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  • Day 64

    Cali(ente)

    February 4, 2020 in Colombia ⋅ ⛅ 27 °C

    Von der Pazifikküste ging es zusammen mit den drei Briten nach Cali, wir haben auch gleich das gleiche Hostel gebucht.
    Cali selbst ist ja berühmt berüchtigt, zum einen als Hauptstadt des Salsa, zum anderen aber auch als eine der gefährlichsten Städte, zumindest statistisch. Deswegen ist Cali auch nicht besonders beliebt bei Touristen und leider bestätigten viele Gespräche und Berichte von anderen Reisenden auch dieses Bild.
    Selbst bei Tag sollte man einige Teile der Stadt meiden, und längere Touren wie auf die benachbarten Berge und Aussichtspunkte möglichst sehr früh starten, so gegen 6/7, damit man den Rückweg durch die angrenzenden Viertel möglichst zeitig antreten kann. Sonstige geführte Touren durch die Stadt gibt es eigentlich nicht, zumindest hab ich von keiner gehört. Es gab eine Free Walking Tour, die aber lediglich eine Stunde dauerte und sich auch nur im unmittelbare Umfeld des Hostels, dem Altstadt-Viertel San Antonio, bewegte. Das liegt aber evtl auch daran, dass Cali jetzt nicht soo extrem viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Auch
    obwohl die meisten bekannten Clubs und Bars in unmittelbarer und fußläufig erreichbarer Nähe lagen, sollte der Rückweg immer per Taxi durchgeführt werden, auch wenn es nur 5 Minuten Fahrt waren. Laut den Einheimischen ist die Gefahr ausgeraubt zu werden sonst nicht nur hoch, sondern sogar sehr wahrscheinlich.
    Das waren alles so Sachen die einen nicht extrem motiviert haben auf große Erkundungstour durch die Stadt zu gehen. Natürlich sollte man sich aber allgemein nicht von solchen Geschichten zu sehr beeinflussen und abschrecken lassen.

    Da es sonst gar nicht so viel aus Cali zu erzählen gibt dachte ich mir, ich teile mal meine Top 3 Stories, die mir von anderen erzählt wurden. .

    Platz 3:
    Mein Roommate in Cartagena, mit dem ich auch auf dem Musikfestival war, erzählte mir, dass er in Cartagena mit ein paar Kolumbianern auf eine Aftershow-Party gehen wollte. Dort angekommen kamen kurz darauf gleich zwei Typen auf ihn zu, einer sagte: Ich gehöre zum Kartell und wenn du mir nicht 500.000 Pesos (ca. 140€) gibst töte ich dich und alle deine Begleiter. Meiner Meinung nach ist schon alleine die Summe das entscheidende Indiz dafür, dass dieser einfach gelogen hat und nicht zum Kartell gehörte, da deren Geschäftsgebaren sich in anderen Geldsphären bewegen als 140€ und diese so etwas nicht nötig hätten. Das lässt sich jetzt aber natürlich aus der Hängematte leichter beurteilen als wenn man sich selbst in der Situation befindet. Jeder kann sich ja selbst hinterfragen wie er/sie in dieser Situation reagieren würde.
    Er bezahlte das Geld. Kurz darauf erzählte er es seinen Begleitern, diese waren entsetzt und sagten er solle sofort die Polizei holen. Diese kam dann auch, nahmen den Typen mit, erfassten die Daten und sagten sie vernehmen ihn. Auf die Frage, ob er denn sein Geld wieder bekommt zuckten sie bloß mit den Schultern. Seine Begleiter machten ihm aber nicht viel Hoffnung, da auch die Polizei nicht immer die vertrauenswürdigste Institution sein.

    Platz 2:
    Ereignete sich auch gleich in meiner Zeit in Cartagena.
    Zwei junge Belgier, so um die 20 glaube ich, aus meinem Dorm hatten am Wochenende das dringende Verlangen mach etwas Gras. Sie kamen daraufhin auf die glorreiche Idee einen offensichtlichen Dealer anzusprechen und etwas zu kaufen. Nachts, in einem Park, in einer der gefährlichsten Städte Kolumbiens. Faktoren, die die meisten wohl zumindest darüber nachdenken lassen würde, ob das der beste Plan ist und man nicht doch lieber erstmal beim Alkohol bleibt.
    Vorerst lief es normal, der Dealer bestätigte den Handel, entfernte sich dann, um das ersehnte Produkt zu holen. Allerdings sagten sie auch, dass er dann kurz telefonierte. Er kam zurück, hab ihnen eine Art Glasflasche, gefüllt mit einigen vorgefertigten Joints. Anschließend Geld gegen Ware und die beiden machten sich auf den Rückweg.
    Keine Minute später hielt ein Transporter neben ihnen, ein Polizeibus. Sofort stiegen Beamte aus, riefen laut, durchsuchten sie und fanden natürlich sofort die Ware. Die zwei mussten sich dann in den Bus setzten, einer der Beamten machte ihnen klar, dass sie jetzt ein Problem haben. Sie werden auf die Wache fahren und sie können dort einmal telefonieren. Allerdings ging die Fahrt nicht auf eine Wache, sondern auf einen abgelegenen Hof. Dort kamen dann zwei Motorräder und ein Mann in zivil stieg in den Bus. Er machte ihnen das Angebot, dass man das jetzt auch anders lösen könne. Für 1000€ ist die Sache erledigt. Sie machten ihnen klar, dass es gar nicht möglich ist so viel Geld auf einmal abzuheben. Sie wurden dann schließlich am einen Geldautomaten eskortiert und mussten abheben was ging. Am Ende ware es so 700€.
    Sie fragten die Polizisten auch noch, wie sie sie so schnell fassen konnten. Die Polizisten meinten, es seien Kameras im Park, was aber ziemlicher Quatsch ist. Die Sache mit dem Typ vom Motorrad und dass der Dealer noch kurz vorher telefonierte legen ziemlich nahe, dass die Polizei in diesem Fall gemeinsame Sache machte. War eine Win-Win-Situation, der Dealer hatte sein Geld und die Polizisten hatten ihr Geld.

