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  • Day 137

    Dar Es Salaam und Mbeya

    January 19, 2019 in Tanzania ⋅ 🌧 19 °C

    Kurz bevor wir den Brightserian Kindergarten verließen, lernten wir noch flüchtig das Mädchen kennen, das dort nach uns den Freiwilligendienst antreten würde. Unsere ehrenamtliche Nachfolgerin empfahl uns ein günstiges Hotel im Zentrum Dar Es Salaams. Da wir nicht noch einmal in dieselbe ominöse Unterkunft wie in unserer ersten Nacht in der tansanischen Großstadt einkehren wollten, folgten wir ihrem Vorschlag. 

    Wenig später, im WLAN der uns nahegelegten Herberge eingelogged, nahmen wir Kontakt zu Tatjana auf und verabredeten uns für den nächsten Tag zu einem Bummel über einen großen Markt im Stadtviertel Kariakoo. Voller Vorfreude fieberten wir diesem Ereignis entgegen und merkten dabei, wie uns auf unserer Reise manchmal ganz alltägliche Dinge fehlten. Mit einer Freundin ein Treffen zu vereinbaren, fühlte sich ein bisschen wie Zuhause an und das war schön.

    Der Markt war bunt, lebendig und brechend voll. Jeder pries lauthals seine Ware an. Schwer beladene Karren und Fahrräder wurden mitunter durch die Menschenmassen hindurch manövriert. Unser kleines Trio genoss aufgrund der offensichtlich europäischen Herkunft mal wieder ganz besondere Aufmerksamkeit. Während wir an Ständen mit Kleidung, Schuhen und Stoffen vorbeischlenderten, wurden wir von den Händlern oft nicht einfach nur herangerufen. An uns wurde gezerrt und gezogen, teils folgte man uns über kurze Strecken in dem Versuch, uns doch noch von einem Kauf zu überzeugen. All das machte unseren Ausflug zwischendurch etwas anstrengend und nervenaufreibend. Die geforderten Preise waren oft unverschämt hoch, sodass gutes Verhandlungsgeschick geboten war. Dabei kamen uns unsere Suahelikenntnisse sehr gelegen, die wir nach dem kleinen Malheur in der Dusche noch etwas weiter ausgebaut hatten. 'Bei gani?' - Die Frage, wie teuer das Objekt der Begierde sein sollte, gekoppelt an ein freundliches Lächeln, verhalf uns so letztendlich doch noch zu manch einem guten Deal. 

    Nach einer erfolgreichen Shoppingtour und einem kurzen Snack in einem gemütlichen Café, verließen wir am Nachmittag bepackt mit neuen Röcken, Flatterhosen, einem Paar Schuhe und einem schicken Oberteil das Stadtzentrum. Per Fähre und Dalladalla machten wir uns dann zu unserem Lieblingsstrandabschnitt auf, wo wir die restlichen Sonnenstunden bei einem ausführlichen Bad im Meer genossen. Nur Christinas Erfrischung fiel leider etwas kürzer aus. Aufgrund eines hinterhältigen Quallenangriffs, musste diese nach nur etwa drei Minuten die Wellen wieder verlassen. Zum Glück waren die Verbrennungen kaum der Rede wert und die dadurch entstandenen Schwellungen schnell abgeklungen.

    An unserer Hotelzimmertür war ein Schreiben befestigt, das insbesondere Frauen zu hoher Vorsicht außerhalb der Unterkunft riet. Taschen sollten in den Straßen Dar Es Salaams wenn möglich in der Hand und nicht um die Schulter getragen werden. Diebe, die nach diesen aus fahrenden Autos griffen, könnten sonst die an die Taschen gefesselten Besitzer über den Asphalt schleifen. Zudem wurde davor gewarnt, nicht in Taxis einzusteigen, in denen außer des Berufsfahrers noch eine weitere Person säße. Solche Fahrten endeten, so hieß es, in der Regel an einem Geldautomaten, wo der Fahrgast gewaltsam veranlasst würde, Bares abzuheben. Wir nahmen die Worte des Hotelmanagements zwar ernst, fühlten uns dadurch aber nicht eingeschüchtert. Schließlich hatten wir noch nie direkten Kontakt mit einem solchen kriminellen Ereignis gehabt. Damit, dass uns nur wenig später aus erster Hand eine dramatische Entführungsgeschichte geschildert werden würde, hätten wir nicht gerechnet. 

