• Eisbäralarm

    August 5, 2023 in Svalbard and Jan Mayen ⋅ ☁️ 6 °C

    Unsere Morgenexpedition startet bei der „Texas hut“ einer alten Trapperhütte, die inzwischen zur Trekkinghütte umfunktioniert wurde. 3 Tage mit dem Schneemobil dauert die Reise von Longyearbyen aus. Als Brauch bringt die jeweilige kleine Truppe, die sich dorthin aufmacht, eine Flasche Hochprozentigen mit. Im Gegenzug probieren sie sich dann durch die dort bisher angesammelten Getränke..

    Unsere Wanderung führt über den Berg zu einem kleinen Strand auf der anderen Seite und wir erfahren alles über das damalige Trapperleben und entdecken alte Fallen. Die 80 jährige Ingrid, eine ehemalige Mathe- und Physiklehrerin, bleibt auf Zureden unseres Guides mit zwei anderen Geheingeschränkten an der Texashütte zurück. Ingrid liebt den Norden und Spitzbergen war schon immer ihr Traum. Deshalb ist sie etwas erbost, dass ihr Mikes Ausführungen entgehen, fügt sich aber in ihr Schicksal. Bei der Wanderung herrscht ein gewisser Zeitdruck, damit wir das Tenderboot auf der anderen Seite erreichen und wir müssen dabei eng zusammen bleiben.
    Da ich gerade „eine Frau erlebt die Polarnacht“ lese, bin ich diesmal diejenige, die Mike mit Fragen löchert und alles über das frühere Jäger- und Trapperleben auf Spitzbergen erfahren möchte. Mike erzählt mir, dass wir die Hütte, in der Christiane Ritter gemeinsam mit ihrem Mann sowie einem norwegischen Trapper in den dreißiger Jahren überwinterte, später noch passieren werden. Die beiden Männer stellten in der Gegend, in der wir uns gerade befinden, ihre Fallen für Schneehühner und Polarfüchse auf, während die Autorin sich neue Seehundrezepte ausdachte, die Hütte instand hielt und Tagebuch schrieb. Mike meint grinsend, dass die ausführlichen und emotional geschriebenen Tagebücher der Frauen dieser Zeit für die arktische Recherche heute weitaus wertvoller seien, als die kurzen knappen Tagebücher der Männer, die nur emotionslose Einträge wie „Seehund erlegt, zerteilt…“ enthielten.

    Für den Nachmittag stehen warme Quellen auf dem Programm. Doch gerade als die erste Ausbootung beginnt, entdeckt eine der Guides einen merkwürdig gescheckten Stein, der sich kurz darauf zu bewegen beginnt. Wir werden vom Mittelschiff weg auf das Vorderdeck gerufen und der Landgang wird abgesagt. Tatsächlich handelt es sich um einen grantig dreinblickenden Eisbär, der geschlafen hat und wohl durch das Motorengeräusch der Tenderboote erwacht ist. Er beruhigt sich schnell als er merkt, dass das Boot nicht weiter näher kommt und die ihn durch ihr Fernglas anglotzenden Gestalten bescheuert aussehen und als Nahrungsquelle ungeeignet und wenig nährstoffreich sind. Wahrscheinlich registriert er auch, dass er mit zum Teil riesigen Teleobjektiven aus allen Richtungen fotografiert wird, denn er beginnt zu posieren und sich wohlig zu strecken.

    Später fahren wir wieder näher an die warmen Quellen heran, die aus nur 2cm großen, wenig dampfenden Löchern mit ca. 18 Grad warmen Wasser bestehen und die einzige Stelle mit noch vulkanischer Aktivität auf Spitzbergen darstellen. Zum Baden wären sie also ungeeignet gewesen, was ein wenig tröstet.
    Da sich unser Guide mit uns auf der Brücke trifft, dürfen wir diese gleich mit besichtigen und dem Wachhabenden Offizier hallo sagen.

    Das Abendessen wird diesmal durch die Sichtung mehrerer Wale unterbrochen. Später überqueren wir den 80. Breitengrad und feiern diesen nicht vielen Menschen vorbehaltenen Moment mit einem Glas Sekt auf dem Vordeck. Dann steuert das Schiff zur Sandbank Moffen, wo wir mit dem Fernglas eine männliche Walrosskompanie beobachten können.
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