• Friluftsliv in Malmö

    8 Julai, Sweden ⋅ ⛅ 20 °C

    Wir hatten wie immer nur einen reichlichen halben Tag für unseren Ausflug, aber der reichte für drei Malmö-Perspektiven: Mit dem Boot durch die Kanäle, mit dem Rad entlang moderner Hafenarchitektur und zu Fuß durch die charmante, aber überfüllte Altstadt. Beim Frühstück habe ich über BookaBoat.se ein kleines Motorboot gemietet. Wir finden allerdings trotz Google Maps nicht den direktem Weg zum Bootsanleger und kommen 7 Minuten zu spät. Alles kein Problem, geht nur von unserer Zeit ab. Nach kurzer Einweisung geht‘s los, bzw. sollte es losgehen. Der Einweiser verzieht sich und nichts passiert. Das Boot lässt sich nicht starten. So kompliziert kann das nicht sein, es gibt nur einen Hebel für vor oder zurück. Da die Leinen los sind treiben wir gemächlich ab und steuern auf die gegenüberliegende Kaimauer zu. 3m Abstand halten, hat er gesagt. Also kurz Titanic im Liegen gespielt und das Boot von der Mauer fern gehalten. Gottseidank entdeckt uns endlich die Crew und will das Boot aus der Ferne starten. Geht nicht. Also muss die junge Kollegin mit einem anderen Boot ranfahren und den Motor im Motorraum selbst starten. Das war ihr dann sehr unangenehm und sie meinte, dass wir länger fahren dürften. So sind wir über Umwege doch noch auf unsere gebuchte Stunde gekommen.

    Los geht‘s und ich bin wirklich überrascht, wie einfach sich das Boot steuern lässt. Wir fahren auf den Kanälen mitten durch die Stadt, aber auch ganz idyllisch durch den Schlosspark. Die Brücken sind recht niedrig und hier und da muss man schon den Kopf einziehen, um keinen Schädelbasisbruch zu riskieren. Die Stunde ist schnell um. Weiter radeln wir in die Altstadt auf der Suche nach einem Café. Bei Sonne und 20 Grad ist die natürlich überfüllt. So hübsch wie die Häuschen und kleinen Plätze auch sind, wir laufen relativ zügig durch und landen auf einem kleinen Platz, der in einen Sommergarten verwandelt wurde, sprich überall Sitzplätze der umliegenden Restaurants, viel Grün und viele Spielmöglichkeiten für die Kinder. Der Sinn von Städtetouren sind die entspannten Pausen in schönen Cafés. Da fällt auch mal ein Museum aus. Apropos, in ein Museum schaffen wir es in Malmö nicht. Die schließen hier und überall in Schweden relativ früh gegen 17 Uhr. Dafür braucht man einfach Zeit und möglichst schlechtes Wetter.

    Der Akku vom Handy neigt sich schon wieder auf unter 20%. Navigieren und Fotografieren fordert mein 4-Jahre altes Handy. Im Café gibt es einen Automaten, aus dem man sich gegen geringes Entgelt eine Powerbank zum Laden ziehen kann, bezahlt wird sowieso alles mit der Uhr. Wir haben immer noch kein Bargeld gebraucht und besitzen auch gar keine schwedischen Kronen. Gesagt, getan. Binnen weniger Minuten ist der Akku auf knapp 70% geladen.

    Wir laufen weiter und halten am Disgusting Food Museum. Skurril, schrill und einen absoluten Abstecher Wert, auch wenn wir uns nicht zur Verkostung von fermentiertem Fisch oder Stinkefrucht durchringen konnten. Die Ausstellung will aber auch für Ernährungsthemen sensibilisieren und auf humorvolle Weise kulinarisch durch verschiedene Kulturen reisen. An der Ekel-Bar herrscht reger Andrang. Hier wird alles probiert, Würmer und Heuschrecken sind schon fast normal. Der fermentierte Fisch muss mindestens 12 Sekunden drin bleiben, sonst zählt es nicht. Auf einer Tafel wird notiert, wieviele Besucher sich übergeben haben. Auf der Kotztafel steht die Zahl 556, hoffentlich nicht nur von heute. Ich verspüre keine Gelüste auf kulinarische Experimente und so ziehen wir weiter. Da fällt mir gerade auf, dass wir ja in Malmö doch in einem Museum waren.

