• Auf dem Weg in die Berge

    October 22, 2023 in Japan ⋅ ⛅ 19 °C

    Nach 1,5 Wochen in Tokyo zieht es mich raus aufs Land. Alina und Esme berichten mir von ihrem Ausflug zum Mount Fuji und ich möchte den berühmten und heiligen Berg gerne auch aus der Nähe betrachten. Daher buche ich ein paar Nächte in der Stadt Hakone, die nicht weit von Tokyo in den Bergen liegt. Auf dem Weg dorthin lege ich einen Zwischenstopp in Odawara ein, um zu Mittag zu essen und mir die Burg des Feudalherren Oda anzuschauen. Es ist die erste Burg, die ich besichtige und umgeben von einem großen Park, in dem im Frühjahr Kirschblüten blühen, macht sie einen stattlichen Eindruck. Hinter der Burg befindet sich ein kleiner Vergnügungspark mit einem Minizug und einem Streichelzoo, der allerdings geschlossen ist. Außerdem gibt es einen kleinen, ruhig gelegenen Schrein in der Nähe.
    Auf dem Rückweg sprechen mich zwei japanische Mädchen in meinem Alter an und fragen, ob ich mit ihnen zum Gebet gehen möchte, das heute aufgrund eines besonderen Anlasses stattfindet. Wenig später sitze ich ohne Schuhe in einem hellen Raum und einfachen, weißen Zetteln mit merkwürdigen Zeilen vor mir, die ich nicht verstehe. Ich soll meinen vollständigen Namen, mein Geburtsdatum und die Adresse von einem Hostel angeben, bevor die offizielle Zeremonie beginnt. Während der Zeremonie sitzen alle in einem Raum auf den Knien, in der Hand eine schwarze Gebetskette mit Perlen, die man um seine Finger verschlingt. Die Stimme eines Vorbeters ertönt aus einem Lautsprecher. Die Eintönigkeit der wiederholten Phrasen klingt fast wie Gesang und hat etwas beruhigendes an sich. Eins der Mädchen namens Mamiyuto verspricht mir die Zeremonie zu übersetzen, das andere ist nicht mehr anwesend. Nach der offiziellen Zeremonie erscheint die Vorbeterin und sie, ich und Mami bleiben zurück. Während die Vorbeterin auf japanisch spricht und Mami mir aufgrund fehlender Englischkenntnisse doch nichts übersetzen kann, kommt mir die Prozedur seltsam vor.

    Am Ende bleibe ich mit einem komischen Gefühl und 1000 Fragezeichen zurück. Wurde ich jetzt bekehrt? War das eine Sekte? Haben die Mädchen dafür Geld erhalten? Werde ich verfolgt? Ich bin froh, als ich das Städtchen Odawara verlasse und der Zug mich sicher nach Hakone bringt. Nach ein bisschen herumirren, um im Dunkeln das Hostel zu finden und einer Bewerbung nach Deutschland später - zum Glück ist die Zeitverschiebung hier zu meinem Vorteil - schlafe ich ein.
    Read more