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  • Day 74

    Popoyo

    March 12, 2023 in Nicaragua ⋅ ☁️ 31 °C

    Hola! Ganz schön lange Funkstille hier gewesenen.
    Ich gebe es zu: So ganz langsam werde ich ein bisschen Reise-müde und das bedeutet leider auch ein bisschen Schreibfaul. Aber ich möchte unsere Eindrücke aus Nicaragua unbedingt festhalten - denn davon gab es einige!

    Von Ometepe haben wir die Fähre zurück nach Rivas genommen. Wir wollten von hier aus ganz ‚local‘ mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu unserem nächsten Stop an der Pazifikküste fahren. Deswegen müssen wir an dieser Stelle einen kurzen Exkurs so den sogenannten „Chicken Busses“ machen. Chicken Busse sind alte (sehr alte!) ausrangierte Schulbusse aus den USA. Ihr kennt die bestimmt aus Filmen, diese gelben Truck-ähnlichen Busse wo dick “Schoolbus“ drauf steht. Wenn die in den USA für nicht mehr sicher oder verkehrstauglich befunden werden, werden sie nach Nicaragua, Guatemala und El Salvador geschickt, wo sie als the-one-and-only Verkehrsmittel eingesetzt werden. Die Tatsache, dass diese Busse fast auseinander fallen ist jedoch nicht das Schlimmste, sondern was sich IN diesen Bussen abspielt! Ich glaube es gibt ein ungeschriebenes Gesetzt das besagt: Der Bus fährt erst los, wenn doppelt so viel Leute drin sind, wie reinpassen. Es ist wirklich absurd wie viele Menschen sich in diese Busse quetschen (und ich möchte nochmal daran erinnern, dass die Größe und die Sitzbänke auf Kinder ausgelegt sind). Das Gepäck wird aufs Dach geschmissen, damit man sich innen noch besser stapeln kann.
    Während der Fahrt herrscht ein unglaublicher Geräuschpegel, was nicht nur an der Menge der Menschen legt, sondern auch daran, dass hier niemand Kopfhörer benutzt. Da die Nicas aber total auf TikTok und Reels abfahren, kommt aus jeder Himmelsrichtung im 30-Sekunden-Takt irgendeine Musik oder Videosound. Und was dann noch als absolute Krönung dazukommt: An jeder Haltestelle steigt eine Armada an Straßenverkäufern ein, die sich durch den Mittelgang quetschen (keine Ahnung wie das überhaupt noch möglich ist) und alles mögliche anpreisen. Das bedeutet, sie schreien in voller Lautstärke, was sie so im Angebot haben - Hauptsache sie sind die Lautesten. Das klingt dann ungefähr so: „Mango Mango MANGOOOO“, „Chocolate, Choco, Choco, LATEEEE“, „Jugo, Limonada, Coca Cola, one dollar, one dollar, one DOLLAAAAR“. Ich sags euch, man wird kirre! Ich hab es versucht auf Bildern/Videos einzufangen (s. 8 &9)

    Auf jeden Fall sind wir mit so einem Bus von Rivas nach „Popoyo“ getuckert. Jeden Moment hat man das Gefühl, der Bus kippt um oder fällt auseinander, aber irgendwie geht es dann doch immer gut. Die Fahrt hat zwei Stunden gedauert und rausgelassen wurden wir nicht direkt im Ort, sondern an einer Kreuzung, die dem am nächsten lag. Das ist auch so eine Sache mit den Chicken Busses: Du weißt nie, wann sie fahren und wohin genau. Sei einfach froh, wenn du mit Durchfragen im Richtigen sitzt.
    An der Kreuzung stand noch eine andere Backpackerin, die sich suchend umgesehen hat - wie sich herausstelle, wollte sie zufällig ins selbe Hostel wie wir. Zu Dritt haben wir überlegt, was wir jetzt machen, da es zu Fuß fast noch eine Stunde gewesen wäre. Ein paar Nica-Frauen, die am Straßenrand gesessen haben (Grund unklar) meinten, es käme ein Bus, der uns in den Ort reinfährt, aber als der nach einer halben Stunden nicht kam, haben sie uns netterweise ein Truck angehalten, der uns auf der Ladefläche umsonst mitgenommen hat. Bis jetzt sind die Leute hier echt hammer nett, ich bin ganz begeistert. Auch jede Person, die im Chicken-Bus neben einem sitzt/steht/liegt/klettert will wissen wo man herkommt und ist ganz begeistert, dass wir hier sind (obwohl Nicaragua echt kein Geheimtipp mehr ist und der Tourismus ganz gut läuft).
    Das Mädel heißt übrigens Ingrid und kommt aus Norwegen. Mit ihr sollte ich in den nächsten Tagen sehr viel Zeit verbringen und gut anfreunden, aber das wussten wir natürlich noch nicht, als wir da auf der Ladefläche des Trucks saßen. Ich hab schnell gesehen, dass Popoyo genau mein Ort ist - obwohl Ort eigentlich schon zu viel gesagt ist: Es ist eine sandige Straße mit ein paar Hostels, Restaurants und Surf Schulen. Es wirkt alles noch sehr unerschlossen und ruhig - ganz anders als der Nachbarort „San Juan des Sur“, wo alle Backpacker:innen zum Party machen hinfahren.

