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  • Day 5

    Juan

    August 1, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 16 °C

    Da bleibt mir noch, bevor ich morgen früh Pamplona verlasse, um weiterzuziehen, eine andere Geschichte zu erzählen: die Geschichte von Juan.
    Auf der Hinfahrt zum Camino bin ich mit dem Bus früh am Morgen von Zaragoza nach Pamplona und dann weiter nach Roncesvalles gefahren. Unterwegs machten wir einen Zwischenstop in Tudela - die Sonne war gerade aufgegangen.
    Kurz darauf schrieb mir ein Freund: „Ah, da bist du also in den Pyrenäen, da, wo Juan lebte.“
    Juan de Tudela lebte im 12. Jahrhundert und er war als Kirchenmann verstrickt in die Geschichte um die Juden, die katholische Kirche, die Kreuzzüge ins Heilige Land und den gegen die Katharer - und er war fest im Glauben, das Richtige und Gute zu tun - selbst als es darum
    ging, als Inquisitor die „Ungläubigen“ auf den „rechten Weg“ zu führen und in Kauf nahm, dass sie eher in den Tod gingen, als abzuschwören und sich bekehren zu lassen.
    Juans Geschichte berührte mich tief, schon als ich sie zum ersten Mal hörte. Und nun fuhr ich eines frühen Morgens durch seinen Geburtsort - und bekam es nicht mit! Sollte ich nicht noch einmal zurück fahren, um der Stimmung dieses Ortes nachzuspüren?
    Nun ja, nein. Ich werde morgen weitergehen.
    Im Alter zweifelte Juan. Er begab sich noch einmal auf den Weg nach Jerusalem. Von zurückkehrenden marodierenden Kreuzzüglern wurde er schließlich überfallen und ausgeraubt. Muslime nahmen ihn auf und pflegten ihn gesund. Er schätzte ihre Gastfreundschaft und staunte über ihre Heilkünste. Die Menschen zuhause waren demgegenüber Babaren. Er lebte ein Zeit lang unter ihnen, trug ihre Kleider, als eines Tages wieder Kreuzritter kamen und das Dorf niedermetzelten - so wie er damals im Glauben, das Rechte zu tun.
    Er wollte sich ihnen entgegenstellen, sich als christlicher Pater zu erkennen geben und sie aufhalten. Da wurde ihm gewahr, dass er muslimische Gewänder trug und einen Turban auf dem Kopf. Sie hörten ihn nicht einmal, als sie ihn umbrachten.
    Welch Tragik.
    Dieser Juan erschien mir vor einiger Zeit im Traum als Kind. Es war einer dieser Träume, die sehr real erscheinen. Er war traurig. Ich nahm ihn zu mir und tröstete ihn. Trotz seines jungen Alters, trug er seine ganze Geschichte mit all seinen Taten bis hin zu seinem Tod schon in sich. Die Zeit verschwamm - seine Zukunft war schon im Kind anwesend und auch die ferne Zukunft, in der ich das träumte, war damals und jetzt zugleich.
    Da war nur noch ein tiefes Mitempfinden und große Ehrfurcht vor diesem Leben, ohne auch nur irgendetwas zu werten.
    Juan.
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