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  • Day 56

    Dreamliner statt Bergziege

    October 7, 2023 in Mongolia ⋅ 🌬 8 °C

    Nach acht Wochen on the road in der Bergziege T4 geht es nun in acht Stunden in the air an Bord eines Dreamliners 787-9 zurück in die Heimat. Hinter mir liegen 11.000 höchst unterhaltsame, spannende und extrem abwechslungsreiche Kilometer in acht Ländern.

    Was nicht hinter mir liegt: Ein einziger Moment des Gefühls, in Gefahr zu sein. Angst war auf keinem der vielen Kilometer ein Begleiter. Was hatten sie mich gewarnt! "In den Iran? Bist Du wahnsinnig? Nach China als Journalist? Du spinnst doch!" Solche Sätze hatte ich im Vorfeld dutzendfach gehört. Was bin ich froh, dass ich mich davon nicht habe verunsichern lassen!

    Was stattdessen hinter mir liegt? Das große Glück, zahllosen unglaublich gastfreundlichen, herzlichen, hilfsbereiten Leuten begegnet zu sein - mal nur für ein schnelles Selfie, mal auf eine Tasse Tee, mal für ein paar Tage gemeinsamen Reisens. Diese Welt ist voll wunderbarer Menschen!
    Warum fürchten sich manche Zeitgenossen vor Fremden, vor anderen Kulturen? Woher kommt die Angst, außerhalb des eigenen Tellerrandes lauere das Böse? Wer jemals von einem Schafhirten zum Tee in seine karge Hütte eingeladen wurde, wer die aufopferungsvolle Fürsorge für wildfremde Leute erleben durfte oder in einer Jurte wie ein Familienmitglied aufgenommen wurde, der hat unweigerlich einen anderen, einen positiven Blick auf unsere große, globale Gemeinschaft. Ich bin sehr dankbar dafür, die Möglichkeit zu solchen Perspektivewechseln zu haben. Und auch dafür, dass ich dabei noch nie enttäuscht wurde.

    Zugegeben: Im Vorfeld dieses Ausfluges war mir nicht immer ganz wohl in meiner Haut. Der Zeitpunkt war denkbar ungünstig - und zwei Drittel der bunt zusammengewürfelten Truppe kannte ich ja gar nicht. Da können, wenn die Chemie nicht stimmt, acht Wochen eine zähe Zeit werden.

    Die Chemie hat gestimmt - und das, obwohl die Charaktere in dieser Schicksalsgemeinschaft auf Zeit kaum unterschiedlicher hätten sein können. Aber die Bereitschaft, jeden mit seinen individuellen Macken zu akzeptieren und auch mal zurückzustecken zugunsten des Teams, half über alle Hürden hinweg.

    11.000 Kilometer und ebensoviele Eindrucke, Erlebnisse, Erfahrungen. Nächte unter freiem Himmel, in verranzten Kaschemmen und im 17. Stock gediegener Hotels. Heute in unberührter Natur, morgen in einer Millionen-Metropole. Mal undefinierbares, aber leckeres Streetfood, mal China-Tüten-Suppe, mal Top-Restaurant. Vom Millionär (wie im Iran) zum Mittellosen, dessen Kreditkarte streikt. 4655 frostig-zugige Meter hoch und glühend heiße 160 Meter unterm Meeresspiegel tief.
    Die Kontraste auf dieser Reise waren riesig. Es wird wohl ein Weilchen dauern, das alles zu verarbeiten - und mich durch zehntausende Fotos zu wühlen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Auf dass, inshallah, eines Tages ein dem geneigten Publikum zumutbarer Vortrag daraus werde. Ich bitte um Geduld.

    Allen, die uns hier wohlwollend und mit unglaublich viel freundlichem Feedback begleitet haben, ein herzliches Dankeschön. Dieses Kapitel meines Pinguin-Reisetagebuches "Wolferl weltweit" wird hiermit geschlossen. In der Hoffnung, in nicht allzu weiter Ferne ein neues aufschlagen zu dürfen.
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