Uydu
  • Gün 44

    Lockdown bei Helen der II.

    24 Mart 2020, Yeni Zelanda ⋅ ⛅ 10 °C

    Helen wohnt am Rande von Oamaru, Hauptstadt des Steampunk 🤖 (bei Interesse, einfach in Wikipedia nachschlagen), und betreibt dort ein Bed and Breakfast und eine Kälberfarm 🐄🐂 Neben uns zählen sich auch ein italienisches Pärchen (David + Sharon 🙋🏼‍♀️🙋🏻‍♂️) und ein Deutscher (Johannes🙋🏻‍♂️) zu den Glücklichen, die in den letzten 48 Stunden vor dem Lockdown ein Workaway gefunden haben 😥 Die nächsten Wochen sind wir eine Wohngemeinschaft, die die unbekannte Situation irgendwie zusammen meistern wollen. Auf den ersten Eindruck, sind alle nett und gesprächig, das Haus ist vom Kamin gewärmt 🔥 und es gibt von Helen gekochtes Essen 🥘 Ein guter Start! 😋

    Am nächsten Morgen bekommen wir die Tour über die 16 Hektar Felder, die Garagen und Schuppen, das Haus, lernen die ca. 25 Kälber, 4 Ziegen, 3 Katzen und Marc, Helens Exfreund, kennen Marc ist so etwas, wie der Hausmeister vom Dienst 👨🏼‍🔧, wohnt in einem ausgebauten Schuppen und ist sehr redselig. Doof nur, dass ihn kaum einer versteht, weil er den Mund nicht aufkriegt und lispelt. Gut, dass er auch kaum ein Wort versteht, was wir ihm sagen 🤔 Es schleicht sich ein, dass er einfach immer redet und ihm mal mehr mal weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Helen ist da etwas weniger kommunikativ, was in den kommenden Wochen auch zu Missverständnissen und Unmut führt 🙄

    Die Hälfte der Kälber ist ca. 1 Jahr alt, die andere Hälfte schon 1,5 Jahre 🐄 Helen verkauft sie, wenn sie ca. 2 Jahre sind. Wenn der große LKW zum Schlachthaus kommt, heißt es Abschied nehmen 😓 Deswegen haben die Kälber auch nur eine Nummer am Ohr und bekommen keinen Namen. Die Kälber bekommen neben saftig grünem Weidergras, auch Heu und teilweise Nahrungsergänzungsmittel 🌿 Die Kälber stehen auf das braune Pulver und sollen dadurch besser gedeihen. Naja… alles was der Mensch sich so wünscht 🙁

    Die 4 Ziegen kriegen auch dicke Bäuche ohne zusätzliches Futter 🐐 Die Katzen Kitty, Samy und Ginger haben alle sehr unterschiedliche Charaktere. Samy ist der Hausherr und bringt auch mal ein Kaninchen mit von der Weide, welches dann morgens frisch serviert auf uns im Wohnzimmer wartet. 🐰☠️ Kitty hat epileptische Anfälle, bekommt dagegen Pillen 💊,aalt sich jeden Abend vor dem Kamin und schmust sehr gern mit Helen. Ginger war schon im Haus bevor Helen es vor ein paar Jahren gekauft hatte. Er ist schon ziemlich alt, schläft viel und hat sich zu unserer Lieblingskatze von den Dreien entwickelt 🐱

    Das Haus ist recht groß, hat mehrere Schlafzimmer, die wegen des Lockdowns nicht von Gästen sondern von uns bewohnt werden. Gut so! 😃 Denn die letzten Nächte in Frosty waren ebenfalls frosty 🥶 Im Haus gibt es leider nur ein Badezimmer bzw. Dusche inkl. Toilette 🛁 Die Küche ist groß und offen zum Ess-/Wohnzimmer 🍽 Man hat einen tollen Ausblick auf die Küste und das Wasser. Der Sonnenaufgang ist ziemlich beeindruckend, wenn nicht gerade Wolken davor hängen 🌅 Das kommt aber jetzt öfter vor, da sich der Herbst hier breitmacht. Im Auto wollen wir erst mal nicht mehr schlafen. 🍂

    Die Italiener waren schon zwei Mal bei Helen und gehören quasi zur Familie. Die ersten Tage schlafen sie aber in ihrem Auto vor der Tür, was uns zuerst we wundert 🤔 das soll sich jedoch später noch aufklären. Spätestens als die 25-jährige Italienerin es vor Rückenschmerzen nicht mehr im Auto aushält, ziehen sie beiden in den letzten freien Schlafraum. Wir wohnen nun also zu sechst in dem Haus, arbeiten jeden Tag ein paar Stunden und haben viel Freizeit.

