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  • Day 30

    Old Mexicó

    June 28, 2022 in Mexico ⋅ ☀️ 27 °C

    In Campeche waren wir bisher am längsten, weil wir wegen Luisas Beschwerden zwei Mal verlängert haben. Höchste Zeit weiter zu ziehen. Wir verlassen die Halbinsel und verziehen und in den Bundesstaat Chiapas. In das alte und traditionelle Mexicó.

    Wir gehen zur ADO Busstation, kaufen unsere Tickets und noch ein paar Snacks. Die Fahrt dauert immerhin 6 Stunden lang. Wir sind zwar wieder in einem großen bequemen Bus, aber bei den Straßenverhältnisse... Naja sagen wir es mal so : mir steht die Kotze bis zum Hals und Johannes' Kotze liegt auf Julias Schoß. Aber zum Glück nicht die volle Ladung. Julia zaubert in Windeseile eine Tüte aus dem Rucksack. A pros pros zaubern. Es grenzt an Magie, dass ich bei dem beißenden Duft nicht auch gleich losreiere. Das Wort sieht komisch aus. Losreieren. Oder Losreihern? Keine Ahnung. Ich schreibe dieses Wort zum ersten Mal.

    Wir sind endlich da. Palenque. Hier ist es wieder ganz ganz anders. Die bisherigen Städte sahen sich ja in gewisser Weise ähnlich. Hier gibt es keine flachen, gut sortierten und bunten Straßen. Wir sind hier praktisch in den Bergen und die Stadt ist vom Dschungel umzingelt. Wenn wir den Horizont sehen, blicken wir auf grüne Berge. Und wenn ein größeres Grundstück brach liegt, dann entsteht darin sehr schnell ein kleiner Mini-Dschungel. Als wir an so einem Grundstück vorbei gehen, sagt Luisa plötzlich: "Schau mal, da sind zwei Affen". Das ist natürlich Blödsinn. Wir sind mitten in der Stadt und wir gehen direkt an der Hauptverkehrsstraße entlang. Ich schaue nach links und naja... Luisa hatte Recht. Da sitzen zwei Brüllaffen recht weit unten im Baum und glotzen uns unverwandt an. Trotz der Luftsprünge unserer Kinder, suchen sie nicht das Weite. Im Gegenteil, sie kommen näher und schauen uns an, als wären wir hier die Tiere im Zoo. Cool.

    Die Straßen sind hier sehr bergig. Es geht steil hoch und wieder steil runter. Auch im Zentrum. Zum Glück habe ich hier nicht meinen Führerschein gemacht. Falls es hier Fahrschulen gibt, fallen bestimmt so Sätze wie: Jetzt nimm Mal richtig Anlauf! Oder: Nur nicht Bremsen, sonst rollen wir rückwärts. Aber jetzt wo ich so drüber nachdenke, eine Fahrschule habe ich hier tatsächlich noch nicht gesehen. Ich werde das bei Gelegenheit mal googlen. Auffallend sind hier die Kleinen Pickups mit Planenaufbau. Einmal werden damit Gegenstände transportiert, das andere Mal ein Pferd. Meistens aber sieht es aus wie ein Auto von Menschenhändlern. Wahrscheinlich sind es aber einfach Ultra-Economy-Busse. Dort drin stapeln sich im wahrsten Sinne des Wortes Menschen. Und zwar mindestens so viele, dass es saumäßig unbequem aussieht. Manchmal auch noch mehr. Dann stehen noch ein paar Leute auf der Ladeklappe und halten sich fest, als wären sie blinde Passagiere. Wir unterhalten uns so, dass wir trotz des irren Verkehrs noch keinen einzigen Unfall gesehen haben. Bis wir dann mal wieder nach Taxis winken. Das Taxis bleibt mitten auf einer dreispurigen Hauptverkehrsstraße stehen und winkt uns herbei. Sagen wir mal so: Als Nächsten rammt ein 40-Tonner zwei weitere Taxis und wir sind nicht ganz unschuldig. Bis wir das aber merken, sitzen wir selbst schon im Taxi und sind über alle Berge. Zum Glück nur Blechschaden. An dieser Stelle ein Fun-Fact: Taxis haben hier grundsätzlich keine Gurte, egal welches Baujahr.

    In den wahnwitzigen Straßen im Zentrum reihen sich wieder ein Geschäft an das andere. Manche sind vielleicht gerade mal einen Meter breit. Oft sind das dann auch nur Treppenaufgänge zu einer Wohnung im 1. Stock. Und der wird tagsüber dann einfach umfunktioniert als Laden in denen man eine Hand voll Sachen kaufen kann. Eine Sache fällt uns auch sofort auf. Hier trägt plötzlich niemand mehr eine Maske. Auch nicht da wo es eigentlich Pflicht wäre. Hier gibt man auch nicht die Faust. Man gibt die Hand, und das nicht zu knapp.

    Unser Hotel ist direkt am zentralen Kreisverkehr und trotzdem beginnt hier eine romantische verkehrsberuhigte Straße. Kopfsteinpflaster und riesige Bäume zäumen den Weg, dass man kaum den Himmel sehen kann. Hier findet man ausschließlich kleine Hotels und Restaurants. Es scheint als wären die Gebäude hier in den Dschungel integriert. Alles ist hier so grün und aus Holz und Bambus. Über unseren Köpfen ist plötzlich lautes Geschrei. Wir schauen nach oben und sehen zwei bunte und wirklich große Papageien über die Baumwipfel zischen. Ein unbezahlbarer und nicht zu fotografierender Moment.

