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  • Day 25

    Übungsabbruch

    August 5, 2020 in Switzerland ⋅ ☀️ 21 °C

    Zuerst ein paar Daten zur heutigen Etappe:
    4 Pässe, 22km, 1700m nach oben, 2500m nach unten, 0°-Grenze auf 1800m.ü.M., unsere Flughöhe grösstenteils über 2700m.ü.M
    Wettervorhersage für heute:
    Morgen nachlassender Schneefall, gegen Mittag Aufhellungen, am Nachmittag schön!
    Gut eingepackt und reichlich verpflegt - es gab keinen Salat zum Frühstück! - begeben wir uns vollgepackt und gut gelaunt auf die heutige Etappe. Es liegen bis zu 10cm Neuschnee und die Wanderwege sind noch ungespurt. Dementsprechend fühlen wir uns wie auf einer Schnitzeljagd. Trotzdem finden wir recht zügig den ersten Pass auf knapp 3000m.ü.M. Schon nach einem kurzen Abstieg befinden wir uns auf einem weissen Schneefeld im Nebel ohne Wegmarkierungen. Glücklicherweise tauchen hinter uns zwei weitere Wanderer auf, die aber bis hierhin unseren Spuren gefolgt sind und die Geged auch nicht kennen. Zu viert kämpfen wir uns durch teils knietiefen Schnee von Wegmarkierung zu Wegmarkierung. Dabei werden wir durch Kartenmaterial, GPS und viel Bauchgefühl unterstützt. Als dann noch zwei SAC-Skitourenführer zu uns stossen, suchen wir den Weg als seillose Seilschaft zu sechst weiter. Wir irren über Le Grand Désert zum nächsten Pass auf 2921m.ü.M. Der Nebel hat sich kein bisschen verzogen, der Schnee fällt immer noch, auch die Temperaturen sind eher gefallen als gestiegen und die Wanderschuhe, welche noch vom Vortag feucht waren, sind nicht trockner geworden. Für dieses erste Stück der Etappe haben wir statt zwei, vier Stunden gebraucht. Unsere Sechsergruppe zieht es auseinander und wir sind nach dem zweiten Pass wieder zu zweit unterwegs. Immer wieder gilt es zugeschneite Geröllfelder zu überklettern oder mit Schnee bedeckte Bergbäche möglichst trockenen Fusses (Haha!) zu überqueren. Mit den abgestiegenen Höhenmetern steigt die Menge an Sulzschnee, welcher nicht nur die Eigenschaft hat mehr Feuchtigkeit in die mitlerweile nassen Wanderschuhe zu befördern, sondern auch über eine viel bessere Gleiteigenschaft verfügt. Unser Weg führt uns bei diesen Bedingungen seit geraumer Zeit einem Berghang entlang, der auf unserer Rechten steil ansteigend im Nebel und zu unserer Linken im bodenlosen verschwindet. Irgendwie sind wir noch froh, dass der Nebel die volle Wahrheit verbirgt. Die Motivation und der Spass sind weg. Seit geschlagenen 6 Stunden irren wir nun im Nebel umher, es ist arschkalt, wir haben erst die Hälfte der Strecke hinter uns, die Wegführung ist bei diesen Bedingungen kriminell und gegessen haben wir auch noch nichts. Also Essenspause im Stehen. Es gibt keine Sitzmöglichkeiten ohne noch nässer zu werden. Wie Espenlaub zitternd stehen wir nun da, die Stimmung ist sch... und wir fragen uns warum wir uns das eigentlich antun.
    Vor unserer Wanderung haben wir gesagt: "Wir ziehen das durch bis es keinen Spass mehr macht." Und dieser Punkt ist nun erreicht! Übungsabbruch!
    Beim Lac de Louvie, den wir eher erahnen als sehen, brechen wir die heutige Etappe ab und steigen erschöpft, frierend, frustriert und ruhig nach Fionnay ab, wo wir glücklicherweise das letzte Postauto erwischen. Vorher erkunden wir uns noch beim Turismusbüro ob der Zeltplatz in Bonatchiesse noch Gäste aufnimmt. Die Rückmeldung lautet, dass man online reservieren müsse und dass das Restaurant heute geschlossen sei. Dies scheint unser Glücktag zu sein! Zu unserer Freude gibt es noch einen Platz für zwei arme, frierende Wanderer und es gibt auch heisse Duschen ohne Zeitbeschränkung. Wieder etwas aufgewärmt von der überlangen Duscheinheit und dem köstlichen, selbstgekochten Risotto, sieht das Leben schon wieder etwas besser aus. Wir entschliessen uns gleich noch einen Tag hier zu bleiben, alles zu trocknen, zu waschen, nach Le Châble zu fahren, um einzukaufen, Geld zu holen und zu tanken und erst am übernächsten Tag weiterzuwandern. Also keine Angst, es werden weiterhin Einträge erscheinen - noch geben wir nicht auf.
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