    Wir haben uns für die angekündigte Quarantäne-Zeit schon eine Liste von Dingen aufgestellt, die wir gern in der Zeit angehen würden. Eine Art persönliche Challenge Liste: Darunter sind Handstand/Kopfstand, Taekwondo/ Yoga-Online-Videos, Steuererklärung, Bücher lesen, Business-Plan für unsere aussichtsreichste Geschäftsidee erstellen etc. Dieser Zettel kommt an die Wand in unserem Zimmer. 📜 💪

    Wir kommen relativ schnell in den Alltagstrott mit Frühstück, Arbeiten, Mittag essen, Siesta, am Nachmittag noch ein wenig Arbeiten und dann Freizeit mit Sport, Lesen, Abendbrot und Abendprogramm. Die Arbeitsmotivation ist zunächst hoch und alle sind überglücklich, dass wir untergekommen sind vor dem Lockdown und nicht wie Tausende andere Camper entweder herumirren oder sich in kostenpflichtigen Unterkünften selbstisolieren 😇 Wer weiß, wie lange, die ganze Sache dauert. Helen fragt uns gleich anfangs, ob wir sie ein wenig bei den Einkaufen finanziell unterstützen könnten 🛍 Auch da wir keine andere Wahl haben, stimmen wir ein. Bei Helen bricht jetzt auch das Geld aus dem Bed and Breakfast weg und sie ist dabei, sich ein neues Eigenheim auf dem Grundstück zu bauen. In dieses Haus will sie später mit ihrer Mutter einziehen. Durch den Lockdown ruhen hier aber die B&B-Einkünfte und die Bauarbeiten. 💸🙁

    Irgendwie trägt hier jeder seine Corona-Probleme mit sich. Die Italiener wollten eigentlich auf eine Südsee-Insel fliegen und von da nach über 2 Jahren wieder zurück nach Italien 🇮🇹 Die Flüge wurden gestrichen und dem Geld werden sie noch lange nachrennen.

    Johannes hat sich, wie viele andere Deutsche, vorsorglich in die Liste vom Auswärtigen Amt für die Rückhol-Aktion eingetragen. Ein Flug wird ihm dann nach langem Bangen kurz vor Ostern angeboten. ✈️ Mit Tausend anderen Deutsche fliegt er nach Hause. Ca. 15.000 Deutsche hatten sich in diese Liste für Neuseeland eingetragen. Wir tragen uns da nicht ein. So schnell soll unsere Reise nicht zu Ende sein. ☹️ Johannes’ Auto, wie auch Tausende andere werden versucht, zu Spottpreisen zu verkaufen oder einfach am Flughafen stehen gelassen. 🚙 Wegen der Ausgangssperre ist ein Verkauf fast unmöglich geworden. Wir sind froh über unseren Wagen Frosty und bewegen ihn regelmäßig zum Strand 🏝 Wir harren also weiter aus, ähnlich wie die Italiener. Die hoffen auf eine neue Arbeitsmöglichkeit, wo sie auch Geld verdienen können. Nach 4 Wochen haben sie dann Glück und werden sich nach 5 Wochen Lockdown an die Weinernte im Norden der Südinsel machen 🍇 🍷 Die Fähre fährt noch immer nicht zwischen Nord- und Südinsel.

