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  • Day 54

    Der Barbiere von Cesenatico

    October 24, 2021 in Italy ⋅ ☁️ 13 °C

    Mein letzter Blogeintrag ist erst 3 Tage her aber seitdem sind wir weit gereist. Deshalb jetzt meine Aktualisierung.
    Am Freitag sind wir morgens von der Weinebene weggefahren und durch Österreich am Wörthersee vorbei weiter Richtung Italien gefahren. Die Fahrt war angenehm, das Cruisen auf den Autobahnen ist entspannt. Luise sitzt auf der Rückbank und darf Handy gucken oder etwas hören, Martha liegt in der Garage und tut keinen Mucks und Jens und ich wechseln uns beim Fahren ab. Auf dem Weg von Italien zurück nach Österreich vor gut 2 Wochen haben wir "die Schöpfung" von Haydn gehört. Jens rührt die Musik jedesmal so sehr, dass er Tränen in die Augen bekommt. Auch ich mag die Musik, was ich nicht von vielen klassischen Stücken behaupten kann. Auf der Fahrt vorgestern haben wir Hugo Egon Balder gehört, bitterböse Texte und sehr witzig. Diesmal hatte ich Tränen in den Augen vor Amusement.
    Tatsächlich sind wir 400 Kilometer gefahren. Unser Ziel war ein Stellplatz in Boccasette in der Po-Ebene (Tip aus dem Reiseführer meines Vertrauens). Glücklich angekommen haben wir uns erstmal ein bisschen ausgeruht, haben uns kurz die Beine vertreten und sind dann auf der Flucht vor den Schnaken ins WOMO geflüchtet. Dort haben wir gemütlich gegessen und gespielt.
    Auf der Fahrt zu unserem Stellplatz sind wir meilenweit durch sehr flache Gegend gefahren, die riesigen Felder waren alle schon abgeerntet (keine Ahnung, was dort angebaut wurde) und viele kleine und größere Kanäle haben das Land durchzogen. Besiedelt ist die Po-Ebene eher spärlich und die Häuser wirken alle ziemlich heruntergekommen und teilweise auch unbewohnt. Leider haben wir auch sehr viele totgefahrene rattenähnliche Tiere am Straßenrand gesehen. Der erste Eindruck von Jens lautete: Die Po-Ebene ist fürn A.... . Wir wollten ja aus dem herbstlichen Bergen in den noch sommerlichen Süden. Das ist uns gelungen, es waren 20 ° und nachts haben Luise und ich in unseren warmen Winterbetten geschwitzt. Am nächsten Morgen sind wir kurz durch den Ort geschlendert auf der Suche nach dem angekündigten Strand. Wir haben ihn nicht gefunden und daraufhin beschlossen, unsere sieben Sachen zu packen und weiter an der Adria entlang Richtung Ravenna zu fahren. Gleich 2 Reisetage hintereinander, nicht gerade meine Wunschvorstellung vom Sabbathjahr aber ausnahmsweise okay. Im letzten Blog habe ich unsere zu erwartende Herausforderung bereits geahnt, und genau dieses Problem ist jetzt Realität geworden. Es gibt nur noch sehr wenige offene Campingplätze. Die Suche nach einem geöffneten Platz hat uns gestern Nachmittag dann hierher verschlagen. Zum Glück haben wir früh genug begonnen zu suchen, sodass wir um 16.00 Uhr glücklich in Cesenatico angekommen sind. Der Campingplatz ist sehr groß (1000 ! Stellplätze), sehr 50er Jahre Charme und sehr einsam, da alle Dauercamper (gefühlt 999 okupierte Plätze) schon in der Winterpause sind. Ein Sanierungsstauproblem gibt's hier auch, in den Sanitäranlagen gibt es tatsächlich noch "Franzosenklos", ist das zu fassen. Jens ist ganz geknickt, weil es mir hier nicht gefällt. Ich finde es gar nicht so schlimm, auch solche Campingplätze gibt es noch, die Relikte einer vergangenen Zeit. Außerdem fühle ich mich in unserem WOMO echt wohl. Hier kann ich mir gut die vielen deutschen Touristen der 50er Jahre vorstellen. Auch am Strand entlang bis ins Städtchen (ca. 4 Kilometer) steht eine Bettenburg-Bauruine nach der anderen, alle verlassen und kaputt, echt gruselig. Vor 70 Jahren muss hier die Hölle losgewesen sein. Das Örtchen selbst ist rund um den Hafen schnuckelig und wuselig, hier waren wir heute Nachmittag mit den Rädern. Ich habe das leckerste Eis ever gegessen (Nüsse mit Salz), Jens hat sich einen hoody gekauft (ehemals Kapuzenpulli) und Luise hat eine Zuckerwatte schnabuliert.
    Heute Morgen waren Jens und Luise auf dem campingplatzeigenen Friseur. Auf den ersten Blick eine nette Frau. Leider hat sie Luise beim Fönen fast ihre Kopfhaut versengt und Jens einen fiesen "Hitler"-Nacken rasiert. Luise konnte ich retten, Jens Haare wachsen bekanntlich schnell nach. Und einen schönen Mann entstellt bekantlich nichts! An meinen Schopf lasse ich jedenfalls nur Elena und Nele. Martha wurde kurzerhand auch noch gestriegelt.
    Jetzt bereiten wir uns auf den Abend vor. Gerade gab es antipasti und gleich pesce e carne e potatopuree und die Eintracht. Ein rundes Abendprogramm mit dem Sieg der Frankfurter, hoffentlich.
    Wir bleiben hier noch die nächsten 2 Nächte. Ich brauche Zeit um unsere nächsten Schritte zu planen (ab morgen kann Jens auch wieder mitüberlegen. An den Wochenenden ist sein Kopf mit Fußball beschäftigt) und für homeschooling mit Luise. Die Temperaturen hier sind angenehm. Ich bin mir nur nicht sicher, ob wir weiter an der Adria bleiben oder uns ins Landesinnere wagen sollen. Die Übernachtungsmöglichkeiten werden das entscheidende Kriterium sein. Ich werde es recherchieren und natürlich berichten.
    Bis dahin, liebe Grüße und arrividerci
    Karin
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