    Pünktlich zum Sonnenuntergang kamen wir im „Amahula Hostel“ an. Echt lustig, dass wir und Ingrid das gleiche Hostel gebucht hatten, das Amahula ist nämlich auf keiner der Buchungsplattformen, wie Hostelworld zu finden - man kann es nur über die Website buchen. Wir haben vom Amahula über eine Travelbloggerin erfahren, Ingrid von einer Freundin. Es ist zwar ein bisschen teurer als der Standard (20€/Nacht im Dorm), aber dafür wirklich herausragend schön! Es liegt direkt am Strand und ist das letzte Hostel in dem Ort, was es angenehm abgelegen macht. Alles ist aus Holz gebaut mit sehr viel Liebe zum Detail. Wenn ihr Instagram habt, schaut es euch gerne mal an.
    Benedikt und ich hatten ein „Doppel-Stockbett“ gebucht, sowas hab ich vorher auch noch nie gesehen: Ein Stockbett, aber mit zwei 1,40-Matratzen, sodass man nicht nur übereinander sondern auch nebeneinander schläft.
    Abends gibt es im Amahula immer ein Familiy-Dinner, das stets vegetarisch ist! Am ersten Abend haben wir danach nicht viel gemacht, sondern saßen noch ein bisschen auf den Sofas mit Blick auf das Meer (von dem wir uns ja eigentlich schon vor 3 Wochen verabschiedet hatten) und haben Bier getrunken. Da die meisten zum Surfen hier sind, war sehr früh schon Schicht im Schacht - high tide ist morgen früh um 7 Uhr, da will man ausgeschlafen sein! 🏄‍♀️

    Die 3 folgenden Tage im Amahula lassen sich eigentlich recht simpel zusammenfassen: Wir sind aufgestanden, haben gefrühstückt, danach hat Benedikt sich ein Surfboard ausgeliehen, ich mir mein Buch geschnappt und wir haben den Tag am Strand oder auf der Hostel-Terrasse verbracht. Ich hab viel mit Ingrid und den Volunteers gechillt und Benedikt beim Surfen zugeschaut. So ganz langsam entwickelt er eine kleine Obsession - er war wirklich jeden Tag morgens und abends surfen und am Ende der drei Tage komplett ausgepowert (und auch an einigen Körperstellen verletzt🫣). Super schade, dass er seinem neuen Lieblings-Hobby in Köln nicht so gut nachgehen kann. 😕

