Endstation Sarajevo
21 août 2023, Bosnie Herzégovine ⋅ ☀️ 30 °C
Eine Nacht länger in Mostar zu bleiben war eine gute Idee, bemerke ich, als ich den windigen Eingang zum Hostel sehe, das in einer Seitenstraße liegt und über einen Hinterhof betreten wird. Das Zimmer ist sehr einfach, aber gut und man ist in weniger als fünf Minuten in der Altstadt. Dass der Zug nach Sarajevo erst weit nach 1 Uhr nachts in Mostar angekommen ist, erfahre ich von Kuba, den ich zufällig in der Stadt treffe. Nach einer spannenden Free Walking Tour am Nachmittag, in der die Führerin sehr emotional die Geschichte der Stadt und ihre eigenen Erlebnisse schildert, ist in Sarajevo erstmal Endstation für mich, nachdem ich einen Sonnenstich bekomme, mich mehrmals übergeben muss und auch die nächsten Tage mit Kopfschmerzen und Übelkeit im Bett liege. Ich verlängere meinen Aufenthalt im Hostel und storniere alle weiteren Pläne. Zum Glück kommt Patricia vorbei und kocht mir Suppe, die Leute aus dem Hostel fragen jeden Tag wie es mir geht und ich habe die richtige Medizin dabei. Die Tage gehe ich alles ruhiger an, verbringe viel Zeit im Hostel und passe mich mehr dem Lebensstil hier an. Also nur in der Früh oder abends nach draußen, die Sonne möglichst meiden, mehrmals am Tag kalt duschen, um die Körpertemperatur zu verringern, viel mehr trinken und die Flasche an jedem Brunnen in der Stadt auffüllen.
Sarajevo ist eine schöne Stadt, es gibt viel zu sehen und es ist etwas kühler als in Mostar oder Split. Abends, wenn die große Hitze vorüber ist, kehrt Leben in die Gassen ein und man trifft sich mit Freunden in den Restaurants, Cafés und Bars. Genau wie die Leute aus dem Hostel, die aus Deutschland, den Niederlanden, Kanada, Azerbaijan, Oman, Guatemala und Mexiko kommen, ist die Stadt multikulturell und durch eine ähnliche Geschichte wie Mostar geprägt. Orthodoxe Kirchen stehen neben Moscheen, italienische Restaurants neben bosnischen Cafés, die Kaffee und Ĉaj (Chai) anbieten, auf offener Straße werden Maiskolben gegrillt und an vielen Hausfassaden sind die Narben des Bosnienkriegs von vor 30 Jahren sichtbar. Im Jahr 1984 fanden die olympischen Winterspiele statt, am Tag davor gab es Schnee in Sarajevo, in Trebević findet man noch die Ruinen der Bobbahn, wenige Jahre später wurden auf den überbleibenden Grünflächen die 11.500 Gefallenen beerdigt, an die weiße Kreuze erinnern. Auf den Böden erinnern die Rosen von Sarajevo an den blutigen Krieg. Auch das Attentat auf den Österreichisch-Ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand fand hier statt, dass als Auslöser des 2. Weltkriegs gilt. Einen schönen Ausblick über die Stadt hat man vom Yellow Fortress, von wo ich den Sonnenuntergang anschaue, als es mir wieder besser geht.
Nach ein paar Tagen wird es ein klein wenig heimisch im Hostel und in Sarajevo: ich erledige alltägliche Dinge, wie Wäsche aufhängen, einkaufen gehen und Pasta mit Paprika kochen. Ich gewöhne mich daran, dass man oft auf der Straße gehen muss, weil Autos auf den Gehsteigen parken und dass fast keiner am Zebrastreifen hält. Ich kaufe beim Bäcker Fladenbrot, das man hier mit Kajmak, einer Art Frischkäse, bestreicht. Bei der Wäsche verliere ich zwei Paar Socken und gewinne wieder eins dazu, als Hugo aus Australien mir ein Paar lange Socken für die Wanderschuhe leiht und später auch überlässt.En savoir plus