im Tank kommen wir sicher nicht weiter. Wir tanken für 50 Euro. Damit kommen wir gut bis Riga und auch noch erwas weiter. Von Pärnu aus geht es in Richtung Rile, wie Riga hier in Estland heißt. Auf der Fahrt merken wir, daß die Heide bereits blüht. Wir verlassen Estland und weiter geht es in Lettland auf der A8 durch Salacgriva und vorbei an Tuja, immer dicht an der Ostsee entlang, die ein um das andere Mal blau glitzernd durch die angrenzenden Bäume schimmert. Wir haben super Wetter. Strahlend blauer Himmel und um die 22 Grad . Die besten Voraussetzungen für einen herrlichen Stadtbummel. Aber dazu müssen wir erst einmal da sein. Kurz vor Riga
    fahren wir von der A8 ab und auf einer mehrspurigen Straße nach Riga hinein. Es geht mitten durch die Altstadt und Michael muss seine Augen überall haben. Elektrobusse fahren mit Oberleitungskontakt, Fußgänger rennen über Zebrastreifen, Pkws drängen sich dazwischen und nehmen die Vorfahrt. Viel Verkehr und "Stop and Go". Über 15 km geht diese belebte Zufahrt in die Innenstadt. Endlich sind wir an der Vanšu Brücke, die sich imposant mit ihren Seilen über die blau leuchtende Darguva spannt. Die " Tallink ", die Fähre zwischen Riga und Stockholm liegt gerade vor Anker. Hinter der Vanšu- Brücke fahren wir rechts ab. Es wird mit einen Schlag ruhig und entspannt, da auf dieser Straße kaum Verkehr ist. Nach kurzer Zeit taucht links das "City Camp" auf. Dort wollen wir aber nicht hin, sondern in das noch ca. einen Kilometer entfernte "Riverside Camp". Das ist zwar weiter von der Altstadt entfernt, aber man steht mit Blick auf die Dauguva. Die Entfernung zur Altstadt macht uns nichts, da sowieso die Räder zum Einsatz kommen sollen. Als wir ankommen, sieht es noch erfreulich leer aus, aber überall stehen Eisengitter. Eine freundliche junge Frau, die gerade einem Wohnmobil einen Platz zuweist, fragt uns, ob wir reserviert haben. Wir verneinen. "Oh", meint sie und schaut auf unseren Anhänger, " no Reservation and so long. But I have a nice place for you ," und damit zeigt sie auf einen der größten Plätze mit direktem Blick auf den Fluß. Es ist der letzte freie Platz. Haben wir ein Glück! Gut, dass wir so pünktlich aufgebrochen und bereits um kurz vor 12.00 Uhr angekommen sind. Alle nach uns kommenden Fahrzeuge ohne Reservierung müssen wieder wegfahren. Und das sind einige. Denn morgen Abend gibt es ein "Rammstein" Konzert auf der Insel in der Dauguva, nicht weit von uns entfernt. Zelter, Radfahrer und sehr viele Campingbusse suchen daher zusätzlich eine Unterkunft.
    Wir trinken einen schnellen Kaffee. Michael holt die Räder vom Hänger, und schon sind wir auf dem Weg in die Altstadt. Bei der Anmeldung sind wir mit Info-Material gut versorgt worden und haben auch ein paar Tipps bekommen. Über die stark befahrene Brücke führt ein Radweg, den wir, wie andere auch, entgegen der Fahrtrichtung benutzen, weil das Queren der Straße nicht so einfach ist. Am Ende der Brücke in der Nähe des Schlosses haben wir uns einen kleinen Park ausgesucht. Dort wollen wir die Räder abstellen und die Stadt weiter zu Fuß besichtigen. Das macht auch Sinn, denn die kleinen und zum Teil engen Kopfsteinpflaster- Straßen sind bei diesem Wetter gut besucht, und Radfahren würde eher zu einem Hindernisfahrt werden. Wir lassen uns ein wenig treiben und kommen zunächst am Schloß und an einer Kirche vorbei. Schon am Park haben wir die ersten toll renovierten Häuser im Jugendstil bewundern können und Straßenzeile um Straßenzeile besteht aus diesen Baudenkmälern. Wir kommen zu den drei Brüdern. Drei aneinander gebauten Häuser aus verschiedenen Epochen. Das älteste ist die Nr.17, ein Steingebäude und stammt aus dem 15. Jahrhundert. Nr. 18 wurde im Stil des Manierismus gebaut und Nr 21. hat einen barocken Giebel. Alle Häuser auch von Innen zu besichtigen. Dann sieht man die Luke in der Mitte, durch die Waren in die oberen Stockwerke gezogen wurden. Genau gegenüber den "Drei Brüdern" ist die Tür zu Rigas ältestem Weinkeller geöffnet und lädt auch noch heute Gäste zum Eintreten ein. Der Weinkeller liegt an der kleinsten Straße RIgas. Vor den "Drei Brüdern" steht ein kleines Touristenbähnchen. Vom Fahrer erfahre ich, dass die Bahn alle Sehenswürdigkeiten der Altstadt abfährt, 7 Euro pro Person kostet, ca 40 Min unterwegs ist und immer vom Domplatz aus startet. Das ist genau das Richtige für uns , denn die "Hopp- on- Hopp -of -Busse" können nur an der Peripherie entlang fahren und kommen nicht in die Altstadt. Wenige Minuten später erreichen wir den Domplatz und bewundern wieder die umgebenden Gebäude, einschließlich des Doms. Bis zur Abfahrt des Bähnchens schlendern wir noch durch die Gassen. Eine halbe Stunde später fährt die Bahn mit uns durch die Altstadt und zu allen Sehenswürdigkeiten. Über Kopfhörer bekommen wir wieder alles Wissenswerte erzählt. Besonders gefällt uns das Schwarzhäupterhaus, ein in früheren Zeiten als Versammlungshaus der Kaufmannsgilde genutztes Gebäude. Zerstört und gesprengt wurde es 1940 und innerhalb von 7 Jahren von 1993 bis 1999 anlässlich der 800 Jahrfeier der Stadt wieder rekonstruiert. Gegenüber des Schwarzhäupterhauses befindet sich das Rathaus der Stadt und die Statue des Rolands, das Symbol für die Städtische Freiheit. Das Schwarzhäüpterhaus kann besichtigt werden. In ihm befindet sich auch die Touristinfo, und von hier aus starten auch fast alle Stadtbesichtigungen, sei es zu Fuß oder mit dem Rad. Alle Sehenswürdigkeiten, die wir mir der Bahn besichtigt haben, hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.
    Nach der Bahnfahrt kehren wir ein, um etwas zu trinken. Dann besuchen wir zu Fuss noch einmal den Rathausplatz, die kleinen Märkte, die wir gesehen haben und kehren in der St.-Johannis-Kirche zu einer kurzen Besinnung bei Orgelmusik ein. Hier ist der Eintritt im Gegensatz zum Dom (5 Euro) kostenlos. Nur ein aufgestelltes Körbchen bittet unauffällig um eine freiwillige Spende. Inzwischen ist der Nachmittag mehr als fortgeschritten, und wir sind inzwischen zu dritt. Richtig! Der kleine Hunger ist wieder dabei und konnte auch nicht von der Mohnschnecke, die ich eingesteckt habe, in die Flucht geschlagen werdep essen. Vorher allerdings geht es noch zur Freiheitsstatue, deren drei goldene Sterne in den erhobenen Händen, die drei Provinzen Lettlands symbolisieren. Durch den angrenzenden und wunderschön gestalteten Kronvalda Park fließt der Kanal und kleine Boote bieten auf ihm eine Kanaltour an. Das sieht wunderschön aus und ist etwas für den nächsten Tag. Wir gehen durch den Park zurück zu unseren Rädern und fahren mit ihnen zum Restaurant Starogord direkt unterhalb der Vanšu Brücke an der Dauguva zum Essen. Diesen Tipp haben wir am Campingplatz erhalten. Wir sitzen schön und das Essen ist gut und preiswert. Es ist schon nach zwanzig Uhr, als wir zum Wohnmobil zurückkommen. Noch ein wenig Abendsonne auf den Liegen der Terrasse genießen, duschen und dann sind wir auch geschafft von diesem erlebnisreichen Tag. Morgen schauen wir uns die Markthallen an und machen eine Kanaltour. Unseren Stellplatz haben wir um eine Nacht verlängert. Dafür werden wir auf Vilnius verzichten. Auch für Chris und Gabi, die morgen nach Riga kommen, wollen, haben wir einen Platz reserviert, denn ohne Reservierung bekommen sie zu ihrer Ankunftszeit bestimmt nichts mehr. Als es dunkel ist, gehen wir noch einmal auf die Terrasse und schauen über die Dauguva auf die Altstadt und die beleuchtete Brücke.
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  • Day 25

