• Arstan und Ak Kuyruk

    11 September 2024, Kyrgyzstan ⋅ ☀️ 10 °C

    Vor 9.00 Uhr startete Peter Giotti's Motor. Es ging weiter, mehr oder weniger dem Issyk-Kul-See entlang. Irina warnte uns vorab. Um rechtzeitig an die Adlerjagd Show zu gelangen brauchten wir für knappe 70 Kilometer gegen zwei Stunden Fahrzeit. Die Strasse wird saniert, was viele Baustellen und Umfahrungen mit sich brachte. Im Hintergrund strahlten die schneebedeckten Gipfel des Kungej-Alatau, welchem wir uns immer wieder näherten.
    Pünktlich erreichten wir den Standort, bei dem wir uns alle verabredet hatten. Gegen 11 Uhr gesellte sich Arstan mit seinem 3jährigen Steinadlerweibchen Ak Kuyruk zu uns. Einer der letzten Adlerjäger in Kirgistan. Ak Kuyruk bedeutet " weisser Schwanz". Majestätisch blickte das Adlerweibchen in die Runde. Sehen konnte es zwar nicht...seine Augen waren mit einer Haube verdeckt. Die Haube ist ein bewährtes Mittel um dem Greifvogel unnötigen Stress und visuelle Reize zu ersparen.
    Die Kirgisen wollten Tiere nicht mit Waffen jagen, wie es in anderen Ländern üblich ist. Das entspräche nicht der Natur. Ihre Waffe ist der Adler. Kirgistan ist tatsächlich einer der wenigen Orte auf der Welt, wo die Jagd noch mit richtigen Raubvögeln stattfindet. Gejagt werden hauptsächlich Schakale, Füchse, Antilopen, Wölfe, Hasen. Der Adler packt seine Beute am Kopf und bohrt seine Krallen ins Gehirn. Dies tönt sehr brutal, aber in Wirklichkeit stirbt seine Beute innerhalb von Sekunden.
    Das Fleisch darf der Adler verzehren. Die Felle werden für Kleidung und Decken verwendet. Bei dieser Art von Jagd geht es um die natürliche Balance in der Natur und für den Schutz der Herdentiere. Die Jagdzeit ist jeweils zwischen dem 24. September bis Ende Februar. Heutzutage gibt es nur noch wenige traditionelle Adlerjäger. Das Familienunternehmen wird in der Regel von Generation zu Generation weitergegeben. Der Sohn von Arstan wird bereits nachgezogen. Die meisten Adlerjäger findet man in der Region am Issyk-Kul-See.
    Steinadler können bis zu 60 Jahre alt werden. Arstan erzählte uns wie gefährlich das Unterfangen ist, einen Steinadler aus dem Nest zu "stehlen", um ihn dann zu Hause für seine Aufgabe auszubilden. Die Steinadler haben ihre Nester in den Bergen auf über 3000 Meter Höhe in beinahe unzugänglichen Felsen. Im Nest müssen mindestens zwei Junge sein, damit eines im natürlichen Umfeld zurück bleibt.
    Ak Kuyruk wird bis zu 9 Kg schwer. Sie bleibt bei Arstan während ungefähr 16 Jahren. Danach darf sie zurück in die Freiheit fliegen und hoffentlich noch ein paar Junge aufziehen. Wird ein Steinadler grob von seinem " Herr" behandelt, fliegt er weg. Die Tiere sind sehr intelligent und einfühlsam. Die Beziehung zwischen dem Steinadler und dem Adlerjäger ist sehr eng. Der Greifvogel zählt wie ein Familienmitglied.
    Arstan zeigte uns, wie gut Ak Kuyruk dressiert ist. Ein junger Mann lief mit dem Steinadler auf dem Arm einen Berghang hinauf. Arstan hielt ein Stück rohes Fleisch in seinem Handschuh und rief Ak Kuyruk zu sich. Sie erhob sich in die Lüfte. Lautlos glitt Ak Kuyruk durch die Bergkulisse, stets den Blick nach unten gerichtet. Im Sturzflug stürzte sie sich auf den ausgestreckten Arm von Arstan.
    Das selbe Szenario wiederholten sie, diesmal aber mit einer Fuchsattrape.
    Zum Abschluss durften die Mutigen aus der Gruppe Ak Kuyruk auf den Arm nehmen. Peter zählte zu den Mutigen. Ich strich später dem schönen Vogel über sein Gefieder. Sie schien es zu geniessen.
    Weiter gings dem Issyk-Kul-See entlang. Er wird auch oft als "das Herz Asiens" bezeichnet. Der Salzwassersee ist nach dem Titicacasee der zweitgrösste Gebirgsee weltweit. Er liegt im Tien-Shan-Gebirge und hat eine Fläche von 6 300 km² und maximale Tiefe von ~ 668 Metern.
    Für die nächsten 3 Nächte dürfen wir uns nahe ans Ufer stellen. Der Blick über das tiefblaue Wasser lässt Meeresfeeling aufkommen.
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