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  • Day 8

    Unterwegs mit Olof und Robert

    August 31, 2022 in Sweden ⋅ ⛅ 5 °C

    Lang ersehnt und endlich eingetreten; meine Wanderung mit Olof. Heute stand sie als einziger und wichtigster Tagesordnungspunkt auf meiner Agenda. Wie ich ja bereits zwischen einem Schluck Kaffee und einem dahin gelöffelten Müsli bereits vorhin mitteilte, gab es schon morgens einige "Verzögerungen im Betriebsablauf" (so hätte zumindest die DB dieses Problem generlisiert betitelt).
    Dem Problem lag allerdings hier kein vorausfahrender Zug oder eine Signalstörung, sondern meine Einstellungen zu Weckern zugrunde. Generell stelle ich mir davon lieber mehr um einige dann zu snoozen. Stellt man sich aber einen Wecker und schaltet ihn beim Klingeln aus, so verfehlt er seine weckende Funktion und man wacht einfach (etwas) später panisch auf.

    Als also das mit dem panisch Aufstehen, Organisieren und Frühstücken durch war, war auch halb 9 durch. Vor mir lagen nur leider noch 3km Fußmarasch bis zur Turiststation. Und dann war da noch die Ferse...

    Die Ferse tat nicht weniger weh als am Vortag, nein, das Rennen (fast walk) hatte eher eine Situations verschlechternde Wirkung. Ich Texte Olof, das ich einige Minuten später da sein würde, was mit einer freundlichen SMS quittiert wurde. Dann humpelte ich AFAP (as fast as possible) meines Weges und traf nur 7 Minuten verspätet ein. Eine erneute SMS an Olof zwecks meiner verspäteten, aber dennoch geglückten Ankunft, hatte sein Erscheinen und das seines Freundes Robert an der Rezeption zur Folge. Meine vielen Entschuldigungen waren fast überflüssig, denn alsbald war man tief in Gespräche verwickelt. Zum Beispiel darüber, das schwedische Züge eine extra Kippfunktion aufweisen, sodass der Zug sich in den Kurven entsprechend seiner Umgebung verhält, ohne das man die Schienen kippen muss. Das wiederum gewährleistet, dass die Motionsicknes, auch bekannt als Seekrankheit der Reisenden, abnahm.

    Derweil kämpfte man sich über die üblichen Wanderwege vor; Olof in seinen Wander-Gummistiefeln, die von außen keinerlei Unterschied zu normalen Gummistiefeln aufwiesen sowie Robert und ich, in unseren gewöhnlichen Schuhen.

    Natürlich erlaubte das Olof'sche Schuhwerk einen gewissen Vorteil, denn als Robert und ich von Grasbüschel zu Grasbüschel balancierten, auf überfluteten Holzstege Hechtsprünge hinlegten und immer sehen mussten, dass man irgendwie über Normal-Null der Pfütze/des Tümpels blieb, bahnte Olof sich seinen Weg einfach mitten hindurch, ohne Rücksicht auf Verluste. Als ich ihm dann von der armen Niederländerin mit den abgefrohrenen Füßen erzählte, die in Gummistiefeln unterwegs war, meinte er nur, man müsse sein Schuhwerk eben einfach gut eintragen. Mit den Worten: "But you can't safe them all." beendete er seine Expertise. Das die Niederländerin nie vor hatte in Gummistiefeln wandern, denn wer außer den Schweden tut so etwas, verschwieg ich lieber.

    Es war generell ein schöner Wanderweg; er führte entlang eines Flusses (den man nicht sah) durch die so typische Natur, über diesmal gut ersichtliche Pfade. Über den Bergen hingen abermals Wolken, die heute jedoch begonnen hatten die Berggipfel mit weißem Schnee zu berieseln. Als mein Blick von den Berwipfeln wieder ins Tal und auf den Wandeeweg zurück schweifte, erblickte ich ein Rentier-Schädel. Spannend! Olof und ich machten uns direkt daran, markante Schädelknochen zu benennen....da sag ma' einer Ben macht nix für die Uni.

    Nach ca. 5km kam dann ein Rauschen näher, bzw. eher kamen wir dem Rauschen näher, dass wie so oft als Ursprung einen Wasserfall hatte. Über diese Rauschquelle ragt eine... nun ja...Brücke?? Ginge es nach deutschen TÜV-Standarst und naja etwaigen anderen "Saftyregulations", hätte diese Brücke keine blumige Zukunft. Sie wäre in diesem Fall wohl eher für mehrere Jahre weiträumig gesperrt worden, bis die Behörden sich einig wären in welchen Zuständigkeitsbereich nun diese zusätzliche Arbeitsquelle fallen würde.

    Wäre dann die Verantwortliche Institution gefunden, würde zunächts ein Abriss-, dann ein Bauantrag durch die Maschinerie der Bürokratie laufen. Umweltschützer hätten genug Zeit eine bedrohte Art zu finden, die nur dort ansässig wäre...neuer Antrag. Am Ende würde an besagter Stelle ein deutscher Traum aus Stahlbeton die Wildnis zieren.

    Was dort allerdings wirklich die Kluft überspannte, war ein Holzsteg, der von 2 rostigen Eisenbahnschienen abgelöst wurde, über denen man eine Bretterkonstruktion samt Geländer befestigt hatte.

