Teezeremonie oder was?!
19. december, Kina ⋅ ☀️ 18 °C
Ein Chinese spricht uns an, als wir in der Stadt unterwegs sind. Wir kommen ins Gespräch – über Autos und über John Rabe.
John Rabe war wohl ein deutscher Kaufmann und Siemens-Manager, der in den 1930er-Jahren in Nanjing lebte.
Während des Massakers von Nanjing 1937 leitete er die Internationale Sicherheitszone, in der über 200.000 chinesische Zivilisten Schutz vor den japanischen Angriffen fanden.
Er hisste bewusst die Hakenkreuzfahne über der Zone, da Japan mit Nazi-Deutschland verbündet war und die Soldaten den Bereich eher respektierten.
So rettete er durch persönlichen Einsatz und Mut tausenden Menschen das Leben.
Das war mir völlig neu aber sehr interessant.
Irgendwann erzählt er, dass er einen Teeladen habe, und lädt uns spontan ein.
Was folgt, ist eine ziemlich wilde Teezeremonie – vermutlich nicht ganz der klassische Kern, aber äußerst unterhaltsam. Hastig erhitzt er Wasser auf unterschiedliche Temperaturen für verschiedene Teesorten und schenkt sie uns gekonnt ein. Alles geht unglaublich schnell, wir kommen kaum hinterher. Sehr lebendig, sehr theatralisch.
Ich sage Pascal mehrmals, dass ich gespannt bin, wann der Haken kommt. Obwohl er betont, alles sei umsonst, rechnen wir innerlich natürlich damit – zumal wir eigentlich gar keinen Tee kaufen wollen, da wir zuhause so gut wie keinen trinken.
Der Tee selbst ist allerdings richtig gut: Jasmin, Grüntee, fruchtige Sorten. Er erklärt uns einiges zur Teezeremonie, zum Beispiel die Bedeutung der einzelnen Teile:
Der Teller steht für die Erde, die Tasse für den Menschen, der Deckel für den Himmel.
Außerdem erklärt er uns chinesische Schriftzeichen und ihre Herleitung. Unter anderem zeigt er uns das Zeichen für „Mann“ und erläutert seine Bestandteile. Der obere Teil steht für das Feld und der untere für Kraft.
Aussehen tut das obere tatsächlich wie ein Feld. Das untere Zeichen kann man sich als eine Art Pfeil mit Bogen vorstellen.
Am Ende kommt es dann doch, wie erwartet: Er möchte uns einen Tee verkaufen – 12 € für 100 Gramm. Eigentlich kein unverschämter Preis, aber wir haben schlicht kein Interesse. Daraufhin verlangt er 10 € für die Teezeremonie, die stellenweise eher an eine chinesische QVC-Verkaufsshow erinnert als an eine meditative Reise durch die Teewelt.
Egal – wir hatten Spaß, und er hat sich wirklich Mühe gegeben. Nachdem wir ihm sagen, dass er vorher nicht erwähnt hatte, dass es etwas kostet, einigen wir uns auf 5 € und verlassen den Laden nach dem obligatorischen Selfie wieder.Læs mere


