Satellite
Show on map
  • Day 10

    Ente gut?

    June 9, 2023 in Germany ⋅ ☀️ 26 °C

    Heute morgen nahm ich mir wie immer ausreichend Zeit um in Ruhe und sorgfältig meinen Rucksack zu packen. Darin hat sich recht schnell Routine eingestellt und ich weiß blind, was in welcher Reihenfolge und wohin in den Rucksack muss. Dann habe ich meine Wasserflaschen mit frischem kalten Wasser aufgefüllt und lief mit einem ausgesprochen positiven Gefühl Richtung Saalfeld . Der Gedanke an die kurze Strecke und den Ruhetag auf einem schönen Zeltplatz ließen mich leicht hüpfend in Richtung Orstausgang tänzeln.

    Ähhhh, nein. Also das hätte durchaus so sein können, aber genau das Gegenteil trat ein. Nach gut 200m merkte ich, dass die Luft echt raus war. Auf der gestrigen Etappe habe ich eindeutig alles verbrannt, was an Kohlen noch im Keller gelegen hat. Jetzt war der Ofen aus. So werden auch die 10 km nach Saalfeld ne echt harte Nummer. Das Thema Energiezufuhr hatte ich die letzten 2 Tage auch stiefmütterlich behandelt und bekam jetzt die Quittung. Aber mich hetzt ja niemand. Das Handy zeigt an, dass sich gleich um die Ecke ein Asiaimbiss befindet. Auf das Angebot brauche ich nicht zu schauen. Kennst du einen, kennst du alle. Wie bei MCDONALDS. Auf einem Supermarktparkplatz, bei dem die Planer penibel darauf geachtet hatten, dass hier selbst Nachts nicht ein Quadrazentimeter Schatten entsteht, gab ich meine Bestellung durch das Fenster einer, architektonisch ehr unspektakulären Containerküche ab. 2 Cola und 1 mal gebratene Ente mit Reis. LÖGGER. Vor dem Fenster geschah dann endlose 20 Minuten nichts. Ich wartete und drohte mich in der prallen Sonne selbst zu entzünden. Vermutlich wurde auf der anderen Seite des Containers zur selben Zeit, die Ente aus Stromspargründen nicht frittiert, sonder einfach in die Sonne gehalten. Dann wäre sie jetzt aber auch schon arg dunkel. Huch ,das Essen ist fertig, na das ging ja flott. Ich habe Blasen auf der Haut und meine Zunge hat Form und Konsistenz eines dieser langen Stofftiere, die man im Winter vor die Türen legt, damit es nicht zieht. Winter, Zugluft, was für schöne Gedanken. Nun aber los und ein schattiges Plätzchen gesucht. 3 Blocks weiter lies ich mich auf dem Rasen vor einem Hauseingang nieder und atmete durch. Ich trank eine Cola schloss die Augen und streckte für wenige Minuten erstmal alle Gliedmaßen von mir. Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich in das Gesicht einer älteren Frau, die anscheinend schon Jahre nicht mehr verstecken wollte oder konnte, das sie vom Leben und der Natur auf gleich mehrfach Art benachteiligt und gezeichnet wurde war. Meine Güte, nur gut, dass ich nicht herzkrank bin. Hier können sie nicht rumsitzen, das ist mein Hauseingang. Fauchte der Zahnlose Tieger und schaute mich wartend an. Doch, kann ich sehr wohl. Ich bin der neue Hauseigentümer und prüfe die Rasenfläche auf Festigkeit. Wenn ich damit fertig bin, schreibe ich Mieterhöhung. Abgang Babajaga.
    Ich musste mich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Gehirn funktioniert. Check! Zeit für die Ente. Ich öffnete die Verpackung und erblickte etwas, was ehr wie eine blasse Kopie einer gebratenen Entenbrust aussah. Also doch in die Sonne gehalten. Beim ersten bissen stieg mir ein merkwürdiger Duft in die Nase. Ich kannte diesen Geruch und auch den Geschmack. Wenn etwas leicht nach Seife und gleichzeitig merkwürdig süßlich schmeckt, dann weiß ich sofort und dank jahrzehntelanger Erfahrung, die Ente ist am Ende. Versammelt, verdorben und verrottet. Ich hatte die Faxen dick. Kulinarisch, war die Reise bisher ein reinfall. Nun aber war mir übel, mein Magen begann zu krampfen und der restliche Verdauungstrakt machte Geräusche, wie eine verkalkte Kaffeemaschine. Das wars dann für heute. Ich nahm den nächsten Bus und fuhr auf direktem Weg zur Zeltplatztoilette. Mittlerweile ist mein Zelt aufgebaut und wenn alles klappt, bringt mir der Lieferdienst in 30 Minuten eine Pizza und diverse Kaltgetränke. Mal sehen. Bis später.
    Read more