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  • Day 11

    Tag 9: Von Travemünde nach Reinbek

    April 18, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 12 °C

    Der Frühling kommt! Das sagt zumindest unser Campingnachbar. Der Vollmond sei vorüber, somit gebe es keine kalten Nächte mehr und alles werde jetzt erblühen.
    Als ich heute morgen um 09:00 Uhr starte, glaube ich ihm nur bedingt, denn trotz strahlenden Sonnenscheins ist es noch ziemlich kalt. Das ändert sich im Laufe des Tages allerdings schlagartig. Nach und nach ziehe ich die wärmenden Sachen aus, bis ich tatsächlich nur noch im T-Shirt und kurzer Radhose fahre. Was für ein Genuss!
    Am kühlen frühen Morgen geht es erstmal in Richtung Lübeck. Über der Trave liegt noch der feuchte Nachtnebel, ein paar Angler haben bereits ihre Angeln ausgeworfen und ein doch etwas genervter Vater von Drillingen versucht gerade, allen gleichzeitig ihr Fläschchen zu geben. An so einem Ostermontag-Morgen ist es ansonsten aber menschenleer und ich beobachte die Enten und Gänse auf dem Wasser, bemerke große Schwärme von laut schimpfenden Spatzen und kämpfe mit den ersten Mückenschwärmen (Mücke schmeckt immer noch nicht....).
    Was ist Lübeck für eine wunderbare Stadt! Die vielen alten wunderbar erhaltenen Gebäude (das Rathaus stammt aus dem Jahr 1230), die gotischen Backsteinkirchen, die fast vollständig erhaltenen ebenfalls aus Backstein erbauten Kaufmannshäuser in den Seitenstraßen (hier Gruben genannt) und natürlich das Holstentor geben Lübeck den besonderen Charme einer alten Hansestadt. Ich denke, sie hat mit Recht den Titell "Unesco Welterbe".
    Und ich habe in ihr meine ersten polizeilichen Schritte im Rahmen meiner BKA-Ausbildung gemacht! Ein Jahr durfte ich hier verbringen, im heutigen "Haus der Kulturen". Aber im Jahr 1980 war in dem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Bau (es wurde ehemals als Waffenlager und später als Wollmagazin genutzt) noch die Kriminalpolizei untergebracht. Ich erinnere noch den Geruch der feuchten Wände und die herrlichen alten Holzdielen, die bei jedem Schritt knartschten.
    Noch ein kurzer Abstecher zu Niederegger (Marzipan schmeckt immer...) und dann radel ich durch die ostholsteinische Hügel- und Seenlandschaft weiter in Richtung Hamburg.
    In dem kleinen Ort Labenz sehe ich dann einen Hinweis auf eine alte Wassermühle, dem ich gerne nachfahre. Ich gelange zu einem liebevoll gestalteteten alten Hof mit alten mit Blumen verzierten Gerätschaften, einem Teich mit kleinem Wasserfall und einem alten Backhaus. Und kurze Zeit später lerne ich dann auch die Besitzerin kennen. Ich habe mir gerade ein wunderschönes sonniges Plätzchen gesucht, als sie mir "einfach so" ein Stück Marzipantorte und einen Kaffee vorbeibringt. Sie erzählt mir, dass sie zusammen mit einer Freundin erst vor wenigen Jahren die alte Mühle gekauft und wieder in Betrieb genommen hat. Jeden Sonnabend gebe es aus dem Mehl der Mühle gegen eine kleine Spende frisch gebackenes Brot. Wer nichts habe, bekomme das Brot auch schon mal geschenkt...
    Ach ja, und Männer brauche sie nicht auf dem Hof. Sie sei seit 11 Jahren Witwe und das sei auch gut so, Vor einiger Zeit habe sie es noch mal mit "einem" probiert, aber der habe ihr auch immer nur sagen wollen, was sie zu tun und zu lassen habe....
    Nach dieser so netten und interessanten Begegnung, geht es für mich weiter durch die immer grüner und blühender werdende Landschaft bis ich auf einen alten Bahndamm gelange. Auf ihm radel ich die letzten 20 km bis nach Reinbek, einer kleinen Stadt am östlichen Rand von Hamburg. Dort bleibe ich bei meiner Tante Antje. Morgen geht`s dann in Richtung Elbe, dann erstmals ohne festes Ziel....
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