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  • Day 6

    Der letzte Tag in Mumbai

    February 11, 2017 in India ⋅ 🌫 24 °C

    Wir sind doch grade erst angekommen – und trotzdem heißt es heute schon wieder Abschied nehmen. Abschied vom Drecksloch Mumbai, das wir irgendwie ins Herz geschlossen haben.
    Der Wecker klingelt um 9, da wir um 10 Uhr auschecken müssen. Wir packen also unsere sieben(hundert) Sachen zusammen und sind pünktlich um Viertel vor zehn fertig. Da unsere Weiterreise erst um 18:30 Uhr stattfinden soll haben wir noch einen halben Tag Zeit. Wir hoffen, dass wir unser Gepäck solange im Hotel stehen lassen können. Juhu, wir dürfen! Also stellen wir alles in eine Ecke im Treppenhaus, in der Hoffnung, dass nichts wegkommt. Schnell noch ein Uber bestellt, dann geht es schon Richtung Gateway of India, das ich unbedingt noch sehen wollte bevor wir weiterreisen. Das Gateway of India ist eine Art Triumphbogen direkt am Wasser. Direkt gegenüber steht das berühmte Taj Hotel, das vor Jahren einmal von Terroristen in Beschlag genommen wurde.
    Da wir ein UberPool gebucht haben steigen auf halbem Weg noch zwei Leute dazu. Ein indisches Pärchen, das leider ein bisschen müffelt. Zum Glück sind wir gleich da. Menschenmassen kündigen das Erreichen unseres Ziels an. Da es mir zu blöd ist, mich wegen einer dämlichen Sicherheitskontrolle gaaaanz hinten in der prallen Sonne anzustellen, schlage ich vor, dass wir uns einfach relativ weit vorne irgendwo dazwischen quetschen. Ab einem gewissen Punkt teilt sich die Schlange in Frauen und Männer. Die Frauenschlange ist viel kürzer als die der Männer und trotzdem ist Julien schneller drinnen als ich. Beim Warten beobachte ich die Frauen um mich herum, die alle kleiner sind. Eigentlich nur Inderinnen in schönen bunten Saris. Eine Frau hält ein wenige Monate altes Kind in den Armen, das sehr sehr viel schwarzen Kajal um die Augen geschmiert hat. Was soll das denn? Sieht ziemlich verstörend aus ehrlich gesagt. Noch nie habe ich ein geschminktes Kleinkind gesehen.
    Als wir drinnen sind bekomme ich auf einmal starkes Bauchweh. Na toll… Julien kümmert sich ganz lieb um mich und schlägt vor mal etwas zu essen. Gestern im Slum haben wir ein paar Bananen gekauft und haben noch zwei Stück übrig. Also setzen wir uns in den Schatten und essen Banane. Obwohl es noch gar nicht so spät ist, sind auf dem Platz sehr viele Leute. Viele machen komische Selfies und tun so als ob sie den Bogen in der Hand halten oder so.
    Wir stehen gerade mitten auf dem Platz und betrachten das Gateway und das danebenstehende Hotel, als ein Pärchen auf uns zu kommt. Sie möchten ein Foto mit uns machen. Also posieren wir alle zusammen und machen mehrere Fotos. Wir finden es ziemlich witzig, dass wir so ein begehrtes Motiv sind 😃
    Nach einer Umrundung des Gateways (durch das die letzten englischen Truppen übrigens ihren Abgang gemacht haben) beschließen wir, dass wir genug gesehen haben und verlassen die gesicherte Zone. Julien knurrt der Magen, meiner hat ab und zu Krampfanfälle. Es wird wohl das Beste ein etwas zu essen. Ich muss erst noch aufs Klo, eine squat toilet, bei der ich sau froh über die mitgebrachten Tempos bin. Direkt neben den öffentlichen Toiletten gibt es mehrere permanente Fressbuden, wo wir uns ein Grilled Cheese Sandwich (für unschlagbare 45 Rupien) kaufen. Damit kann man nicht viel falsch machen und ich stufe es als ungefährlich für meinen gereizten Magen ein. Lecker, wir sind total begeistert! Wenige Minuten später holen wir Numero Zwei und Julien möchte noch ein Samosa Cheese Sandwich essen, bei dem Samosas dazwischen geklemmt sind. Auch lecker! Während wir anstehen kommt ein älterer Inder zu uns und möchte uns eine Sightseeing Tour verkaufen. Wir plaudern ein bisschen und der Mann ist wirklich nett, aber wir haben halt leider null Interesse an einer Tour, auch wenn seine Route sich ziemlich gut anhört. Er weiß schon, dass wir nur ca. 3 Stunden Zeit haben und sagt, er würde ins Gandhi Museum, in die Dhobi Ghat Wäscherei und zu einem tollen Tempel mit uns. All das wollten wir eigentlich auch noch machen, aber die für uns ungeschickte Lage auf der anderen Seite der Stadt hinderte uns letztendlich daran all diese Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. In unserer Not den lieben Mann abzuwimmeln erfinde ich eine Gruppe und Julien springt sofort mit ein. Wir behaupten wir müssten uns bald mit dieser treffen. Tja, nun will der Mann wissen wo. Fragend schaue ich Julien an. „Ähm, Taj Mahal … ähh Taj Mahal Palace Hotel“. Ja genau, als ob wir aussehen wie aus einem super duper 5 Sterne Hotel hahah. „Wie viele Leute sind in der Gruppe?