    Wir liebäugeln ja schon seit dem Ausrufen des Lockdown mit einem neuen Visum für Erntehelfer, was die Regierung aufgesetzt hat, da jetzt keine Erntehelfer mehr ins Land kommen können und die Tausenden Work-and-Travel-Leute großteils ausgereist sind. Doof nur, dass dieses Visum von einer Behörde ausgestellt wird, die nicht zu den “essential services” gehört und daher bis auf weiteres geschlossen bleibt 😡 Alert Level 4 erlaubt fast nichts mehr. Unser Weiterflug nach Australien wurde auch zu Beginn des Lockdowns storniert, wofür wir aber einen Gutschein bekommmen, den wir hoffentlich bald einsetzen können 🎫

    Eigentlich wollten wir nach 3 Monaten rübermachen nach Australien und die Ostküste von Süd nach Nord bereisen, Freunde und Familie besuchen und dann widerum 3 Monate später nach Indonesien reisen 🇦🇺 Diese Planung ist zunächst auf Eis gelegt. Ein Glück, haben wir, wie viele andere, eine automatische Visa-Verlängerung bis Ende September bekommen, weshalb wir uns zumindest keine Sorgen machen müssen aus Neuseeland rausgeschmissen zu werden. 😅 Denn Australien schaltet im Laufe der Corona-Ereignisse einen Gang höher und empfiehlt den ausländischen Touristen (ohne Aufenthalts-Titel) mit Nachdruck das Land zu verlassen. Neuseeland ist da gastfreundlicher und möchte nur, dass die Touris an dem Ort bleiben, wo sie gerade sind. Ok für uns 👌 Supermärkte, Tankstellen und Apotheken sind noch offen, sonst nichts. Ähnlich der Situation in Deutschland, finden wir uns auch hier langsam mit diesen Einschränkungen zurecht. Wir haben viel Auslauf auf dem Gelände und können uns auch leicht aus dem Weg gehen, solange wir nicht zusammen arbeiten. Unvorstellbar wenn es anders wäre 🤯

    Wir kümmern uns um alle möglichen Dinge auf dem Gelände. Neben dem täglichen Hausputz, teilweise das Essen vorbereiten und nachher sauber machen, Wäsche waschen, Feuer im Kamin machen, Holzhacken/-sammeln, Kühe füttern, Unkraut zupfen und AUFRÄUMEN. 🤪 Es gibt kaum Worte dafür, wieviel Zeug, Unordnung und Dreck sich in den wenigen Jahren ansammeln konnte, in denen Helen das Grundstück besitzt. Wir fangen also eine Ecke nach der anderen an aufzuräumen, auszumisten und zu putzen. Das passiert alles unter den Argus-Augen von Helen, die ein Messi in Perfektion ist. 🙄 Wir gehen dazu über, Dinge einfach auszusortieren, weil Helen sie eh nicht zurückräumen wird. So wird die Küche auf Vordermann bebracht, das Gewächshaus wieder funktionsfähig gemacht, die Werkstatt in einen anderen zuvor vermüllten Raum verlegt etc. 🤜🏻🤛🏻Wir produzieren in diesen Wochen Unmengen an Müll, verbrennen alle paar Tage massig Holz und Pappe und bringen den Laden auf Vordermann. 🔥 Dass dieser Zustand schnell wieder vergehen wird, sobald wir kein Auge mehr darauf werfen, müssen wir auch einsehen. Es ist trotzdem schön, aus alt neu und aus Chaos Ordnung zu machen. 😏

    Via ARD Tagesschau verfolgen wir gespannt, wie sich die Lage in Neuseeland, Deutschland und in der Welt entwickelt. 📺 Die tägliche Nachricht über die Anzahl der Neuinfektionen und der Toten ist beängstigend. 😞 Die Gespräche drehen sich in unserer Hausgemeinschaft wie auch mit Familie und Freunden vermehrt um das Thema Corona. In Neuseeland übrigens nur “Covid” genannt. Neuseeland macht unzählige Aktionen und Promotion getreu dem Motto „StayHome“. Was sich schnell in Erfolg widerspiegeln wird! 🤗

    Die Nahrungsaufnahme spielt sich auch schnell ein. Jeder kümmert sich allein und zeitlich meist getrennt um sein Frühstück mit Müsli, Brot, Obst oder einfach nur Kaffee. Selbst wir haben unser eigentlich geliebtes gemeinsames Frühstück nun auseinander verlegt, was vorrangig an den Essensgeräuschen von Johannes am Frühstückstisch liegt! 🤯 Vor allem Jessy kann sich das nicht länger morgens geben und verschiebt ihr Frühstück zeitlich nach hinten. Mit den Wochen wird der morgendliche Start immer später, wodurch wir erst gegen halb 10-10 anfangen zu arbeiten ⏰

    🕛 Beim Mittagessen kommen alle zusammen. Jeder hilft bei der Vorbereitung und übernimmt auch mal das Kochen für Helen. Der Nachmittag startet mit einer ausgedehnten Siesta, wonach nicht immer aber manchmal noch 1-2 Stunden gearbeitet wird.

