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  • Day 32

    Abschied

    March 9, 2017 in Nepal ⋅ ⛅ 20 °C

    Heute ist es soweit - die Zeit zum Verabschieden ist gekommen. Es war von Anfang an klar, dass der Abschied unausweichlich ist und der Tag kommen wird und trotzdem trifft es uns beide wie ein Schlag ins Gesicht. Nach einer letzten zusammen gekuschelten Nacht stehen wir um kurz vor sieben auf. Ich packe noch meine letzten Sachen zusammen, wir putzen Zähne und gehen runter in die Lobby. Dort druckt Julien noch schnell seine Online-Check In Boardingpässe aus. Nach mehreren Nachfragen an die Hotelangestellten wissen wir immer noch nicht wie viel wir für ein Taxi zum Flughafen zahlen werden, die Angaben variieren von 900 bis 600 Rupien. Wir sind sicher - das bekommen wir billiger hin.
    Schon als wir die Seitenstraße vom Hotel wegführend entlanglaufen kommt uns ein Taxi entgegen und hält an. Der Fahrer will 800 Rupien. Als wir weitergehen wird er dann aber doch panisch und hupt ganz aufgeregt, damit wir zurück kommen. Für 400 haben wir die Fahrt! 👍🏼
    Wir sitzen zusammen hinten und fühlen uns ganz unwirklich. Es ist kaum vorstellbar, dass das unsere letzte gemeinsame Stunde für so lange Zeit sein soll. Am Flughafen angekommen suchen wir erst mal das Gate B, wo wir aber nicht reinkommen, da die Türen verschlossen sind. Wir werden auf Gate A2 verwiesen. Um Hineinzukommen muss man sein Ticket zeigen. Da ich ja nur zum Verabschieden mitkomme, habe ich ein solches natürlich nicht. Der Beamte drückt ein Auge zu und lässt uns beide rein. Nach kurzem Sicherheitscheck sind wir in der Halle. Wie komisch ist das denn, dass man hier nicht ganz normal reinkommt... Am Schalter von OmanAir stehen ziemlich viele Leute, wir stellen uns dazu. Obwohl wir im Internet nachgelesen haben, dass die Stückzahl der Gepäckstücke beliebig ist, solange man nicht über die 30kg kommt, haben wir ein bisschen Schiss, dass unsere zweite Tasche nicht angenommen wird.
    Es geht sehr langsam voran und zu allem Übel hat die Frau ganz vorne in unserer Schlange auch noch 3 Kilo zu viel im Koffer, was ganz viele Diskussionen verursacht. Wir warten. Und warten. Und Julien mervt sich. Als wir da so stehen, fällt mir ein Zettel ganz vorne am Schalter auf. Der Flug von Kathmandu nach Muskat muss wegen schlechten Wetters auf der Strecke um zwei Stunden verschoben werden. Neue Departure Time: 11:15 Uhr. Auch das noch.
    Als wir endlich an der Reihe sind, erfahren wir, dass Julien seinen Anschluss in Muskat nicht bekommt und deswegen eine Nacht im Hotel verbringen muss. Am nächsten Tag nimmt er dann den Flug zur selben Zeit wie der eigentlich geplante. Mehr wissen die Angestellten auch nicht und verweisen auf das Personal in Muskat. Na toll, da wäre das Bahnticket dann auch um sonst gebucht und der arme Julien hat jetzt kaum Zeit sich einzugewöhnen weil Montag ja gleich das Studium weiter geht. Zum Kotzen!
    Wir warten bestimmt 30 Minuten bis wir endlich sein Gepäck los sind, da der Bearbeiter dauernd verschwindet und irgendwas macht. Als er ganz zum Schluss nach mindestens drei Nachfragen wohin Julien denn fliegen würde nochmal fragt: "You're going to Paris right?", verdrehen wir nur genervt die Augen und Julien wiederholt ein letztes Mal dass er doch bitte nur nach Frankfurt möchte.
    Als wir gesehen haben, dass der Mann auch wirklich die richtigen Gepäckanhänger an die Taschen gemacht hat, wollen wir nach oben, wo es Essen gibt.
    Mein ursprünglicher Plan war, um 11 Uhr am Grande Hospital zu sein um dort abgeholt zu werden. Da ich aber jede Minute länger mit Julien nutzen will, schreibe ich dem Mann vom Freiwilligenprojekt, ob denn möglich wäre mich erst um 12:30 Uhr abzuholen. Ich will auf jeden Fall erst ein bisschen Zeit für mich haben, bevor es los geht. Leider bekomme ich lange keine Antwort und gerade als ich schreiben will, dass 11 Uhr schon zu machen ist, bekomme ich das Ok für 12:30 Uhr.
    Da ich keinen Boardingpass habe, dürfen wir nicht die Treppe hoch und ich werde fast rausgeschmissen. Mehrmals kommt ein Sicherheitsbeamter und stellt dumme Fragen und erklärt, dass ich hier gar nicht sein dürfte. Julien wird ziemlich pampig, ich hab schon Angst jetzt erst recht gehen zu müssen, aber wir werden letztendlich doch geduldet.
    Auf einer Bank und unter den nervigen Blicken des Sicherheitsmanns verbringen wir die letzte Stunde.
    Anfangs sitzen wir nur da und wissen beide nicht so recht wie wir mit der Situation klarkommen sollen. Als dann die erste Träne kullert, ist es vorbei und wir liegen uns schluchzend in den Armen. Wieso ist tschüss sagen nur so scheiße?! Und wie konnte ich uns das antun?
    Zwischen Lachen und Weinen ist es dann schließlich soweit. Wir trösten uns gegenseitig und fangen doch dauernd das Weinen an. Ich komme noch mit zur Rolltreppe. Ein letzter Kuss, eine letzte Umarmung. Es tut körperlich weh und mir ist ganz schlecht. Julien geht. Ich schaue ihm noch auf der Rolltreppe hinterher und muss mich dann erstmal hinsetzen. Ich zitter am ganzen Körper und brauche ein paar Minuten um mich zu beruhigen. Dann ziehe ich den Rucksack auf, schnappe mein Handgepäck und gehe nach draußen. Viele Leute starren mich an, weil ich bestimmt ganz verquollen aussehe. Ich frage einen Sicherheitsbeamten ob es denn einen Bus zum Krankenhaus gibt, aber ich muss wohl Taxi fahren.
    Mir wurde gesagt, dass es so um die 1000 Rupien kosten würde - fast 10€. Viel Geld. Ganz verloren stehe ich vor dem Flughafengebäude und schaue nach einem Taxi. Ein Fahrer kommt auf mich zu. Er will 1200 Rupien. Ich verhandle eisern und bekomme die Fahrt für 600. Gut gemacht, ich bin stolz auf mich.
    Ruckelnd und hupend geht es zum Krankenhaus. Mein Kopf tut seit gestern ziemlich weh und ich bin einfach traurig. Am Krankenhaus angekommen setze ich mich auf ein kleines Mäuerchen. Es ist erst 11:03 Uhr. Ugh, das mit 11 hätte ja sogar gereicht 🙄 Naja, so hab ich wenigstens ein wenig Zeit für mich. Die Sonne scheint, obwohl Regen vorhergesagt war und ich höre ein bisschen Musik. Ich denke viel nach, denke an Julien und warte also bis ich abgeholt werde. Das zweite Abenteuer beginnt.
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