    An unserem letzten Abend in Dar Es Salaam saß Christina mit Lisas Laptop beschäftigt in einem Gemeinschaftsraum des Hotels, als auf einmal ein sichtbar aufgeregter, in etwa gleichaltriger Mann neben ihr stand. Mit Schweißperlen auf der Stirn und am ganzen Körper zitternd fragte dieser, ob er vielleicht kurz den Computer benutzen könne, da er dringend sein Konto sperren lassen müsse. Christina überließ ihm das Gerät und besorgte ihm eine kühle Cola, weil sie befürchtete, dass er sonst einen totalen Kollaps erleiden würde. Nach und nach erfuhren sie und Lisa, die mittlerweile dazugestoßen war, was sich ereignet hatte: Der Mann sei mit seiner Ehefrau in ein Taxi gestiegen, nachdem ihnen ein unschlagbar günstiges Angebot für die Fahrt unterbreitet worden wäre. Eigentlich hätten er und seine Frau bei dem Preis stutzig werden müssen, aber nach vielen Wochen in Tansania, in denen ihnen nichts widerfahren war, hätten sie sich einfach keine Gedanken gemacht, erzählte er uns. Auf einmal habe das Taxi unerwartet angehalten und ein bewaffneter Mann sei eingestiegen. Dieser habe umgehend mit seinem Gewehr auf das Paar gezielt und ihnen befohlen, die Köpfe zu senken und die Blicke auf ihre Schöße gerichtet zu lassen. Ununterbrochen habe der Gesetzeswidrige sie angeschrien und eingeschüchtert.  Die Autotüren seien verriegelt worden. Die aus Tschechien stammenden Touristen seien dann zu einem Geldautomaten gebracht worden, wo weitere Verbrecher bereitgestanden hätten. Der Mann sei von dem als Taxifahrer getarnten Entführer und seinen Komplizen gezwungen worden Geld abzuheben. Nach mehreren Stunden in der Enge des Taxis eingesperrt, sei er von den Gangstern entlassen worden, seine Frau befände sich aber nach wie vor in deren Gewalt und er mache sich große Sorgen um sie. 

    Wir hatten noch nicht gänzlich alle Zusammenhänge der Geschichte verstanden, als im Empfangsbereich des Hotels in zivil gekleidete Polizisten erschienen, die das Opfer baten, ihnen auf das Revier zu folgen, wo seine Frau angeblich auf ihn wartete. Nach den erschreckenden Erlebnissen des Tages, vertraute der Mann kaum einem mehr und bat uns, ein Foto von ihm und den Ordnungshütern zu machen. Zudem notierte er in aller Eile seinen Namen auf ein Stück Papier mit der Bitte an uns, die tschechische Botschaft zu kontaktieren, sollte er nicht wiederkehren. 