    Es ist alles sehr entspannt und Helen eine sehr freundliche und verständnisvolle Gefängniswärterin 😉 Abends wird auch oft gekocht und die ganze Mannschaft versammelt sich, speist und plaudert. Das Corona-Thema hängt bald ziemlich zum Hals raus, nicht jedoch das Essen. Wir haben viele vegetarische oder vegane Gerichte 🌽 Nach ein paar Wochen, hat sich auch das glutenfreie Kochen und Backen eingespielt, und Jessy hat ihren eigenen Mini-Ofen 😍 Nach dem Abendessen wird alles wieder aufgeräumt und sauber gemacht und teils noch vor der Glotze gesessen oder es geht gleich ins eigene Zimmer zum Handy oder Notebook 👩‍💻 📱 Diese Zeit eignet sich hervorragend zum Bücherlesen, Filme/Serien schauen und generell im Internet stöbern.

    Der Kontakt zu Freunden und Familie gibt uns nicht nur in dieser Zeit sehr viel, aber wohl oder übel, haben jetzt viele mehr Zeit für Nachrichten über whatsapp oder Video-Anrufe. 🥰 Eine Online-Pokerrunde mit Freunden etabliert sich in der Zeit, genauso wie Gruppen-Videotelefonate mit Wein oder als Sektfrühstück aufgrund der Zeitunterschiede 🍷 🥂 So etwas können wir auch nach der Ausgangssperre beibehalten, da es die räumliche Trennung (großteils) wieder ausgleicht 🤩

    Aber wir wollen weiter... 🤨

    So glücklich wir mit diesen Umständen bei Helen sind, kommt mehr und mehr Ungeduld auf. Wir wollen weiterreisen. 🧳 Wir wollen weitere Teile Neuseelands erkunden und wann das wieder möglich sein wird, ist ungewiss 😕 Direkt vor dem Lockdown hatten wir nur Absagen von Workaway-Gastgebern bekommen. Couchsurfing sah da nicht besser aus. Mit einem Boot loszusegeln ist eine weitere Alternative, aber die sind alle im Raum Auckland, wo wir während des Lockdowns nicht hinkommen ⛵️

    Wir bangen dem Winter entgegen ❄️ Jede Woche wird es etwas kälter und wie bereits erwähnt, wollen wir bei diesen Temperaturen nicht mehr im Auto schlafen. Ungewiss ist auch, wohin es nach dem angekündigten, langsamen Zurückfahren des Lockdowns gehen soll 🤷🏼‍♀️🤷🏼‍♂️ Australien macht nicht den Eindruck, als würde es sich auf uns freuen. Ob wir früher nach Indonesien oder andere Länder Südost-Asiens können, ist auch vage 🇮🇩 ⛩

    Wir versuchen uns nicht verrückt zu machen. Überschüssige Energie können wir beim Abriss eines Hausanbaus unserer Nachbarin Brenda loswerden. 🏚🏗 Brendas Schwester lebt am südlichsten Zipfel der Südinsel und braucht noch Hilfe beim Hecke-Schneiden. 🌳 Das könnte unser nächstes Teil werden, jedoch wann ist ungewiss. Vielleicht wagen wir und einfach aus dem Level 4 oder war n noch bis Level 3, auch wenn es dann eigentlich immer noch nicht erlaubt ist zu reisen...? 🤔

    Auf jeden Fall gehen die Bauarbeiten an Helens neuem Wohnhaus nun auch nach 5 Wochen Lockdown endlich weiter (da nur noch Alert Level 3). Sie hat hierzu die Idee in den Raum geworfen, dass wir dort gegen Bezahlung helfen könnten. Da würden wir nicht Nein sagen 🤑 Während jedoch die größeren Arbeiten auf der Baustelle erledigt werden, bei den wir eh nicht helfen können, sollten wir die Zeit vielleicht nutzen, um zu Brendas Schwester fahren: Na dann los! 🙃
    Okumaya devam et