“. Zwanzig, lügen wir. Auf einmal sehen wir Dollarzeichen in den Augen des Mannes aufblitzen. Er ist ganz aus dem Häuschen und meint eifrig wir sollen doch die Gruppe fragen ob wir Zeit dafür hätten und er macht uns auch „special price“. Mit klimatisiertem Kleinbus! Hm schade, dass es die Gruppe ja gar nicht gibt. Amüsiert essen wir unser Sandwich.
    Frisch gestärkt laufen wir die Uferpromenade vor dem Taj Palace entlang und bestaunen das plastikmüllverdreckte Meer. Beim Laufen ereignet sich die nächste seltsame Begegnung. Ein junger Mann spricht Julien im vorbei gehen an und meint er hätte da was am Ohr. Wir bleiben stehen und der Mann zeigt zum Ohr. Da ich ein paar Schritte voraus war sehen ich Juliens Ohr gar nicht, laufe aber zurück. Julien wischt sich übers Ohr, doch der Mann meint er macht was auch immer da ist kurz weg. Auf einmal hat er eine Pinzette in der Hand mit der er in Juliens Ohr herumstochern will. Der Arme weiß gar nicht wie ihm geschieht, da er die Pinzette ja nicht sehen konnte. Schnell ziehe ich ihn weiter und wir laufen ganz schnell weg. Was war das denn?! Super komisch! Ein paar hundert Meter weiter will eine Gruppe Jugendlicher wieder Bilder mit Julien machen. Heiß begehrt, der flotte Kerl!
    Durch tausende Straßenstände und Klamottenhändler bahnen wir uns den Weg zurück zu unserem Hotel. Teilweise laufen wir die gleichen Straßen entlang wie bei unserer Erkundungstour vor zwei Tagen. Langsam kennen wir unsere Hood schon richtig gut 😝 in einem der vielen Läden schaue ich nach einer Tunika, nachdem ich bei Fab India ja nichts gefunden hatte. Leider ist auch hier wieder nichts dabei. Stattdessen finde ich an einem Straßenstand eine lockere Pumphose, die mir gut gefällt. Für 200 Rupien, also weniger als 3 Euro (runtergehandelt von 300!) gehört sie mir. Ich bin glücklich! Schließlich kann ich nicht jeden Tag meine aus Deutschland mitgebrachte lockere Hose anziehen.
    Auf dem weiteren Heimweg laufen wir noch am Prince of Wales Museum vorbei, in das wir aber nicht reingehen. Ist aber schon von außen sehenswert! Vor dem Museum verkaufen viele Straßenkünstler ihre Werke. Einige sind echt faszinierend, andere gerade gut genug für die Tonne.
    Als wir schon fast wieder beim Hotel sind, kommen wir an der Straße vorbei an der dieser Crawford Market sein sollte, von dem wir zwei Tage zuvor abgewiesen wurden. Wir beschließen es nochmal zu probieren! Also, gleicher Weg wie davor, da ist der Eingang und – wir laufen einfach rein. Ok, das ging ja gut! Drinnen sind wir überwältigt von den vielen leckeren Früchten. Es duftet nach frischen Mangos. Händler stapeln Ananasse auf dem Boden. Es ist bunt und schön! Wir schlendern durch den Markt, der größer ist als gedacht. Es gibt auch einen „indoor“ Teil, wo es allerlei zu kaufen gibt. Manche Stände bieten Shampoo und Kosmetik an, andere Knabberzeug und Chips, wieder andere Gemüse. Leider gibt es auch einen nicht so schönen Teil des Markts, in dem Tiere verkauft werden. In winzigen Käfigen sitzen mehrere Dutzend Vögel zusammen, Katzen- und Hundebabys die viel zu jung sind um von ihren Müttern getrennt zu werden, tapsen in schlichten Gitterkäfigen ohne Unterlage herum. Es ist zum Heulen. Bei so vielen herren- und heimatlosen Tieren, extra noch welche zu züchten ist einfach absurd. Die Tiere auf der Straße vermehren sich wie die Karnickel und trotzdem gibt es Menschen die meinen, sie müssten jetzt ein Rassetier züchten und verkaufen.
    Schnell gehen wir wieder zu den Früchten zurück, um das Elend nicht länger mit ansehen zu müssen. Ich versuche ein paar Mandarinen zu kaufen, möchte mich aber nicht übers Ohr hauen lassen. 40 Rupien für zwei Mandarinen? Nicht mit mir. Als die Händler auf dem Preis beharren, lege ich die Mandarinen wieder hin und gehe. Dann halt nicht. Zum Vergleich: In Dharavi haben wir 15 Rupien für 5 Bananen gezahlt.
    Wir verlassen den Markt und laufen die restlichen 20 Minuten zurück zum Hotel, von wo aus wir die Weiterreise nach Udaipur starten.
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