    Ein paar Stunden später kam der Mann gemeinsam mit seiner Ehefrau ins Hotel zurück. Sichtlich erschöpft schilderten sie uns den Rest ihres traumatischen Erlebnisses: Nachdem die Verbrecher den Mann dazu genötigt hatten Geld abzuheben, habe ihnen die Ehefrau mitgeteilt, dass sie ihre Kreditkarte nicht bei sich trüge. Anstatt es darauf beruhen zu lassen, seien die Täter ein hohes Risiko eingegangen, indem sie ihre Geiseln separierten. Während sie den Mann weiter in ihrem Gefährt gefangen hielten, sei die Frau in einem offiziellen Taxi zurück zum Hotel geschickt worden, um ihre Kreditkarte zu besorgen. Ihr sei als Warnung mit auf den Weg gegeben worden, dass sie unter permanenter Beobachtung stünde und sie ja keine Dummheiten machen solle. Da sie befürchtete, man könne ihrem Ehemann etwas antun, habe sie sich nicht getraut mit irgendwem zu sprechen. Dann habe sie jedoch einen Hilferuf auf einen Zettel geschrieben und diesen dem Rezeptionisten des Hotels unauffällig zukommen lassen. Dieser habe sie daraufhin in einen Sicherheitsraum geführt und die Polizei kontaktiert. Die Frau sei kurz darauf in demselben Taxi in welchem sie gekommen war, unauffällig gefolgt von Zivilpolizisten, zurück zu den Gangstern gefahren. Dort angekommen habe sich die Polizei zu erkennen gegeben und es sei eine kurze Schießerei zwischen Gesetzeshütern und - brechern entfacht. Mehrere Kriminelle seien festgenommen worden, aber ihr Ehemann sei nirgendwo zu sehen gewesen. Wie sich später herausstellte, hatte man ihn an einen anderen Ort verschleppt. Zu seinem Glück seien seine Entführer von ihren Komplizen über das Polizeiaufgebot informiert worden und anstatt die verbleibende Geisel zu töten, habe man den Mann einfach laufen lassen. Dieser habe natürlich nicht gewusst, was geschehen war und habe sich als erstes auf den Weg zum Hotel gemacht, in der Annahme, seine Frau befände sich noch in Gefahr. 

    Da nicht alle Täter dingfest gemacht wurden und die Gangster um die Unterkunft der beiden Touristen wussten, wechselten diese noch an demselben Abend ihre Herberge und flogen am nächsten Tag zurück in ihre Heimat. Das sei sogar schon vor dem schrecklichen Ereignis geplant gewesen. 

    Um sicher zu unserem nächsten Ziel, Mbeya, zu gelangen, hatten wir uns von einem Mitarbeiter unseres Hotels in Dar es Salaam ein offizielles Taxi rufen lassen, das uns ohne Probleme zum dortigen Busbahnhof beförderte. Eingedeckt mit ausreichend Proviant für die circa 13-stündige Fahrt, kletterten wir noch vor Morgengrauen in den Bus. Während unserer Tour ins westliche Tansania, kamen wir mit unserem Vordermann ins Gespräch. Der Afrikaner wohne in Mbeya und riet uns nicht bis zur Endstation durchzufahren, sondern gemeinsam mit ihm eine Haltestelle zuvor auszusteigen. Diese sei näher zu unserem gebuchten Hotel gelegen. Ein kurzer Blick auf die Karte bestätigte seine Aussage. 