    Riga Markthallen und Kanalfahrt

    August 6, 2019 in Latvia ⋅ ⛅ 21 °C

    Wir sind relativ früh auf und rüsten gleich nach dem Frühstück die Räder mit Packtaschen aus, denn wir wollen per Rad zu den Markthallen fahren und einkaufen.
    Die erste Hürde mit den Rädern erleben wir schon an der Vanšu-Brücke. Wir wollen auf der anderen Brückenseite in die Stadt fahren, um so am Ende in Richtung Markthallen abbiegen zu können. Leider gibt es nur eine Unterführung. Das bedeutet, die Räder über Treppen rauf und runter zu transportieren, da die Schienen für unsere Räder zu nah an der Wand angebracht sind. Dieser Radtransport soll heute nicht der letzte sein auf unserem Weg zu den Markthallen. Es ist nicht einfach, die Hauptzufahrtsstraßen zu überqueren. Oft ist eine lange Strecke zu laufen oder zu fahren, bis man eine Unterführung oder einen Fußgängerüberweg findet. Vom Radfahren auf der Straße würde ich eher abraten bei dem Verkehr. Dafür gibt es Rad - und Fußwege, die sich Fußgänger, Radfahrer und vermehrt auch die Benutzer von Elektorollern teilen müssen. Auf der Hinweg haben wir Glück. Auf dem Weg entlang der Dauguva sind noch nicht viele Fußgänger unterwegs und wir können entspannt radeln. Am Fluß liegen mehrere Passagierschiffe, die Ausflugsfahrten auf dem Fluss anbieten. In die Kañnäle fahren sie nicht. Dafür sind sie zu groß und die Brücken zu niedrig. Als die Markthallen auftauchen, stellt sich für uns das Problem, auf die andere Straßenseite zu gelangen. Wir müssen ein ganzes Stück wieder zurückfahren, bis eine Unterführung kommt. Dann geht es auf dem Bürgersteig zwischen vielen Passanten erneut zurück zu den Markthallen. Dieses Mal auf der richtigen Seite. Wir schieben mehr als wir fahren: die vielen Menschen, die hohen Bordsteinkanten, Fußgängerampeln usw. Endlich haben wir die Hallen erreicht und einen Laternenparkplatz für die Räder gefunden. Die Markthallen oder Rigas Zentralmarkt, wie es auch heißt, wurden 1930 in den Hallen, die ehemals als Zeppelin Hangar von der deutschen Armee in Kurzeme genutzt wurden, eröffnet. Dazu riss man am heutigen Standort die alten Speichergebäude am Kanal ab, baute die Keller aus und setzte die Hallen darauf. Insgesamt fünf dieser Hallen gibt es. In den Kellern wurde eine unterirdische Stadt aus Beton gebaut mit insgesamt 337 langen Gängen und 27 Tiefkühlhäusern. Außerdem legte man Aus- bzw.Eingänge zum Kanal an, wo Waren über den Kanal angeliefert werden konnten. Heute sieht es sehr ungepflegt dort aus. An den Kelleröffnungen sieht man Müllcontainer und Müllpressen stehen, wenn man, wie wir, am Kanal entlang geht.
    Vor den Hallen finden wir zunächst einen riesengroßen Obst - und Gemüsemarkt. Hier gibt es wirklich alles und zu einem kleinen Preis. Die Pfifferlinge und Blaubeeren sind wieder stark vertreten und auch die bei uns weniger bekannten säuerlichen Moosbeeren, die die Letten sehr lieben.
    Wir betreten die erste Halle, Hier werden von Blumenzwiebeln über Kräuter, Tiernahrung, Samen, Tee, Gewürze, Trockenfrüchte usw. auch jede Menge Souvenirs und Kitsch abgeboten. In der nächsten Halle sind viele kleine Imbissstände. Von Kaffee bis Tapas, von Kuchen bis Braten, vom frischgebackenem Fladenbrot bis zu Schmalzgebackenem, hier kann man alles probieren und sich von Stand zu Stand durchfuttern. Dann gibt es die Halle, die voller Fleischangeboten ist, und in der letzten Halle werden Fische und Schalentiere angeboten. Ein solches Übermaß haben wir selten gesehen. Wer soll das alles kaufen? Michael liebäugelt schon wieder mit dem Steakfleisch und ich mit dem Lachs. Nur, wenn wir diese Dinge kaufen, müssen wir den ganzen Weg zurück zum Wohnmobil. Wir können die frischen Lebensmittel nicht einen halben Tag durch die Stadt mitschleppen. Wir müssen uns entscheiden: Einkaufen oder Stadtbummel und Schifffahren. Wir kaufen ein und zwar richtig und fahren danach zum Wohnmobil zurück, um uns etwas auszuruhen. Nach dem Nachmittagskaffee soll es weitergehen. Vollgepackt kommen wir am Wohnmobil an. Das Essen für die nächsten Tage ist gesichert. Michael fühlt sich schon seit heute Morgen nicht gut und möchte nicht mehr so gern am Nachmittag mit Boot fahren. Das möchten aber Chris und Gabi, die inzwischen auch vom Gauja Nationalpark in Riga eingetroffen sind. So fahren wir zu dritt mit dem Rad zum bekannten Rad-Parkplatz am Schloss und gehen zu Fuß durch den Park zu den Bootsanlegestellen. Die "Darling" ist unser Boot. Es ist ein kleines Kajütboot von 1907 mit Platz für ca. 20 Personen. Die Fahrt soll eine Stunde dauern und kostet 18 Euro. Wir suchen uns einen Platz ganz hinten im Freien. Doch noch vor dem Start fängt es an zu regnen. Wir lassen die durchsichtigen Planen herunter und werden vom Kapitän noch mit Decken versorgt. Dann startet die Fahrt durch den Kanal und wir können die Altstadt aus einer ganz anderen Perspektive erleben. Auch an den Markthallen kommen wir vorbei, bevor es auf die Dauguva geht und wir sogar das Riverside- Camping , wenn auch aus einiger Entfernung passieren, bevor es wieder zurück in den gemütlichen Kanal geht. Viel zu schnell ist die Stunde herumgegangen. Danach schlendern wir durch die Stadt, die sich am Nachmittag unter grauen Wolken duckt, bevor wir in einem Restaurant mit lettischer Küche einkehren. Später, zurück auf dem Campingplatz und am Wohnmobil,gibt es etwas auf die Ohren. Ab 21.00 Uhr spielt, keinen Kilometer von uns entfernt auf der Insel in der Dauguva, "Rammstein" , und das kriegen wir voll mit. Auch das Feuerwerk und auch die Spätheimkeher vom Konzert, deren Bullitüren in der Nacht "ritsch- ratsch" machen, wenn sie geöffnet werden.
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  • Day 26

