Satellite
Show on map
  • Day 12

    Henningsvær: Teil 1

    September 4, 2022 in Norway ⋅ ☀️ 12 °C

    Ufff....gerade noch so den einzigen heute fahrenden Bus geschafft. Jetzt sitze ich allerdings im Bus und es sollte zu keinen weiteren Komplikationen kommen.

    Da Austin, Els und mich mit nach Henningsvær nahm, hatte dieser Tag eine unerwartete Wendung genommen. Nun hatte er tatsächlich Potenzial. Die Autofahrt war natürlich wieder bezaubernd. Vorbei an den Klippen, Wiesen und Seen, der Küste, über eine riesige Brücke und und und. Man kann eigentlich nie alles sehen, denn überall ist die Natur spektakulär. Für alle die noch nicht auf den Lofoten waren, Autofahren bedeutet hier, man gelangt auf die E10, fährt auf ihr richtung Nord oder Süd und biegt da links oder rechts ab, wo man hin möchte. Bei uns war es ein rechts Knick etwas vor Kabelvåg.

    Ab hier wurde es für Austin etwas schwieriger mit dem Fahren. Die Straße war meist nur breit genug für 1 Auto. Dafür gab es aber reichlich Ausbuchtungen zum Ausweichen. Da die Straße jedoch zusätzlich noch sehr kurvig war und sich an den Felsen entlang schlängelte, kam es zu sehr knappen Ausweichmanövern. Nix für schwache Nerven!

    Auf den letzten 3 km, gabe es noch 2 Brücken, die aufgrund ihrer Einspurigkeit, mit Ampeln versehen waren. Hat man die 2 Brücke überquert, erreicht man Henningsvær. Das erste worauf man zufährt, ist die ehemalige Kawiar Fabrik. Dieses renovierte Gebäude beherbergt seit 2013 ein Kunstmuseum, in dem wechselnde Ausstellungen moderner Künstler gezeigt werden. Zur Zeit stellt der im Exil lebende Ai Weiwei aus. Auf der Fahrt hatte mir Els diese Ausstellung wärmstens empfohlen, weshalb sie für später auf der To-Do Liste stand. Da Austin so freundlich war uns zu fahren, bot ich an die Parkkosten zu übernehmen. Das nahm er auch dankend an. Per App zahlte ich ihm die 3h Parken und wir zerstreuen uns in unterschiedliche Richtungen; Els nahm sich zuerst das Museum vor, Austin spaziert in die Innenstadt und ich schaute mir etwas die Stadt an. Es gab neben sehr schönen renovierten und farbenfrohen Holzhäuser, leider auch ein paar, sehr marode Häuser. Dazu kamen auch viele ganz neu gebaute, die überwiegend in einem "neueren" Stadtteil standen. Ansonsten war es ein durchaus vom Tourismusgeschehen geprägter Ort, mit entsprechenden Preisen und Lokalitäten.

    Nach ein paar Fotos von verlassenen oder charakterstarken Häusern, ging es für mich weiter über eine Brücke auf die 2. Insel. Dort sah es nicht viel anders aus, nur das hier eben auch neuere Bauten das Bild prägten.

    Ebenfalls charakteristisch für Henningsvær und eine der Attraktionen, ist das Fußbalfeld; Es liegt zwischen den Felsen mitten im Meer. Über einen Pfad gelangt man auf die Felsen links und rechts des Platzes. So kann man die etwas kuriose Szenerie in seiner Gänze betrachten. Der Rasen ist natürlich kein echter, sondern Plastik. Trotzdem weißen Schilder darauf hin, daß Campen auf der Rasenfläche verboten sei. Ich werde das Bild nicht los, dass ein Camper morgens aus dem Zelt steigt und um ihn herum 22 Menschen um einem Ball wetteifern.

    Da mir dieser Ort jedoch zu touristisch wurde, schaute ich mich noch etwas weiter auf der 2. Insel um. Hier gab es auch überwiegend Wohnhäuser, aber auch ganz am Ende der Straße eine Fischerei. Dort flickte man gerade die Hummerkäfige. Ein Schild wies auf einen Pub hin, der sich wohl direkt im Fischereigebäude befindet. Sicher eine urige Angelegenheit, aber sowohl meine Abstinenz als auch die Uhrzeit (13.30 Uhr) hielten mich davon ab, ihn zu betreten. So stand ich nur dort und fotografierte.

    Geschuldet dem Fakt, dass es nur eine Brücke gab, ging es den ganzen Weg wieder zurück um auch einmal einen Blick in die Innenstadt zu erhaschen. Genau in anderer richtung verlief die Rute von Els. Unsere Wege kreuzten sich erneut unplanmäßig. Wir grüßen einander, gingen dann aber weiter unserer Wege. Nach 2 Tourishops war mein Bedarf an Innenstadt gedeckt.

    Gegen 14.00 Uhr traf ich in der Kawiar Fabrik ein. Die nette Frau am Tresen schien ein echtes "Fan-Girl" von Ai Weiwei zu sein. Sie schwärmte mir von ihm, seinen Werken und seinem Buch vor. Letzteres lag gerade aufgeschlagen vor ihr und sie kommentierte das mit: "Ist schon mein 2. Mal. Das musst du unbedingt auch lesen.". Das ich kein klassischer Kunstliebhaber oder -versteher bin, verheimlichte ich ihr. Für die 10 Euro Eintritt, gab es neben dem Eintritt, auch ein Heftchen, dass einem die unterschiedlichen Werke erklären sollte, denn diese sind in der Kunstwelt bekanntlich sehr abstrakt. Das gelang dem Heftchen leider nicht bei jedem Werk.

