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  • Day 158

    Liebes Laos, du und ich...

    February 6, 2019 in Laos ⋅ ⛅ 27 °C

    Liebes Laos. Ich geb‘s zu, vor unserem ersten Date war ich etwas nervös. Du musst verstehen; ich hatte gerade eine Ferienaffäre mit Nordthailand und eine On-Off-Beziehung mit Indien hinter mir und war mir wirklich nicht sicher, ob ich schon bereit bin für etwas Neues. Von dir wusste ich, dass du eine offene Beziehung mit China führst, auch wenn du darin nicht wirklich glücklich bist. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein Date...
    Aber als wir uns dann in Luang Prabang zum ersten Mal begegnet sind, du in deinem schönsten Abendrot und ich verschwitzt von der Reise, da wurde mir doch warm ums Herz.
    Da wir uns auf Anhieb ziemlich gut verstanden haben und du mit deinen Vorzügen - Mekong, Natur, Natur, Natur - nicht gerade gegeizt hast, beschloss ich, uns eine Chance zu geben. Davon warst du sehr geschmeichelt und liessest mich dafür noch etwas näher an dich heran und zeigtest mir ein Teil deines Herzens: deinen Norden.
    Ich war nicht gewillt, mich erneut leicht beeindrucken zu lassen und gab mich betont kühl, aber du wusstest wohl von Anfang an um deinen Herztrumpf.
    Und du solltest recht behalten; in Nong Khiaw verliebte ich mich Hals über Kopf in dich, liebes Laos. Und in Miang Ngoi Kao ist mir dann tatsächlich ein „Ich liebe dich“ herausgerutscht, als du dich mir in deiner von Gott geschaffenen Natürlichkeit offenbartest.
    Aber bitte, geh vorsichtig mit meinem Herz um; es hat keine leichte Zeit hinter sich...

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    Laos, ein Land, das lange Zeit nicht auf meiner inneren Reisekarte erschienen ist und mich dann - nach einigem Schmöckern im Reiseführer - doch magisch angezogen hat. Und mein Bauchgefühl, diese nicht in Worte zu fassende Anziehung, hat wieder einmal richtig gelegen.
    Aber was ist es, was genau lässt mich mich so in diesen Flecken Erde verlieben?
    Sicher sind es die sich träge durchs Land schlängelnden Flüsse, allen voran der Mekong, der einem mit seiner Schönheit einfach berühren muss. Einen Sonnenuntergang über ihm zu erleben, kann es mit jedem Sonnenuntergang über dem Meer aufnehmen. Und sicherlich ist es die Natur Laos; die majestätischen bewaldeten Karstberge, die sich jeden Morgen in mystischen Nebel hüllen und Abenteuer versprechend auf einen nieder blicken, die unendlichen Waldgebiete mit ihren Lianen und knorrigen Baumriesen. Es sind auch die Bewohner Laos; die Zweibeinigen, die morgens um 8 schon laute Musik erschallen lassen, die freundlich „Sabaidee“ rufen und mit denen man sich sowohl in schlechtem Englisch als auch mit Händen und Füssen bestens versteht. Die Vierbeinigen, die einen neugierig beschnuppern und manchmal sogar eine ganze Wanderung lang begleiten. Aber vor allem ist es das Zeitgefühl, das einem Laos schenkt: Man fällt schlicht aus der Zeit hinaus. Nichts geht schnell in Laos, nichts wird hastig erledigt, niemand lässt sich stressen, niemand drängt zur Eile. In Laos entdeckt man die Langsamkeit, die sonst in unserer Welt oftmals fehlt und die für die Seele doch um so vieles passender ist.
    Und so geben wir uns diesem (nicht vorhandenen) Zeitgefühl hin. Wir steigen auf die Hausberge von Nong Khiaw und Muang Ngoi Kao, ich mit immer wieder zitternden Knien - die Laoten scheinen ein sehr schwindelfreies Volk zu sein -und Chrigu in der Rolle des starken Mannes. Wir schaukeln mit dem Kanu auf dem Nam Ou und stoppen auf einsamen Sandbänken für eine Pause (und um unsere nassen Hintern in der Sonne trocknen zu lassen, nur damit sie wieder im Kanu sitzend erneut durchnässt werden). Wir kurven mit dem Velo - das halb so schwer ist wie ich selbst und mit dem man weder bergauf noch bergab fahren kann, da die Bremsen nicht richtig funktionieren und Gänge nicht vorhanden sind - durch die verschlafenen Strässchen und amüsieren die Dorfbewohner. Wir sitzen auf dem Balkon und geniessen die Aussicht. Wir stehen mit dem Morgennebel auf und gehen mit den erwachenden Sternen pfusen. Hier in Nordlaos fallen wir aus der Zeit hinaus und sind uns einig: Es gefällt uns unglaublich gut hier im Nirgendwo.

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    Liebes Laos, ich habe Muskelkater und Herzklopfen von unseren zwei gemeinsamen Wochen. Aber ich will keine weitere Affäre. Und wenn du so weitermachst, wird das für mich etwas Ernstes mit uns. Nur, damit du das weisst.
    P.S. Lass deine Finger von China, diese Schlampe tut dir nicht gut!
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