    Bei Ankunft am empfohlenen Busstop war die Sonne längst untergegangen. Wie so oft wurden wir bereits beim Aussteigen von diversen Taxifahrern umzingelt, wovon uns am liebsten jeder einzelne zum gewünschten Zielort fahren wollte. Noch etwas geprägt von der  Entführungsgeschichte unserer Hotelnachbarn, waren wir dankbar, als uns unsere Busbekanntschaft helfend zur Seite eilte. Er bestätigte unsere Sorge, dass es sich bei diesen Männern nicht um offizielle Personenbeförderer handele. Er kenne aber einen zuverlässigen, vertrauenswürdigen Taxifahrer, den er nur kurz anrufen müsse. Unsere Backpacks entladen, fuhr der Bus davon und sowohl die mit uns ausgestiegenen Fahrgäste als auch die ominösen Taxifahrer gingen ihrer Wege. Wir waren so gut wie allein. Erst jetzt fiel uns auf, wie dunkel es war, da der Platz keinerlei Straßenlaternen aufwies. Sein Telefonat beendet, erklärte uns der Tansanier, dass sein Bekannter jeden Moment hier sein werde. Um auch ganz sicher zu gehen, dass wir gut in unserer Unterkunft ankämen, habe er vor, uns auf der Taxifahrt zu begleiten. Im Anschluss würde er dieselbe Strecke wieder zurückfahren, da er selbst nämlich in fußläufiger Entfernung zum Bahnhof wohne. Das kam uns mehr als spanisch vor: wenn er doch extra einen vertrauenswürdigen Fahrer, den er sogar als Freund bezeichnete, kommen ließ, warum wollte er dann noch zusätzlich ins Taxi steigen? Wir hakten nach. Schließlich hatten wir erst kürzlich gelernt, dass eine der obersten Sicherheitsregeln im südlichen Afrika lautet, nicht mit zwei Männern in ein Taxi zu steigen. Unser überbesorgter Helfer ließ sich von unserer Skepsis nicht beirren. Je mehr er beteuerte, dass dies der sicherste Weg zu unserer Herberge sei, desto misstrauischer wurden wir. Da uns die Situation letzten Endes ganz und gar nicht mehr geheuer war, lehnten wir sein freundliches Angebot dankend ab und wollten uns schleunigst vom Acker machen. Der Bahnhof war mittlerweile wie ausgestorben. Etwas hilflos machten wir uns zielstrebig zum einzig sichtbaren Lichtschein auf den Weg. Dort trafen wir auf eine Gruppe Einheimischer, die sich an einem hölzernen Marktstand um ein in einer rostigen Tonne entfachtes Feuer versammelt hatte. Zwar wirkte auch dieser Treff nicht allzu einladend, doch wussten wir uns nicht anders zu helfen. Auf unsere Nachfrage hin, gab einer der Männer an, ein Taxifahrer zu sein und signalisierte uns ihm zu folgen. Während wir etwas zweifelnd hinter dem Unbekannten durch die Finsternis tappten, kam wie aus dem Nichts ein weiterer Mann angerannt. Wild gestikulierend warnte er uns, nicht in das Auto des Fremden zu steigen. Der Mann sei kein Berufsfahrer und wolle uns ausrauben. Unserem Bauchgefühl vertrauend, wechselten wir kurzum die Richtung und folgten dem herbeigeeilten Herrn. Doch die andere Person ließ nicht von uns ab. Immer aufgebrachter wütete er und diskutierte lauthals in Suhaeli mit seinem plötzlich aufgetauchten Konkurrenten. Dieser ließ sich zu unserer Erleichterung  ganz und gar nicht einschüchtern und führte uns in Seelenruhe zu seinem Vehikel. Erneut handelte es sich um kein offizielles Taxi - die gebe es hier in Mbeya auch gar nicht, erklärte uns der Fahrer. Vollkommen verunsichert stiegen wir aus Mangel an Alternativen schließlich in das Auto ein. Während sich Lisa auf der Rückbank mit ihrem Schweizer Taschenmesser bewaffnete, informierte Christina via WhatsApp einen guten Freund über die Situation und verschickte unseren aktuellen Standort - für alle Fälle. 15 angespannte Minuten später erblickten wir heilfroh unser Hotel und versanken nur kurz darauf erleichtert in unseren ersehnten Betten. 

    Am nächsten Morgen informierten wir uns online, was es in und um Mbeya zu entdecken gab. Nicht viel, stellte sich heraus. Das kleine Städtchen wird von Touristen in der Regel nur als Übernachtungsstopp auf ihrem Weg nach Malawi genutzt. Eine Sehenswürdigkeit ließ sich bei der Googlesuche aber doch finden: der Ngozi Crater Lake, circa 30 km außerhalb Mbeyas. Eine Wanderung in die Poroto-Berge zu einem erloschenen Vulkan, von dem heute nur ein riesiger Krater übrig ist, hörte sich doch perfekt an. 

