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  • Day 16

    Å

    September 8, 2022 in Norway ⋅ 🌙 9 °C

    Å ist wirklich ein nettes Fleckchen Erde, aber wie die Einheimischen es hier mit sovielen Touristen tagtäglich aushalten, ist mir unbegreiflich.
    Es reicht ein Schritt vor die Tür und man steht fast unmittelbar im Getümmel. 10 Meter trennen mich jetzt noch von den Strömen an Touristen. Jeweils in Gruppen durchkämmen sie die Stadt, immer auf der Suche nach dem besonderen Foto oder ihrem Anschluss. Angeführt wird jede dieser Gruppen, durch einen Nummer in die Höhe streckenden Tourguide. Geht einmal ein Persönchen verlustig, sorgt die gute Vernetzung der Guides dafür, daß es wieder brav in die richtige Herde eingegliedert wird.

    Von China bis Italien, Russland bis Deutschland; es scheint als hätte jede Nation mindestens einen Bus mit Abgesannten geschickt. Ich erblicke auf dem nächst besten Schild eines Guides, eine 22. Für die Einheimischen hoffe ich, dass es kein 22 Gruppen gibt, sondern es einfach die Lieblingszahl des Guides ist. Eine erste Hochrechnung nimmt jedoch jegliche Legitimation dieser Hoffnung.

    Geordnetes Chaos das seines gleichensucht. Ich traue mich weiter vor und bahne mir einen Weg durch die Mengen. Bei genauerer Betrachtung stelle ich fest, daß im Grunde die gesamte Stadt ein zusammenhängendes Museum ist. Alle Häuser tragen Nummern, die man mittels einer Karte bestimmten Ausstellungen zuordnen kann. Hat man ein Museumsticket erworben, kann man alle diese Häuser besuchen. Ich verzichte darauf und schaue mir das ganze lieber von außen an. Niedliche kleine Bootsschuppen, eine Kirche, eine Post, Handels- oder Lagergebäude und eine alte Fabrik. Etwas ausgelagert liegt das Stockfisch Museum, ein ebenso rotes Holzhaus wie die anderen, welches auf Fählen am Wasser steht. Man erreicht es über einen Holzsteg, der eine Art Hafenmole bildet. Um dieses touristische Center, liegen vereinzelt ein paar Wohnhäuser. Ansonsten blickt man noch auf die zur Fischtrocknung genutzten Holzgestänge. Mit der Kamera versuche ich einpaar Motive abseits der Standardmotive festzuhalten, was nur bedingt gelingt.

    Ich schlendere also durch das Örtchen und überlege, ob ich mir nicht das Stockfisch Museum anschauen könnte, da es mich schon interessieren würde wie das funktioniert und welche Tradition damit verbunden ist. Vorallem interessiert mich brennend, warum die Vögel den Fisch in Ruhe lassen und wie man den Fisch vor den Exkrementen selbiger schützt.

    Es bedarf keiner größeren Anstrengung zum Museum zu gelangen, man muss sich nur von der Masse treiben lassen. Wenn ich mich nicht verhöre, ist die von mir gewählte Masse italienischen Ursprungs. Im Museum geht es zu wie in einer Fabrik; eine Fabrik die Touristen gruppenweise abfertigt. Kaum verlässt eine Gruppe das Gebäude, betritt eine andere durch einen anderen Eingang das Gebäude. Unterdess ist im Gebäude wieder eine Gruppe in der Bearbeitung und vor dem Gebäude wird einer anderen erklärt, was gleich passiert wenn sie reingehen. Da keiner hier so wirklich einen Überblick zu haben scheint, betrete ich kurzerhand das Gebäude durch den Haupteingang, an dem diverse Zettel unterschiedlichste Signale senden. Zettel 1 sagt, das Museum ist nur von Juni - August für dir Öffentlichkeit geöffnet. Zettel 2 sagt, Bitte warten, es kommt gleich jemand. Schild 3 sagt "open". Auf Schild 4 kann man entnehmen wie viel man zahlen soll. Da ich mich nun schon im Ausstellungsraum befinde, mache ich einfach Fotos. Das was ich sehe von der Ausstellung, ist wirklich nett hergerichtet.

    Dem sich nähernden Stimmengewirr ist zu entnehmen, dass eine Gruppe Touristen mit Guide im Anmarsch ist. Ich verlasse das Gebäude leise. Aha! Eine weitere Gruppe betritt das Gebäude. Ich glaube es sind meine Italiener. Unauffällig mixe ich mich einfach unter die Leute und betrete nun einen anderen Ausstellungsraum. Schnell mache ich einpaar Fotos, bevor ich verschwinde. Das ist mir nix mit den ganzen Touris. Schon garnicht wenn ich noch nicht einmal etwas verstehe.

    Es geht wieder Richtung Stadtkern. So wirklich weiß ich nicht was ich jetzt noch anstellen soll bzw. kann. Mir kommt es vor als wäre es das mit Å gewesen. Mhhhh...ein Teilchen geht immer. Also betrete ich die kleine Bäckerei, die dem Anschein nach noch auf die herkömmliche Art und Weise ihre Produkte zubereitet. Neben 2 Sorten Kuchen, steht noch eine Art Zimtschnecke zur Auswahl. Diese Zimtknoten wie man sie hier nennt, sehen himmlisch aus. Ich entscheide mich also kurzer Hand dafür. Als ich wieder vor sie Bäckerei trete, halte ich einem geeigneten Tisch mit Bank ausschau; ich erspähe einen in der Sonne. Während ich mich auf diese Bank zubewege, fällt mir auf einer anderen eine junge Frau auf, die ich schon im Bus gesehen hatte. Ich lächel sie an, sie lächelt freundlich zurück.

