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  • Day 20

    Etappe 18: Beycik - kurz nach Gedelme

    October 5, 2021 in Turkey ⋅ 🌙 18 °C

    Bis vor etwa 15 Minuten bin ich während über drei Stunden neben meinem Zelt vor einem wärmenden Lagerfeuer 🔥 gesessen. Ein perfekter letzter Abend meiner Wanderreise entlang vom Lykischen Weg.

    Bereits morgen werde ich mit dem Bus von Göynük nach Antalya fahren, wo ich insgesamt drei Nächte und zwei Tage verbringen werde. Ich habe mich aus zwei Gründen für eine zusätzliche Nacht in der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz entschieden. Einerseits passen die Busverbindungen morgen sehr gut. Andererseits spüre ich, dass nur ein einziger Tag in der Stadt nicht ausreichen wird, um nach diesen vielen Erlebnissen vor meiner Rückreise wieder auf den Boden der Realität zurückzukehren.

    Für meine Wanderung entlang vom Lykischen Weg bedeutet das, dass ich es ganz knapp nicht bis zum offiziellen Endpunkt schaffen werde. Ich behaupte jetzt einfach mal ganz frech, dass zwei zusätzliche Tage ausgereicht hätten, um bis nach Geyikbayiri zu kommen. Das ist jedoch vollkommen in Ordnung so für mich. Ich bin ehrlich gesagt sogar bizzeli stolz, dass ich es in 19 Tagen überhaupt so weit schaffen werde. Was ich in dieser Zeit alles erlebt habe, ist sowieso fast nicht zu glauben.

    Heute war noch einmal ein ganz spezieller Tag. Bevor ich mich an den restlichen steilen Aufstieg zum Tahatli-Sattel auf über 1‘800 Meter herangewagt habe, habe ich noch eine gute Tat getan. Ich habe einem jungen Paar aus Sibirien meinen Gaskocher billig weiterverkauft. Sie machen die Wanderung in umgekehrter Reihenfolge wie ich und hatten Probleme mit ihrem Gerät. Da ich selber nur noch zwei Tag unterwegs bin und weil ich weiss, was die beiden noch alles erwartet, habe ich mich zu diesem Schritt entschieden. Leider habe ich nicht daran gedacht, dass ich ihnen auch meine restlichen Nudelpackungen und die Suppen mitgeben könnte. Ich selber kann ohne Kocher ja jetzt nichts mehr damit anfangen. 🙈

    Der anschliessende Wandertag war dann wunderschön, auch wenn es wie bereits erwähnt zu Begin gleich steil bergauf ging. Etwas nervig waren die vielen russischen Touristen, die in dieser Gegend Ferien machen und von ihren Tourguides mit Jeeps bis hoch in die Berge kutschiert werden. Zudem überrascht es mich immer wieder, wie unüberlegt und dumm sich gewisse Menschen verhalten. Wie kann man nur auf die Idee kommen, mit Flipflops 🩴 einen Tripp in die Berge zu unternehmen? Aber solche Dinge kenne ich ja bereits zur genüge von meiner Weltreise….

    Am Nachmittag habe ich dann die bis heute verschollene dritte Sängerin von ABBA kennengelernt. Sie hat vor 8 Jahren einen sehr redseligen Türken geheiratet und ist von Schweden zu ihm nach Gedelme gezogen. Stellt euch die gute Frau wie die perfekte Mischung aus Frida und Agnetha vor, einfach noch zusätzlich mit einem grossen Bauch und sehr, sehr dreckigen Füssen. 🤣

    Das Highlight vom ganzen Tag ist dann am Abend passiert, als ich in der freien Natur mein Zelt aufstellen wollte. Plötzlich hörte ich in der Ferne eine Ziegenherde, die sich in meine Richtung bewegt. Tatsächlich standen ein paar Minuten später bestimmt über 50 Tiere vor mir auf der Ebene. Mit etwas Verspätung gesellte sich dann auch noch eine Hirtin dazu, die auf türkisch mit mir anfing zu sprechen. Obwohl wir uns eigentlich nicht verstanden haben, haben wir anschliessend etwa 45 Minuten zusammen verbracht. Sie hat mein Zelt 🏕 begutachtet und wir haben zusammen Holz gesucht und Feuer gemacht. Sie hat mir auch von sich und ihrer Familie erzählt. Ich bin mir fast sicher, dass vor kurzer Zeit ihre Mutter verstorben ist, weshalb sie noch immer sehr traurig ist. Ich habe ihr dann spontan eine Kette mit einem schönen Stein geschenkt, die ich in Kas eigentlich für jemand anderes gekauft hatte. Sie hat sich sehr darüber gefreut. Anschliessend hat sie ihre ganze Tasche ausgepackt und mir einen Apfel, ein paar Trauben und Süssigkeiten geschenkt. Das war ein so schönes Erlebnis und der perfekte letzte Abend meiner Wanderung. 😍 Ganz zu schweigen von den drei Stunden, während welchen ich mich anschliessend vor dem lodernden Feuer wärmen konnte.
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