    Einzige Ausnahme von dieser Routine war der Freitagabend, da war im Amahula „BBQ & Reggaeton Night“. Hierzu gab es zunächst ein super leckeres Grill-Buffet mit Gemüse und Hummer, das wir am Strand beim Sonnenuntergang genießen konnten. Dazu hat jemand live Gitarre gespielt, und ich war schon verwundert, wie sie diese entspannte Stimmung in eine Reggaeton-Nacht verwandeln wollten. Aber sie konnten! Und wie! Als um 9 Uhr der DJ übernommen hat, war das Hostel komplett im Ausnahmezustand. Tagsüber hatte das Staff alle Möbel zu Seite geräumt und riesige Boxen aufgebaut, sodass wir wirklich draußen, sozusagen unter dem Sternenhimmel barfuß im Sand tanzen konnten. Es strömten andere Gäste aus den umliegenden Hostels dazu und außerdem einige Locals aus dem Ort.
    Was sehr lustig war: Das allererste Lied, dass der DJ angespielt hat, um die Tanzfläche zu eröffnen, war ausgerechnet mein Lieblingslied von Bad Bunny „Callaita“ und ich bin mit erhobenen Armen auf die Tanzfläche gestürmt (💃🏼) - in der Annahme dass das auch alle andere machen. Naja, war ich eben die ersten 5 Minuten allein auf den Dance Floor…das Lied ist trotzdem hammer.
    Es war aber ganz gut, dass ich so früh meine Highlights erkannt habe, denn irgendwie ist Reggaeton gar nicht so jedermanns Geschmack und so hat der DJ nach einiger Zeit umgeschwenkt auf wirklich trashige 2000er Hits à la David Guetter. Ich würd zwar sagen, dass ich gut einen drin hatte, aber dafür hat mein Pegel dann doch nicht gereicht. Daher kam es mir ganz gelegen, als die Party wegen Lautstärke um halb 1 schon vorbei war.
    Apropos Pegel: Es gibt hier ein ganz tolles Getränk, das alle trinken. Anfangs schmeckt es etwas langweilig, aber nach einiger Zeit macht das genau den Reiz aus, weil es nicht zu süß und nicht zu bitter ist. Der berühmte „Flor de Cana“ Rum kommt aus Nicaragua und die haben ein Mixgetränk in Dosen erfunden, das im Grunde nur Sprudelwasser + Rum + leichter Fruchtsaft (z.B. Zitrone oder Grapefruit) ist. Der Barkeeper meinte zu mir, das trinkt man nur wenn man auf Diät sei, aber mir schmeckt es wirklich! Und es ist so erfrischend - was in einem Land mit konstanten 30 Grad echt ein genialer Schachzug von einem Rumhersteller ist. Naja, auf jeden Fall werd ich das diesen Sommer in Deutschland ganz groß machen!

    Am nächsten Morgen herrschte allgemeine Kater-Stimmung im Hostel und wir sind unserer Lieblingsbeschäftigung nachgekommen: Nix tun.
    Größte Anstrengung war der nachmittägliche Spaziergang zum ‚Tienda‘ (kleiner Supermarkt/Kiosk) im Ort. Hier gibt es „Trits“, ein Eis, auf das alle abfahren. Es ist aber yummy: Eiscreme zwischen zwei Keksen, die so groß sind, dass es als Mittagessen durchgeht.
    Und da ist es uns aufgefallen: In unseren Geldbeutel fehlte fast alles an Bargeld. Wir hatten kurz vor Popoyo noch 10.000 Colón (=260€) abgehoben und wegen des Tab-Systems im Hostel kaum etwas davon angerührt. Jetzt hatten wir nur noch 2.000 Colón…was ein Schock! Natürlich haben wir alle Möglichkeiten durchgespielt und nochmal überall nachgesehen, aber mir war sehr schnell klar, dass wir beklaut worden sein müssen. So viel Eis konnten wir im Leben nicht gegessen haben. Wir waren aber auch unvorsichtig gewesen. Vielleicht weil uns bisher noch nie etwas passiert ist und alle Leute immer so nett und ehrlich waren, haben wir unsere Wertsachen nicht im Schließfach eingesperrt sondern bei unseren normalen Sachen im Dorm liegen gehabt. Das auf der Party gestern hunderte Fremde im Hostel waren, die sich frei bewegen konnten, haben wir nicht bedacht. Super super ärgerlich - ABER, wir haben versucht es recht schnell abzuhaken. UND wir hatten Glück im Unglück: Uns fehlen zwar jetzt 150€ in der Reisekasse, aber auch mein iPad und mein Handy lagen offen rum - das zu verlieren wäre eine wahre Katastrophe gewesen. Und die Diebe waren wirklich schlau: Sie haben nicht alles Geld genommen, sondern genau so viel, dass man es erst bemerkt, wenn man genau hinsieht. Wir lernen draus!

    Nichtsdestotrotz kann man sagen, dass die vier Tage im Anahula in Popoyo ein Träumchen waren und wir nochmal richtig Urlaub gemacht haben. Außerdem hab ich mich gefreut, wieder mal so richtig unter Leute zu kommen und werde bestimmt mit Ingrid und co. In Kontakt bleiben. 💙
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