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  • Day 7

    Oberammergauer Passionspiele

    August 2, 2022 in Germany ⋅ ⛅ 22 °C

    Die Oberammergauer Passionsspiele sind das weltweit bekannteste Passionsspiel. In einer mehrere Stunden dauernden Aufführung stellen die Dorfbewohner Oberammergaus die letzten fünf Tage im Leben Jesu nach. Erstmals wurde das Passionsspiel 1634 als Einlösung eines Gelübdes nach der überstandenen Pest aufgeführt. Seit 1680 gilt ein zehnjährlicher Rhythmus, in der Regel im letzten Jahr eines Jahrzehnts. Im 20. Jahrhundert gab es zwei Extra-Spielzeiten: 1934 und 1984 zur 300. und 350. Wiederkehr der ersten Aufführung. Im 21. Jahrhundert musste die für 2020 vorgesehene Aufführung wegen der Coronavirus-Pandemie auf 2022 verschoben werden. Die Oberammergauer Passionsspiele wurden im Dezember 2014 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes im Sinne des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.

    Als wir uns heute Morgen am Ticketschalter für Tageskarten anstellen, bietet uns ein Busfahrer Karten der ersten Kategorie von amerikanischen Gästen an, die krankheitsbedingt leider nicht mitreisen konnten. So zahlen wir jeweils 100 € für unsere Tickets, die einst 200 € gekostet haben. Nun sind wir zwei von knapp 4.400 Zuschauern, die ihre Karten teilweise schon sehr lange im Voraus gebucht hatten. Fotografieren ist übrigens nicht erlaubt, die Bilder habe ich aus dem Internet.

    Oberammergau hat eine Passion

    Der halbe Ort ist auf den Beinen, um die Passion zu spielen. Die Darsteller, Chorsängerinnen und Sänger, Instrumentalisten, Bühnenbauer, Beleuchter, das Kantinenpersonal und die Einlasskontrollen. Mit den vielen Kindern auf der Bühne wirken 1.800 Einheimische mit, die hier geboren sind – oder seit 20 Jahren hier leben – das sind die Spielregeln für das Mitspielen auf der großen Bühne. Neben der Leidenschaft fürs Theaterspielen ist es die Musik, die sie zusammenschweißt. Auch Orchester mit 60 Instrumentalisten und der Chor mit seinen 65 Sängerinnen und Sängern brillieren in der fünfeinhalbstündigen Darbietung. Sogar ein Esel, mehrere Ziegen, zwei Kamele, Tauben und ein Pferd sind mit von der Partie.

    Jesus ist lauter und verzweifelter denn je

    Eindringlich und präsent ist Jesusdarsteller Frederik Mayet auf der Passionsbühne. Schmettert seine Botschaft fast schon aggressiv auf seine Mitspielenden und das Premierenpublikum. Geleitet von den aktuellen Geschehnissen hat Spielleiter Christian Stückl Jesus quasi neu erfunden. War er früher einfühlsam und behutsam, dann soll er jetzt laut und energisch sein. Krieg, Krankheit, Flüchtlinge waren schon vor 2000 Jahren ein Thema und sind es auch heute noch. Jesus verzweifle an dieser Welt, so Stückl. Dementsprechend auch das Bühnenbild: grau, erdfarben, trist. Die Kulisse soll die Hoffnungslosigkeit unterstreichen. Dem Spielleiter geht es um eine Botschaft: "Wir haben früher die Leidensgeschichte von Jesus erzählt. Aber ganz wichtig ist die Lebensgeschichte. Was wollte er in seinem Leben - und für was ist er ans Kreuz geschlagen worden?" Die Kluft zwischen Arm und Reich, Flucht, Vertreibung und Krieg sind für ihn zentrale Themen.
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