    Berg der Kreuze und Kaunas

    August 7, 2019 in Lithuania ⋅ ⛅ 20 °C

    Wir sind früh dran und können um 9.00 Uhr die ca. 350 km lange Strecke nach Kaunas mit einen Zwischenstopp am "Berg der Kreuze" in Šiauliai in Angriff nehmen. Wobei die Bezeichnung "in Angriff nehmen" den Nagel auf den Kopf trifft. Streckenweise erweist sich die Straße mit den Schlaglöchern und Spurrillen als regelrechter Angriff auf unser Wohnmobil. Das Navi führt uns so weiträumig und in einem großen Bogen aus Riga heraus, dass ich Michael schon im Verdacht habe, er könnte die falschen Koordinaten eingegeben haben. Es geht über die A10 in Richtung Jurmaala und dann auf der A5 weiter auf die A8, die dann auch nach Šiauliai zum "Berg der Kreuze" führt. Wir durchfahren Orte wie Jelgava am Fluss Lielupe mit dem schönen Schloss und dem Kirchturm der St. Triniti Kirche, der schon von weitem zu sehen ist. Oder Joniškio, dessen weiße Synago sehr bekannt ist. Dazwischen immer wieder Kilometer um Kilometer Brachwiesen, Wälder und bereits abgeerntete Getreidefelder. Dann geht es entlang des Talkša Sees, bevor wir Šiauliai erreichen. Schade, dass man nicht für alles Zeit hat, denn hier gibt es noch ein interessantes Schokoladenmuseum. Aber unser Ziel ist der "Berg der Kreuze", der kurz hinter Šiaauliai liegt. Wir fahren auf den gegenüberliegenden Parkplatz und finden ohne Probleme einen Platz für Wohnmobil und Hänger. Außer einem Reisebus und einigen PKWs ist es noch verhältnismäßig ruhig an diesem touristisch voll erschlossenen Ort. Wir könnten auch kostenlos am Straßenrand parken, wie es einige andere Campingfahrzeuge machen, aber dann fehlt uns die Möglichkeit zum Drehen. So kommen wir über den Parkplarz bequem wieder in Richtung zur A8 und die 2 Euro, die wir für das Hochgehen der Schranke bezahlen müssen, betrachten wir mal einfach als Eintritt, der eigentlich kostenlos ist. Durch einen Fussgängertunnel gelangt man auf den Weg zum Berg oder genauer zum Hügel der Kreuze, die sich auch unterhalb der Treppe zum Berg nach allen Richtungen ausbreiten . Es gibt sie in allen Größen und aus allen Materialien. Viele mit Gebetsketten behängt, mit Namen oder Wünschen beschrieben. Die Zeit und die Witterung haben den meisten Holzkreuzen eine silbergraue Patina verliehen. Wir haben Glück, dass nicht so viele Besucher da sind, und so können wir auch über die schmalen Pfade zwischen den Kreuzen gehen. Dem Beginn des Kreuzhügel soll eine Legende zu Grunde liegen. Später sollen Anwohner Kreuze für die Getöteten einer Schlacht dort aufgestellt haben und nach der Übernahme Litauens durch die Sowjets wurden für viele, der nach Sibirien deportierten und dort verstorbenen Menschen, Kreuze aufgestellt. So entwickelte sich der Ort zu einem Wallfahrtsort für viele Gläubige. Das war den Besetzern aber ein Dorn im Auge und so wurden in den 1960- und 70ger Jahre insgesamt viermal alle Kreuze verbrannt und verschrottet. Das hat die Menschen aber nicht davon abgehalten immer wieder neue Kreuze aufzustellen. Auch als ein Zeichen des inneren Widerstandes gegen die Besatzer. Wie viele Kreuze es heute sind, weiß niemand. Bei einer Zählung 1990 haben Studenten der Universität Vilnius bei 50000 aufgegeben. Da waren die vielen kleinen Kreuze, die überall an den größeren Kreuzen hängen, nicht einmal mitgezählt. Seit dem werden es immer mehr, denn viele Besucher bringen Kreuze mit, die sie aufstellen. Heute ist dieser Ort, der etwas mystisch wirkt und zum Innehalten und Verweilen anregt, eines der größten Sehenswürdigkeiten Litauens. Busseweise werden die Touristen herangefahren. Das erleben wir, als wir unseren Besuch beendetet haben. Insgesamt 9 Reisebusse stehen auf dem Parkplatz, aus denen Menschen steigen.
    Nichts wie weg, bevor wir zu geparkt werden.
