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  • Day 61

    Mestia und unsere erste Supra

    November 25, 2019 in Georgia ⋅ ⛅ 2 °C

    Die Nacht war leider auf Grund des Windes eher kurz und unerholsam. Dauert wachten wir auf, da wir dachten der Bus kippt gleich um (Ok, das ist vlt. etwas übertrieben). Trotzdem ist der Ort im Flussbett auch am nächsten Morgen wirklich schön.
    Wir fahren weiter die Serpentinen hinauf Richtung Mestia, Ausgangsort für viele Touren. Auf dem Weg dorthin können wir nur über die Landschaft und die Straßen staunen. Ringsum Berge, von denen viele schon oben mit Schnee überzogen sind. Unten im Tal zunächst der Stausse, dann immer wieder ein Fluss oder Bach, an den Seiten regelmässig kleine Wasserfälle und Gebetsschreine mit Schnaps, um auf die Toten zu trinken. Die Straßen sind mal eng, mal breit und doch immer wieder muss man warten, bis man an der Reihe ist zu fahren. Wir passieren ein altes Bergbau Gebiet, wo vor allem auch 92/93 Kämpfe zwischen Georgen und Abchasen ausgetragen wurden. Ein gruseliger Anblick mit allen den dunklen Löchern im Berg.
    Wenig später folgt "das schwarze Loch", wie die Einheimischen die Schieferwand nennen. Hier kommt es regelmäßig zu Felsschlägen und die Straße kann tagelang nicht passierbar sein. Wir haben Glück und nichts stört unseren Weg.

    In Kaishi, einem der Dörfer auf dem Weg, machen wir Halt, um einzukaufen und Wasser aufzufüllen. Leider passt unser großer Kanister nicht unter den Hahn und wir behelfen uns mit einem 5L Kanister. So dauert es seine Zeit den 80 Liter Tank voll zu füllen. Aber dank der Sonne ist die Kälte der Berge gut auszuhalten. Einkaufen können wir leider außer Brot nichts. Der Laden im Dorf wird nur selten beliefert und es gibt halt eben nur das was gerade noch da ist. Lustigerweise ist die Lieferung grade eingetroffen, aber besteht großteils aus Zigaretten.
    Wir fahren weiter und nehmen kurz nach der Dorfgrenze einen Tramper mit. Albert (nein, das war nicht sein Name, aber wir konnten uns den georgischen Namen (Arnabol??) wirklich nicht merken) kann kein Englisch, aber mit Hilfe vom Google-Übersetzer erfahren wir, dass er zum Arbeiten nach Mestia muss. Er arbeitet irgendetwas mit Holz und ist aus dem kleinen Bergdorf Kaishi. Nur kurz zuvor hatten wir genau diesen Albert beim Bier trinken und rauchen auf der Brücke beobachtet. Und interessant, dass er nach diesen drei Bier um 12 Uhr mittags sich aufmacht zum arbeiten. Leider reicht die Übersetzungsqualität nicht aus, um diese Fragen zu klären. Noch vor Mestia deutet uns Albert an, anzuhalten. Was wir auch machen und gleich weiterfahren. Ob er dort arbeitet, nur Pinkeln musste von dem ganzen Bier oder im schlecht war von den Kurven und Schlaglöchern, wissen wir nicht. Er stand aber noch verdächtig lange am Straßenrand. Wir nutzen die Zweisamkeit für Fotostopps, um das tolle Panorama einzufangen.
    Weiter Richtung Mestia passieren wir dann auch die ersten Dörfer mit mehreren Wehrtürmen, was wirklich schön aussieht und dem ganzen einen mittelalterlichen Touch gibt. In der Ferne wird nun auch der Ushba sichtbar, einer der höchsten Berge hier im Kaukasus.