    Man kann ihr ansehen, dass sie einer Unterhaltung gegenüber nicht abgeneigt wäre. Und so kommt es auch. Sie erkundigt sich zunächst, ob ich etwas dagegen hätte wenn sie sich zu mir gesellt, bevor sie mit Sack und Pack zu mir an den Tisch zieht. Laura ist ebenfalls alleine unterwegs. Sie ist bereits seit 1,5 Wochen auf den Lofoten unterwegs doch heute geht leider schon ihre Fähre nach Bodø, von wo aus morgen früh ihr Flug zurück in die Heimat geht. Es stellt sich herraus, dass Laura in Greifswald Medizin studiert hat und nun ihren Facharzt in der Stralsunder Radiologie absolviert. Wir tauschen uns etwas über die Tücken des Studiums aus, aber sie macht mir Hoffnung, dass es nur besser wird.

    Die Lofoten hat sie von Nord nach Süd bereist und entweder in Zelt oder Unterkünften übernachtet. Von dort aus wurde dann gewandert. Als ich von meiner bisherigen Reise und meinen nachfolgenden Plänen rede, bekomme ich von ihr noch wertvolle Tipps zum Wandern in Andalsness.

    Während wir uns noch rege unterhalten, steigt hinter mir ein Mann im Strickpulli aufs Rad. Wir können beobachten, wie er nun von Haus zu Haus fährt und die einzelnen Austellungen mit Vorhängeschlössern absperrt. 15 Uhr und in Å werden die Bürgersteige hochgeklappt. Auch die Bäckerei ist nun geschlossen. Selbst im Landeshauptdorf Schwerin würde diese Urzeit für Furore sorgen.

    Er beendet seine Runde und die Stadt ruht. Einzelne Trupps tauchen noch einmal hinter Häuserecken auf, richten ein letztes Mal Kamera oder Handy auf Å und verlassen es noch im selben Atemzug im Bus. Reisen bietet viel Gesprächsstoff, sodass wir die Zeit bis zur Abfahrt Lauras, super überbrückt bekommen. Um 15.40 Uhr verschiede wir uns, im Wissen, dass man sich sicher irgendwann in der Klinik über den Weg läuft.

    Da der Nachmittag noch jung, die Stadt klein und mein Körper ausgeruht ist, beschließe ich einen auf AllTrails ausfindig gemachten Wanderweg zu probieren. Er geht um einen See und ist laut Beschreibung ohne große Steigung. Beides nicht gelogen. Hat man den Pfad erreicht, erwarten einen Schlammbäder, Wasser und unklare Pfade von Feinsten. Laut AllTrails ist der See mit knapp 7km, in 1,5h umrundet.

    Haha, hättst gedacht! Als ich nach 1,5h verbittert auf mein Handy schaue, ist das einzige was ich erblicke, dass ich noch nicht einmal die Hälfte des Sees umrundet habe. Das lag daran, daß ich alle 50m überlegen musste, wie ich Sümpfe oder Felsen überqueren solle, ohne mir dabei wehzutun bzw. bis zum Hals im Schlamm zu versinken.

    Zugegeben, die Natur und die Aussicht sind der Wahnsinn; der See ist so klar und glatt, das er wirkt wir eine Scheibe, durch die man auf den Grund des Sees guckt. Darin spiegeln sich die rings umgebenden Berge, mit den Wolken vergangenen Spitzen und den in Grün getauchten Felswänden. Der Preis dafür ist jedoch viel zu hoch.

    Ich strebe an, vor der Dunkelheit das Hostel zu erreichen, weshalb als bald keine Zeit mehr für Fotos bleibt. Vielmehr sprinte ich nun um den See, stecke ab und zu mit einem Fuß komplett im Schlamm und schlitter hin und wieder über nasse Steine. Ein zu überquerender Fluss weißt keine Brücke auf und gibt es eine, so ist diese unterwasser. Nach 2:16h, erreiche ich endlich die Zivilisation. Ziemlich genau mit dem Pfad, endet auch mein Hörbuch "Die Zeit, die Zeit". Mir will nicht ganz in den Kopf gehen, worüber ich mich mehr wundern soll; dass dieser Pfad als Wanderweg markiert ist oder das Ende des Hörbuchs.

    Ich bin so glücklich diesen Pfad hinter mir zu lassen, denn Spaß war es keiner. Im Hostel begegne ich nun Lisa. Sie und ein paar andere, die allerdings schon so gut wie auf dem Weg sind, sitzen gemütlich im Gemeinschaftsraum. Für mich steht jedoch erstmal eine Dusche an. Nachdem auch das geschafft ist, steigt langsam meine Vorfreude auf Nudeln mit Pesto ins Unermessliche. 5 Tage habe ich warten müssen und nun ist es endlich so weit. Juhuuuuu....nebenbei kocht ich das Wasser für einen Kaffee auf. In Anbetracht der Umstände, musste ich mich schnell an den türkischen Kaffee gewöhnen, wenn ich Kaffee trinken wollte. Und das wollte ich.

    Am Ende des Abends sind wir zu dritt: Lisa, ein junger vietnamesischer Mann aus Texas, der mir bereits im FURU begegnet war und ich. Viel gemeinschaftliche Aktivität findet jedoch nicht statt. Wir schnacken ein bisschen, die beiden schauen sich Nordlichter an und gegen 0 Uhr geht es für alle ins Bett.

    heißt es endlich essen.
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    Laura kennengelernt
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