    Weiter geht es auf der A8. Wir streifen die Seenplatte hinter Bubai und können viele Störche auf den vorbeiziehenden Wiesen beobachten. Vom "Berg der Kreuze" bis Kaunas sind noch 240 km Landstraße zu fahren, die zwar als Autobahn ausgewiesen, aber holperig und geflickt ist. Da kann einem auch schon mal ein Radfahrer begegnen oder es gibt ein Wartehäuschen für den Bus am Straßenrand. Die letzten Kilometer auf der A1 sind dann besser zu ertragen.
    Es ist fast 15.00 Uhr als wir Kaunas, die zweit größte Stadt Litauens, erreichen. Schon von der Brücke, über die wir bis zur Ausfahrt fahren, sehen wir das Stadtcamping Kaunas unten am Fluss Neris liegen. Es ist wenig los, und wir können uns einen der extra langen Plätze für Gespanne aussuchen. Die Stellplätze sind super gemacht, wirken aber mit den Betonstreifen fürs Womo und den Rasengittersteinen insgesamt etwas unpersönlich. Strom gibt es an jedem Platz und auch Sanitär und Ver- und Entsorge ist vorhanden. Der Clou ist der kleine Pool mit den Liegen rundherum. Hier kann man sich nach einem heißen Stadtbesuch abkühlen. Das Wetter ist sonnig, so um 25 Grad. Deshalb nehme ich gleich nach der Ankunft mein Fahrrad und radele in die ca. 5 km entfernte Altstadt. Michael ist sichtlich geschafft von der Fahrt und will sich nur noch ausruhen. Die Stadt wäre morgen auch noch da, meint er. Die Strecke führt auf einem super Radweg zwischen Straße und Fluß entlang. Im weitern Verlauf führt der Weg in den Park, zur Burg und zum Zusammenfluß von Memel und Neris. Aber das weiß ich an diesem Nachmittag nocht nicht, und so verlasse ich den tollen Radweg, nicht ohne zwischendurch einmal an den Fluß gegangen zu sein, und schlage mich über holprige Straßen, Bürgersteige, hohe Bordsteinkanten und Fußgängerüberwege bis zur Vilniusstraße durch. Jene Hauptflaniermeile mit den vielen netten Bars, Cafés, Lädenund Restaurants, an deren Ende der Rathausplatz liegt, mit den geschichtsträchtigen Bauten, wie dem Dom zu Kaunas und der Kathedrale der Heiligen St. Peter und Paul. In der Kathedrale ist es schön kühl und ich bleibe einen Moment in der Bankreihe sitzen und schaue auf den wunderschönen Altar.Teile der Kathedrale sind eingerüstet und abgedeckt. Hier scheint man weitere Fresken frei zu legen, wie die, die ich schon einer der Wände bewundern kann. Auf dem Rathausplatz fällt mir ein prächtiges weißes Gebäude mit einem hohen Turm auf. Das muss das Rathaus der Stadt Kaunas sein, das die Einwohner liebevoll als "weißen Schwan" bezeichnen Wahrscheinlich wegen des Turmes, der sich einem ausgestreckten Schwanenhals gleich, in den Himmel reckt. Im Inneren befindet sich das Museum der Stadt und die Tourist- Information. Das gelbe mit weißen Stuckelementen verzierte Gebäude dahinter, ist der historische Präsidentenpalast der Stadt Litauen, in dessen Innenhof man die Skulpturen der ehemaligen Präsidenten sehen kann. Heute befindet sich im Palast ein Museum. Es gibt auch noch eine Fotogalerie, die in einem alten Backsteinhaus untergebracht ist.
    Kaunas ist eine Stadt der Kunst und des Designs. Einige bemalte Häuserfronten konnte ich auf meinem Weg bereits bewundern. Professionelle Künstler haben großformatige Street-Art-Kunst geschaffen. Kaunas hat nicht nur eine geschichtsträchtige Vergangenheit mit vielen Baudenkmälern sondern ist auch Unesco-Stadt des Designs.
    Ich habe für heute genug Stadt-Input gehabt und suche eines der schönen Lokale für ein Getränk auf. Dann gehts zum Wohnmobil zurück. Beinah wäre mein Fahrrad nicht ganz mitgekommen, denn an einem Fußgängerüberweg achte ich nur auf die noch grüne Ampel und sehe nicht, dass der Zebrastreifen vor einer hohen Treppe endet. Ich komme ordentlich ins Schwitzen, bis ich das schwere E-Bike von der Straße weg und die Stufen hochgewuchtet habe.
    Der Campingplatz ist inzwischen bis auf den letzten Platz gefüllt. Nichts geht mehr.
    Bei uns aber geht noch eine ganze Menge. Die leckeren Marktsachen von Riga wollen verarbeitet werden. Bei Pasta mit Pifferlingen, gebratenem Steak und Lachs lassen wir den Tag langsam ausklingen. Morgen ist auch noch ein Tag, da hat Michel schon recht.
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  • Day 27