    Mestia begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein und vielen Menschen. Im Vergleich zu den anderen Dörfern herrscht hier regelrecht viel Verkehr und es sind viele Menschen auf der Straße unterwegs. Mestia ist allerdings auch das größte Dorf hier oben und seitdem der Tourismus entstanden ist, auch der zentrale Busbahnhof für das Kaukasus Gebirge. An jedem zweiten Haus befindet sich ein Schild, das auf ein Guesthouse hinweist. Meist handelt es sich hierbei einfach um zwei freie Zimmer, die es im Familienhaus noch gibt und man speist mit der Familie.
    Wir stellen Louie zunächst hinter dem Dorfplatz ab und suchen das Tourismuszentrum auf, um dort nach einem Platz für die Nacht zu fragen. Leider ist dieses verschlossen und selbst die Frauen vom Cafe nebenan wundern sich. Eigentlich ist es ja offen. Hmmmm....
    Ein Pärchen sieht interessiert zu uns hinüber und da sie nicht georgisch aussehen spricht, Kathi sie an. Die zwei Australier hatten wohl auch schon versucht, Infos zu erlangen, aber als sie ankamen, war das Büro auch verschlossen. Wir erfahren, dass sie morgen nach Ushguli fahren, das höchste aktiv bewohnte Dorf Georgiens (und angeblich auch Europas: wieso Georgien manchmal Europa ist und manchmal Asien, haben wir auch noch nicht verstanden). Nun mischt sich auch der Fahrer für morgen in das Gespräch ein. Wo er plötzlich herkam, keine Ahnung. Wir stimmen gleich zu morgen mitzukommen, da wir eigentlich dachten, dass es schon zu spät ist, um noch nach Ushguli zu fahren. Im Winter ist das Dorf vom Rest der Welt abgeschlossen wegen des hohen Schnees. Bis morgen also um 10 Uhr, liebe Australier. (Georgier sind keine Frühaufsteher, Alles öffnet so um 10 Uhr und auch Touren starten um diese Zeit)

    Aus dem Reisefuehrer wissen wir, dass es hier auch drei Museen geben soll und wir laufen zumindest zu einem. Der Weg fuehrt den Hang hinauf durch schoene Gassen, zu einem alten Haus mit Wehrturm. Eine sehr nette Frau fuehrt uns durch das Haus und erklaert uns wie die Swanen hier frueher gelebt haben. Der untere Hauptraum war im Winter beheizt und enthielt den Ofen, das Feuer und damit Kochstelle, Sitzgelegenheiten, Kleidertruhen und am Rand Platz fuer das Vieh. Dadurch wurde es auomatisch waermer im Zimmer. Oberhalb wurde das Heu aufbewahrt und so auch getrocknet. Im Sommer schlief man im Heu. Noch dazu durften wir am Ende der Fuehrrung auf den Wehrturm steigen, der uns ueber mehrere wacklige Leitern hinauf brachte. Ein Abenteuer!
    Wir laufen noch etwas durch das Dorf und beschliessen dann, mit Louie zwei Plätze zu probieren, die wir in park4night finden. Etwas außerhalb des Zentrums bieten ein paar Privatpersonen Camping auch mit dem Camper an. Dabei handelt es sich einfach um den privaten Garten und zu meist nutzt man einfach das Bad der Familie, aber uns reicht das völlig. Beim ersten Platz werden wir abgewiesen, sie haben schon alles abgestellt für den Winter, aber direkt beim Nachbarn werden wir aufgenommen. Da Louie nicht durch das kleine Hoftor passt, nehmen wir einen Schleichweg zum hinteren Tor des Garten, wo Mischa uns schon erwartet. Er kann ein bisschen Englisch, was dafür reicht uns alles zu zeigen. Es gibt ein extra Häusschen mit Klo und Dusche und Heizung, das wie wir später bemerken eben auch die Familie benutzt, eine Küche im Freien und einen sehr großen Garten. Wir teilen uns die Wiese mit zwei Kühen, einem Hund und einer Herde Enten! Unsere Näherungsversuchen an die Kühe werden mit Hörnern beantwortet, dann halt nicht. Für Kathi klingt eine warme Dusche einfach zu verlockend und sie macht sich gleich auf, um dann festzustellen, dass kein Wasser aus dem Hahn kommt. In der Kälte mit Handtuch umwickelt fragen wir bei Mischa nach. Gerade geht es nicht. Schade. Also zieht sich Kathi wieder an. Wenig später erscheint David auf dem Hof, der Cousin von Mischa. Er kann fliessend Spanisch, wodurch so gleich mit Kathi ein Gespräch angefangen wird. Er erklärt ausführlicher, dass die Leitungen grade neu gemacht werden und es deswegen manchmal zu Wasserausfall kommt. In ein paar Stunden geht alles wieder. Außerdem lädt er uns noch abends auf ein Bier ein und wir verabreden uns für dann, wenn wir aus dem Zentrum zurück sind. Wir wollen nämlich noch etwas essen gehen.