    Der Schlosspark ist die grüne Lunge Malmös und mit seinen Kanälen wirklich hübsch. Zeit für einen Kaffee bevor wir zum Turning Torso weiterfahren. Der Turning Torso ist Malmös futuristisches Wahrzeichen , 190m hoch und verdreht wie ein Korkenzieher. Hinter dem Turning Torso beginnt der Hafen. Der Hafen wurde komplett neu entwickelt, mit neu gebauten Blocks und einer sehr sterilen Strandpromenade. Sicher ist alles sehr modern, die Häuser wurden möglichst unterschiedlich gestaltet, aber es ist eben auch ein bisschen seelenlos. Für kuschelig muss man in die kleineren Küstenorte fahren. Die Malmöer wiederum nutzen es rege und springen von den eigens installierten Seebrücken ins Meer oder sonnen sich auf den Holzdecks. Sehen und gesehen werden ist hier die Devise. Das Muskel-Shirt sollte man also immer dabei haben.

    Der Sydkustleden, der gut ausgeschildert entlang der schwedischen Südküste verläuft, führt am Hafen vorbei und am Strand entlang, Richtung Öresundbrücke. Entlang des Radwegs gibt es unzählige Freizeitanlagen. Beachvolleyball, Tischtennis, Basketball, Yoga, Tanzen und natürlich baden und schwimmen. Alles kann kostenfrei genutzt werden. Wer das nicht nutzen will, der joggt. Man hat das Gefühl ganz Malmö ist hier unterwegs und treibt Sport oder sitzt beim Picknick auf den Wiesen. Es ist aber auch herrlich in der Abendsonne. Irgendwann kommen wir nicht mehr richtig weiter. Wir sind jetzt fast an der Öresundbrücke und fahren zurück nach Malmö. Abendessen am Hafen macht keinen Sinn. Nach urigen Kneipen sucht man hier vergebens. Es gibt nur Massenabfertigung. Also geht es zurück in die Altstadt. Es ist ziemlich viel los und gar nicht so einfach „was Nettes“ zu finden. In einer Bar gibt es einen schönen Innenhof, in dem wir uns niederlassen. Langsam wird es frisch. Die Speisekarte ist sehr übersichtlich, weil es eben doch eine Bar ist. Es gibt mehr oder weniger nur Carpaccio, mit Rind, mit Roter Beete und mit mit Lachs. Meins ist das ja. Warum Steffen sich gedämpften Brokkoli mit Brot bestellt hat, erschließt sich mir allerdings nicht. Ganz schön viel Grünzeug. Mein Carpaccio mit Rind, Ziegenkäse und gerösteten Nüssen hat jedenfalls sehr gut geschmeckt. Ohne Reservierung hat man aber offensichtlich in den beliebten Lokalen kaum eine Chance. Zum Auto brauchen wir noch eine Weile, weil die App den Standort nicht mehr anzeigt und wir gerade mal die grobe Richtung wissen. Aber auch dass haben wir irgendwann geschafft.

    Unser Fazit: Es kommt immer darauf an, welchen Fokus man auf eine Städtetour legt. Entweder man genießt das Flair und lässt sich treiben, oder man möchte möglichst viel Kultur und Geschichte mitnehmen, wofür es aber in größeren Städten eine gute Planung braucht. Beides ist sicher wetterabhängig. Wir hatten gestern den Schwerpunkt - Überraschung - auf Ersteres gelegt, schon weil es einfach an der Planung scheitert. Und Wein schmeckt bekanntermaßen am besten mit Zeit.
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