    Kaunas Stadt und Burg

    August 8, 2019 in Lithuania ⋅ ⛅ 15 °C

    Er fängt schon in den frühen Morgenstunden an, der Regen. Er trommelt stetig aufs Wohnmobildach. Irgendwie ist das auch ganz gemütlich. Im Bett bleiben mit einer großen Tasse Kaffee. Lesen und ein wenig Fernsehen. Da wir den Regen gestern schon angekündigt bekommen haben, wird aus Plan A mit dem Rad in die Stadt zu fahren und zu bummeln, schnell Plan B gemacht: Vormittags in den großen Supermarkt, der keine 300 m entfernt ist zum Einkaufen, um letzte Mitbringsel zu besorgen. Dort in der Nähe muss auch das Sport Outlet der Fa. Hummel sein. Den Tipp haben wir leider erst bei der Abreise bekommen. Am Nachmittag wollen wir mit dem Bus in die Stadt fahren. Die Haltestelle ist direkt vor dem Eingang zum Campingplatz. Die Linie 47 fährt bis ins Zentrum "Kaunas Pillis", kostet pro Fahrt und Person einen Euro und der Bus fährt alle 20 Minunten. Bevor wir mit Schirm und Rucksack zum Supermarkt gehen, wird aber schnell noch ein Pflaumenkuchen gebacken. Auch für so etwas ist bei Regen Zeit. Gegen 14.00 Uhr werden aus dem Dauerregen einzelne Schauer und wir wagen es, ins Zentrum zu fahren. Dort gehen wir zunächst zur Burg, die in einem Park liegt. In der Spitze des Parks können wir den Zusammenfluß von Memel und Neris beobachten. Der rekonstruierte Teil der Burg beherbergt ein Museum, das wir uns vom Kerkerkeller bis zum Dachboden im Turm anschauen. Witzig sind im Keller die Multimedia - Effekte, wie z.B.der Ritter, der mit Laserstrahlen plötzlich an eine Wand projeziert wird.
    Von der Burg geht es weiter zum Dom. Dort sind wir Zeugen einer Trauung einschließlich des Gesangs einer Sopranistin.
    Auch die Kathedrale der heiligen St.Peter und Paul besuchen wir noch einmal und schlendern dann die Vilniusstraße bis zum Ende. Zum Abschluss kehren wir in einem ganz witzigen Lokal ein. Die Möbel sind aus Paletten gebaut, deren Ritzen mit Kunstrasen ausgefüllt sind.
    Auf die Fahrt mit der Seilbahn in die Oberstadt verzichten wir und nehmen den Bus zurück zum Campingplatz, um die wieder aufgetauchte Sonne noch ein wenig vor dem Wohnmobil zu genießen. Auch heute ist der Camping am Abend wieder bis auf den letzten Platz besetzt.
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  • Day 29

    Zum Abschluss noch einmal Dreverna

    August 10, 2019 in Lithuania ⋅ ⛅ 17 °C

    Die Sonne scheint wieder als wir uns an Morgen zurück auf den Weg nach Dreverna machen. Hier wollen wir auf die Fähre warten und uns mit Chris und Gaby zum Abschiedsgrillen treffen. Die beiden sind schon am Tag davor angekommen und wollen den Freitag zu einer Radtour auf die Nehrung nutzen, die wir schon zu Beginn der Reise gemacht haben. Über die A1, die in einem recht guten Zustand ist, geht es über 200 km nach Klaipeda. Unterwegs wird noch einmal getankt, zu einem Traumpreis von 1,03 Euro. In der Mittagszeit kommen wir an. Dieses Mal haben Chris und Gaby uns einen Platz reserviert. Ein einsamer, nicht zu verschiebender Tisch auf der Wiese, er ist mit Häringen im Boden befestigt, zeigt uns unseren Platz an. Aber es ist kaum Betrieb und viele Plätze sind noch frei. Wir bauen unsere Terrasse auf und verbringen den Nachmittag mit lesen, schreiben und nichts tun. Und dabei zwei Hochzeiten zu beobachten, die sich die romantische Kulisse fürs Fotoshooting ausgesucht haben. Gegen 18.00 Uhr kommen Chris und Gaby mit der Platz eigenen Fähre von ihrer Radtour über die Nehrung zurück. Sie sind nicht wie wir bis Nidda gefahren, sondern nur bis zur Düne. Dafür haben sie sich die Düne angesehen, auf die wir zu Gunsten Niddas verzichtet haben.
    Kurze Zeit später ist der Grill angeworfen und es gibt Lachs und Steaks satt. Wir genießen diesen letzten Abend in der schönen Umgebung mit dem Blick auf das Haff und die Nehrung bis zum Sonnenuntergang. Danach kommen die kleinen Blutsauger und stechen, Autan zum Trotz, sogar durch die dicken Wollsocken. Sie treiben uns ganz schnell hinein ins Wohnmobil. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen haben doch einige den Weg ins Wohnmobil gefunden. Doch aus ihrem erhofften Dessert wird nichts: die Fliegenklatsche befördert sie in den Stechmücken-Himmel und sorgt dafür, dass wir eine angenehme Nacht haben
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  • Day 29