    Platz 1:
    Ist meinen britischen Freunden ebenfalls in Cartagena passiert und ist eigentlich eine Symbiose aus den ersten beiden.
    Die zwei, ein Pärchen, waren abends etwas trinken und lernten zufällig einen Kolumbianer kennen. Dieser muss wirklich nett und sympathisch gewesen sein und er lud sie dann in einen Club ein, der wohl einem Freund von ihm gehörte oder so ähnlich. Dort angekommen begann es das erste Mal strange zu werden, als sie vom Eingang in eine Art VIP-Bereich von dem Securities eskortiert wurden. Dort wurde ihnen dann auch regelmäßig Getränke aller Art gereicht.
    In dieser vertrauensvollen Atmosphäre dachten sie sich dann, sie fragen mal nach der Möglichkeit evtl. etwas Koks zu kaufen. Das sollte kein Problem sein und nach einer Weile ging der Kolumbianer mit dem Brite aufs Klo. Dort war bereits eine Line vorbereitet und außerdem ein großes Päckchen, der Brite meinte es Ware bestimmt 25/30 Gramm. Er war daraufhin etwas verwirrt und fragte den Kolumbianer ob das alles für sie sei. Sie wollten ja nur ein bisschen zum feiern und keinen Einzelhandel aufmachen. Der Kolumbianer bejahte wie selbstverständlich und meinte für 600.000 können sie es haben. Der Brite war jetzt etwas nervös und versuchte ihm zu vermitteln, dass sie weder Bedarf an so viel Kokain haben, noch so viel Geld bei sich haben. Daraufhin erschien dann auch der vermeintliche Freund/Chef des Kolumbianers und war gar nicht amused. Er sagte ihnen, normalerweise verkaufen sie nur im Kilo-Bereich und das ist schon ein Gefallen für sie. Außerdem ging er mit dem Preis auf 400.000 herunter (jeder der weiß wie viel Kokain in Europa kostet, weiß wie wenig das eigentlich ist). Der Brite versuchte weiterhin den Mann davon zu überzeugen, dass das Gut sie nicht möglich ist. Dieser wurde dann langsam ziemlich sauer und sprach dann auch immer mehr spanisch. Und man weiß, wenn jemand in die Muttersprache verfällt ist es meistens vorbei mit der Diplomatie. Wenn sie nicht bezahlen werden sie Probleme bekommen und sie werden jetzt zusammen zum Geldautomaten fahren etc.
    Da sie aber auch keine Kreditkarten dabei hatten war der erste Stop ihr Airbnb. Dort konnte der Brite noch verhindern, dass die Kolumbianer mit in die Wohnung kommen, da der eigentliche Besitzer auch dort lebte und eine weitere Partei in dieser bereits komplexen Situation hat es wohl nicht gebraucht. Außerdem waren er und seine Freundin immer getrennt voneinander, was ihn zusätzlich nervös machte. Schließlich holten sie das Geld und waren schließlich im Besitz eine größeren Menge eines illegalen Rauschmittels, welche sich wohl nicht mehr mit Eigenbedarf entschuldigen ließe.
    Damit aber noch nicht das Ende. Denn das nächste Ziel war Medellín, per Bus, und alle Strecken von und nach Medellín sind ziemlich streng überwacht, eben gerade aufgrund dieser Substanzen.
    So wurde auch ihr Bus auf dem Hinweg von der Polizei gestoppt, was sie aber unbeschadet überstanden, nur ein paar Liter Schweiß weniger.
    Als sie dann aber für die Weiterreise aus Medellín im Bus Terminal standen und der Brite sah, dass das Gepäck wie auf dem Flughafen geröntgt wird, wurde es dem Briten zu viel. Er suchte panisch einen Mülleimer abseits der ganzen Securities, Polizisten und Kameras und warf das Päckchen hinein.

    Jeden dürfte jetzt natürlich aufgefallen sein, dass die Geschichten fast immer mit Drogen zu tun haben. Und wer diese Grenze natürlich bewusst (und oft auch sehr naiv) übertritt darf sich dann nicht beschweren, wenn er selbst zum Opfer wird. Meiner Meinung rechtfertigt das allerdings nicht die teilweise starke Korruption der Polizei hier. In Medellín zum Bsp. hat man viele Geschichten von willkürlichen Durchsuchungen von augenscheinlichen Touristen auf der Straße oder auch in Taxis gehört. Allerdings tun sie das meistens nicht um das Drogenproblem zu bekämpfen, sondern um dann Geld zu verlangen. Ich habe auch schon von Fällen gehört, dass derjenigen anschließend seine Drogen sogar wiederbekommen hat, der Polizist hatte ja dann was er wollte.
    Ich denke, dass ist auch ein bisschen das Pillen von Cali. Die Stadt ist mit Sicherheit ziemlich aufregend und schön, wenn man sich nur auf sie einlassen kann. Allerdings ist das nicht so einfach, wenn man von den Risiken hört ausgeraubt zu werden und gleichzeitig von einer Polizei, die einem evtl. gar nicht, wenn man sie braucht.

    Außerdem nochmal zur Betonung: das sind alles Einzelfälle und wie erwähnt meistens immer im Zusammenhang mit Drogen. Man fühlt sich in Kolumbien allgemein recht sicher und alle Kolumbianer die ich bisher kennen gelernt habe waren super freundlich und hilfsbereit, und immer bemüht, dass man sich in ihrem Land wohl fühlt.
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