    Mit ihrem Wissen, dem Heftchen, aber ohne meinen Rucksack (sie führte das auf die Deutsche Chefin zurück, die ihre Rolle in deutscher Gründlichkeit wahrnahm, zurück), ging es los. Das Museum war nicht groß, die Ausstellungsfläche eher klein und auf 2 Ebenen mit vielleicht insgesamt 150-200 m². Dennoch war sie beeindruckend. Gleich zu Beginn wurden Tierbilder aus Lego ausgestellt und eine Horde Krabben, die die Chinesische Polizei darstellen sollte, die sich symbolisch über Ai hermachten.

    Dann jedoch einen sehr drastischer Bruch zum bisher Gesehenen. Es wurde eine Videoinstalation auf 3 Bildschirmen gezeigt. Der Betrachter (ich) stand in der Mitte. Auf dem einen (links) war ein iPhone Video zusehen, das von der Küste Lespos aus gemacht worden war. Es zeigte ein Flüchtlingsboot, etwas verpixelt, teilweise durch ein Fernglas gefilmt. Dazu lief der Ton, der neben Wellen auch Schreie und Stimmengewirr beinhaltete. Die anderen beide Filme waren stumm. Einer zeigte ein treibendes, kaputtes Flüchlingsboot mit Inhalt, der anderer den Künstler selbst in diesem Boot treibend.

    Hier hatte ich das erste mal Gänsehaut. Das Thema der Flüchtlingskrise zog sich von nun an durch den Rest der Ausstellung. Im 2. Geschoss, gab es weitere Kunstwerke. Hier unterstützte der Ort selbst die Wirkung der Werke immens. In die Wand waren große Fenster eingelassenen und so sah man das Meer und die raue Küste. Es wirkte fast wie ein Schiff. Dazu kam ein fischig salziger Geruch, der sich zu einem Geruch nach Seeluft verband. Auch Els erzählte mir abends, als ich sie noch kurz auf dem Flur traf, dass sie diesen wahrgenommen hatte. Sie wollte dem einmal auf den Grund gehen, ob der Ausstellungsort absichtlich so gewählt worden war.

    Zunächst wurde eine Stein Skulptur aus 3 gestapelten Rettungsringen gezeigt. Sie sollte die vielen Rettungswesten und -ringe symbolisieren, die man an griechischen Stränden findet und die sowohl für Leben als auf Tot stehen. Dem schloss sich ein weiteres Bild aus Lego an, in dem der Künstler die Rute der Sea Watch 3 abgebildet hatte....es war schlicht und trotzdem dermaßen wirkungsvoll, dass ich einen Kloß im Hals bekam. Ein weiteres Lego Bild zeigte die Unterwasseraufnahme einer Drohne, welche nach dem sinken eines größeren Flüchtlingsbootes, unteranderem die im Wasser umhertreibenden Körper aufgezeichnet hatte. Es waren im grünen Wasser nur die Umrisse schattenhaft zu erkennen. Ein anderes Bild zeigte den Künstler am Strand liegend, in einer Pose, in der man zuvor einen Toten 2 Jährigen gefunden hatte. Eines seiner kontroversesten Werke, wie der Flyer verriet.

    Das Highlight der Ausstellung was der Buddha. Er saß in einem alten Leuchtturmglas auf einem Holzsockel. Zuerst dachte ich die Ganze Skulptur sei Buddha, allerdings bemerkte ich nach Umrunden des Werkes, daß die Leuchte nach hinten geöffnet war und dort tatsächlich ein Buddha saß. Dieses Werk sollte symbolisieren, dass genau wie die Lichter von Leuchttürmen, die heute kaum bis garkeine Beachtung mehr finden, die Werte und Lehren des Buddhismus, in Vergessenheit geraten sind; Menschlichkeit, Frieden und Toleranz um nur einige zu nennen. Ein sehr ausdruckstarker Abschluss dieser Ausstellung. Ich bedanke mich noch einmal bei der Dame am Eingang und ziehe meiner Wege.

    Als Letzter Punkt auf meinem Zettel, stand eine "Wanderung" zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man noch einen Blick auf Henningsvær von oben werfen konnte. Bis dahin hieß es allerdings, 3km entlang der Straße zu laufen, die noch nicht einmal Platz für 2 entgegenkommende Fahrzeuge bot. Einige umfuhren mich großräumig, andere hätten mich fast auf ihrer Windschutzscheibe zu besagtem Ort befördert. Nichtsdestotrotz kam ich nach 20/25min am Fuße des Berges an. Dort begann das selbe Spiel wie überall auf Norwegens Wanderwegen, ganz nach dem Motto; Nur Fahrstuhlfahren ist senkrechter. Erst über riesen Steine, die mit zunehmender Höhe immer weiter an Größe verloren, sich schließlich in Geröll verloren und sich ein senkrechter erdiger Pfad abzeichnete. Höher und höher und höher....den Himmel entgegen. Auf 160m Höhe gab es den ersten Fotostop. Nebst einem kleinen See, der von einem in die Jahre gekommenen Beton Staudamm zurückgehalten wurde, gab es einen Ausblick auf Henningsvær. Nach einem ersten Foto mit dem "Ideen aus Holz" T-Shirt, beflügelte mich der Gedanke, die Spitze des Berges zu erklimmen. Es war 15.20 Uhr und 17.15 Uhr sollte der Bus gehen. Da hieß es ranklotzen.

    To be continued...
    Read more