    Dreverna, Klaipeda und Fähre

    August 10, 2019 in Lithuania ⋅ ☁️ 19 °C

    Den heutigen Tag gilt es irgendwie "tot zuschlagen" und gleichzeitig noch sinnvoll zu nutzen. Unsere Fähre geht erst um Mitternacht ab Klaipeda Fährhafen. Check -out auf dem Campingplatz ist 12.00 Uhr. Aber auf Nachfrage, dürfen wir kostenlos bis zum Nachmittag stehen bleiben. Nach dem Frühstück wird erst einmal aufgeräumt und "Klarschiff" gemacht. Dann packen wir die Rucksäcke für die Fähre.
    Gegen Mittag kommen viele Tagesgäste in den Hafen. Ein Wohnmobil und ein Zelt nach dem anderen kommt an. Auch die Leute, die ihr Boot am Steg liegen haben, suchen zwischen den Mobilen einen Platz, um ihr Auto zu entladen. Ach ja! Wir haben ja Wochenende. Unterwegs verschmelzen die Tage. Oft weiß ich nicht einmal den Wochentag. Vom Datum ganz zu schweigen. Der Kopf wird herrlich leer. Wichtigste Fragen des Tages sind: Wo hin geht es als nächstes? Was essen wir heute? Und was wollen wir unternehmen? Ganz schön übersichtlich im Gegensatz zum Alltag.
    Nachdem alles, was zu tun ist, getan ist, greife ich seit langem mal wieder nach meinen Walkingstöcke und unternehme eine Tour durch den Ort und die angrenzende Gegend. Am Heimatmuseum verweile ich eine Zeitlang. Eine Trachtengruppe singt und tanzt und motiviert auch die Zuschauer mitzumachen. Beim Fischer ist heute Hochbetrieb. Der Schornstein des Räucherofens qualmt und pustet den Rauch vom Buchenholzfeuer in die Luft. Tagesgäste kaufen bei ihm geräucherten Fisch. Beim kleinen Laden halte ich noch einmal. Ob es da noch etwas von dem leckeren Schwarzbrot gibt? Meins habe ich aufgegessen und die anderen, die ich in Riga besorgt habe, sind eigentlich als Mitbringsel gedacht. Es gibt noch zwei Brote, und das sind meine. Ich bin mal gespannt, ob die mir zu Hause auch noch so gut schmecken wie hier. Ich laufe aus dem Ort heraus und stelle wieder einmal dieses Spannungsfeld zwischen neu und alt, zwischen arm und reich fest. Während im und um den Hafen herum alles neu und gepflegt ist, sehe ich hier baufällige Häuser, z T. mit kaputten Glasfenstern, notdürftig geflickt. Verwilderte Gärten, marode Fassaden. Oder sogar Ruinen einer Fabrik, die in steter Zwietracht mit den hochmodernen Hallen und Anlagen einer Produktionsfirma stehen. Aufgefallen ist mir auch, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung neue und hochwertige Westautos wie Audi, BMW etc. fährt. Das scheint ein sehr wichtiges Statussymbol zu sein, während das Wohnen nicht unbedingt im Vordergrund der Lebensqualität zu stehen scheint.
    Durch die Ferienhausanlage und vorbei an dem Aussichtsturm kehre ich wieder zurück. Schnell noch einmal duschen, den restlichen Pflaumenkuchen vernichten, einen kurzen Plausch mit dem neuen Nachbarn halten, der bereits in Riga unser Nachbar war, und dann geht es Richtung Klaipeda. Michael ist unruhig. Er will sehen, wo wir hin müssen und möchte pünktlich vor Ort sein, um einen geeigneten Parkplatz bis zum Einchecken für unser langes Gefährt zu finden. Chris und Gabi, die kurz vor uns gefahren sind, wollen noch ins Zentrum von Klaipeda und ein wenig Sightseeing machen. Das würde ich auch gern, aber am Samstagnachmittag im Zentrum mit Wohnmobil und Hänger auf einem öffentlichen Parkplatz parken zu wollen, das schreit regelrecht nach Stress.
    Den haben wir trotzdem, als wir natürlich viel zu früh am Fähranleger sind. Es gehen noch zwei Fähren vor unserer hier ab. Wir finden zunächst weder einen vernünftigen Parkplatz, die vorhandenen sind alle durch Barrieren unterteilt, noch den Schalter der TT-Line. Die Dame von der Reederei DFDS serviert uns auf unsere Frage hin recht hochnäsig ab: "Its an other company in an other building!" Und sie ist auch nicht bereit, uns zu verraten in welches der hier vorhandenen Gebäude wir gehen müssen. Wir fragen uns weiter durch und finden den Schalter, der aber natürlich noch geschlossen ist und erst um 21.00 Uhr öffnet. Es ist mal gerade 17.00 Uhr. Erst beim Einchecken bekommen wir die Wartespur und das Gate genannt.
    Michael hat sich auf dem Gelände umgeschaut und eine Möglickeit gefunden, das Womo zu parken. Dort sollen wir im Laufe der Zeit noch Gesellschaft bekommen.
    Was tun bis zum Check-in? Michael will das Auto auf keinen Fall allein lassen.