    Bei der Rezeption unseres Hotels nachgefragt, wurde uns empfohlen, ein Taxi zum Krater zu nehmen, da dorthin angeblich keine öffentlichen Verkehrsmittel führen. Der Empfangsmitarbeiter wolle sich 'kurz' nach einem Taxipreis erkundigen und verschwand. Eine halbe Stunde später kam er endlich wieder und eröffnete uns, dass die Beförderung 150.000 tansanische Schilling kosten sollte. Knapp 60 Euro für eine 20-minütige Fahrt? Das war ja wohl ein schlechter Scherz! Wir verließen das Hotel, welches direkt an der Hauptstraße gelegen war. Kaum vorstellbar, dass uns keiner der unzähligen Kleinbusse, die an uns vorbeiratterten, in die Nähe des Kraters befördern konnte. Wir stiegen in das nächste Dalladalla ein und fuhren erstmal zu dem uns bekannten Busbahnhof. Dieser sah am helllichten Tag auch gar nicht mehr so angsteinflößend aus. Die erste Person, die wir anquatschten, konnte uns direkt weiterhelfen und führte uns zu einem Dalladalla, das uns in fußläufiger Entfernung zum gewünschten Zielort rauslassen würde. Wir verhandelten den Fahrticketpreis auf eine uns fair erscheinende Summe. Glücklich darüber, nur etwa ein Hundertstel des Taxipreises gezahlt zu haben, stiegen wir in das motorisierte Gefährt ein. Von den einheimischen Insassen erfuhren wir, dass wir umgerechnet immer noch etwa 30 Cent mehr als den üblichen Preis bezahlt hatten, was der Sache keinen Abbruch tat. Auf halber Strecke gerieten wir wieder einmal in eine Polizeikontrolle. Als einzige Weiße im Fahrzeug lag das Hauptaugenmerk des Polizisten auf uns. Neben den üblichen Smalltalkphrasen wie: 'How are you?' und 'How do you like Tansania?' wollte er zum Schluss noch wissen: 'How much did you pay for the ticket?'. Etwas verdattert beantworteten wir auch die letzte Frage und fügten hinzu, dass uns bewusst sei, dass wir etwas zu viel gezahlt hatten. Lachend antwortete dieser: 'Not too much for you.' Auch wir fingen an zu lachen. Allzu übel konnten wir ihm seine Legitimation nicht nehmen, uns aufgrund unserer Hautfarbe ein wenig teurere Tickets zu verkaufen. 

    Mitten auf einer Landstraße, an der sich ein paar Dutzend Häuschen zu einer winzigen Ortschaft zusammenschlossen, kam der Fahrer zum Stehen und bedeutete uns auszusteigen. Noch nicht ganz überzeugt davon, ob wir richtig waren und da wir auf die Schnelle auch kein Schild sahen, fragten wir noch kurz, wo es zu dem Krater ginge. Der Fahrzeugführer winkte drei Jugendliche herbei, die im Dorf herumschlenderten, und beauftragte diese uns dorthin zu leiten. Gesagt, getan. Nach nur wenigen Metern entdeckten wir auch schon einen kleinen Wegweiser, der die Richtung zum Ngozi Crater Lake anzeigte. Da eine Verständigung mit den Jugendlichen ohnehin nicht möglich war und wir die Wanderung lieber auf eigene Faust machen wollten, drückte wir ihnen etwas Kleingeld in die Hand und verabschiedeten uns dankbar. 