    Nach allgemeinem Staunen, Bewunderung der Natur und den obligaten Fotos, ging es auf die andere Seite, wo sich ein schönes Plätzchen für ein Fika bat. Dort saßen wir nun knapp eine Stunde und philosophierten über sämtliche Unterschiede, die Deutschland und Schweden aufzuweisen hatten. Die Debatte reichte von der Nahrung bis zur Politik, wo sie am Ende hängen blieb. So kam auch heraus, daß wohl die schwedischen Kollegen bzw. Leidensgenossen der SPD, ähnlichen Wählerandrang erfuhr, wie die deutsche Fraktion; und zwar keinen bzw. negativen. Auch hier wurde aus der führenden Partei, eine Nieschenpartei mit ca. 20% bei den letzten Wahlen.

    Während Robert sich auf den Rückweg machte, erkundeten Olof und ich das nähere Umfeld. Auch wenn die Pfade nach und nach verebbten, erlaubte die nicht sehr dichte lappländische Vegetation eine gute Orientierung, weshalb man keine Befürchtungen des Verlaufens am helllichten Tage hegen muss.

    Auf der Anöhe, die wir zunächst im Betracht nahmen, fand sich allerlei Kot. Von Elch bis Rentier, Hase bis Vogel; jeder schien hier seine Notdurft zu verrichten. Auch Pilze gab es einige, die Olof versuchte zu differenzieren. Nicht ganz erfolgreich und sein wir ehlich...dann doch lieber Kötbullar statt Tod durch Vergiftung.

    Auch wenn man gut sah, hielten wir es für das Best, zum Fluss zurückzukehren und dem Verlauf stromaufwärts zu folgen. So fand man auch ohne Karte immer zurück. Während wir all das taten, erzählten wir und erzählen und erzählen....von Bach bis Tschaikowsky, Miniaturwunderland bis Prager Sinfonieorchester, Spiritualität bis Drogenkonsum (keine Sorge, dass war mal Teil Olofs Job).

    Zwischendurch gab es immer wieder spannende Motive, die mit reichlich Hilfsmitteln digital festgehalten wurden. So ging es hin und so ging es zurück. Die Ferse war da schnell vergessen.

    Als wir irgendwann gegen 15 Uhr zur Turiststation zurück kamen, verabschiedete ich mich noch von Robert und Olof begleitete mich zurück nach Abisko Östra.
    Im Foyer der Turiststation begegne ich meiner vorherigen Zimmergenossin, die nun auf den Campingplatz umgesiedelt war. Keine 2 Sekunden und Olof ist mit ihr in ein Gespräch verwickelt. Er erzählt mit heftigem Akzent, kleinen Fehlerchen, aber bemerkenswert sicher auf Deutsch, was für einen schönen Tag wir hatten und das wir "Pfad-Kollegen" wären. Ich finde die Vorstellung sehr lustig und auch sie muß sichtlich schmunzeln.

    In Abisko Östra trennten sich dann auch unsere Wege. Aber nicht für immer. Wir halten definitiv Kontakt und wann immer einer im Lande des anderen ist, wollen wir einander mal besuchen; gemeinsame Interessen gibt es genug.

    K.O. aber glücklich, kehre ich ein letztes mal in mein Hostel zurück. Dort warten neue Zimmergenossen aus "Great Britain" auf mich, die....nun ja...also in Converse Sneakern kommt man hier nicht weit, wohl in den falschen Zug gestiegen sind. Auf meine Frage ob sie zum Wandern hier sind die Aussage: "NO! You would never see a British hike. And we're no exception.".

    Bevor es in die letzte Sauna geht, plane ich den nächsten Teil meiner Reise, denn der ist weniger geplant als ich bisher annahm. Nun geht es morgen via Narvik ab 11.04 Uhr, von Abisko nach Kabelvåg. Olof riet mir mich rechts in den Zug zusetzen, denn da soll die Natur einfach umwerfend sein.

    Wo ich in Kabelvåg übernachte ist eine Überraschung und wenn alles klappt, die wohl genialste Unterkunft nur irgends möglich. Und das sogar umsonst! Also Daumen drücken, dass auch alles so wird wie erhofft. (Ansonsten kommt notgedrungen das/der? Biwak zum Einsatz🥴)

    Auf dem Weg zur Dusche, dann noch ein glücklicher Zusammenstoß. Ich treffe die Betreuerin der 52 Schlittenhunde. Sie lädt mich ein, morgen früh um 9 doch einmal vorbeizuschauen; so klappt das also auch noch! JUHUUUU...🥳 Was gäbe es besseres als 52 Hunde an einem Ort?? (nagut, vielleicht 53....aber egal)

    In der Dusche wird dann nicht nur mein Körper einer gründlichen Wäsche unterzogen, nein, auch meine Wäsche genoss eine nötige Erfrischung. Dann aber endlich Sauna....🤗

    Als Letzter Tagesordnungspunkt steht nun noch an, evtl. bei aufgeklartem Himmel, Aurora zu sehen. Toi, toi, toi!

    (Gleich kommen nochmal ein paar Fotos des Tages, den pro Footstep bin ich auf 20 reguliert)
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