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  • Day 274

    Lockdown Perth

    May 17, 2020 in Australia ⋅ ☁️ 20 °C

    Die Corona-Krise trifft uns auch in Australien und bremst unsere Reise vorerst komplett aus. Nach 7 Monaten unterwegs finden wir uns auf einem Campingplatz in Perth wieder und wissen nicht so recht wie wir die Situation einschätzen sollen. Auf der einen Seite verfolgen wir intensiv die Nachrichten aus Europa, mit den erschreckenden Meldungen aus Italien und Spanien und sind froh in einem Land zu sein, dass kaum Infektionen zu beklagen hat. Auf der anderen Seite lernen wir sehr schnell, dass die politische Landschaft in Australien eine andere ist als in Europa und trotz weniger Zahlen ein konsequentes elimnieren des Virusˋ als Ziel ausgegeben wird.

    Als Folge werden die Außengrenzen, Cafes und Restaurants geschlossen, landesweit eine komplette Social Distancing Kampagne gestartet und zu unserem Entsetzen nicht nur die Bundesstaaten abgeriegelt, sondern in Western Australia auch noch regionale Grenzen gezogen, sodass wir in einem Radius von gut 50km um Perth herum eingeschlossen sind.
    Unsere anfängliche Hoffnung während der Corona-Krise ein Land zu bereisen, in dem immer irgendwo die Sonne scheint und in dem wir ohne Probleme 6 Monate ohne Langeweile unterwegs sein können weicht somit schnell dem Gefühl der Unwissenheit und Unentschlossenheit.

    So stehen wir Anfang April vor der Frage die Reise abzubrechen und nach Hause zu fliegen, oder trotz weltweiter Reisewarnung und Aufforderung der australischen Behörden an alle Touristen das Land zu verlassen in eben diesem zu bleiben und darauf zu hoffen, dass sich die Situation in absehbarer Zeit entspannt.
    Wir hadern mit dem Schicksal und fragen uns, warum ausgerechnet dann eine Pandemie ausbrechen muss, wenn wir (wahrscheinlich das einzige Mal in unserem Leben) ein Jahr auf Weltreise sind. Aber ein Blick in die Nachrichten und auf die anderen Länder lässt uns schnell erkennen, dass es vielen Menschen deutlich schlechter geht als uns und wir finden uns langsam mit der Situation ab.

    Da wir unserem ersten Impuls nach Hause zu fliegen mangels Wohnung und Aufgabe sowie aufgrund der heimischen medizinischen Situation widerstanden haben, sind schnell die Preise der limitierten Flüge von knapp 6000 Euro pro Person ein Hauptgrund weiter in Down Under auszuharren.
    Und tatsächlich hätte es uns deutlich schlechter treffen können, Perth ist sicherlich einer der besten Orte um eine weltweite Pandemie zu überstehen. Die Stadt ist unglaublich lebenswert, hat viele schöne Strände für endlose Spaziergänge, viel Wasser in der Stadt, grüne Parkanlagen mit Blick auf die Skyline und mit Fremantle ein wunderbares Stadtviertel zum Wohnen und Leben. Dazu sind die Australier weiterhin freundlich, auch wenn distanzierter als gewohnt.

    Wir verbringen knapp 2 Monate in verschiedenen Airbnbs, lernen mit Franzi und Oli aus Nürnberg ein weiteres Pärchen kennen mit denen wir viel Zeit verbringen (und verbringen werden), gehen in den umliegenden Nationalparks wandern und treffen unzählige Kängurus, grillen zum Sonnenuntergang am Strand, lesen viel, kochen jeden Tag und wundern uns über die zunehmend übertriebene Corona-Berichterstattung - immer mit der Hoffnung auf eine baldige Wiederöffnung der Bundesstaaten. Uns geht es tatsächlich den Umständen entsprechend sehr gut, auch wenn das Gefühl der Unsicherheit unser ständiger Begleiter ist.

    Als nach ein paar Wochen angekündigt wird zumindest wieder die regionalen Grenzen zu öffnen und immerhin Westaustralien bereisbar zu machen, fassen wir den Entschluss ein Auto zu kaufen und schlaffertig umzubauen um flexibel auf die zukünftigen Situationen reagieren zu können.

    In den Nachrichten mehren sich einerseits die Stimmen, die eine schnelle Öffnung innerhalb Australiens fordern um die Wirtschaft zu retten, und auch über eine Travel Bubble mit Neuseeland und den pazifischen Inseln wird diskutiert. Allerdings sind wir andererseits auch Zeuge wie sich ein medizinisches Thema in ein politisches wandelt und sich einzelne Bundesstaaten weigern ihre Grenzen für alle Australier zu öffnen (was angesichts von teilweise keiner einzigen Neuinfektion pro Tag (für ganz Australien!) und regelmäßig unter 10 neuen Fällen doch sehr übertrieben erscheint).

    Vor allem Western Australia sieht sich gerne als starke, stolze Teilnation weit entfernt von der regierenden Ostküste und rühmt sich damit, durch die Grenzschließung innerhalb kürzester Zeit das geschafft zu haben wofür Großbritannien Jahre brauchte (ja, tatsächlich ist der Brexit gemeint). Dementsprechend schwer fällt es den handelnden Personen nun, sehr zum Leidwesen des autralischen Prime Ministers, die Grenzen wieder zu öffnen und die Machtposition wieder abzugeben.

    Trotzdem verlassen wir Perth Ende Mai gut zwei Monate nach Rückkehr trotz einiger Stimmungsschwankungen und regelmäßiger Umentscheidungen hoffnungsvoll auf eine Weiterreise in unserem eigenem Auto, freuen uns auf bisher unbekannte Gebiete von Westaustralien und hoffen darauf, dass sich die Politik bald darauf einigen kann die Grenzenschließungen wieder rückgängig zu machen und den Menschen eine langsame Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen. Eventuell sogar mit Verbindungen ins nahegelegene Ausland, was uns eine Weiterreise nach Fidschi oder Neuseeland ermöglichen würde.
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