    Das Zentrum ist über 5 km entfernt. Zu weit zum Hin und wieder Zurücklaufen. Außerdem gibt es immer wieder Schauer. Ich nehme mir die Regenjacke und laufe aus dem Hafen heraus in Richtung Zentrum und verspreche, etwas zum Abendessen zu besorgen. Auf meinem Weg komme ich zur "Akropolis", einer riesigen Shopping Mall. Lust auf Konsum habe ich aber weniger. Mir macht das Laufen gerade Spass und so laufe ich weiter. Nach gut 3 km taucht eine Pizzeria auf. Das ist es: Pizza to takw away! Unser Abendbrot. Während die Pizza zubereitet wird, was laut Aussagen des Kellners etwa 15 Minuten dauern soll, genehmige ich mir zur Belohnung ein kleines Bier und informiere Michael über unser Abendessen. Allerdings wird er sich gedulden müssen. Ich muss ja auch noch zurück laufen und das bei Regen mit zwei Pizzakartons auf dem Arm. Unterwegs spricht mich ein älterer Mann mit einer Kapitänsmütze an. Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich kein Litauisch kann. Er bemerkt meine Herkunft und ist ganz begeistert. In einem Kauderwelsch aus deutsch und englisch erzählt er mir, dass er in Hamburg Kapitän gewesen wäre (wahrscheinlich auf einer Barkasse, dort würde er vom Aussehen hinpassen). Er erzählt von Renzburg und Bremerhaven, und möchte wissen, aus welcher Stadt in Deutschland ich komme. Ich gebe bereitwillig Auskunft. Als ich mich verabschiede, nimmt er mich plötzlich in den Arm, drückt mir einen Schmatzer auf die Wange und sagt:" Gute Reise und Gruß an Deutschland!" Etwas irritiert gehe ich weiter. Mit dem Dosieren von Freundlichkeit haben die Leute heute scheinbar Probleme. Was der eine zuviel anwendet, fehlt anderen.
    Auf den letzten Metern zum Wohnmobil erwischt mich dann doch noch ein heftiger Guss. Aber die Pizza kommt halbwegs warm und ich noch einiger Maßen trocken im Wohnmobil an.
    Plötzlich eine Whatsapp. "Sheetwetter. Wir haben aufgegeben und stehen hinter euch." Chris und Gabi sind jetzt auch da. Vor uns ein Pärchen mit Kleinkind aus Celle. Alle warten auf das Öffnen des Schalters. Michael hat als erster entdeckt, dass der Schalter schon geöffnet hat und gibt die Info nach vorn und hinten weiter. Wenig später stehen wir in Polposition vor Gate 4 und warten darauf, auf die Wartespur zu dürfen. Es ist kurz nach 21. 00 Uhr, als wir auf der Spur 7 auf die Dinge, die ab Mitternacht kommen werden, warten dürfen.
    Wir fahren die Satellitenanlage aus, und ich vertreibe mir die Zeit bis Mitternacht mit einem Krimi und Tagebuch schreiben, während Michael draußen im Dunkeln Smalltalk mit den Wartenden hält.
    Gegen Mitternacht läuft sie hell erleuchtet in den Hafen von Klaipeda ein, die "Peter Pan "oder ist es die "Nils Dake " oder die "Robin Hood"? Es ist die "Robin Hood". Unsere Fähre. Aber erst einmal müssen die Autos und LKWs von der Fähre herunter fahren, bevor wir auffahren können. Das dauert. Dann dürfen zunächst die Pkws fahren. Eigentlich kommen danach erfahrungsgemäß erst die LKWs. Aber da uns niemand Bescheid sagt, schließt sich Michael den PKWs an und alle Campingfahrzeuge folgen. Dazwischen ein einzelner Radfahrer, der im Dunkeln nicht weiß, wohin er muss. Kurz vor der Rampe werden wir und alle nachfolgenden Fahrzeuge der Spur 7 herausgewunken. Erst kommen die LKWs an Bord. Wie immer, und das dauert. Ganz zum Schluss dürfen wir dann die steile Rampe hinauf auf das obere Deck fahren. Der Einweiser an Bord hat nicht gesehen, dass wir ein Anhängsel haben. Er gestikuliert wild, Michael möge einschlagen zum Wenden. Das kann er aber nicht und tut er auch nicht. Erst da wird der Hänger bemerkt. Aber alles gut gegangen. Chris und Gabi, die hinter uns fahren, müssen wegen des Disputs auf der Rampe halten. Was man sich ja auch nicht unbedingt wünscht. Müde und erschöpft nehmen wir die Rucksäcke, gehen aufs Passagierdeck und wollen die Kabine beziehen. Doch leider funktioniert die Keycard nicht, und wir müssen sie an der Rezeption umtauschen. Endlich sind wir in der Kabine. Oh je, nur ein Bett? Nein, das andere klappt oben an der Wand. Schnell die Nasszelle inspiriert. Definitiv nur ein Handtuch. Also wieder zurück an die Rezeption und ein zweites Handtuch besorgt. Inzwischen hat die Fähre abgelegt. Wir beobachten noch ein wenig, wie die Lichter von Klaipeda im Dunkeln verschwinden. Es ist fast 2.00 Uhr morgens, als wir todmüde in die Betten fallen. Das war ein aufregender Tag und morgen genießen wir unsere "Minikreuzfahrt". Die Wetterapp verspricht nur Sonne.

