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  • Day 5

    Slum Tour durch Dharavi (2)

    February 10, 2017 in India ⋅ ☀️ 32 °C

    Als nächstes besichtigen wir den Lederverarbeitungsteil. Ich habe ein bisschen Angst vor ekligen Tierhäuten, aber zum Glück sind die Häute alle schon getrocknet und es hängen keine Fleischreste mehr daran. Wir sehen die Maschinen mit denen die Häute verarbeitet werden und sollen raten was für Häute verwendet werden. Es sind Ziege, Wasserbüffel und Schaf. Seit einigen Jahren dürfen die Häute hier im Slum nicht mehr gefärbt werden, da der Prozess sehr giftig ist. Das wird nun also irgendwo im Süden Indiens erledigt – als ob es hier weniger giftig wäre… Die fertigen Lederteile werden noch geprägt, sodass sie aussehen wie Krokodil- oder Schlangenleder. Dann werden super tolle Fake-Sachen daraus genäht. Also Louis Vuitton, Prada und co. Der Slum hat aber auch damit begonnen seine eigene Marke „Dharavi“ zu vermarkten. Die Sachen gibt es in zwei Läden zu kaufen. Einer ist direkt im Slum ein anderer in einer Mall in Mumbai direkt. Wir stehen im Dharavi-Lederwarenladen und fühlen uns wie in einer anderen Welt. Hier ist alles sauber und schick. Es passt überhaupt nicht rein.
    Jetzt kommen wir zum wahrscheinlich beeidruckendsten Teil der Tour. Wir schlängeln und quetschen uns durch wirklich sehr sehr enge Gassen und Gänge. Die Breite beträgt vielleicht 50cm, von oben hängen Kabel herab, unten muss man aufpassen nicht auf Leitungen zu treten. Wir bekommen einen Einblick, wie es sein kann, dass auf so engem Raum 1 Millionen Menschen zusammenleben. Beim Laufen stolpert man fast in die Wohnungen der Leute, man riecht was sie kochen und hört was sie reden. Privatsphäre ist hier nicht.
    Als wir im hinduistischen Teil des Slums ankommen fällt uns sofort auf wie schön sauber und bunt hier alles ist. Ganz anders als im muslimischen und dem industriellen Teil. Frauen backen Fladen auf der Straße und legen sie auf große umgedrehte Körbe zum Trocknen. Ein paar herrenlose Katzen streunen durch die Straßen und überall hängt bunte Wäsche zum Trocknen. Es ist wunderschön.
    Wir gehen in einen kleinen Raum der der Organisation Reality Tours and Travel gehört. Wir erfahren wie die Organisation gegründet wurde und wie sie den Bewohnern des Slums hilft. Die eingenommenen Gelder werden in Bildungsprojekte und Kurse für die Menschen investiert. Toll! Sollte also jemand mal Urlaub in Mumbai machen, die Touren lohnen sich wirklich und man tut gleichzeitig den Leuten hier was Gutes und gibt ihnen eine Chance auf Bildung!
    Was mir gerade noch einfällt zu erwähnen: Ich dachte immer ein Slum wäre einfach eine Bezeichnung für ein sehr armes Viertel. So ist es ja mit den Favelas in Brasilien. Allerdings ist dem nicht so. In einer Favela gibt es auch viel Kriminalität zusätzlich zur Armut. Ein Slum ist eigentlich nur eine Ansammlung von illegal gebauten Häusern. Der Grund gehört dem Staat, da das Land nie gekauft wurde. Die Häuser darauf gehören allerdings dem der sie gebaut hat. Die Regierung hat beschlossen, dass alle Häuser die bis 2000 gebaut wurden inzwischen legal sind. Alle die danach entstanden sind, sind weiterhin illegal und dürfen theoretisch jederzeit abgerissen werden. Wieder was gelernt.
    Der letzte Teil unserer Tour führt uns in den Keramik Teil. Hier werden aus Lehm und Ton Gefäße und Öllampen hergestellt. Mir gefällt die Handarbeit und ich bekomme selbst Lust den matschigen Ton in den Händen zu spüren. Wir dürfen ein Gefäß, das zum Trocknen in der Sonne steht, anfassen und sind erstaunt wie kalt es ist. So bleibt später auch das Wasser darin kalt. Als wir weiterlaufen zum Büro des Veranstalters liegt eine kleine schwarze Babykatze auf dem Boden und rührt sich kaum. Man sieht hier viele Straßenhunde und -katzen auf der Straße schlafen also eigentlich nichts Besonderes, aber irgendwie sieht die kleine Katze zu dünn und gebrechlich aus. Julien und ich schauen uns an, wir haben Mitleid. Ein Inder lacht: “Haha it’s not dead, it’s just sick“. Hm, okay aber bald dann wahrscheinlich auch dead. Es ist so traurig, aber wir können nichts tun. Im Büro (das aus Planen besteht) bekommen wir noch ein kühles Getränk und holen uns dann über Uber ein Taxi, zurück zum Hotel. Wir müssen erstmal all das Gesehene verarbeiten und auf uns wirken lassen.
    Zurück in „unserem“ Teil der Stadt haben wir Hunger und wollen etwas essen. Wir suchen ein Lokal, das wir am Abend zuvor gesehen hatten. Dort gab es lecker aussehende Fladen. Leider gibt es diese heute nicht also gehen wir weiter. Letztendlich essen wir in einem kleinen Straßenrestaurant direkt um die Ecke – und sind begeistert! Für 214 Rupien bekommen wir lecker gefüllte Samosas, Reis mit Hühnchen, eine Flasche Wasser und Chai. Richtig gut! Wir nehmen noch 4 Samosas für die Busfahrt morgen mit und freuen uns über den guten Fund.
    Zurück im Hotelzimmer erfrischen wir uns und schauen noch einen Film, bevor wir dann geschafft ins Bett fallen. 😊😴 Achja, uns unsere Moneten haben wir noch gezählt 🤑😂
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