    Voller Vorfreude endlich wieder eine Wanderung zu machen schritten wir motiviert die zum Krater führende Schotterstraße entlang. Doch das Vergnügen hielt nicht lange an - bereits nach wenigen hundert Metern kamen uns drei mit Macheten bewaffnete Ranger entgegen und versperrten uns den Weg. Zwar in mehr als gebrochenem Englisch, aber dennoch unmissverständlich wurde uns vermittelt, dass wir ohne ein im Vorfeld erworbenes Eintrittsticket nicht passieren dürften. Damit konnten wir nicht dienen. Nirgends im Dorf war auf eine Verkaufsstelle hingewiesen worden und auch die Jugendlichen hatten keine Andeutungen gemacht, dass man dort bereits hätte Eintritt zahlen sollen. Uns blieb keine andere Wahl als den Männern zurück zur Hauptstraße zu folgen. Nein, wir hatten nichts übersehen: es gab keinen Hinweis auf einen Ticketerwerb. Wir wurden durch kleinste Gassen, vorbei an Hühnern und Kälbern, zu einer kleinen unscheinbaren Lehmhütte eskortiert. Dort behieß man uns zu warten. Wie wir dieses Office alleine hätten finden sollen, blieb uns ein Rätsel. Endlich kam das Oberhaupt des Dorfes herbeigeeilt. Allerdings war auch er der englischen Sprache nicht mächtig. 30.000 TZS wolle er von uns haben, so viel verstanden wir. Wir hatten zufällig zuvor im Internet gelesen, dass man sich auf jeden Fall ein Ticket aushändigen lassen soll, da man sonst trotz Bezahlung am Fuße des Kraters wieder weggeschickt werden würde. Irgendwie versuchten wir also dem Chief zu vermitteln, dass wir nur gegen einen Beleg bezahlen würden. Doch dem wurde nur mit vehementen Kopfschütteln begegnet. Da sowohl das Büro als auch unser Gegenüber alles andere als offiziell aussahen, behielten wir unser Geld letzten Endes lieber für uns. Das war uns etwas zu blöde und undurchsichtig. 

    Wir gingen zurück zur Hauptstraße, versuchten noch ein paar andere kleine Feldwege entlangzuwandern, die sich jedoch alle als Sackgassen entpuppten. Etwas resigniert entschieden wir uns dazu einfach an der Straße zurück zu laufen. Mit den an uns vorbeibretternden Autos war das allerdings alles andere als ein idyllischer Spaziergang und das noch weitere 25 Kilometer? Beim nächsten näherkommenden Fahrzeug streckten wir spontan unseren Arm aus, worauf dieses auch tatsächlich zum Stehen kam. Wir tauschten ein paar Worte mit den vier sympathisch erscheinenden Männern aus, vertrauten auf unseren Instinkt und stiegen zu ihnen in den Van. Wir hatten eine sehr unterhaltsame Fahrt, wurden mit Proviant versorgt, lernten noch etwas über das Land und die Kultur und wurden tatsächlich bis kurz vor unser Hotel mitgenommen. Wieder einmal hatte uns unser Bauchgefühl nicht im Stich gelassen. 

    Nach zwei Nächten in Mbeya zog es uns weiter. Bis nach Malawi waren es nur noch etwa 120 km. Wieder einmal bestiegen wir ein Dalladalla, das uns bis kurz vor die Grenze bringen sollte. Im vollgestopften Kleinbus herrschte eine ausgelassene Stimmung. Fröhlich plapperten queerbeet alle um uns herum miteinander. Immer wieder schnappten wir vereinzelte Wortfetzen auf. Unter anderem das suhaelisches Wort  'Muzungu' für 'Weiße Person'. Da wurden wir doch neugierig und fragten in die Menge, was so über uns gequatscht wurde? Dies stieß sofort auf freudiges Gelächter und entfachte einen unterhaltsamen Austausch, in dem wir unsere bisherigen Suhalikenntnisse preisgaben und diese noch etwas erweiterten. 

    Drei Stunden später stiegen wir etwas wehmütig aus dem Fahrzeug. All unsere Sprachfortschritte waren in wenigen Minuten nicht mehr gefragt, wieder musste man sich an eine neue Währung gewöhnen und aufs Neue herausfinden, was ein angemessener Betrag für Nahrungsmittel, Transport etc. war. Auf der anderen Seite waren wir natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, welche Abenteuer uns im nächsten Land erwarten würden. So passierten wir die Passkontrolle mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
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