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  • Day 30

    Mit der "Robin Hood" über die Ostsee

    August 11, 2019, Baltic Sea ⋅ ⛅ 19 °C

    Wir haben wunderbar geschlafen und überhaupt nicht bemerkt, dass wir auf einem Schiff sind. Die Zeit ist wieder mitteleuropäisch und wir sind daher pünktlich wach mit großem Kaffeedurst. Schnell unter die Dusche, und dann wird das Frühstücksbüffet gestürmt. Noch ist wenig Andrang und wir bekommen sogar einen schönen Tisch mit Blick auf die Ostsee, die mit ihrem stetigen Wellenspiel unser Frühstück begleitet. Auf der "Robin Hood" ist es wesentlich ruhiger als auf der Fähre bei der Hinfahrt. Die überwiegenden Passagiere sind Trucker. Nur eine relativ kleine Anzahl besteht aus PKWs mit Urlaubern und noch weniger sind Campingfahrzeuge vertreten. Es ist überall Platz und wir brauchen nirgendwo anstehen.
    Als wir entspannt beim Frühstück sitzen, kommen Chris und Gabi auch aus ihrer Kabine zum Frühstück und setzen sich zu uns.
    Nach dem Essen gilt es irgendwo eine windgeschützt Ecke an Deck zu finden, um Sonne, blauen Himmel und Meer zu genießen. Der Wind hat ordentlich aufgefrischt und man muss Sonnenbrille oder Sonnenhut regelrecht festhalten, damit sie nicht davon fliegen. Die Zeit an Deck nutze ich zum Schreiben. Meinem Reisetagebuch fehlen die letzten zwei Tage, die ich hier in Ruhe mit dem Blick aufs Meer nachtragen kann. Die Zeit vergeht schnell. Beim Kaffeetrinken im Salon zieht Bornholm an uns vorbei. Um 17.00 Uhr laufen wir in Trelleborg ein und haben viel zu gucken. Sonst müssen wir selber nach dem Anlegen von Bord fahren. Durch den Zwischenstopp können wir das Anlegemanöver und das Ausladen einmal von Deck aus beobachten. Zwei Stunden Aufenthalt hat die Fähre hier, und sehr viele der PKWs und LKWs verlassen das Schiff. Doch in der Wartespur vor dem Anleger stehen schon die nächsten, die mit nach Travemünde möchten.
    Nachdem die Fähre abgelegt hat, gehen wir zum Abendessen. Die Auswahl ist reichhaltig und es schmeckt uns. Das Essen hatten wir als Tellergericht schon mitgebucht. Das war eine kluge Entscheidung, denn vor Ort ist es wesentlich teurer. Und für das Upgraden auf ein 3- Gang-Menü bezahlen wir nur 2 Euro mehr.
    Nach dem Essen suche ich mir noch bis zum Sonnenuntergang eine windgeschützte Ecke zum Lesen und Schreiben. Zum Sonnenuntergang taucht Michael auch auf. Er hat mich schon auf dem ganzen Schiff gesucht. Nur hinter den Lüftungsklappen hatte er noch nicht geschaut. Es sind wenig Menschen an Deck. Die meisten sind nach dem Essen in den Kabinen verschwunden. Auch wir gehen in die Kabine. Eine heiße Dusche wärmt wieder auf. Es war zum Schluss ganz schön frisch an Deck. Dann krabbeln wir bis kurz vor Mitternacht in die Kojen, um ein wenig zu schlafen.
    Um halb zwölf macht Michael mich wach und fragt, ob ich mit kommen möchte, um einen Kaffee zu trinken. Für Kaffee nach dem Wach werden bin ich immer zu haben, egal um welche Uhrzeit. Völlig allein sitzen wir beide dann im Salon beim Kaffee und schauen durchs Fenster auf das dunkle Wasser der Ostsee. Kurze Zeit später tauchen auch Chris und Gaby auf und setzen sich dazu. Sie haben ihre Sachen schon gepackt und mitgebracht. Eine halbe Stunde vorm Anlegen müssen die Kabinen geräumt und die Schlüsselkarten abgegeben werden. Das Packen hole ich dann auch nach und komme mit meinem Rucksack zurück zur Sitzecke. Michael soll seinen Rucksack selber aus der Kabine holen und dabei noch einmal schauen, ob nichts liegen geblieben ist. Da habe ich doch tatsächlich sein kleines Schmusekissen im Bett vergessen! Vier Augen sehen eben doch mehr als zwei. Wir unterhalten uns noch ein wenig, und dann tauchen auch schon die Lichter des Hafens von Travemünde auf. Ich gehe noch einen Moment an Deck und komme gerade rechtzeitig, um die Promenade und die beleuchteten Häuser vorbeiziehen zu sehen. Kurze Zeit später erfolgt auch schon der Aufruf, die Fahrzeuge aufzusuchen. Dort verabschieden wir uns zum definitiv letzten Mal auf dieser Reise von Chris und Gaby. Es war schön, die beiden kennengelernt zu haben. Sie waren tolle Reisebegleiter auf dieser Tour, und wir haben uns immer gefreut, wenn sie auf einem Stellplatz aufgetaucht sind oder schon da waren. Es hat jeder seine eigene Reise gemacht, und trotzdem haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt.
    Dann ist es soweit, wir dürfen von Bord fahren und müssen uns einen Weg durch den dunklen Hafen suchen. Wir fahren einfach den LKWs hinterher und finden so aus dem Hafengelände heraus.
    Eigentlich wollten wir nur noch 30 km bis Rheinfeld fahren und dort übernachten. Doch der Kaffee hat uns so wach gemacht, dass wir noch bei der Ausfahrt aus dem Hafen das Navi auf " nach Hause"stellen. Die Stecke mit den vielen Baustellen ist in der Nacht besser und schneller zu fahren. Wir wollen schauen, wie weit wir kommen und wie lange wir wach bleiben. Auf der Autobahn überholen uns Chris und Gaby und blinken kurz. Sie haben es nicht mehr ganz so weit. Unterwegs finde ich noch eine Dose Cola im Vorratsschrank. Die muss jetzt den Kaffee ersetzen. Michael beschwert sich doch nach kurzer Zeit wirklich darüber, dass zu wenig Verkehr ist. Er hat im Dunkeln kein Fahrzeug vor sich, um sich orientieren zu können. Wir kommen super gut durch. In der Heide entdecken wir einen blinden Passagier im Wohnmobil. Der kleine Hunger ist da. Mit der Handytaschenlampe suche ich während der Fahrt nach der Mettwurst und dem Stück Käse, die noch im Kühlschrank sein müssen. Das hilft den Hunger zu vertreiben. Ein wenig später müssen wir dann aber doch auf einem Parkplatz anhalten. Die Cola ist auch beim Fahrer angekommen. Das ist allerdings nicht so einfach wegen der vielen LKWs, die hier nächtigen. Die treffen wir dann alle gegen 4.30 Uhr auf der A2 wieder, habe ich das Gefühl. Es ist ein regelrechtes Elefantenrennen, in das wir geraten. Gegen 5.00 Uhr beginnt es zu dämmern. Vielleicht erleben wir heute einen Sonnenaufgang vor der Haustür. Denn das Navi meint, wir wären um 5.35 Uhr zu Hause.
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