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  • Day 126

    Lissabon - willst Du dope kaufen?

    December 3, 2023 in Portugal ⋅ ☁️ 16 °C

    Lissabon scheint irgendwie selten zur Ruhe zu kommen - heute Nacht haben die Portugiesen auf jeden Fall bis 4 Uhr früh Party gemacht. Auf den Straßen wurde dazu gesungen, gelacht, Musik gehört und dazwischen sind immer mal wieder die Auspuffklappenproleten ( wir haben schon aus Malmö darüber berichtet 😉) lautstark durchgecruised. Wäre eigentlich unkritisch, wenn Micky nachts die Klimaanlage zulassen würde , dann müssten wir nämlich unser superdichtes Schallschutzfenster nicht aufmachen.....
    Wir gehen so gegen 9 Uhr frühstücken. Von der Restaurantterrasse hat man einen tollen Blick über die Stadt, bis zum Wasser. Vermutlich essen deswegen ein paar ganz Harte auch draußen. Wir schauen mal runter und lassen und dann drinnen im Warmen mit frischem Gebäck und Eiern verwöhnen.
    Es ist frisch heute morgen. Lissabon liegt unter einer Wolkendecke und vom Meer kommt eine frische Brise. Wir wollen heute weniger laufen und nehmen einen Touristenhoponhopoffbus. Der ist natürlich extrem kalt und leider auch echt langweilig. Unsere Route haut uns jetzt nicht vom Hocker, aber so kommen wir zum Torre de Belem. Der Turm zählt zum UNESCO Weltkulturerbe und ist eines der Wahrzeichen von Lissabon. Der Turm wurde 1521 erbaut und hat gemeinsam mit einem zweiten Turm auf der anderen Uferseite gebetene Gäste begrüßt und ungebetene Gäste durch Beschuss direkt wieder verabschiedet. Lissabon wurde im Jahr 1755 von einem sehr schweren Erdbeben erschüttert und nahezu vollständig zerstört. Der Torre von Belem hat das Beben überstanden, der Zwillingsturm ist seitdem Geschichte.
    Wir wollen zurück in die Stadt und laufen zuerst am Ufer entlang. Bei uns gibt es eine klare Rollenverteilung. Navigation und Orientierung fällt ganz klar in Patricks Aufgabenbereich. Das hat zwei Gründe: 1 ) Patrick hat einen ausgeprägten Orientierungssinn und 2) Micky biegt auf dem Weg vom Aufzug zum Hotelzimmer auch am zweiten Tag immer noch falsch ab.
    Heute kommt es zu einem überraschenden Rollenwechsel. Patrick stolpert den ganzen Tag über Stufen , Randsteine usw (neue Gleitsichtbrille) und Micky findet tatsächlich auf Anhieb die richtige Trambahn, die nach 3 Stationen genau vor unserem Hotel anhält. Patrick sorgt sich kurz, dass er seine Kernkompetenz an Micky verliert und ist dann sehr beruhigt , als Micky aus dem Aufzug kommend wieder falsch abbiegt und fast an die Wand läuft. Alles wieder gut.
    Wir machen eine kleine Pause und starten dann erneut in die Stadt. Das erste Ziel ist der
    Elevador de Santa Justa, ein kunstvoll gestalteter Aufzug mitten in Lissabon, der zwei Stadtteile miteinander verbindet: Baixa (Unterstadt) mit Chiado und Bairro Alto (Oberstadt). Der Elevador de Santa Justa ist ein 45 Meter hoher Turm aus Eisen, reich verziert im neugotischen Stil.
    Man muss natürlich dafür anstehen und der Prozess "Einlasskontrolle, Kartenverkauf, Aufzugbedienung" hat noch Schwächen. Er wird von einer Person alleine durchgeführt und es ist nur Barzahlung möglich. Das hat zur Folge, das nur alle 10 Minuten ungefähr 12-15 Personen die 28 sekündige Auffahrt erleben können. Heute war noch der portugiesische TÜV zur absoluten Rushhour da und hat sich so sicherheitsrelevante Dinge, wie Absperrgitter im Zugang zeigen lassen . Von wem ? Natürlich von der Personalunion Kontrolleur, Fahrkartenverkäufer, Bediener. Das hat nicht zur Beschleunigung beigetragen. Wir haben also 30 Minuten brav gewartet, um dann oben möglichst schnell von der Brücke herunterzugehen, weil Patrick wieder Höhenangst hatte.
    Wir gehen auf den Weihnachtsmarkt und auf dem Weg dorthin wird Patrick erstmalig ganz unauffällig von einem offensichtlichen Dealer gefragt, ob er Stoff kaufen will. Will er nicht , jetzt ist ja gerade Weihnachtsmarkt 😃. Die Portugiesen legen den Weihnachtsmarkt rein musikalisch deutlich anders aus, als wir. Die Buden sind sich aber ähnlich. Es gibt überteuerten Krimskrams zu kaufen und natürlich Glühwein, Leckereien und Wenigerleckereien.
    Wir laufen noch zum Wasser, um den Food Court, in dem wir zu Abend essen wollen, zu erreichen, als Patrick wieder Dope zum Kauf angeboten wird. Micky ist schon etwas genervt , dass sie nie gefragt wird, weil sie der Meinung ist, dass sie ja viel gefährlicher aussieht als Patrick, der doch eher der Typ Teddybär wäre und mit dem Dope gar nichts anzufangen wisse. Wir essen im Time Out Food Market Fisch und Pizza und machen uns auf den Heimweg. Ihr ahnt es - Patrick wird wieder Dope angeboten. Micky ist fast am Durchdrehen, Zurückgehen und dem Dealer zeigen, wie gefährlich sie wirklich sein kann und fragen , warum ihr nie etwas angeboten wird. Patrick lockt sie mit dem Versprechen auf ein Eis weg und stellt eine These auf: die Dealer haben Mitleid mit ihm und wollen ihm das Dope verkaufen, damit er Micky leichter erträgt. Wir essen das Eis dann eher schweigend auf dem Heimweg ins Hotel. Jeder für sich.
    Unser erster ganzer Tag in Lissabon war schön, die Stadt hat ein paar nette Ecken und zugleich ist sie ganz schön abgerockt. Das hat übrigens auch einen Grund. Kevin und Ricarda, Ihr solltet jetzt besonders aufpassen, man kann jetzt etwas lernen. Lernen ist das, was Ihr mangels Ausbildung noch nicht gemacht habt: hier war es bis 2012 verboten, die Mieten zu erhöhen. Die Mieteinnahmen konnten also auch nicht mehr an die Inflation angepasst werden. Die Gebäudeeigentümer haben nichts mehr in den Unterhalt der Gebäude investiert und die Gebäude sind wirklich einfach verfallen. Jetzt hat jeder eine günstige Wohnung, aber eben ohne Heizung, Fenster, dichtes Dach und Wasserversorgung. In Lissabon sieht wirklich jedes 3 Haus aus, als ob es nicht mehr bewohnt würde. Hier kann man also die Folgen vom Mietpreisbremsen schön sehen - Verfall und Verknappung zugleich .
    Lissabon macht durchaus Spaß, aktuell reiht es sich in unserem Städterranking trotzdem eher hinten ein . Mal sehen , was der morgige Tag so bringt ....
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