    Ohne groß auf die Suche zu gehen, treffen wir auf viele Tiere. Auch am Hotelpool baden wir mehr oder weniger mit Leguanen und Vögeln die im Wasser spielen. Doch das ist uns nicht genug. Wir buchen eine Tour zur "Zona Arqueológica". Dort finden sich ca. 2000 Maya Tempel-Ruinen. 5% kann man öffentlich besichtigen. 95% sind im Dschungel vergraben. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Aber dazu später mehr. Der Tour-Bus holt uns am Morgen ab. Und haltet euch fest... 10min vor der vereinbarten Uhrzeit. Ich bin mit sehr sicher, dass hier die Armbanduhr des Fahrers kaputt war. Und wo wir gerade bei "Armen" sind. Auch nach mehrmaligem unauffälligem hinglotzen... Unser Fahrer hat nur Einen. Also nur einen Arm! Aber egal, er fährt ja nur Bus. Mit Schaltgetriebe versteht sich. Und so eine Busfahrt wäre ja auch langweilig, wenn er nicht nebenbei noch telefonieren und am Handy spielen würde. Trotz einer hohen Achtung, sind wir froh, dass der Fahrer uns nur zu einem Sammelpunkt bringt, wo wir dann in den eigentlich Bus einsteigen. Bei den Ruinen angekommen sind wir überglücklich, dass es hier keine fleischfressenden Monstermücken gibt, wie beim letzten Mal. Dafür gibt es allerlei andere Tiere, die wir sehen dürfen, noch bevor wir richtig realisieren wo wir sind. Doch zunächst einmal nehmen wir gruselige Geräusche war. Es muss ein Tier sein das zum fürchten groß ist. Doch nichts dergleichen. Es sind wieder die Brüllaffen. Aber diesmal in voller Lautstärke. Wir lassen uns später erklären, dass man die Laute bis 10km weit hören kann. Irre. Da hier auch allerlei bunte und außergewöhnliche Pflanzen wachsen, lässt auch der Kolibri nicht lange auf sich warten. Es sind so viele Eindrücke. Wir können sie kaum erfassen. Nach ein paar Minuten Fußweg sind wir bei dem Ruinen. Sie sind wunderschön und anmutig. Wir haben jetzt schon ein paar gesehen. Und trotzdem ist es jedes Mal unfassbar was Menschen erschaffen können, ohne moderne Technik. Und vorallem in einer Qualität, dass es teilweise so lange überdauert. Das Highlight hier ist auf jeden Fall, dass man in einer der Pyramiden sogar hineingehen kann. Die meisten Pyramiden sind gesperrt oder haben gar keine Innenräume. Wir sind also in einer Pyramide. Cool!

    Wir haben sowas bisher immer ohne Tourguide gemacht, weil die meisten nur Spanisch sprechen. Und in der Gruppe gehen wir dann unter. Und die Kinder stehen dann 10mim vor einer Säule und der Typ redet sich um Hals und Kragen auf Spanisch. Das wollen wir den Kindern nicht antun. Als wir allerdings mit den Ruinen fertig sind und schon wieder beim Ausgang sind, spricht uns ein junger Mann mit Rucksack an. Er ist im Dschungel geboren und aufgewachsen. Es bietet uns eine fast 1stündige Tour durch den Dschungel an. Für ca. 30€ verspricht er uns, dass wir uns wie Tarzan und Indianer Jones fühlen werden. Wir erwarten nicht viel, weil diese Zone ja immernoch ein Touristen Ort ist. Doch dann kriecht der Guide mit uns unter dem Absperrband durch, welches den Bereich der öffentlichen Ruinen umrandet. Wir sind im Dschungel! Kein Fußweg mehr. Keine Schilder. Alles geht so schnell. Das hatten wir nicht erwartet. Aber wir mögen es. Ich kann euch das gar nicht alles erzählen. Nur soviel: Wir essen Termiten. Wir trinken Flusswasser. Wir klettern Lianen hoch. Wir kriechen in Höhlen, der Guide mit Taschenlampe voraus um nach Spinnen und Schlangen abzusuchen. Und vieles mehr!

    Zum Schluss noch ein paar Worte zur Versammlung. Es ist bisher die lustigste und herzlichste. Die Brüder und Schwestern scharen sich regelrecht um uns. Alle wollen ein Selfie. Und als wir die Faust hinstrecken zum Begrüßen, werden wir einfach umarmt oder mit Handschlag begrüßt. Der eine Bruder verabschiedet sich, glaub 5mal mit Handschlag und 1mal mit Umarmung. Am nächsten Abend werden wir prompt zum Essen im Restaurant eingeladen. Unser Spanisch ist holprig, aber durch solche Abende kommt es in Schwung. Schön.

    Wie gewohnt ist das alles ein winziger Einblick in unsere Tage im wunderschönen Palenque. Ich könnte noch von Wasserfällen erzählen, wie wir darin baden. Und wir hinter den Wasserfällen mit Taschenlampen in Fledermaus-Höhlen kriechen. Aber ich geh jetzt lieber schlafen.

    Als nächstes wollen wir nach San Cristóbal. Das ist leichter gesagt als getan. Aber dazu bald mehr...
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