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  • Day 24

    Tag 21/22: Dresden

    May 1, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 18 °C

    Pause! Ich hatte mir ja mal bei meiner Planung der Tour gedacht, dass ich so nach fünf oder sechs Tagen ein/zwei Ruhetage einschiebe, um auf mich und meinen Körper aufzupassen. Plötzlich sind zwei Wochen vergangen und ich hab das mit der Ruhe irgendwie vergessen. Aber meine Beine nicht, die haben sich nämlich gemeldet (die brannten im "Brand"). Und während ich so nach ner Ferienwohnung rund um Dresden suchte, tippte mir Franz auf die Schulter. "Kannst bei uns wohnen, wir sind für ne Woche im Urlaub." So genieße ich jetzt - nach einem etwas exzessiven Abend mit Claudi (wie viele unterschiedliche Fruchtschnäpse waren es noch mal?) - sein fantastisches, so gemütlich eingerichtetes Heim und erhole mich bestens. Das Fahrrad bleibt in der Garage und ich "öffel".
    So schlenderte ich gestern mit viel viel Zeit (und vielen vielen anderen) durch Dresden und bewunderte mal wieder den Zwinger, die Semperoper, das Schloss, die Elbterrassen und natürlich die Frauenkirche am Neumarkt. Nur, es war wie verhext, überall Baustellen! Ein Blick in die Kamera und das beste Motiv im so schönen "Elbflorenz" (wohl nach seiner klimatisch begünstigten Lage im Elbtal und seiner mediterran geprägten Architektur so benannt) wird mit nem Baustellenschild oder -zaun "verziert". Also keine Fotos, dafür aber ein Besuch der Frauenkirche - so dachte ich zumindest. Als ich dort mit einem Schild "heute geschlossen" begrüßt wurde und auf dem Neumarkt wohl der ausgefallene Weihnachtsmarkt gerade nachgeholt wird (selbst dicke Socken und Mützen gibt es zu kaufen), gab ich auf. Dann eben Sonnen auf Franz Terrasse. Plötzlich ein Anruf - Claudi.
    Und dann hat der verhexte Tag tatsächlich etwas mit Hexerei zu tun. Gegen Abend werde ich von Claudi und ihrer Familie abgeholt und wir fahren immer weiter gen Osten, in die Oberlausitz. Je näher wir unserem Ziel kommen, um so häufiger sieht man kleinere und größere Feuer brennen - ja klar, Walpurgisnacht!
    Im Garten von Oma und Opa ist das Feuer auch schon geschichtet und mitten drin steckt eine liebevoll ausgestopfte Hexe, die kurze Zeit später lichterloh brennt. Bei Bratwurst und selbstgemachtem Rumtopf genieße ich diesen schönen Brauchtumstag in einer "echten Oberlausitzer Familie". Es ist schon sehr sehr lieb, dass ich dazu eingeladen und so herzlich aufgenommen werde..
    Heute muss ich dann früh raus, die Flottenparade der Weißen Flotte findet seit drei Jahren das erste Mal wieder statt. Und ich bin dabei! Mein Dampfschiff , der Schaufelraddamper "Stadt Wehlen", ist einer der ältesten Personendampfer Europas und fährt sei 1879 auf der Oberelbe. Er wird, wie auch die meisten der am Kai liegenden Schiffe, tatsächlich noch von einer Dampfmaschine (man kann sie im Schiffsinneren bewundern) angetrieben und auch das Schaufelrad ist keine Attrappe. Bei Brückendurchfahrten wird der Schornstein einfach eingeklappt.
    Pünktlich um 10 Uhr legt die Flotte (mit Livemusik auf jedem Schiff) nach und nach ab und in einer langen Parade fahren wir an Elbschlössern und am "Blauen Wunder" vorbei (die 1891 errichtete stählerne Loschwitzer Brücke erhielt wegen ihres hellblauen Anstrichs ihren Namen) - aber auch an der "Waldschlösschenbrücke", wegen der Dresden im Juni 2009 von der Liste der Weltkulturerbstätten gestrichen wurde (auch die besonders schützenwerte kleine Hufeisennase und eine 200 Jahre alte Rotbuche hielten den Bau nicht auf...jetzt gibt es dort beide nicht mehr...).
    Ich sitze auf dem Oberdeck mit einem herrlichen Blick auf den Fluss und die Sehenswürdigkeiten ...und auf Klaus aus Wilsdruff. Der sitzt mir gegenüber. Schweißer sei er in der DDR gewesen, soweit sei es ihm damals ganz gut gegangen. Aber kein Vergleich zu jetzt, ihm ginge es richtig gut und den meisten anderen auch...
    Klaus ist mein großer Griff, immer wieder macht er mich auf kleine und große Sehenswürdigkeiten aufmerksam. Und er erzählt aus seinen DDR-Tagen. Meißner Porzellan habe er in den Westen zu seinen Verwandten auf "Dienstreisen zum Klassenfeind" geschmuggelt, was hätte er ihnen auch sonst schenken können. Und 5 Mark hätte er bekommen, wenn er am 1. Mai zum Demonstrieren gegangen sei. Sonst wäre vermutlich keiner hin...
    Klaus berichtet aber genauso interessant über das Schloss Pillnitz (schenkte August der Starke seiner Mätresse Gräfin von Cosel und nahm es ihr auch wieder weg), in der eine 226 Jahre alte Kamelie gehegt und gepflegt wird. Dann macht er mich auf den am Elbhang liegenden Luisenhof, ein Ausflugslokal direkt an der Bergbahn, aufmerksam. "Dort gibt es Transitenshows.."
    Wir haben noch viel Spaß miteinander und er verabschiedet mich mit den Worten: "Lieber ne coole als ne verbiesterte Alte"... Seine Frau saß übrigens die ganze Zeit am Nebentisch....
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