    Wir landen schliesslich am Dorfplatz im Cafe Laila und finden uns am Nebentisch der Australier wieder. Netter Smalltalk und wieder die Verabschiedung bis morgen. Wir essen lecker typische Gerichte: Pilze mit Käse gefüllt, Lobdani, ein Teigfladen mit Fleisch gefüllt und Kachapuri, ein Käsebrot mit Butter und Ei darauf. Alles sehr reichhaltig. Wir schaffen es nicht alles aufzuessen. Im Restaurant sind erstaunlich viele Touristen. Franzosen, viele Asiaten und ein Maedchen, das fuer uns Deutsch aussieht. Wir beschliessen sie an unseren Tisch einzuladen, was sie auch annimmt. Jana ist bevor sie in das Berufsleben startet noch mal eine Woche nach Georgien entflohen und hat von Freunden den Tipp bekommen, nach Mestia zu fahren. Wir beraten uns gleich, was man hier noch alles so machen kann. Waere auch eigentlich schoen gewesen, zusammen am naechsten Tag wandern zu gehen, aber wir haben ja schon unseren Tripp nach Ushguli "gebucht". Wir tauschen trotzdem fuer den Abend Nummern aus und Jana verabschiedet sich, um ihr AirBnB zu finden.

    In der Zwischenzeit ist auch unser spanischsprechender David im Laila aufgetaucht und erklaert uns, dass sie im Haus etwas vorbereitet haben. Eigentlich wollten wir hier in einem "Kino" noch den bereits erwaehnten Film Dede schauen, aber diese Einladung koennen wir nicht ausschlagen. Wir zahlen und im Auto gehts zurueck zum Haus von Mischa. In einem Art zweiten Wohnzimmer werden wir empfangen. Das Essen steht schon auf dem Tisch. Und so beginnt unsere erste georgische Supra.

    Was ist eine Supra? Eine Supra ist eine Art Tischgelage. Es gibt reichlich Essen und jeder bedient sich nach Herzenslaunen, nur beim Trinken gibt es Regeln. In jeder Runde gibt es einen Tamada, eine Art Redenfuehrer, der als erster einen Trinkspruch zum Besten gibt. Dabei werden auf wichtige und tiefsinnige Dinge angestossen. Nachdem der Tamada fertig ist, fuegt jeder der Reihe nach etwas zu diesem Thema hinzu und am Ende trinken alle gemeinsam. So geht das immer weiter und nach eingen obligatorischen Trinkspruechen, darf dann auch jemand anderes fortfahren neue Trinksprueche anzubringen.

    Unser Tamada ist an diesem Abend Mischa und es beginnt mit den vier obligatorischen Trinkspruechen. Zumindest ist so die Reihenfolge in Swanetien. Gott, Engel, Sankt Georg und auf die Verstorbenen. Jedes Mal wird ein Weinglas geext. Es geht weiter mit auf die Kinder, auf Frieden, auf die Liebe etc. Jedesmal muessen wir alles etwas dazu sagen, wobei David und Kathi als Uebersetzer fungieren. Der Wein ist uebrigens hausgemacht und schmeckt bestens, sowie auch das ganze Essen. Es gibt Kartoffeln, Paprika, Pflaumensauce und Widderfleisch. Alles selber aus dem eigenen Anbau und eigener Schlachtung. Wir sind so voll gegessen und trotzdem zwingen wir uns zum Essen. Man muesste meinen bei dem ganzen Essen merkt man den Alkohol nicht, von wegen! Wir merken ihn! Und es ist wirklich anstrengend alle 5 Minuten ein Glas zu exen. Immer oefter lassen wir etwas im Glas zurueck. Der Genuss geht bei diesem schnellen Trinken leider weitgehend verloren. Irgendwann reicht es uns dann auch trotz der schoenen Runde und wir verabschieden uns, was mehr Zeit in Anspruch nimmt als gedacht. Noch ein Wein zum Abschied und so weiter. Irgendwann sind wir im Bus und fallen todmuede ins Bett. Am naechsten Morgen geht es zwar erst um 10 los, aber etwas Schlaf braucht man fuer die Tour schon.
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